Die Bilder sind kaum zu ertragen: Schlammüberflutete Straßen, weggerissene Häuser, durcheinandergewirbelte Autos – und Menschen, die in Fluten sterben. Das spanische Valencia sowie vier weitere Regionen sind am Dienstag von heftigen Unwettern heimgesucht worden, und die Bildern erinnern fatal an die Flutkatastrophe im Ahrtal. In Mainz bangt man nun mit der Partnerregion Valencia, OB Nino Haase (parteilos) bot am Abend Hilfe an, ebenso die IHK Rheinhessen. Währenddessen steigen in Spanien die Opferzahlen immer weiter – und die Menschen erzählen: Gewarnt worden sind wir nicht…
Die heftigen Unwetter in Spanien haben seit Dienstag ganze Orte verwüstet, Straßen mit Schlamm geflutet, Brücken weggerissen und Trümmerfelder hinterlassen – die Bilder erinnern haargenau an die Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021. Auslöser waren auch in den spanischen Regionen sintflutartige Regenfälle: In der Region Chiva etwa fielen an einem Tag binnen acht Stunden 491 Liter pro Quadratmeter, wie Wettermann Karsten Schwanke am Abend im SWR-Fernsehen berichtete – in Mainz fallen pro Jahr rund 579 Liter pro Quadratmeter regen.
Damit fielen in den spanischen Gemeinden sogar mehr Wassermengen als 2021 im Ahrtal, die Folgen: Verheerend. Verwüstete Orte, weggerissene Straßen und Brücken, Dörfer, die von der Außenwelt abgeschnitten sind, Stromausfälle. Aus Valencia berichtete der Mitarbeiter einer Tankstelle, er habe sich auf ein Regal geflüchtet und stundenlang dort ausharren musste. “Es war die Hölle, die lebendige Hölle”, berichtet der völlig geschockte Mann in Fernsehberichten.
Mehr als 100 Tote nach Unwettern, Haase bietet Hilfe an
Das Schlimmste aber: Die Opferzahlen steigen seither stündlich. Erst war von 10 Toten die Rede, dann von 50, am Abend von 70 – und am späten Abend stiegen die Zahlen auf mehr als 100. Ganze Familien seien von den Fluten in den Tod gerissen worden, Menschen ertranken in Autos, ganze Häuser wurden weggerissen. Und wieder berichten die Menschen: Gewarnt worden seien sie nicht. Eine Studentin aus der Nähe von Mainz, derzeit zum Auslandssemester in Valencia, berichtet, sie sei einzig von der Universität informierte worden – sonst nicht.
Valencia ist eine der Partnerstädte von Mainz, Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) äußerte sich am Abend via Facebook geschockt: “Die Bilder aus der Region Valencia sind erschütternd, und wir wünschen unserer Partnerstadt viel Kraft”, schreibt Haase: “Wir gedenken der vielen Toten und Verletzten dieser Katastrophe, unsere Gedanken sind bei den Opfern der Flutkatastrophe in Spanien.” Allein in der Provinz Valencia habe es laut Behörden mehr als 70 Tote gegeben.
Die Unwetter gelten als schwerste Flutkatastrophe in Spanien seit fast 30 Jahren, noch immer werden viele Menschen vermisst. “Die Unwetter mit verheerenden Folgen in Spanien zeigen einmal mehr die Wichtigkeit unseres Katastrophenschutzes auf”, betonte Haase, er wünsche den spanischen Kräften “viel Erfolg und Durchhaltevermögen.” Und der Mainzer OB bot auch Hilfe an: “Die Stadt Mainz und alle Einsatzkräfte bieten unserer Partnerstadt umfassende Hilfe an und stehen jederzeit fest an der Seite Valencias.”
IHK Rheinhessen: Prüfen Hilfen vor Ort, Spendenkonto, Hillfswege
Auch die Industrie- und Handelskammer Mainz-Rheinhessen betonte, man sei bereits in Kontakt mit den Kollegen bei der Auslandshandelskammer Spanien und prüfe Möglichkeiten, vor Ort zu unterstützen. “Bisher ist das Ausmaß der benötigten Hilfen noch nicht absehbar”, sagte Hauptgeschäftsführerin Karina Szwede: “Sobald Hilfswege oder Spendenkonten eingerichtet sind, werden wir darüber auch über unsere IHK-Website informieren.”
Die Sturzfluten und die schrecklichen Bilder aus Valencia “machen uns in der IHK sehr betroffen, auch weil uns die Flutkatastrophe im Ahrtal noch so klar vor Augen steht”, sagte Szwede weiter: “Wir sind in Gedanken bei den Menschen in unserer Partnerstadt, mit der uns auch vielfältige wirtschaftliche Beziehungen verbinden.”
Zugleich aber regt sich auch Kritik am spanischen Katastrophenmanagement, denn schon wieder wurden Menschen offenbar nicht ausreichend gewarnt: “Die Menschen bekamen die Warnungen nicht rechtzeitig, sie verstanden sie nicht”, sagte am Abend die britische Hydrologieprofessorin Hannah Cloke in den ZDF Heute Nachrichten: “Man konnte sehen, dass sie sich selbst in Gefahr brachten, mit den Autos in die Wassermassen fuhren.”
Hydrologin Cloke: “Menschen bekamen Warnungen nicht rechtzeitig”
Cloke ist jene Hydrologie-Expertin, die das europäische Hochwasser-Warnsystem EFAS mit aufgebaut hat, das auch vor der Flutkatastrophe im Ahrtal gewarnt hatte. EFAS steht für “European Flood Awareness System”, 2002 wurde es als Vorwarnsystem speziell für Sturzfluten gegründet, hatte Cloke im Januar 2022 im Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal des Mainzer Landtags erklärt.
Gleich nach der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 hatte sich Cloke fassungslos darüber geäußert, wieso die Menschen nicht ausreichend vor der Sturzflut im Ahrtal gewarnt worden waren – nun muss die britische Professorin Ähnliches erneut erleben. Im Ahrtal starben in einer Nacht 136 Menschen in einer bis zu zehn Meter hohen Flutwelle, nach Einschätzung von Experten hätten etwa 80 davon mit großer Wahrscheinlichkeit gerettet werden können – hätte es lautstarke und verständliche Warnungen gegeben.
Als Ursache für die jetzigen schweren Regenfälle gilt der Klimawandel: Die enorme Aufheizung der Meere führte laut Wetterexperten zu den außergewöhnlich starken Regenmengen – wie auch schon 2021 im Ahrtal. “Wir werden künftig noch mehr solche Sturzfluten sehen”, warnte Cloke nun im ZDF erneut: “Der Klimawandel hinterlässt hier seinen Fingerabdruck.”
Info& auf Mainz&: Den ganzen Bericht der Kollegen vom ZDF seht Ihr hier in der Mediathek.