Deutschland geht ab sofort in den kompletten Shutdown. Ab Mittwoch werden Bars, Clubs und Diskotheken sowie alle Orte des öffentlichen Lebens bis hin zu Sportstätten und Spielplätzen geschlossen, auch kleine Läden bleiben dicht. Geöffnet bleiben Lebensmittelläden, Apotheken, Banken sowie Tankstellen, dazu auch Getränkemärkte, Reinigungen, Tierbedarf sowie der Großhandel – die gesamte Liste seht Ihr unten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, das seien außergewöhnliche, „einschneidende Maßnahmen, die es in unserem Land noch nie gegeben hat.“ Sie seien aber nötig. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier rief die Deutschen auf, die Einschränkungen ernst zu nehmen: „Bleiben sie Zuhause, meiden Sie Kontakt!“
Damit geht nach Italien, Spanien, Frankreich und Österreich nun auch Deutschland in den kompletten öffentlichen Shutdown. Notwendig wird das, weil auch noch am Wochenende viele Deutsche sich unbekümmert in Restaurants, Kneipen und Läden drängten oder sogar private „Corona-Parties“ feierten. Gleichzeitig stieg die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus exponentiell an – die Infektionswelle in Deutschland steuert in hohem Maße auf eine unkontrollierbare Entwicklung zu. Am Montag stieg die Zahl der Infizierten in Deutschland auf über 7.100, das waren fast 2000 neue Infektionen mehr als am Vortag.
„Auch am Wochenende ist die Zahl der Infizierten noch mal gestiegen“, sagte Bundeskanzlerin Merkel, deshalb seien nun einschneidende Maßnahmen nötig, um das Risiko von Kontakten zu minimieren. Wissenschaftlern zufolge ist „social distancing“ die wirksamste Maßnahme, um die Ausbreitung der Lungenkrankheit Covid-19 zu verlangsamen – mehr dazu hier bei Mainz&. „Der Maßstab ist nicht, was wir wollen, sondern was uns die Wissenschaftler sagen, der Maßstab ist die Zahl der Fälle“, sagte Merkel. Alle Maßnahmen dienten dem Ziel, Kontakte zu reduzieren und zu vermeiden. Zudem stimmte die Kanzlerin die Deutschen auf gravierende weitere Entwicklung und auch auf Tote ein: „Es wird einen Prozentsatz von schweren Krankheitsverläufen geben“, sagte Merkel. Virologen zufolge verlaufen 20 Prozent der Erkrankungen schwer, sechs Prozent sind potenziell tödlich.
Mediziner und Virologen hatten noch am Morgen eindringlich die Deutschen aufgerufen, sich deutlich mehr an das Prinzip der Distanz zu halten. Die bisher ergriffenen Maßnahmen reichten nicht aus, um den derzeitigen exponentiellen Anstieg der Infektionen aufzuhalten, warnte die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie. Aktuell verdoppelten sich die Fallzahlen etwa alle drei Tage, warnte die DGI, setze sich die derzeitige exponentielle Zunahme der Fälle ungebremst fort, werde das zu etwa 20.000 Fällen in Deutschland bis Ende dieser Woche führen. Dann werde auch die Todesrate deutlich steigen, warnten die Mediziner, und forderten: „Nur eine rasche Notbremsung kann jetzt helfen.“
Die DGI warnte zudem, die überwiegend milden Verläufe bei jüngeren und gesunden Infizierten täuschten über die Bedrohung durch SARS-CoV-2 hinweg – „ihnen steht eine dramatisch hohe Rate an schweren Verläufen bei chronisch kranken, immunsupprimierten und älteren Menschen gegenüber.“ Es müsse unbedingt vermieden werden, dass Kontaktpersonen dieser besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen die Infektion an diese weitergeben. Das betrifft vor allem Jüngere: Gerade sie geben das Virus offenbar verstärkt weiter. Den Anstieg der Fälle für die kommenden zwei Wochen lasse sich aktuell kaum mehr beeinflussen, warnten die Mediziner, aber rasche effektive Maßnahmen könnten immer noch die Höhe der anrollenden Welle von Infektionen deutlich verringern.
Deutschland schließt deshalb ab Mittwoch alle Läden und Einrichtungen, die nicht zur unmittelbaren Versorgung des täglichen Lebens nötig sind. Geschlossen werden nach Anweisung der Bundesregierung:
– Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen
– Theater, Opern, Konzerthäuser, Museen und ähnliche Einrichtungen
– Messen, Ausstellungen, Kinos, Freizeit- und Tierparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spezialmärkte, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen
– Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen
– der Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbädern, Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen
– alle weiteren, nicht an anderer Stelle dieses Papiers genannten Verkaufsstellen des Einzelhandels, insbesondere Outlet-Center
– Spielplätze.
Restaurants und andere Speisebetriebe sowie Hotels dürfen nur noch unter Auflagen und nur tagsüber von 6.00 Uhr bis 18.00 Uhr öffnen, Übernachtungen zu touristischen Zwecken sind ab sofort untersagt:
– Auflagen für Mensen, Restaurants, Speisegaststätten und Hotels, das Risiko einer Verbreitung des Corona-Virus zu minimieren, etwa durch Abstandsregelung für die Tische, Reglementierung der Besucherzahl, Hygienemaßnahmen und –hinweise
– Regelungen, dass Übernachtungsangebote im Inland nur zu notwendigen und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken genutzt werden können,
– Regelungen, dass Restaurants und Speisegaststätten generell frühestens ab 6 Uhr zu öffnen und spätestens ab 18 Uhr zu schließen sind.
Geöffnet bleiben:
- Geschäfte des Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte
- Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien
- Tankstellen
- Banken und Sparkassen, Poststellen
- Frisöre, Reinigungen, Waschsalons
- der Zeitungsverkauf
- Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte
- der Großhandel.
Merkel kündigte zudem an, für diese Einrichtungen werde wahrscheinlich auch das Verbot des Sonntagsverkaufs gelockert. Handwerker und Dienstleister dürfen zudem ihren Tätigkeit weiter nachgehen. Für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen sollen strenge Besuchsregeln von nur noch einer Person eine Stunde pro Tag erlassen werden, Kindern unter 16 Jahren wird der Besuch ganz untersagt. Verboten werden zudem alle Veranstaltungen und Zusammenkünfte im öffentlichen Raum:
– Zusammenkünfte in Vereinen und sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die Wahrnehmung von Angeboten in Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich sowie Reisebusreisen
– Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften, dazu gehören auch alle Gottesdienste.
„Wir kommen desto schneller durch diese Phase, umso mehr jeder einzelne sich an die Regelungen hält“, betonte Merkel weiter: „Ich hoffe auch, dass es ein Einsehen der Menschen gibt.“ Der rheinland-pfälzische Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP) betonte zudem, die Versorgung der Menschen sei auf jeden Fall gewährleistet. „Es gibt keinen Grund für Hamsterkäufe“, betonte der Minister. Die Einschnitte würden zu schwerwiegenden Folgen in der Wirtschaft führen, Unternehmen würden Liquiditätsprobleme bekommen, das sei der Politik bewusst.
„Hier in Rheinland-Pfalz ist niemand alleine“, betonte Wissing ausdrücklich, zur Unterstützung stünden „enorme Summen bereit.“ Unternehmen mit Problemen sollten sich unverzüglich an ihre Hausbanken wenden, um Anträge vorzubereiten. „Wir sind vorbereitet, auch um Anträge schnell zu bearbeiten“, unterstrich Wissing.
Auch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier wandte sich mit eindringlichen Worten an die Deutschen: „Wo immer möglich: bleiben sie Zuhause, meiden Sie Kontakt“, mahnte Steinmeier. Jede und jeder einzelne müsse nun „unseren Alltag ändern, gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass sich das Virus möglichst langsam verbreitet“, betonte er. Der Staat tue alles, damit die Coronakrise keine Existenzkrise werde, Arbeitnehmer sollten nach Möglichkeit von Zuhause aus arbeiten. „Haben Sie Verständnis für alle Einschränkungen, bitte halten sie sich daran“, appellierte der Bundespräsident: „Sagen sie nicht: ich bin jung und stark, mich trifft das nicht. Ihre Selbstbeschränkung heute wird morgen Leben retten. Halten wir heute Abstand, damit wir uns morgen wieder umarmen können.“
Info& auf Mainz&: Warum das Prinzip Distanz und Zuhausebleiben jetzt so ungeheuer wichtig ist und Leben rettet, haben wir hier bei Mainz& erklärt: #flattenthecurve . Mehr auch zu Einschränkungen in der Wirtschaft sowie im Luftverkehr lest Ihr hier bei Mainz&. Die Bundesregierung ruft alle Urlauber auf, umgehend aus dem Ausland zurückzukehren, teilweise werden Rückkehrflüge organisiert. Wer aus einem Hochrisikogebiet zurückkehrt ist aufgerufen, 14 Tage in Quarantäne zuhause zu bleiben. Die ganze Verfügung der Bundesregierung findet Ihr hier im Internet. Informationen für Rheinland-Pfalz gibt es hier. Alle Informationen, Meldungen und Hintergründe zur Coronavirus Epidemie findet Ihr ab sofort auf unserer neuen Sonderseite „Alles zum Coronavirus“ genau hier bei Mainz&.