Kennt Ihr die Chagall-Fenster in der Mainzer St. Stephans Kirche? Nein? dann wird es aber höchste Zeit: Die blauen Fenster von St. Stephan sind ein Unikat und ein herausragendes Erlebnis. Niemand Geringeres als der französische Maler Marc Chagall hat die Fenster dieser Kirche am oberen Ende der Gaustraße gefertigt. Nun hat das Bistum Mainz einen der Entwürfe von Chagall für die Fenster gekauft, er ist aber Morgen in der Schatzkammer des Dommuseums zu sehen.
Ein einmaliges blauen Licht durchflutet die Kirche St. Stephan, im Chorbereich leuchten die Fenster in intensivem Blau, Figuren sind dort eingearbeitet. Aber auch die restlichen Kirchenfenster sind blau, tauchen die Kirche in ein magisches Licht. Zwischen 1978 und 1985 fertigte Marc Chagall die Fenster für St. Stephan, dieses „Wunder von Mainz“ machte der frühere Pfarrer der Kirche, Montsignore Klaus Mayer möglich – er bearbeitete Chagall über Jahre hinweg und überredete ihn zu dem Werk.
Als Chagall schließlich 1976 mit den Fenstern begann, war er bereits 86 Jahre alt. Chagall starb am 28. März 1985, nicht alle Fenster waren da schon fertig. Doch sein Schüler Charles Marq arbeitete als Glaskünstler weiter – und setzte die Entwürfe seines Meisters zu den anderen Fenstern von St. Stephan um. Bis zum Jahr 2000 entstanden so weitere 19 Fenster im Langhaus und im Westchor – nach Skizzen von Chagall. Entstanden ist so ein fast 180 Quadratmeter großes Glaskunstwerk, das größte, das Chagall je geschaffen hat – und das einzige Kunstwerk, das er einer deutschen Kirche widmete.
Nun hat das Bistum Mainz seine Entwürfe für die Querhausfenster von St. Stephan erworben. Die Skizzen waren im Mai 2014 beim Auktionshaus Sotheby‘s in New York angeboten worden. Sie stammen aus dem Nachlass des Künstlers und waren von einem der Chagall-Erben zur Entlohnung seines Rechtsanwaltes eingesetzt worden. Dieser Rechtsanwalt brachte sie nun, ein Vierteljahrhundert später, auf den Kunstmarkt.
Während die Entwürfe für die sechs Fenster im Ostchor von St. Stephan für insgesamt rund 418.000 Dollar versteigert wurden, fanden die Entwürfe für die Querhausfenster zunächst keinen Käufer. Als in der Folge der Versuch scheiterte, dieses auf 60.000 bis 80.000 Euro taxierte Werk für das Landesmuseum zu erwerben, schien die Chance endgültig vertan, wenigstens einen der Künstlerentwürfe für Mainz zu erhalten.
Durch Presseberichte alarmiert, ergriffen daraufhin aber Mitglieder des Stiftungsrates der „Stiftung St. Stephan in Mainz“ die Initiative, suchten über das Auktionshaus Kontakt zum Verkäufer – und konnten schließlich die Skizzen für 70.000 Euro erwerben. Die Originalbilder wurden nun als Dauerleihgabe an das Bischöfliche Dom- und Diözesanmuseum übergeben, damit soll sichergestellt werden, dass dieser Nachlass von Marc Chagall dauerhaft der interessierten Öffentlichkeit zugänglich bleibt.
Die Entwürfe seien „nun wieder dorthin gekommen, wohin sie gehören: in den Umkreis von St. Stephan – und nicht in den Tresor eines Sammlers“, freute sich der heutige Pfarrer von St. Stephan, Stefan Schäfer. Und Chagall-Freund Montsignore Mayer betonte, die Skizzen seien „dem Kommerz entrissen“, und „dorthin gekommen, wo sie hingehören: nach Rheinland-Pfalz, nach Mainz.“
Info& auf Mainz&: Die Entwürfe Marc Chagalls für die Chagall-Fenster sind ab Donnerstag, 12. März, in der Schatzkammer des Dommuseums zu sehen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10.00 bis 17.00 Uhr, Samstag und Sonntag 11.00 bis 18.00 Uhr, Eintritt regulär 5,- Euro. Mehr Informationen zum Dommuseum findet Ihr hier, mehr zu St. Stephan hier. Wie Klaus Mayer Chagall überredete, das lest Ihr in Kürze hier auf Mainz&.