Nur einen Tag nach der Johannisnacht startet eine Großbaustelle, die den Zugang zur Mainzer Innenstadt für Autofahrer weiter deutlich erschweren wird: Die Binger Straße wird am Dienstag für den Verkehr stadteinwärts voll gesperrt. Grund ist der Start der Bauarbeiten für die Straßenbahntrasse von der Alicenbrücke zum Schillerplatz. Der große angelegte Umbau soll bis Dezember 2025 dauern, dabei sind auch Sanierungsarbeiten an der Alicenbrücke geplant. Für Busse und Autos bedeutet das zum Teil erhebliche Behinderungen auf dem Weg in die Innenstadt.

So soll die Querspange der Straßenbahn durch die Binger Straße einmal aussehen. - Grafik: Mainzer Mobilität
So soll die Querspange der Straßenbahn durch die Binger Straße einmal aussehen. – Grafik: Mainzer Mobilität

Das Mainzer Straßenbahnnetz leidet schon länger unter einem Hauptproblem: Sämtliche Verbindungen werden über den Hauptbahnhof geführt, gibt es auch nur irgendwo in einem Bereich des Straßenbahnnetzes Probleme, kann das gleich das gesamte System lahmlegen. Genau dagegen soll nun eine gerade einmal 300 Meter lange, neue Straßenbahnstrecke helfen: Die Querverbindung von der Alicenbrücke über dem Hauptbahnhof zum Schillerplatz soll als ein wichtiger „Bypass“ für das Straßenbahnsystem in Mainz diesen.

Am Dienstag starten die Mainzer Stadtwerke in die Bauarbeiten, de neue Straßenbahnstrecke „ist zwar nur ca. 300 Meter lang, sie wird im künftigen Streckennetz aber mehrere wichtige Funktionen erfüllen“, sagte der Ko-Geschäftsführer der Mainzer Verkehrsgesellschaft, Florian Wiesemann, am Montag in Mainz: „Der Straßenbahnausbau in der Binger Straße schafft eine direkte Verbindung von der Alicenbrücke zum Münsterplatz, damit eine Fahrtzeitverkürzung in die Innenstadt sowie eine dringend erforderliche Entlastung für den ÖPNV-Knotenpunkt Hauptbahnhof.“

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Bypass Binger Straße: Querspange für Straßenbahnnetz in Mainz

Gleichzeitig sei die Verbindung „ein wichtiger Baustein für den weiteren Straßenbahnausbau in Mainz“, betonte Wiesemann. Der Mainzer Stadtrat hatte eigentlich im Jahr 2019 einen Beschluss für einen großen Ausbau des Straßenbahnnetzes gefasst, neben der Spange Binger Straße sollte der einen Innenstadtring, eine Strecke über die Mainzer Universitätsmedizin zum Heiligkreuz-Viertel sowie eine mögliche Strecke nach Mainz-Ebersheim umfassen. Die konkreten Ausbaupläne mussten aber Anfang des Jahres wieder auf Eis gelegt werden, nachdem die Mainzer Stadtwerke ein Finanzloch befürchten mussten.

Baustart für die Straßenbahntrasse Binger Straße.- - Foto: Mainzer Mobilität
Baustart für die Straßenbahntrasse Binger Straße.- – Foto: Mainzer Mobilität

Übrig geblieben ist für die Umsetzung deshalb erst einmal nur die Binger Straße, der Bypass wurde auch im Zuge der Citybahn-Pläne der Nachbarstadt Wiesbaden geplant. „Der öffentliche Nahverkehr wird immer wichtiger, und die Straßenbahn ist das leistungsfähige und attraktive Rückgrat des ÖPNV“, sagte Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) am Montag. Mit dem Bau der Trasse in der Binger Straße „wird die Bedeutung der Straßenbahn größer, der ÖPNV verbessert und zudem auch ein erheblicher Fortschritt für den Rad- und Fußverkehr auf der wichtigen Achse in die Innenstadt erreicht“, betonte Haase.

Das Projekt leiste „einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende und zum Klimaschutz“, sagte die Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) am Montag zum Baustart. In Workshops hätten sich Anwohner, Gewerbetreibende und Interessengruppen bei der Planung eingebracht, die Erfahrungen sollten „in die weiteren Ausbauprojekte einfließen und langfristig den ÖPNV stärken.“

Starke Einschränkungen für Autoverkehr stadteinwärts

Für den Autoverkehr und die Zufahrt zu wichtigen Parkhäusern in der Innenstadt wird die neue Baustelle allerdings erhebliche Einschränkungen mit sich bringen: Ab Dienstag ist die direkte Zufahrt über die Binger Straße in die Große Bleiche stadteinwärts gesperrt, stadtauswärts soll eine Autospur auch während der Baustelle erhalten bleiben. Stadteinwärts wird der Verkehr wird über die Parcusstraße und die Kaiserstraße geführt. Von dort muss man nun entweder rechts in die Umbach abbiegen, die zur Großen Bleiche und weiter geradeaus in die Große Langgasse führt, oder über die Bauhofstraße zum unteren Bereich der Großen Bleiche fahren.

Langer Stau in der Binger Straße vergangene Woche. - Foto: gik
Langer Stau in der Binger Straße vergangene Woche. – Foto: gik

Auf beiden Umleitungsstrecken bremsen zahlreiche Ampeln den Verkehr, so etwa an der Umbach, Ecke Große Langgasse. Auch die Ampelanlage an der Großen Bleiche, Ecke Bauhofstraße lässt nur wenige Autos auf einmal durch, das gilt erst Recht für Rechtsabbieger in die Große Bleiche. Wie sich die neue Sperrung auf den Innenstadtverkehr auswirken wird, dürfte interessant werden: Schon jetzt gibt es regelmäßig lange Staus sowohl in die Stadt hinein, als auch an den Nachmittagen stadtauswärts auf der Binger Straße – trotz drei Spuren an der Ampel.

Zeitgleich ist auch weiter die Windmühlenstraße in Mainz für den Verkehr in die Innenstadt voll gesperrt – damit ist die Zufahrt zur Mainzer Innenstadt mit den Parkhäusern Schillerplatz/Proviantamt, Theater, Kronberger Hof, Karstadt sowie Weißliliengasse über dem Tegut auf Umbach und Große Langgasse sowie die Weißliliengasse aus Süden begrenzt. Von der Mainzer Oberstadt etwa bedeutet die Sperrung der Weißliliengasse derzeit weite Umwege für Autofahrer.

Steinkrüger: „Erreichbarkeit der Innenstadt durchgehend sichergestellt“

Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) betonte hingegen am Montag, mit der Umleitungsregel werde „die Erreichbarkeit der Innenstadt sowie des Parkhauses Schillerplatz durchgehend sichergestellt, zumal der Hauptverkehr in die Innenstadt, etwa zum Einkaufen, zeitlich außerhalb der Pendlerverkehrsspitze morgens liegt.“ Umgeleitet werden müssen aber auch die Buslinien 6, 64, 65 und 78, die bislang über die Binger Straße fuhren – sie werden nun auf dem Weg zum Neubrunnenplatz durch die Parcusstraße und  die Bahnhofstraße zum Münsterplatz umgeleitet. Die Stadt betont, Radfahrer und Fußgänger sollen durchgehend die Binger Straße weiter benutzen können.

So soll die Binger Straße in Zukunft aussehen: Jeweils eine Spur für Autos pro Richtung, eine "Zeitinsel" als Haltestelle für die Straßnbahn in der Mitte, samt Ampel für die Autofahrer oberhalb. - Grafik: Mainzer Mobilität
So soll die Binger Straße in Zukunft aussehen: Jeweils eine Spur für Autos pro Richtung, eine „Zeitinsel“ als Haltestelle für die Straßnbahn in der Mitte, samt Ampel für die Autofahrer oberhalb. – Grafik: Mainzer Mobilität

Die erste Bauphase, die am Dienstag startet, soll bis Ende 2024 dauern, in dieser Zeit werden vor allem neue Versorgungsleitungen verlegt: In Kooperation mit den Mainzer Netzen, der Mainzer Fernwärme und dem Wirtschaftsbetrieb der Stadt Mainz werde es hier Leitungsarbeiten sowie ergänzende Sanierungen der im Untergrund liegenden Versorgungsleitungen geben, hieß es am Montag. Im Jahr 2025 sollen dann die Herstellung eines Masse-Feder-Systems zur Erschütterungsminderung, der Gleis- und Tiefbau in der Binger Straße sowie die Gleisanbindung zum Münsterplatz sowie zum Alicenplatz folgen.

„Durch die enge Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung wird die Mainzer Mobilität im Zeitraum der Bauarbeiten außerdem Synergien nutzen, damit quasi im Schatten des Straßenbahnausbaus in der Binger Straße auch die in die Jahre gekommenen Übergangskonstruktionen der Alicenbrücke saniert werden“, informierten die Mainzer Stadtwerke zudem. Im Klartext: Auch die Alicenbrücke muss saniert werden, hier kommen auf den verkehr vor allem 2025 weitere erhebliche Einschränkungen zu.

Projekt kostet insgesamt 18 Millionen Euro

Die Kosten für die gesamten Baumaßnahmen lägen aktuell bei rund 18 Millionen Euro, sagte MVG-Geschäftsführer Jochen Erlhof. Nach Angaben der MVG sind rund 80 Prozent davon die Ausgaben für den Bau der neuen Straßenbahntrasse, der Rest entfällt auf Leitungsarbeiten und Sanierungen. „Angesichts der erwarteten Zuschüsse von Bund und Land, der Beiträge der Leitungsträger und anderen Beteiligten sowie einer ergänzenden Finanzierung durch die Stadt Mainz wird der Eigenanteil der MVG bei 15 bis 20 Prozent liegen“, sagte Erlhof weiter.

Blick auf die Haltestelle Hauptbahnhof West mit der anschließenden Alicenbrücke. - Foto: gik
Blick auf die Haltestelle Hauptbahnhof West mit der anschließenden Alicenbrücke. – Foto: gik

Da auf der Alicebrücke und dem Aliceplatz keine Weichenanlage für die Straßenbahn möglich sei, müsse diese vorgezogen an der Haltestelle Hauptbahnhof-West liegen, sagte Erlhof weiter. Die Mainzer Umweltministerin Katrin Eder /Grüne) sicherte dabei Unterstützung zu: „Das Mainzer Straßenbahnnetz ist eine Erfolgsgeschichte“, betonte die Ministerin, die selbst als Verkehrsdezernentin in Mainz den Bau der Mainzelbahn auf den Lerchenberg auf den Weg gebracht hatte. Um der „dauerhaft hohen Nachfrage gerecht zu werden“, müsse das Netz nun an zentraler Stelle ausgebaut werden.

„Der Umbau der Binger Straße ist das erste Kapazitätssteigerungsprojekt, das Rheinland-Pfalz für das Programm des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes des Bundes angemeldet hat“, sagte Eder weiter. Darüber hinaus prüfe das Land eine ergänzende Co-Finanzierung  – am Ende könnten insgesamt bis zu 85 Prozent der förderfähigen Kosten übernommen werden.

Info& auf Mainz&: Ausführliche Informationen zum Umbau der Binger Straße gibt es auf einer eigens eingerichteten Homepage der Mainzer Mobilität hier im Internet.