Angesichts immer neuer Rekordwerte an Neuinfektionen, ist die Debatte um die Weihnachtsmärkte zurück: Die Forderung nach der Absage solcher Großveranstaltungen steht wieder im Raum. In Mainz ist man noch zuversichtlich, dass der Mainzer Weihnachtsmarkt stattfinden kann, so gut wie sicher ist jedoch: Ohne Beschränkungen wird das nicht gehen. Bei der Stadt Mainz denkt man wieder über eine Maskenpflicht auf dem Weihnachtsmarkt nach: „Das scheint uns als mögliche Nachsteuerung geeignet“, sagte Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) am Freitag im Interview mit Mainz&.

Die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) will wieder mehr Corona-Regeln für den Mainzer Weihnachtsmarkt. - Foto: gik
Die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) will wieder mehr Corona-Regeln für den Mainzer Weihnachtsmarkt. – Foto: gik

„Wir sehen mit großer Sorge die Entwicklungen in der Inzidenz“, sagte Matz am Freitag im Gespräch mit Mainz&. Die Pandemie-Lage sei „sehr dynamisch“, darauf müsse man reagieren. Ende Oktober hatte Matz das Konzept für einen Weihnachtsmarkt in Coronazeiten vorgestellt, danach sollte der Markt entzerrt in der Innenstadt stattfinden, und zwar mit 3G-Regel und Maskenpflicht zwischen den Ständen. Doch dann erließ das Land Rheinland-Pfalz eine neue Corona-Verordnung zum 8. November – und strich sämtliche Beschränkungen für Großveranstaltungen im Freien, auch die Maskenpflicht.

Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) verkündete daraufhin in Interviews, er freue sich, dass Weihnachtsmärkte nun ohne Maskenplicht, Abstandsregeln und 3G-Vorschriften stattfinden könnten, und er halte das auch für vertretbar: Die Corona-Infektionen seien zwar hoch, die Verläufe aber durch die Impfquote deutlich „milder“, sagte Ebling noch Ende Oktober im SWR-Interview – und eine Überlastung der Intensivstationen „zeichnet sich aus meiner Sicht eigentlich nicht ab.“

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Gedränge auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt 2016 - für viele in der derzeitigen Coronalage undenkbar. - Foto: gik
Gedränge auf dem Mainzer Weihnachtsmarkt 2016 – für viele in der derzeitigen Coronalage undenkbar. – Foto: gik

In Mainz stieß das auf Kopfschütteln, viele Mainzer sahen die völlige Freigabe der Regeln mit Bedenken: Unter diesen Umständen werde man nicht auf den Weihnachtsmarkt gehen, lauteten viele Kommentare in den sozialen Netzwerken – angesichts der steigenden Inzidenzen sei das doch viel zu riskant. In anderen Städten im Umkreis von Mainz wie Rüdesheim oder Ober-Hilbersheim wurden Weihnachtsmärkte bereits wieder ganz abgesagt, andere – wie der Weihnachtsmarkt an der Ingelheimer Burgkirche – setzten von vorneherein auf 2G. Auch in Wiesbaden plant die Stadt den Sternschnuppenmarkt derzeit in entzerrter Form, die Gastronomiestände sollen rund um die Marktkirche konzentriert werden – auch hier soll es den Zugang nur mit der 2G-Regel geben.

Diese Woche dann drehte die Zahl der Corona-Neuinfektionen endgültig in den exponentiellen Anstieg: Erst 19.000, dann 39.000, 50.000 am Donnerstag – und am Freitag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) 48.640 Neuinfektionen und den neuen Rekordwert einer Inzidenz von 263,7. Schwerpunkte der Infektionswelle sind derzeit Sachsen, Thüringen und Bayern, dort rief Ministerpräsident Markus Söder (CSU) gar am Donnerstag den Notstand aus, um Maßnahmen schneller koordinieren zu können. Gerade in Bayern sowie den beiden Ostländern  schlagen Intensivmediziner bereits seit Tagen wieder Alarm, weil es praktisch keine freien Intensivbetten mehr gibt – Mediziner im Süden Bayerns sprachen gar von einer drohenden Triage. Aber auch die Charité in Berlin sagte bereits wieder verschiebbare Operationen ab, weil die Zahl der Corona-Patienten rasant steigt.

Die Virologin Melanie Brinkmann am 10. November in der ZDF-Talkshow Lanz. - Screenshot: gik
Die Virologin Melanie Brinkmann am 10. November in der ZDF-Talkshow Lanz. – Screenshot: gik

Die Experten beunruhigt dabei, dass sich auch immer mehr Geimpfte wieder infizieren: Die Zahl der Impfdurchbrüche steigt, weil der Impfschutz der frühzeitig Geimpften nun offenbar rasant nachlässt – die Virologin Melanie Brinkmann warnte etwa in der Talkshow „Lanz“ am Mittwoch, die dominierende Delta-Variante sei so viel aggressiver, dass sie den Vorteil der Impfung fast schon wieder aufhebe. Virologen hatten schon früh gewarnt, dass Delta so hochinfektiös sei, dass sich Menschen auch beim längeren Zusammenstehen im Freien und sogar „im Vorbeigehen“ anstecken könnten.

Angesichts dessen mehren sich nun die Stimmen derer, die jetzt sogar wieder Komplettabsagen von Weihnachtsmärkten fordern. RKI-Präsident Lothar Wieler sagte am Freitag in Berlin, am besten „wäre es, wenn man bestimmte Großveranstaltungen absagen würde.“ Auch der Saarländer Virologe Thorsten Lehr sagte gegenüber dem ZDF, Gedränge, Alkohol, Lautstärke und keine Maske – all das könne Ausstoß und Einatmen von Aerosolen begünstigen. Aerosole gelten als Hauptübertragungsweg für das Coronavirus, das Infektionsrisiko schätzen Experten wie Lehr deshalb an der frischen Luft deshalb als deutlich geringer ein als in geschlossenen Räumen.

Buden entzerren, Maskenpflicht auf dem Markt - um den Mainzer Weihnachtsmarkt wird weiter gerungen. - Foto: gik
Buden entzerren, Maskenpflicht auf dem Markt – um den Mainzer Weihnachtsmarkt wird weiter gerungen. – Foto: gik

Angesichts der neuen Werte gewinnt im Mainzer Rathaus nun offenbar das Team Vorsicht wieder die Initiative zurück: „Wir haben das Thema Weihnachtsmarkt für kommende Woche noch einmal auf die Tagesordnung des Verwaltungsstabes am Mittwoch gesetzt“, sagte Matz nun gegenüber Mainz&. Geplant sei nun weiter eine Entzerrung der Marktstände vor allem für den Handwerksbereich und zudem eine Maskenpflicht. Sie wolle „in Anstehsituationen“ und dort, wo man länger zusammenstehe, eine Maskenpflicht vorschreiben, „das kann man auch besser kontrollieren als 3G“, betonte Matz, „das scheint uns als mögliche Nachsteuerung geeignet.“

Wissenschaftler allerdings gehen längst weiter: Wenn überhaupt, seien Großveranstaltungen im Freien nur unter 2G-Regeln zu vertreten, sagte Lehr im ZDF, und ging sogar davon aus, dass die Absage von Großveranstaltungen und Weihnachtsmärkten nur der Anfang sei, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen. 2G allein reiche nicht mehr, 3G schon gar nicht, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin: Es brauche sogar „2G plus“, also Geimpfte und Genesene, die zusätzlich auch noch getestet werden.

Gedränge um den Glühweinstand - in Pandemiezeiten keine gute Idee. - Foto: gik
Gedränge um den Glühweinstand – in Pandemiezeiten keine gute Idee. – Foto: gik

„Ich habe von vorneherein gesagt: 2G, das ist eigentlich die sicherste Möglichkeit zu feiern“, betonte Matz weiter, „das hat aber nicht allen so gefallen.“ Bei den Schaustellern, den Marktbeschickern und den Gastronomen gehe nun zum Teil „nun die blanke Angst“ vor einer erneuten Absage um. Der Mainzer Weihnachtsmarkt ist auch ein echter Wirtschaftsfaktor, für die Marktbeschicker ist er ein wesentlicher Teil ihrer Jahreseinnahmen – für manche sogar die einzige. Die zweite Absage des Weihnachtsmarktes in Folge wäre für sie der Todesstoß für ihre Unternehmen. „Wir halten einen erneuten Lockdown nicht durch in den Branchen“, warnte Matz. Dazu kommt: Die Stadt hat bindende Verträge mit den Marktbeschickern, eine Absage würde mit Sicherheit Schadensersatzforderungen nach sich ziehen.

„Wenn wir solche Regelungen auf Landesebene haben, können wir nicht einfach sagen, bei uns ist alles anders“, gab Matz zu bedenken. „Es ist unstrittig, dass 2G mit Einhausung sicher das Sicherste gewesen wäre“, betonte sie zudem – doch dafür hätte der Markt deutlich mehr Platz gebraucht, Teile des Marktes hätten auf weitere Plätze ausweichen müssen – darunter der eher unattraktive Ernst-Ludwig-Platz am Landtag. Die Domplätze hätten bei einer Einhausung für 2G nicht ausgereicht, betonte Matz: „Unsere erfahrene Marktverwaltung hat das durchgespielt.“

Blaue Zone: So will die Stadt Mainz die Buden des Weihnachtsmarktes in der Innenstadt verteilt aufstellen. - Grafik: Stadt Mainz
Blaue Zone: So will die Stadt Mainz die Buden des Weihnachtsmarktes in der Innenstadt verteilt aufstellen. – Grafik: Stadt Mainz

Die Entzerrung der Handwerksstände soll es aber weiterhin geben, Matz betonte, sie sei bislang noch „vorsichtig optimistisch, dass der Weihnachtsmarkt stattfindet.“ Voraussetzung sei aber, dass Infizierte Dank der Impfung tatsächlich keine gravierend schlimmen Verläufe hätten. Die Geimpften hätten aber ja eigentlich auch das Recht auf ein weitgehend normales Leben, sagte Matz noch, „die haben ja alles richtig gemacht.“

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) kündigte am späten Freitagnachmittag via Twitter an, das Land wolle kommende Woche reagieren: „Wir werden den Warnstufenplan anpassen, Impf- und Testangebote weiter ausbauen, auch an Schulen“, teilte Dreyer mit. Es sei wichtig, dass „die Menschen sich und andere auch weiterhin schützen, indem sie Abstand halten und Maske tragen“, so die Ministerpräsidentin weiter – auch sei es „notwendig, den Zutritt für Ungeimpfte weiter zu begrenzen.“ Wo das genau gelten soll, sagte Dreyer nicht – das rheinland-pfälzische Kabinett will am Dienstag dazu beraten.

Info& auf Mainz&: Mehr zum ersten Konzept für den Mainzer Weihnachtsmarkt unter 3G-Regel und mit Maskenpflicht samt entzerrten Ständen lest Ihr hier bei Mainz&.

 

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