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Start 2016 Oktober

Monatsarchive: Oktober 2016

Nach tödlichem Unfall: Rheinhessenstraße wird nachts gesperrt – UPDATE: Zeugen gesucht

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Die Rheinhessenstraße wird diese Woche nachts zwischen 22.00 Uhr und 3.00 Uhr für den Durchgangsverkehr gesperrt, und zwar ab sofort. Der Grund: Der tödliche Unfall von Samstagnacht, als ein Fußgänger auf der Rheinhessenstraße von einem Auto erfasst wurde und starb. Die Polizei riet deshalb nun der Stadt zu der Sperrung, die dauern soll, solange das Oktoberfest auf der Mainzer Messe steigt. Denn im Umfeld des Oktoberfestes gebe es immer wieder gefährliche Situationen gerade auch mit alkoholisierten Fußgängern im Bereich der Rheinhessenstraße. Die Sperrung gilt von heute an bis Sonntag, den 16. Oktober, und zwar für die Strecke zwischen Kreuzung Robert-Bosch-Straße entlang der Gärtnerei Fuchs bis zur Ludwig-Erhard-Straße. Der Verkehr wird durchs Hechtsheimer Gewerbegebiet umgeleitet. UPDATE: Die Polizei sucht noch dringend Zeugen für den Unfall.

Ampel im Gegenlicht
Tödlicher Unfall auf der Rheinhessenstraße hat nun Folgen: Die Stadt sperrt nachts die Rheinhessenstraße. – Foto: gik

In der Nacht von Samstag auf Sonntag war es gegen 1.45 Uhr zu dem tödlichen Unfall eben auf der Strecke zwischen Messe und Hechtsheimer Gebiet gekommen. Ein 26 Jahre alter Mann war dabei zu Fuß auf der Fahrbahn unterwegs gewesen, und zwar aus Richtung Mainz-Hechtsheim stadtauswärts. Der Fußgänger wurde aus noch unbekannten Gründen von einem stadteinwärts fahrenden Pkw eines 48-jährigen Mainzers erfasst und so schwer verletzt, dass er in der Nacht in einer Klinik starb. Der 48 Jahre alte Fahrer erlitt einen schweren Schock.

Polizei sucht Opelfahrer und weitere Zeugen

Warum der 26-Jährige auf der Fahrbahn unterwegs war und ob es einen Zusammenhang mit dem derzeit stattfindenden Oktoberfest gab, kann die Polizei noch nicht sagen. „Beides wissen wir noch nicht“, sagte Polizeisprecher Peter Metzdorf gegenüber Mainz&: „Die Fragen stellen wir uns auch.“ Gutachter sollen nun den Tathergang untersuchen, eine Obduktion klären, ob der Mann alkoholisiert war.

UPDATE — Am Freitag rief die Polizei noch einmal dringend mögliche Zeugen dazu auf, sich zu melden. Im Rahmen der Ermittlungen sei jetzt bekannt geworden, dass der Fahrer eines schwarzen Opel-Zafiras unmittelbar vor dem Verkehrsunfall neben dem späteren Unfallopfer gehalten und sich noch kurz mit ihm unterhalten habe. Anschließend sei der Opelfahrer davon gefahren, und das spätere Unfallopfer sei weitergegangen. Kurz danach müsse der tragische Unfall geschehen sein. Die Polizei bittet nun eindringlich insbesondere diesen Opelfahrer, aber auch weitere Zeugen, sich mit der Polizeiinspektion Mainz 3 auf dem Lerchenberg unter der Telefonnummer 06131-654310 in Verbindung zu setzen.

Sperrung der Rheinhessenstraße zwischen Ortsausgang und Messe bei Nacht

Fest steht aber: Auf der Rheinhessenstraße seien im Zuge des Oktoberfestes nun vermehrt Menschen auf dem Weg zur Bushaltestelle am Hechtsheimer Ortsausgang unterwegs, sagte Stadtsprecher Ralf Peterhanwahr. Mit der Sperrung reagiere man auf den Unfall und diese Gefahrensituationen. Die Maßnahme sei mit dem Veranstalter des Oktoberfestes abgestimmt, das Sicherheitspersonal werde die Sperrungen gewährleisten und die an- und abfahrenden Fahrzeuge einweisen.

Oktoberfest-Manfred Wappel (l) und Thomas Meinlschmidt 08 (1)
Gefährliche Situationen an der Messe mit Betrunkenen nach dem Oktoberfest – Foto: Oktoberfets Mainz

Die Umleitung erfolgt über die Ludwig-Erhard-Straße, also die Umgehung um das Gewerbegebiet, sowie durch das Gewerbegebiet am Baumarkt vorbei. Von der Innenstadt aus kommend müsst Ihr also in Richtung Ebersheim rechts auf die Robert-Bosch-Straße abbiegen, zum Ausgang des Gewerbegebietes fahren und links auf die Ludwig-Erhard-Straße. Dann geht es ganz normal geradeaus weiter, auch an der Messe entlang. Hier kämen die Fußgänger nicht in Konflikt mit den Autos, hieß es weiter.

In der umgekehrten Richtung fahrt Ihr einfach die Ludwig-Erhard-Straße geradeaus, bis es rechts in die Robert-Bosch-Straße geht. Die Gärtnerei Fuchs sowie die Weingüter Stenner, Zehe und das Weingut der Stadt Mainz (Familie Fleischer) sind in dieser Zeit über die Rheinhessenstraße nicht anfahrbar – aber es ist dann ja auch mitten in der Nacht.

Info& auf Mainz&: Sperrung der Rheinhessenstraße zwischen Robert-Bosch-Straße und L425/Ludwig-Erhard-Straße vom 10. bis 16. Oktober 2016 täglich zwischen 22.00 Uhr und 3.00 Uhr morgens.

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„Überzogen, unsozial“ – Scharfe Kritik an DUH-Klage für Diesel-Fahrverbote in Mainz

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Die Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Stadt Mainz pro Diesel-Fahrverbote stößt auf scharfe Kritik von allen Seiten. „Überzogen“, „unsozial“, „inakzeptabel“, so lauteten die Reaktionen auf die Klage-Ankündigung vom Mittwoch. Die Klage der DUH treffe den Falschen, klagten die Grünen, in Mainz werde von der grünen Umweltdezernentin Katrin Eder „eine nachhaltige Verkehrspolitik betrieben.“ Unterstützung bekam Eder aber auch von der Opposition: Die CDU geißelte die Klage scharf, sogar die Junge Union sprang der Dezernentin bei: Es sei „richtig, dass Frau Eder sich hier auf die Seite der Autofahrer“ stelle und „klare Kante“ gegen den Umweltverband zeige, sagte JU-Kreischef Felix Leidecker. Das ist natürlich ein vergiftetes Lob, zeichnete sich die Politik Eders bislang alles andere als durch explizite Auto-Freundlichkeit aus.

Und immer noch Stau, hier von Mainz nach Wiesbaden - Foto: gik
Wie bekämpft man die schädlichen Auswirkungen der Diesel-Lawinen in den Städten am besten? – Foto: gik

Die DUH hatte am Mittwoch angekündigt, ihre aus 2011 stammende Klage gegen die Stadt wegen Überschreitung der vorwiegend von Dieselfahrzeugen ausgestoßenen Schadstoffe wieder aufzunehmen. Gleichzeitig warf die DUH der Stadt Untätigkeit vor: Man habe keine geeigneten Maßnahmen erhoben, die Schadstoffbelastung zu senken, die Gesundheit der Bürger fordere sofortiges Handeln. Tatsächlich sind die Belastungen gerade von Hauptverkehrsstraßen in Mainz mit den schädlichen Stickoxiden in den vergangenen Jahren praktisch gar nicht gesunken – die genauen Daten könnt Ihr in diesem Mainz&-Artikel nachlesen. Eder betonte dagegen am Mittwoch, die Stadt tue doch schon viel und kündigte an, gegen die Klage kämpfen zu wollen.

Ihre Partei sprang ihr am Donnerstag noch einmal bei: Die Einführung der Umweltzone, der Ausbau des Radverkehrs, die Nutzung von Fernwärme und insbesondere der Bau der Mainzelbahn – das seien „nicht inhaltsleere Ideologien“, sondern Maßnahmen, die zur Luftreinhaltung und dem Gesundheitsschutz der Mainzer dienten, betonte Umweltexpertin Ute Wellstein. In Mainz werde „eine sinnvolle Verkehrspolitik betrieben, die insbesondere auf Anreize setzt“, die DUH bestehe hingegen auf Dieselfahrverboten, „ohne dabei soziale und wirtschaftliche Folgen für die Stadt abzuwägen.“

Auch bei den anderen Parteien stieß aber das explizite Ziel der DUH, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge möglichst schon ab 2018 vor Gericht zu erstreiten, auf scharfe Kritik. Das „geht an der Realität vorbei und schießt weit über das Ziel hinaus“, kritisierten SPD-Verkehrsexpertin Christine Pohl und der SPD-Umweltexperte Marc Bleicher. „Selbstverständlich“ sei die Gesundheit der Mainzer Bürger „ein sehr hohes Gut, das es zu schützen gilt.“ Nur zur Durchsetzung eines Prinzips das vorrangig auf dem Rücken von Dieselfahrern auszutragen, „trifft im Endeffekt die Falschen und ist zudem unsozial. Nicht jeder ist in der Lage, auf sein Auto zu verzichten“, fügten die beiden Stadträte hinzu.

Die CDU wurde noch deutlicher: Ein Verbot von Dieselfahrzeugen – immerhin rund ein Drittel der Autos in Mainz – sei „absolut unverhältnismäßig, überzogen und unsozial“, schimpfte CDU-Verkehrsexperte Thomas Gerster. Die Deutsche Umwelthilfe blende völlig aus, dass viele Bürger mit einem Dieselfahrzeug auf dieses angewiesen seien und sich eben nicht mal eben schnell ein neues Auto kaufen könnten. „Es ist verwunderlich, mit welcher Kompromisslosigkeit die DUH hier vorgehen will, wenn sie nicht einmal Übergangszeiten vorschlägt“, betonte Gerster. Ein generelles Verbot für Dieselfahrzeuge hätte „katastrophale Auswirkungen auch für die Einkaufsstadt und den Handel“, die CDU unterstütze deshalb „ausnahmsweise“ mal Eder bei ihrer Ankündigung, zur Not bis zur letzten Instanz gegen ein Fahrverbot zu kämpfen.

Die Junge Union stichelte zudem, man hoffe ja, dass“endlich die Erkenntnis gereift ist, dass weder Handwerksbetriebe ihre Baustoffe mit der Mainzelbahn zur Baustelle fahren können, noch eine berufstätige, alleinerziehende Mutter ihre Anforderungen im Alltag nur mit dem Fahrrad bewältigen kann.“ Das anvisierte Totalverbot von Dieselfahrzeugen sei „verfassungswidrig und sozial selektiv“, Eder müsse sich nun von ihrer „autofeindlichen Politik“ abwenden und generell eine Politik für Auto, Fahrrad und ÖPNV machen.

Mainz& Analyse: Experten sehen die Frage von Fahrverboten allerdings anders: Solche Verbote seien die wirksamste und derzeit vor allem auch die einzig schnelle Methode, den Ausstoß der gesundheitschädlichen Schadstoffe zu senken. Die Städte sind daher in der Zwickmühle: Rechtlich gesehen sind sie verpflichtet, den immerhin schon seit 2011 geltenden Schadstoffgrenzwerten endlich Geltung zu verschaffen, praktisch bleiben ihnen kaum Möglichkeiten, das auch tatsächlich zu erreichen. Die Klagen der DUH könnten deshalb vor allem eines bewirken: Dass sich endlich auch Bund und Länder in der Frage der Abgasnormen bewegen.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Klage der DUH gegen die Stadt Mainz mit den Reaktionen der Stadt sowie Infos zur Blauen Plakette findet Ihr in diesem Mainz&-Artikel, dort auch die Links zur DUH.

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Taubertsbergbad: Stadt sucht offenbar neuen privaten Betreiber

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Nach der Insolvenz des Taubertsbergbad-Betreibers Uwe Deyle sucht die Stadt Mainz offenbar einen neuen privaten Betreiber. Der Mainzer Stadtrat verabschiedete am Dienstag einen gemeinsamen Antrag der Ampel-Fraktionen sowie der CDU-Opposition, in dem es heißt, der Rat unterstütze die Verwaltung darin, „einen neuen Betreiber mit gegebenenfalls neuen Betriebsmodellen zu finden.“ Von einem Betrieb des Bades durch die Stadt ist dort keine Rede mehr – das aber forderten ÖDP und Linke. Doch im Gemeinschaftsantrag hieß es auch: Die Verwaltung führe bereits Verhandlungen „und leitet nötige Schritte ein.“

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Für das Taubertsbergbad in Mainz wird nach der Pleite des Betreibers eine neue Zukunft gesucht – Foto: gik

Offenbar laufen die Planungen zur Rettung des Bades auf Hochtouren: Anfang September hatte Betreiber Deyle Insolvenz angemeldet – nach jahrelangen Versäumnissen bei Sanierungen des Bades. Sportdezernent und Bürgermeister Günter Beck (Grüne) hatte danach zwei Lösungswege skizziert: Die Gründung einer Betreibergesellschaft im Konzern Stadt für das Bad oder die Suche nach einem neuen Betreiber mittels Ausschreibung. Offenbar präferiert die Stadt Variante 2 – und ist schon eifrig auf der Suche nach einem neuen Betreiber.

Dafür wird das Bad derzeit bereits renoviert und saniert – auf Kosten der Stadt Mainz. Der vorläufige Insolvenzverwalter habe „in Absprache mit der Stadt begonnen, Schäden zu beheben“, sagte Beck im Stadtrat, und verwies auch darauf, dass es immer einen Konsens in der Politik gegeben habe: „Das Taubertsbergbad muss eine Zukunft haben an dem Standort, wo es jetzt ist“, betonte Beck. Dafür arbeite man, und nun sei „der Weg für die nächsten Monate frei.“

Hintergrund der kryptischen Anmerkung des Dezernenten: Der Haushalts- und Finanzausschuss hatte kurz vor der Stadtratssitzung am Dienstag in geheimer Sitzung einer Änderung des Pachtvertrages für das Schwimmbad zugestimmt. Der Insolvenzverwalter habe „um Änderungen gebeten“, sagte Beck – nach Informationen von Mainz& handelte es sich dabei um die Pachtzahlungen. Die wurden nun offenbar vorerst ausgesetzt, die Stadt will so zur Sicherung des Bades und der Arbeitsplätze beitragen.

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Ungetrübt war der Badespaß im Taubertsbergbad zuletzt nicht: Es herrschte Sanierungsstau – Foto: Taubertsbergbad

Ohnehin war vermutlich in diesem Jahr nicht viel Pacht geflossen: Deyle schulde der Stadt Pachtgelder in sechsstelliger Höhe, teilte Beck auch mit. Ob die Stadt davon jemals etwas wiedersieht, wird das Insolvenzverfahren zeigen. Deyle hätte eigentlich pro Jahr eine Million Euro an Pachtzahlungen zuzüglich 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen sollen. Umgekehrt sicherte die Stadt ihm einen jährlichen Zuschuss von einer Million Euro plus 7 Prozent Mehrwertsteuer für das Schul- und Vereinsschwimmen zu. Immerhin: Von diesem Zuschuss zahlte die Stadt Deyle in diesem Jahr keinen Cent.

Der Schulsport laufe derzeit „mit geringen Einschränkungen“ in vollem Umfang im Taubertsbergbad weiter, hieß es zudem, nur das Lehrschwimmbecken sei seit Ende August nicht nutzbar. Einig waren sich die Fraktionen derweil darin, das Schwimmbad unbedingt zu erhalten – Mainz brauche einfach zwei Bäder. ÖDP und Linke allerdings forderten, das Schwimmbad müsse in städtischer Hand weitergeführt werden.

Das sei „der sicherste und nachhaltigste Weg“, nur so könne garantiert werden, dass der Badebetrieb verantwortlich und zuverlässig organisiert werde und die Mitarbeiter zu guten und stabilen Arbeitsbedingungen beschäftigt würden, argumentierten ÖDP und Linke. Andernfalls könne auch die Übernahme des Betriebs durch einen Verein nach dem Beispiel des Betreibermodells des Mombacher Schwimmbads geprüft werden. Die Suche nach einem rein privaten Betreiber solle nur „Ultima Ratio“ sein.

Beck betonte dazu nur, er maße es sich nicht an, den Vertrag mit Deyle nach 13 Jahren zu kritisieren. Klar müsse aber auch sein: In Zukunft müsse die Stadt, „egal, bei welchem Modell, jederzeit eine Eingriffsmöglichkeit haben – damit nicht noch einmal passiert, was dort passiert ist.“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Insolvenz des Taubertsbergbades lest Ihr in diesem Mainz&-Artikel, zu den Plänen der Stadt genau hier.

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Keine Großkonzerte mehr in Hechtsheim? – Stadt will Verkehrssituation rund um Messe prüfen

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Wird es im Messepark in Hechtsheim künftig keine Großkonzerte mehr wie mit Herbert Grönemeyer geben? Das Event mit mehr als 15.000 Besuchern war DAS Konzert-Highlight des Jahres 2016, doch ein Konzert in ähnlicher Größenordnung sei „in der nächsten Zeit nicht geplant“, sagte Verkehrsdezernentin Katrin Eder (Grüne) am Dienstag im Mainzer Stadtrat. Der Hintergrund: Nach dem Konzert waren die abfahrenden Autos zum Teil über stockdunkle Feldwege mitten durch die Felder zurückgeleitet worden. Die CDU argwöhnte deshalb nun, das Verkehrskonzept der Stadt für die Messe reiche nicht aus, die Abfahrtswege seien überlastet.

Was für ein Abend - Danke Herbert Grönemeyer! - Foto: gik
Mega-Event Herbert Grönemeyer im Messepark Hechtsheim im Mai 2016 – Foto: gik

Tatsächlich staunten die Autofahrer nach Ende des Grönemeyer-Konzerts nicht schlecht, als sie über einen einfachen Feldweg kilometerweit vom Messegelände weggeleitet wurden – wir staunten auch, dachten wir doch, mit unserem Fahrrad den ruhigen Hintergrundweg genommen zu haben und steckten auf einmal mitten in der Blechlawine. Wobei die Autos durch den Feldweg recht flüssig das Gelände verlassen konnten – zusätzlich zur regulären Fahrstraße.

Die CDU wollte nun wissen, wer dazu die Genehmigung erteilt habe und ob eine solche Verkehrsführung auch für die Zukunft geplant sei – und was denn die Stadt künftig gegen die „Missstände“ der überforderten Zu- und Abfahrten unternehmen wolle.

Die Verkehrsführung auch über Wirtschaftswege nach dem Grönemeyer-Konzert sei von der Straßenverkehrsbehörde der Stadt angeordnet worden, „weil die Abwicklung der zu erwartenden Verkehrsströme über die üblichen Zu- und Abfahrten voraussichtlich zu einem Verkehrskollaps geführt hätte“, teilte Eder nun in der Antwort im Stadtrat mit. Das sei aber eine Ausnahme gewesen und werde bei künftigen Veranstaltungen „voraussichtlich nicht wiederholt.“

Ampel im Gegenlicht
Ampel am Messepark Hechtsheim – wie will die Stadt hier künftig den Verkehr managen? – Foto: gik

In der Regel könnten mit den derzeitigen Wegen heute auch größere Veranstaltungen auf dem Messegelände wie etwa das Oktoberfest oder die Rheinland-Pfalz-Ausstellung „zufriedenstellend abgewickelt werden.“ Für die Ludwig-Erhard-Straße seien zudem verschiedene Ampel-Programme für die jeweilige Richtung und Verkehrsbelastung entwickelt worden. Vor jeder Großveranstaltung finde außerdem eine Abstimmung mit der Polizei statt, die bei Überlastungen einzelne Kreuzungen mittels Polizeikräften regeln könne.

Mit der Mainzer Grundstücksverwaltungsgesellschaft GVG gebe es zudem eine vertragliche Vereinbarung, einen Ausbau der Zufahrtsstraßen „anhand der jeweiligen Verkehrsnachfrage“ zu prüfen. In der zweiten Jahreshälfte wolle die Stadt überprüfen, ob es Anlass zur nächsten Ausbaustufe gebe – wenn nämlich die Firmen Köbig, Deubig sowie der Paketdienst DHL ihren Betrieb aufnehmen.

Aber was sei denn mit dem geplanten Bau einer Konzert- und Veranstaltungshalle auf dem Messegelände, wollte die CDU wissen, was für einen Plan habe die Stadt denn für diesen Fall? Das könne man erst nach Vorliegen eines Bauantrags oder Veranstaltungskonzeptes sagen, wehrte die Stadt ab – und solche Anträge lägen noch nicht vor.

Bleibt die Frage: Wo in Mainz sollen denn künftig eigentlich Großkonzerte mit Stars wie Grönemeyer stattfinden? Nach dem Aus des Zollhafens mit seiner genialen Kulisse sollte die Messe eigentlich als Ersatz dienen, offenbar ist das jetzt aber doch nicht geplant. Müssen die Mainzer künftig auf den Genuss solcher Events in ihrer Stadt verzichten?

 

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Umstrittene Hahn-Wirtschaftsprüfer von KPMG arbeiten auch für Stadt Mainz

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Für ihre Arbeit beim Verkauf des Flughafens Frankfurt-Hahn sind sie stark in die Kritik geraten, nun teilte die Stadt Mainz mit: Auch für städtische Unternehmen ist die Frankfurter Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG tätig. Die KPMG habe in den vergangenen drei Jahren insgesamt rund 57.000 Euro für „verschiedene steuerliche und wirtschaftliche Beratungsleistungen“ erhalten, teilte die Stadt am Dienstag im Stadtrat mit. Aktuell führe die Gesellschaft einen Beratungsauftrag für die Stadt Mainz aus. Die stadtnahen Betriebe hätten zudem die KPMG aktuell mit neun Aufträgen betraut.

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Die Firmenzentrale vom KPMG im Squaire am Frankfurter Flughafen – Foto: KPMG Homepage

Die KPMG, eine renommierte und international tätige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, war jüngst heftig in die Kritik geraten, weil ihre Auswahl von Geschäftspartnern für das Land Rheinland-Pfalz suboptimal verlief: Der Verkauf des Flughafens Hahn an chinesische Geschäftsleute platzte Ende Juni wegen gefälschter Bankbelege und nicht gedeckter Bankkonten – obwohl die KPMG die Käufer angeblich gründlich durchleuchtet hatte. Den Prüfern war zudem nicht aufgefallen, dass an den angeblichen Firmenadressen gar keine Büros der entsprechenden Firmen existierten – am Ende platzte das Geschäft, weil Kyle Wang und Freunde nicht zahlen konnten.

In der Folge geriet KPMG stark in die Kritik. Das Land Rheinland-Pfalz argumentiert, die Prüfer hätten den Verkauf an die windigen Chinesen empfohlen und für unbedenklich erklärt, KPMG bestreitet das und behauptet seinerseits, das Land habe alle Warnungen ignoriert. Mehr als sechs Millionen Euro erhielt KPMG bisher für ihre Dienste vom Land, Kritiker halten das für völlig überzogen.

Es ist nicht der einzige Fall, bei dem KPMG in Negativschlagzeilen geriet: Auch bei den Firmen FlowTex und vor allem der Beinahe-Pleite des Baukonzerns Holzmann wurde KPMG vorgeworfen, mindestens schlampig gearbeitet zu haben – es war die Geburtsstunde des Spotts, die Abkürzung „KPMG“ stehe wohl für „Keiner prüft mehr genau“. Und erst im Juni dieses Jahres forderte der Insolvenzverwalter der P+S-Werften eine halbe Million Euro von KPMG wegen eines angeblich falschen Sanierungsgutachtens.

Nun teilte die Stadt auf Anfrage der Mainzer Bürgerliste mit: Ja, KPMG arbeite auch für die Stadt, und nein, negative Erfahrungen habe man keine gemacht. Mit der KPMG bestehe seit Mitte der 1990er Jahren „eine Rahmenvereinbarung über verschiedene steuerliche und wirtschaftliche Beratungsleistungen“- allein von 2013 bis 2015 bekam die KPMG von stadtnahen Betrieben und Unternehmen 17 Aufträge, dazu einen von der Stadt Mainz direkt. Dieser Auftrag stand im Zusammenhang mit der Gründung der Mainzer Bürgerhäuser Verwaltungs GmbH und der Mainzer Bürgerhäuser GmbH & Co. KG. Bei den stadtnahen Betrieben habe es sich im Wesentlichen um Jahresabschlussprüfungen und/oder steuerliche Beratungsleistungen gehandelt.

Das Auftragsvolumen habe stark geschwankt, je nach Größe des stadtnahen Betriebs, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage weiter. Die jährlichen Auftragsvolumen hätten jeweils zwischen 2.000 Euro und 19.000 Euro gelegen. Bei der überwiegenden Mehrzahl sei ein jährliches Auftragsvolumen von 10.000 Euro nicht überschritten worden.

 

 

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Mainz präsentiert sich auf Expo Real mit Zollhafen und als Industriestandort

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Die Expo Real in München gehört zu den wichtigsten Immobilienmessen Deutschlands, jedes Jahr fischen auf der Immobilienmesse in der bayrischen Landeshauptstadt Städte nach Investoren. Mainz wirbt da in diesem Jahr – 4. bis 6. Oktober – vor allem mit einem Projekt: Dem Zollhafen. Außerdem hat die Stadt zahlreiche Immobilienentwickler und -vermarkter im Boot – und will sich ausgerechnet als Industriestandort präsentieren. Das alles geschieht an einem Gemeinschaftsstand der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main – gemeinsam mit Frankfurt, Wiesbaden, Darmstadt und Bad Homburg.

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Gemeinschaftsstand der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main für die Expo Real 2016 – Foto: MAG

„Der Boom auf dem Immobiliensektor und das enorme Wachstum im Bereich Wohnraum sowie bei Büro- und Gewerbeflächen in Mainz und in der gesamten Metropolregion lässt die Standpartner noch enger zusammenwachsen“, ließ uns die Mainzer MAG per Pressemitteilung wissen. Das drückt sich auch beim diesjährigen Messestand aus, „der sich serviceorientiert, in modernem Outfit, zweistöckig und mit integrierter Konferenzfläche präsentiert.“ Das alles steht allerdings unter der Überschrift „Frankfurt/Rhein-Main“. Das kann Vorteile haben, weil man von der Attraktivität Frankfurts profitiert, aber auch Nachteile, weil Mainz als Stadt wenig sichtbar ist.

Immerhin hat Mainz eine exponierte Eckplattform an dem Gemeinschaftsauftritt, hier stünden der Stadt und ihren Partnern rund 225 Quadratmeter zur Verfügung, hieß es weiter. Denn natürlich hat die Stadt eine Menge Partner dabei: traditionell bilden die Grundstücksverwaltungsgesellschaft der Stadt Mainz, die Mainzer Aufbaugesellschaft (MAG), die Wohnbau Mainz GmbH die Kernmannschaft des Mainz-Standes. Mit dabei aber auch Quartier- und Hotelentwickler, Ingenieurbau-Unternehmen, Immobilienmakler und Bauunternehmer. Der Zusammenschluss mehrerer Unternehmen bringe den Vorteil mit sich, dass jeder Standpartner auch seine eigenen Kunden und Interessenten anziehe.

Zollhafen sucht als „New Work Waterfront“ nach Investoren

Der Zollhafen in Mainz, das nächste zu bauende Wohnquartier - Foto: gik
Der Zollhafen in Mainzsucht noch Investoren – Foto: gik

An zentraler Stelle: die Zollhafen Mainz GmbH – unter der Überschrift „New Work Waterfront – Standortvorteil Zollhafen“ sollen endlich weitere Investoren für das Filetstück zwischen Neustadt und Rhein gefunden werden. Nach bezahlbarem Wohnen klingt das allerdings nicht… Man wolle sich auf der Expo Real als attraktiver Immobilienstandort präsentieren und Kontakte zu Projektentwicklern und Partnern aufbauen und pflegen, hieß es von der MAG weiter. Es würden „Investoren für wichtige, aktuelle Bauprojekte gesucht und im Idealfall gewonnen.“

Gleich am ersten Tag will sich Mainz in der „metropolarena“ als „Hotel- und Kongress-Stadt in der Metropolregion Rhein-Main“ präsentieren – gemeinsam mit Wiesbaden. Die Kooperation kann auch überraschen: Die hessische Nachbarstadt hat in den vergangenen Monaten Mainz einiges an Touristen und Übernachtungsgästen abgejagt, insbesondere Chinesen nächtigen inzwischen lieber in Wiesbaden anstatt in Mainz. Und mit dem Neubau der Rhein-Main-Hallen erwächst Mainz eine weitere starke Konkurrenz auf der anderen Rheinseite.

Mainz wirbt nach zahlreichen Abwanderungen für sich als Industriestandort

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Gemeinschaftsstand Rhein-Main auf der Expo Real mit Mainz-Ecke vorne rechts – Foto: MAG

Schließlich will sich Mainz in einem Vortrag „Standortcheck: Mainz als Industriestandort“ präsentieren. In den vergangenen Monaten war das Bild der Industriestadt Mainz allerdings eher von Abwanderungen geprägt: Nestlé, Cargill und jüngst die Spedition Hensel, gleich reihenweise verlassen just in diesem Jahr große Industrieunternehmen Mainz. Die IHK Rheinhessen spricht gar von einem „Aderlass“ in den vergangenen 25 Jahren: Gab es 1989 noch 102 Betriebe mit 24.377 Beschäftigten, waren es 2015 nur noch 58 Betriebe mit 7.399 Beschäftigten – das ist eine Halbierung bei den Unternehmen,und nur noch ein Drittel der Arbeitsplätze. Die CDU warf Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) jüngst vor, das Thema „jahrelang verschlafen“ zu haben. Nun also will man sich mit dem Thema auf der Expo real präsentieren – wir sind gespannt, was das bringt.

Der Gemeinschaftsstand ist übrigens zweigeschossig aufgebaut und hat eine eigene Konferenzzone mit Tischen im Obergeschoss. Am Mainzer Eck „stehen Terminals, Stelen und Monitore bereit, die visuell verpackt Projekte, Logos und Infos transportieren“, heißt es weiter. Eigens für den Mainz-Stand wurde zudem ein digitales Stadtmodell entwickelt, in dem man multi-touch-mäßig Details über Mainz und die verschiedenen Bauprojekte erfahren, „und mit dem man buchstäblich in die Stadt hineinzoomen kann.“

Zur Expo Real 2016 in München werden rund 38.000 Teilnehmer aus 74 Ländern erwartet, die Messe erstreckt sich über 64.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in sechs Hallen und gilt als Treffpunkt der gesamten Wertschöpfungskette der Immobilienbranche. 1.700 ausstellende Unternehmen, fast 1.000 Journalisten und Medienvertreter sowie 400 Experten werden erwartet.

Info& auf Mainz&: Immobilienmesse Expo Real vom 4. bis 6. Oktober 2016. Solltet Ihr zufällig in München sein, oder gezielt auf die Expo Real gehen (wollen): Mainz findet sich als Modul im Gemeinschaftsstand der „Metropol Region Frankfurt/Rhein-Main“ in Halle C 1, Stand 240. Mehr über Mainz auf der Expo Real findet Ihr außerdem auf der eigens für die Messe eingerichteten Webseite www.mainz-exporeal.com.

 

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Mainzer Stadtbild im Wandel: Wiedergewonnene oder gefälschte Geschichte?

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Mainz hat wahrlich nicht das schönste Stadtbild aller Städte, dem Zweiten Weltkrieg geschuldet sind Bausünden, Nachkriegsbauten und viele Brüche im einstmals Goldenen Mainz. Diesen Brüchen im Stadtbild geht derzeit eine Gesprächsreihe im Landesmuseum nach: Pararellel zur Sonderausstellung „Mainz – ein Blick, viele Ansichten“ wird der Wandel des Stadtbildes in verschiedenen Veranstaltungen thematisiert – hochaktuell ist das. Am Dienstagabend, dem 11. Oktober geht es nun um „Rekonstruktionen“ und die Frage: Ist das „wiedergewonnene oder gefälschte Geschichte?“

Markthäuser
Attrappe, Rekonstruktion, wiedergewonnene Geschichte? Die Mainzer Markthäuser gehören sicher zum Thema Rekonstruktion im Mainzer Stadtbild – Foto: gik

Die Reihe wird organisiert von der Architektenkammer und der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) und dreht sich um den Themenkomplex Stadtplanung, -entwicklung, -gestaltung und Denkmalpflege. Am 11. Oktober geht es um die Frage des Attrappenkultes, eingeleitet wird die Gesprächsrunde mit einem Impulsvortag der Landeskonservatorin Roswitha Kaiser.

Anschließend diskutiert sie mit der Frankfurter Architektin Astrid Wuttke, dem Historiker und Ingenieur Björn Wissenbach sowie dem Denkmalpfleger Hartmut Fischer die Fragen: Sind Rekonstruktionen ein legitimes Mittel der Stadtsanierung, um Lücken zu schließen und eine menschlichere Stadt zu gestalten? Oder wird hier lediglich eine heile Welt vorgespielt, die so nie existiert hat? Es moderiert Martin Bredenbeck vom Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz, Köln.

Gestartet war die Reihe am 4. Oktober mit dem Thema „Wiederaufbau der Nachkriegszeit: Bewahrung – Brüche – Wandlungen“ und der Diskussion um die umstrittenen Kontraste zwischen Alt und Neu, die im Zuge des Wiederaufbaus durch schnelle Notlösungen entstanden. Abgeschlossen wird die Gesprächsreihe am 25. Oktober mit dem Thema „Bunt wie das Leben? Farbe in der historischen Stadt“.

Blick vom Schillerplatz in die Ludwigsstraße, März 1965. Pavillon im Vordergrund: Modehaus Theiss (Ludwigsstraße 2).
Mainzer Stadtbild: Die LU im März 1965. – Foto: hans Armster

Professor Gerhard Meerwein wird dann nach seinem Impulsvortrag mit Professor Markus Schlegel von der Hochschule Hildesheim, Georg Peter Karn von der Landesdenkmalpflege sowie Sabine Guttmann vom Stadtplanungsamt Frankfurt diskutieren, die Moderation hat Annette Müller von der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Es geht dann um Fragen wie: Sollen sich Fassaden harmonisch in das Gesamtbild einfügen oder sind sie berechtigter Ausdruck individueller Freiheit? Und welche Bedeutung hat der historische Farbkanon in einer gewachsenen Stadt?

Info& auf Mainz&: Die Gesprächsrunden sind Teil des Rahmenprogramms zur Sonderausstellung „Mainz – ein Blick, viele Ansichten“ und finden jeweils dienstags am 11. und 25. Oktober um 18.00 Uhr im Forum des Mainzer Landesmuseums statt. Der Eintritt ist frei.

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Mainzelbahn startet zum 11. Dezember – MVG bessert neuen Linienplan nach

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Seit heute hat die MVG ihren neuen Fahrplan ab Dezember im Netz stehen, prompt entzündeten sich daran heftige Debatten über die Neuregelung des Liniennetzes. Dazu noch einmal unser Text vom Juni mit allen Infos und der Ankündigung: Die Mainzelbahn wird zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember 2016 rollen. „Der 11. Dezember steht für den neuen Linienplan – dann fährt die neue Mainzelbahn“, sagte Jochen Erlhof, Geschäftsführer der Mainzer Verkehrsgesellschaft MVG im Juni in Mainz. Erlhof sprach von einem „Jahrhundertprojekt“ für die MVG, das grundsätzliche Änderungen im ganzen Liniennetz nach sich zieht. Die MVG hatte auch deshalb ein neues Konzept für Busse und Bahnen in Mainz entwickelt, nach heftiger Kritik an dem ersten Entwurf stellte Erlhof nun Nachbesserungen vor: Den meisten Kritikern kommt die MVG dabei entgegen.

Visualisierung MVG Mainzelbahn in der Marienborner Straße
Die Mainzelbahn kommt – und zieht weitreichende Änderungen im Liniennetz nach sich – Foto: MVG

Die Mainzelbahn ist zweifellos das Infrastrukturprojekt des Jahrzehnts im öffentlichen Nahverkehr in Mainz: Neun Kilometer zusätzliche Straßenbahnstrecke baut die MVG seit November 2014, das ist eine Erweiterung der bisherigen Straßenbahnstrecken in Mainz um mehr als 50 Prozent. Und das 80-Millionen-Euro-Projekt ist im Zeitplan, allerdings musste die MVG im März einräumen: Es wird fünf bis sieben Prozent teurer als gedacht. Im Vergleich zu anderen Bauprojekten der Republik ist das ja fast eine Punktlandung…

Heftige Proteste gegen neuen Liniennetzplan

Für Ärger sorgte im Sommer deshalb viel mehr eine andere Konsequenz der Mainzelbahn: Der Liniennetzplan in Mainz muss durch die neue Straßenbahnstrecke vom Hauptbahnhof auf den Lerchenberg neu geordnet werden. Und dabei gibt es einige Verlierer: Weil durch die neue Straßenbahnlinie Buslinien wegfallen, drohten gleich mehrere Stadtgebiete deutlich schlechter angebunden zu werden als vorher. In Bretzenheim, Marienborn, aber auch auf dem Hartenberg, in Finthen und am Kisselberg gab es deshalb heftige Proteste gegen den Entwurf für das neue Liniennetz.

Das betrifft vor allem Stadtgebiete rechts und links der neuen Straßenbahntrasse, denn in der Tat: Weil für die neue Straßenbahnlinien die Buslinie 6 nicht mehr nach Bretzenheim und Marienborn fährt, drohte den beiden alten Ortskernen eine deutlich schlechtere Anbindung. Auf dem Hartenberg sollte die Haltestelle am Judensand – ausgerechnet an der Berufsbildenden Schule – nicht mehr angefahren werden, auf dem Kisselberg protestierten Betriebsräte der dort in der Nähe des Europakreisels ansässigen Firmen dagegen, dass ihr Areal gar nicht mehr von Bussen angefahren wird.

MVG Liniennetz 2017 neu
Das ist er: Der neue Liniennetzplan 2017 inklusive aktueller Änderungen. Für größere Darstellung einfach anklicken!

Erlhof: „Kein Kahlschlag, mehr Effektivität“

Im Juni betonte Erlhof, man habe alle Ideen, Vorschläge und Anregungen aufgenommen und geprüft, und eine Vielzahl davon umsetzen können. „Wir könne aber auch nicht alle Einzelwünsche erfüllen“, mahnte der Geschäftsführer aber auch. Die MVG rechne mit einem Zuwachs von zwei Millionen Fahrgästen in den kommenden Jahren, daran messe man sich. Allein durch die neue Straßenbahntrasse sei langfristig eine Steigerung von 5 Millionen Fahrgästen zu erwarten.

Schon 2015 habe es einen Zuwachs von 20 Prozent im Vergleich zu 2014 gegeben, inzwischen transportiert die MVG 52 Millionen Fahrgäste pro Jahr – das macht 175.000 Fahrgäste am Tag. „Das zeigt ja, dass der ÖPNV in Mainz attraktiv ist“, betonte Erlhof. Dazu sei das Liniennetz in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, es gebe keinen Bereich der Stadt mehr, der nicht an eine Bus- oder Bahnverbindung angebunden sei.

„Das Netz ist in den vergangenen Jahren immer dichter geworden“, betonte Erlhof, das  werde auch so bleiben: Stand heute fahre die MVG 11 Millionen Fahrplankilometer im Jahr, künftig würden es 10,6 Millionen Fahrplankilometer sein. „Da kann keiner von Kahlschlag reden“, betonte Erlhof. Der Ausbau der Mainzelbahn bedeute für die MVG aber eine Steigerung der Kapazitäten von zwei Prozent und damit der  Effektivität. „Wir ersetzen in vielen Bereichen zwei Busse mit einer Straßenbahn und machen so das System leistungsfähiger“, betonte Erlhof. 20 Busse könnten dabei eingespart werden. „Mit etwas weniger Fahrzeugen und weniger Kilometern kriegen wir dasselbe Fahrgastaufkommen hin“, fügte er hinzu.

Straßenbahnlinien künftig all 7,5 Minuten, Linie 52 alle 15 Minuten

Gleisstapel Mainzelbahn Marienborner Straße
Bauen für die Mainzelbahn – seit 2014 werden Gleise verlegt und Trassen gebaut – Foto: gik

Tatsächlich ändert sich durch die Mainzelbahn etwa ein Drittel der bisherigen Bus- und Bahnlinien. Straßenbahnlinien gibt es künftig vier Stück: Die Linie 50 fährt vom Bürgerhaus in Hechtsheim über den Hauptbahnhof nach Finthen, die Linie 51 von Finthen über den Hauptbahnhof und weiter die neue Mainzelbahntrasse bis hinauf auf den Lerchenberg. Die neue Linie 53 wiederum fährt vom Bürgerhaus in Hechtsheim über den Bahnhof hinauf auf den Lerchenberg. Diese Straßenbahnen fahren jeweils alle 15 Minuten, miteinander verschränkt heißt das: alle 7,5 Minuten kommt eine Straßenbahn, eine deutliche Steigerung zum derzeitigen Rhythmus.

Die Linie 52 wiederum fährt wie bisher vom alten Ortskern Bretzenheim in den alten Ortskern nach Hechtsheim Am Schinnergraben. Mainz& erfuhr aber: Auch die 52 wird gestärkt und soll künftig alle 15 Minuten rollen. Dazu bastelt die MVG gerade an einer neuen Nachtverbindung für Bretzenheim, die möglicherweise ebenfalls über die Straßenbahn erfolgen wird. Denn hier offenbar sich das Problem der neuen Mainzelbahn: Die neue Trasse soll künftig auch als Nachtlinie die ganze Nacht hindurch alle Stunde fahren – bis hinauf auf den Lerchenberg.

Lücke durch Mainzelbahn, Backhaushohl ausgedünnt

Doch damit klafft nun – Stand Juni – zwischen dem Ostergraben und der Marienborner Straße und der Pariser Straße eine riesige Lücke, in der bei Nacht kein einziger Bus oder keine einzige Bahn rollen würde. Nun plant die MVG, die Bus-Nachtlinie 90 durch Zahlbach laufen zu lassen, hat aber das Problem, diese Linie bis zum Südring zu verlängern – der Bus müsste dann die enge Albert-Stohr-Straße hochfahren, und das mitten in der Nacht… Eventuell könnte auch die Straßenbahn 52 den Nachtverkehr übernehmen, sagte Erlhof, und betonte: „Da finden wir eine Lösung, wir sind optimistisch.“

Tatsächlich gehören zu den großen Verlierern des neuen Netzes wohl die Anwohner, die bisher entlang der alten Linie 6 wohnten. Zwar führt nun künftig die Buslinie 57 entlang der Uni durch den Bretzenheimer Ortskern zum Südring, doch die wird keineswegs alle zehn Minuten rollen, wie bisher die 6, sondern lediglich einen 20-Minuten-Takt haben. „In der Gegend Backhaushohl gibt es tatsächlich eine Verschlechterung für die Leute“, räumte Erlhof ein, hier werde in der Tat das Angebot ausgedünnt.

In Bretzenheim und Marienborn wird nachgebessert

Erste Variobahn für Mainzelbahn - Foto MVG
Da isse: Die erste neue Mainzelbahn – Foto: MVG

Die Erfahrung zeige aber auch, dass die Menschen lieber 100 Meter weiter liefen, um die Straßenbahn nehmen zu können, betonte Erlhof, denselben Effekt gebe es etwa in Gonsenheim. „Wir gehen davon aus, dass das auch in Bretzenheim so sein wird“, sagte er. Die MVG werde aber die Entwicklung ab dem 11. Dezember ausgesprochen intensiv beobachten und sofort reagieren, wenn sich zeige, dass das jetzt geplante Angebot nicht ausreiche, sicherte er zu.

Den Vorschlägen der Ortsbeiräte von Bretzenheim und Marienborn nach Verbesserungen kam die MVG aber nach: So wird die Buslinie 70 weiter von Marienborn aus direkt die Hans-Böckler-Straße anbinden, die Linie 71 über den Südring geführt und die Linie 57 ebenfalls bis zum Südring geführt. In Marienborn bleibt die Pfarrer-Dorn-Straße die Endhaltestelle für den Bus, in Zukunft ist das die Linie 70.

Lerchenberg nachts weiter angefahren, 71 regelmäßig nach Drais

Auf dem Lerchenberg wiederum werden nachts nun auch weiterhin die Haltestellen Menzelstraße und Hebbelstraße mit der Nachtbuslinie angebunden. Die Buslinie 71 schafft künftig zudem eine neue Direktverbindung über Drais nach Finthen bis zur Endhaltestelle der Straßenbahn an der Poststraße – und diese Linie werden künftig alle 30 Minuten rollen, betonte Erlhof. Allerdings biegt die 71 dafür künftig nicht mehr auf den Katzenberg ab und fährt nicht mehr den Nelkenweg an. Das seien aber wenige Meter Fußweg mehr, betonte Erlhof.

Visualisierung Saarstraße Mainzelbahn
Problem Saarstraße – in Höhe Kisselberg fehlt eine Brücke – Foto: MVG

Doch genau das ist auch das Problem auf dem Hartenberg und dem Kisselberg, dem Gewerbegebiet am Europakreisel. Weil die MVG hier nur noch mit der Saarstraße plante, fällt der Schlenker der Buslinie 69 durch den Kisselberg künftig komplett weg. Auf der Saarstraße fahre künftig alle sieben Minuten ein Bus, der Radius betrage lediglich 300 Meter bis dahin, verteidigte Erlhof die Neuregelung. Doch es gibt zwei Probleme: Lediglich ein dunkler, schlecht befestigter Weg führt aus dem Gebiet zur Saarstraße. Die Stadt habe gerade zugesagt, hier mit Abhilfe und besserem Ausbau Abhilfe zu schaffen, sagte Erlhof.

Kisselberg: Brücke über die Saarstraße soll kommen

Problem Nummer zwei: Für die Fahrtrichtung in die Stadt kommen die ÖPNV-Benutzer nicht über die Saarstraße und müssen einen größeren Umweg über die Koblenzer Straße in Kauf nehmen. „Die Leute kommen schlecht wieder weg“, räumte Erlhof ein, der „Schlüssel für eine n vernünftige Lösung“ sei klar eine Brücke über die Saarstraße an dieser Stelle. Die schiebe die Stadt „seit 15 Jahren vor sich her“, sagte Erlhof – nun sei sie aber eingeplant: Für die Jahre 2017 und 2018 satehe der Bau der Fußgängerbrücke im städtischen Haushalt.

Bis dahin soll ein Provisorium helfen: Die MVG überlegt, an den Nachmittagen die Buslinie 55 oder 56, die aus Finthen kommt, in einem Schlenker durch den Kisselberg zu schicken. Keine Abhilfe ist das für das Wohngebiet zwischen Kisselberg und An der Allee – hier versprach Erlhof zwar Beobachtung, aber keine direkte Abhilfe. „Auf der Saarstraße fahren mehrere Linien direkt zum Höfchen“, betonte er, der Radius sei zumutbar, die Haltstellen auch in Richtung Stadt zudem über die Fußgängerbrücke am Friedrich-von-Pfeiffer-Weg erreichbar, demnächst auch barrierefrei mit Aufzügen.

HaMü: Judensand wird angefahren, Umsteigen zumutbar

Durch die Linie 6, die künftig nach Gonsenheim fährt, gebe es aber im Münchfeld eine Taktverdichtung auf künftig alle zehn Minuten, dazu wird die Haltestelle Am Judensand nach Protesten aus dem Stadtteil auch künftig von den Linien 64 und 65 weiter angefahren. Dass künftig vielleicht der ein oder andere Fahrgast in Richtung Höfchen umsteigen müsse, sei aber zumutbar, findet Erlhof: Statt am Hauptbahnhof böten sich die Haltestellen Hauptbahnhof West und Münsterplatz als geeignete Umsteigestellen an – dort könne man einfach stehen bleiben und müsse nicht quer über den Bahnhofsvorplatz.

MVG Bus am Höfchen
Kein Ausdünnung der Buslinien am Höfchen, betont die MVG – Foto: gik

Eine Verbesserung erfährt dagegen die Uniklinik: Die Universitätsmedizin werde künftig vom Hauptbahnhof aus im 5-Minuten-Takt durch fünf Buslinien angebunden, sagte Erlhof. Auch trat er dem Eindruck entgegen, das Höfchen sei künftig schlechter zu erreichen: Künftig führen genau so viele Buslinien das Zentrum am Markt an wie zuvor.

Neue Haltestelle in Schusterstraße für Linie 6 wird geprüft

Positiv aufgenommen hat die MVG aber die Anregung aus dem Ortsbeirat, die Linie 6 künftig statt am Landtag entlang über den Flachsmarkt zur Schusterstraße und von dort hinunter zum Rhein zu führen. Das setze allerdings den Bau einer neuen Haltestelle an der Schusterstraße voraus, sagte Erlhof – derzeit existiert dort lediglich eine provisorische Haltebucht, die zudem nicht barrierefrei ist. Eine neue Haltestelle „wäre auch für uns attraktiv, weil das auch für die Umleitungssituationen gut wäre, wenn die LU gesperrt ist“, sagte Erlhof – und die Umleitungssituationen gebe es inzwischen häufig.

Allerdings gebe es auch Nachteile: die Haltestelle Landtag würde dann nicht mehr so oft angefahren, die sei aber gerade auch für Schüler wichtig. Zudem würde die Fahrzeit der 6 dadurch länger und die Quintinsstraße mit mehr Bussen belastet, auch fielen dann an der Quintinskirche Parkplätze weg. „Wir werden mit der Stadt darüber sprechen und die Vor- und Nachteile abwägen“, sagte Erlhof. Letztlich sei der Bau einer neuen Haltestelle aber eine politische Entscheidung des Stadtrats – und die werde keinesfalls vor 2017 fallen können. Die Kosten für den Bau einer neuen Haltestelle auf beiden Seiten der Straße schätzte er auf rund 200.000 Euro.

Auch für die Schülerbusse aus Finthen gibt es eine Lösung, sagte Erlhof: Die verstärkten Fahrten am  Morgen in die Stadt samt Einsatzbusse in die Kaiserstraße werde es weiter geben. Insgesamt also kommt die MVG den Kritikern in großem Umfang entgegen, wurden viele der Kritikpunkte aufgenommen und entschärft. Erlhof sagte, es sei nun gelungen, ein verkehrlich sinnvolles, aber gleichzeitig ein „wirtschaftlich darstellbares und ausgewogenes Gesamtkonzept“ zu erstellen.

Info& auf Mainz&: Informationen zum neuen Liniennetzplan 2017 sowie den Plan selbst zum herunterladen als pdf findet Ihr auf dieser Internetsetseite der MVG, die MVG selbst unter www.mvg-mainz.de. Unseren ausführlichen Bericht über das Bauprojekt Mainzelbahn aus dem Mai 2014 findet Ihr hier.

 

 

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Wahl der Deutschen Weinkönigin: Lars Reichow, Mainz auf Tauchstation und eine Königin von der Mosel

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Es war das versprochene spannende Finale, das am Ende eine mit hauchdünnem Vorsprung für sich entschied: Lena Endesfelder von der Mosel wurde am Freitagabend in Mainz zur 68. Deutschen Weinkönigin gekürt. Von Mainz, der Great Wine Capital, war dabei allerdings praktisch nichts zu sehen: Kein einziges Plakat, kein Banner, kein Hinweis, weder in der Rheingoldhalle noch davor. Die Wahl der deutschen Weinkönigin, ein großes Event? Sicher – aber offenbar nicht für Mainz. Lediglich zwei Banner wiesen auf Rheinhessen und das 200. Jubiläum der Region hin – das war’s. Auch in der anderthalbstündigen Wahlgala, live vom SWR in die Republik gesendet, kamen weder Mainz noch das Rheinhessen-Jubiläum groß vor. Die Weinbranche feierte trotzdem sich selbst und eine Institution, die einfach alle noch richtig zeitgemäß fanden – einschließlich Lars Reichow.

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Strahlende neue Deutsche weinkönigin: Lena Endesfelder bekommt die Krone von ihrer Vorgängerin Josefine Schlumberger aufs Haar gesetzt – Foto: DWI

Wer einmal bei der Wahl der Deutschen Weinkönigin an ihrem angestammten Ort in Neustadt an der Weinstraße war, kennt es anders: Dort, in der Pfalz, wo die Deutsche Weinkönigin vor 68 Jahren „erfunden“ wurde, ist die Wahl der höchsten deutschen Weinmajestät alljährlich ein großes Fest. Vor der Tür des Saalbaus wird beim Winzerfest an Dutzenden Ständen geschlemmt und getrunken, gefeiert und genossen.

Mainz: Great Wine Capital bleibt unsichtbar

In Mainz dagegen kein einziger Stand vor der Tür, kein roter Teppich, nicht einmal ein Plakat als Hinweis. Das Weinsensoriums des Deutschen Weininstituts hielt die Stellung auf dem Rathausplateau, das Zelt aber machte pünktlich um 21.00 Uhr zu. Mainz feiert die Weinkönigin? Mitnichten.

Bei der Vorentscheidung vergangenen Samstag gab es noch weniger als das: Nicht einmal ein Glas Wasser wurde den Gästen aus nah und fern vor Beginn der Show zugestanden. „Sieben sind in der Vorentscheidung verdurstet, weil es hier nichts zu trinken gab“, lästerte Kabarettist Lars Reichow in der Sendung. Rheinhessenwein, die Marketingorganisation der Winzer, sprang daraufhin ein und sorgte für einen Begrüßungssekt, es gab Wasser und Brezeln – das war’s. Von der Great Wine Capital Mainz war weiter nichts zu sehen – und dabei war die Wahl zu Beginn des Jahres von Mainzplus Citymarketing als eines DER Highlights des Jahres angepriesen worden.

„Wir wollen gute Gastgeber sein“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) zwar, doch mitfiebern, mitfeiern, das taten die Mainzer nicht. Stattdessen wurden die Gäste morgens um 3.00 Uhr reichlich unsanft vom Dienstpersonal aus der Rheingoldhalle genötigt – das haben wir in 15 Jahren in Neustadt nicht ein einziges Mal erlebt.

Spannende Wahlgala mit Routine-Spielchen

Die Wahlgala selbst war Routine und trotzdem spannend. Die sechs Finalistinnen mussten mit allerlei Spielen ihr Können, vor allem aber Charme, Gewandheit und Rhetorik beweisen. „Wir suchen hier schließlich nicht irgendeine Weinbergsschnecke, sondern eine Frau, die Deutschland in der ganzen Welt vertritt“, merkte Reichow völlig zu Recht an. Und so mussten die Damen einen Wein auf offener Bühne allein am Geschmack erkennen und ihn auch noch einem Weinanbaugebiet zuordnen – so mancher Experte würde daran scheitern.

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Das waren die sechs Finalistinnen, alle zusammen – Foto: gik

Die meisten Kandidatinnen schmeckten, beschrieben druckreif – und rieten am Ende richtig. Ausgerechnet die spätere Weinqueen patzte hier, meinte einen Riesling zu schmecken, wo es ein Weißburgunder war. Aber ihre Weinbeschreibung war so druckreif, präzise und ausdrucksvoll wie bei kaum einer der anderen Kandidatinnen. Bei einer Rede an ein fiktives Publikum – mal Rotweinwinzer, mal Apothekerverband – galt es dann, Spontanität und Witz zu beweisen und dabei auch noch die geforderten Begriffe einzubauen. Lena Endesfelder verband den Papst, Stefan Raab und David Cameron charmant mit Wein, und erriet im anschließenden Ratespiel auch den Nebenjob des rheinhessischen Winzers Andreas Wagner: Weinkrimi-Autor.

Kandidatinnen aus Franken und Württemberg Weinprinzessinnen

Aber versucht Ihr mal, Fallrohrmuffe und Klopapierrollenhalter mit Wein in einer Rede zu verbinden 😉 Christina Schneider schaffte das dennoch mühelos und charmant. Die Fränkin war Lena ganz dicht auf den Fersen, ebenso wie die Psychologin Mara Walz aus Württemberg. Wie Lena auch glänzten sie mit Weinwissen, Auftreten und Rhetorik – ein harter Job für die 78-köpfige Jury.

Die drei übrigen Kandidatinnen von der Nahe, der Hessischen Bergstraße und aus dem Rheingau konnten bei dem Niveau nicht ganz mithalten, erneut gaben Nuancen und die gewisse Spritzigkeit der Tagesform den Ausschlag. Die rheinhessische Kandidatin Sabrina Becker war nach einem rabenschwarzen Tag bereits im Vorentscheid ausgeschieden.

Walz und Schneider wurden am Ende Deutsche Weinprinzessinnen und werden ebenfalls ein Jahr lang im Dienste des deutschen Weins durch die Lande reisen. Den Ausschlag für die Weinkönigin aber gaben die letzten fünf Minuten: Da sollten die letzten drei noch einmal eine Rede halten, einen Brief an sich selbst. Und da offenbarten sich die verschiedenen Persönlichkeiten: Während nämlich die beiden anderen Damen über Gebühr ihre guten Eigenschaften herausstrichen, beschrieb sich Endesfelder selbstironisch und witzig von Kopf bis zu den „muskulös-dynamischen Steillagen-Waden“. Das war sympathisch, gewandt, authentisch – und am Ende der Sieg.

Deutsche Weinkönigin noch zeitgemäß?

Der neuen Deutschen Weinkšnigin, Lena Endesfelder von der Mosel bekommt und die beiden Weinprinzessinnen Christina Schneider (Franken, r.) und Mara Walz (WŸrttemberg) jubeln am 30.09.2016 in Mainz (Rheinland-Pfalz) nach der Wahl zur 68. Deutschen Weinkšnigin. Foto: Torsten Silz/dpa
Der neue Deutsche Weinkönigin Lena Endesfelder von der Mosel mit ihren beiden Weinprinzessinnen Christina Schneider (Franken, r.) und Mara Walz (Württemberg, links) – Foto: Torsten Silz

Aber ist denn nun die Deutsche Weinkönigin überhaupt noch zeitgemäß? Sollte man sie nicht lieber modernisieren, abschaffen vielleicht – oder umbenennen, wie jüngst CDU-Landeschefin Julia Klöckner (selbst Ex-Weinkönigin) forderte, weil der Titel „Königin“ so altbacken-mädchen-märchenhaft sei? „Natürlich brauchen wir die Deutsche Weinkönigin noch“, fand Weinbauminister Volker Wissing (FDP): „Sie ist ein erfolgreiches Werbeinstrument, über das die Gesellschaft redet, da müssen wir nichts Neues erfinden.“

„Sie ist zeitgemäßer denn je“, meinte der rheinhessische Weinbaupräsident Ingo Steitz, „gerade in dieser schnelllebigen Zeit brauchen wir Institutionen von großer Standfestigkeit.“ Die Weinkönigin werde von vielen noch immer unterschätzt, komme aber gerade bei den jungen Leuten als moderne, aufgeschlossene Vertreterin des Weins „sehr gut an.“ Und schließlich brachte es Lars Reichow auf den Punkt: „Wie soll das Format denn sonst heißen?“, fragte Reichow: „Germany’s next Top-Traube? Deutschland sucht die Rebengöttin?“

Nein, Deutschland bleibt bei seiner Deutschen Weinkönigin – und deren 68. Titelträgerin heißt Lena Endesfelder und ist eine 23 Jahre alte Winzerin von der Mosel, die gemeinsam mit ihrer Mutter und Schwester ein kleines Weingut in Mehring schmeißt, Weinfachwissen aus dem Eff-Eff kennt, in Steillagen Weinberge pflegt und in Gummistiefeln wie Abendkleid eine super Figur macht. Wahrlich, Deutschland könnte sich schlechter vertreten lassen.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Diskussion um die Wahl der Deutschen Weinkönigin, zur Auswahl der Kandidatinnen und der Machart der Fernsehshow durch den SWR habe ich in einem ausführlichen Gastbeitrag für den Burgenblogger verfasst – lest Ihr im Laufe des Samstags genau hier.

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