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Start 2017 Februar

Monatsarchive: Februar 2017

Lkw-Fahrverbot für Fastnachtssamstag und Rosenmontag in Mainz

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Die Stadt Mainz hat für gleich zwei Fastnachtstage ein Lkw-Fahrverbot verhängt: An Fastnachtssamstag und an Rosenmontag gilt in der Innenstadt ein Fahrverbot für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen inklusive Anhänger und Zugmaschinen. Das Verbot soll die beiden großen Fastnachtsumzüge in Mainz schützen, den Jugendmaskenzug am Samstag und den Rosenmontagszug am Montag. Hintergrund ist der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016, als ein Terrorist einen Lkw praktisch ungebremst in den Markt steuerte. Das Fahrverbot umfasst am Montag die komplette Innenstadt vom Zollhafen bis Weisenau, am Samstag sind nur die Innenstadt und Teile der Neustadt mit dem Bann belegt.

Plan LKW Fahrverbot Jugendmaskenzug 2017
Bereich des LKW-Fahrverbots am Samstag, 25.2.2017 während des Jugendmaskenzuges – Grafik: Stadt Mainz

Gerne hätten wir Euch mehrere Sätze zur Begründung des Fahrverbots geliefert, dazu Einschätzungen von Polizei und der Rechtsabteilung der Stadt – leider ist uns das nicht möglich. Die Stadt Mainz nämlich sah sich am Montagnachmittag außerstande, etwas zu einem Termin am Dienstag (!) zu sagen, lud dann aber ganz spontan zwei Stunden später zu einer Pressekonferenz am Dienstag ein. Klasse. Das war für uns hier bei Mainz& leider nicht zu realisieren, wir haben hier eben nicht zehn Redakteure rumspringen…. Ergo sind wir auf die Pressemitteilung der Stadt angewiesen – nur die enthielt leider nicht einen einzigen Satz zur Erläuterung – weder von Polizei, von MCV, vom Rechtsamt, vom Ordnungsamt, von der  Straßenverkehrsbehörde, noch von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) himself. Die gleichwohl alle bei der spontanen Pressekonferenz sein konnten.

So können wir Euch leider nur die dürren Fakten weitergeben: Das Lkw-Fahrverbot gilt am Samstag, den 25. Februar 2017, von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr, und zwar in einem Bereich vom Rhein bis zum Hauptbahnhof und von der Goethestraße bis zur Altstadttangente. In der Neustadt gilt das Fahrverbot nur für den Bereich zwischen Kaiser-Wilhelm-Ring und Hindenburgstraße, der Teil zwischen Hindenburgstraße und Rheinallee ist frei. Betroffen ist allerdings auch die Theodor-Heuss-Brücke bis zum Brückenkopf in Mainz-Kastel, denkt hier also bitte daran, eine der anderen Brücken zu nehmen. Das Ganze gilt dem Schutz des Jugendmaskenzuges: Der größte Kinder- und Jugendumzug Europas setzt sich traditionell um 14.11 Uhr in Bewegung und zieht auf etwas verkürztem Zugweg durch die Innenstadt zum Dom.

Plan LKW Fahrverbot Rosenmontag 2017
Bereich LKW-Fahrverbot für Rosenmontag, den 27.2.2017 – Grafik: Stadt Mainz

 

Am Rosenmontag, den 27. Februar 2017, gilt dann das Lkw-Fahrverbot von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr, auch hier ist die Theodor-Heuss-Brücke in dem Zeitraum für Lkw gesperrt. Im Übrigen reicht am Montag der Sperrbereich von der Hohlstraße in Weisenau entlang des Volksparks bis einschließlich zum Zollhafen im Norden, die westliche Grenze sind Kästrich, Hauptbahnhof und Mombacher Straße. Alles dazwischen ist Sperrgebiet. Allerdings ist die Mainzer Innenstadt am Rosenmontag ohnehin großflächig für den Autoverkehr dicht: Um 11.11 Uhr startet hier der große Rosenmontagsumzug in der Boppstraße, schon zwei, drei Stunden vorher stellen sich die Narren kreuz und quer in der ganzen Neustadt zur Parade auf. Fertig ist die erst gegen 16.30 Uhr am Münsterplatz, bis zum späten Nachmittag legt das die Innenstadt ohnehin lahm.

Und hier noch einmal die genauen Bereiche: Fahrverbot Samstag, 25.02.2017 von 12.00 Uhr bis 17.00 Uhr in Holzhofstraße – Weißliliengasse- Windmühlenstraße –Eisgrubweg – Pariser-Straße – Fichteplatz – Am Römerlager – Augustusstraße – Mombacher–Straße – Osteinunterführung – Kaiser–Wilhelm-Ring – Goethestraße – Hindenburgstraße – Bauhofstraße – Große Bleiche – Peter-Altmeier-Allee – Rheinstraße.

Fahrverbot am Rosenmontag, 27.02.2017, von 09.00 Uhr bis 19.00 Uhr: Hohlstraße – Göttelmannstraße – Am Stiftswingert – An der Goldgrube – Pariser Straße – Fichteplatz – Am Römerlager  – Augustusstraße – Mombacher Straße – Rheingauwall – Hattenbergstraße – Zwerchallee.

Info& auf Mainz&: Sollten uns noch weitere Informationen ins Haus flattern, reichen wir Euch die natürlich umgehend weiter.

 

 

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Rasant, gespickt mit Höhepunkten und großen Politik-Rednern – So wird „Mainz bleibt Mainz“ 2017

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"Obermessdiener" Andreas Schmitt setzte den donnernden Schlusspunkt. - Foto: gik

Vergangenes Jahr setzte das ZDF ja eher auf Traditionelles und viel klassisches Korsett –  in diesem Jahr zeigt der SWR, wie man Tradition und Schwung miteinander vereinen kann: „Mainz bleibt Mainz“ 2017 ist rasant, gespickt mit Höhepunkten, spielt mit der Tradition – und bietet Mainzer Fernsehfastnacht vom Feinsten. Absolute Höhepunkte: Die politischen Redner. AfD, Rechtspopulisten, Erdogan und Trump – sie alle bekommen heute Abend gewaltig etwas auf die Ohren. Die Mainzer Narren reden Klartext – und das Publikum der Generalprobe dankte es mit stehenden Ovationen. Allen voran: Hans-Peter Betz als „Guddi Gutenberg“ und Andreas Schmitt als „Obermessdiener“.

Mainz bleibt Mainz 2017 - Obermessdiener nah
Großes Narren-Kino: Andreas Schmitt als Obermessdiener bei „Mainz bleibt Mainz“ 2017 – Foto: gik

Es ist wieder einmal Oberfastnachter Andreas Schmitt, der es auf den Punkt bringt: „Das freie Wort des Narren hat eine Stimme“, sagt der Sitzungspräsident von „Mainz bleibt Mainz“. Und selten haben die Mainzer Narren so gewaltig das Wort erhoben gegen braune Gefahren, Möchtegern-Diktatoren und unfähige, verlogene Herren auf der anderen Seite des Ozeans. Das fängt schon mit Protokoller Erhard Grom an: Der Altmeister, der mit seinem schwungvollen Jahresrückblick den Till verdrängte, steckt AfD-Chefin Frauke Petry unter eine schalldichte Burka und inthronisiert kurzerhand Donald Duck als US-Präsidenten: Die Ente sei weder verlogen noch aggressiv oder beleidigend, dazu sympathischer, lustiger und kein „notgeiler alter Säckel“…

Grom kam bei der närrischen Generalprobe am Mittwochabend auch auf der Fernsehbühne im Schloss richtig gut an, seine spritzige Jahresbilanz in gekonnten Reimen bekam schon nach zwei Minuten den ersten donnernden Zwischenapplaus. Grom seziert auch die Affäre um Mainz 05-Präsident Harald Strutz, die Mautpläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und schafft es sogar, Angela Merkels „Wir schaffen das“ als roten Faden durch seinen Vortrag zu ziehen – Hut ab! Standing Ovations für den Altmeister, den Sitzungspräsident Schmitt als „treffsicheren Fachmann aus der Championsleague“ verabschiedet. Grom lässt den „Till“ nicht vergessen, der Sitzung aber tut er gut.

Mainz bleibt Mainz 2017 - Grantelnde Alte aus der Loge nah
Granteln aus der Loge wie bei der Muppet-Show: Christian Schier und Michael Emrich – Foto: gik

Die wird zu Beginn von Thorsten Ranzenberger mit seinem Schwellkoppträger-Lied ordentlich angeheizt, doch danach brechen die SWR-Verantwortlichen gleich mal das strenge Korsett auf: Nach Grom kommt nicht – Tusch! Narhallamarsch! – der nächste Redner in die Bütt, sondern es kommen zwei grantelnde Alte aus der Komiteeter-Loge ins Spiel: Michael Emrich und Christian Schier geben herrlich-närrisch zwei meckernde Alte à la Muppet-Show, die darüber lästern, dass viel zu wenig Musik in der Sendung ist und dass vor allem die Frauen fehlen… Emrich und Schier dürfen insgesamt drei Mal „dazwischenfahren“, die Einlagen lockern die Sendung gehörig auf – und dürften, wenn es nach uns geht, gerne noch deutlich bissiger werden. Bonewitziger sozusagen….

„Es ist ein Ansatz, ein Versuch“, sagte nach der Sitzung SWR-Redakteur Günther Dudek, der aber im Saal gut angekommen sei. „Die Running Gags sind eine Chance für uns für die Zukunft“, befand gar der Präsident des Mainzer Carneval Clubs (MCC), Horst Seitz: „Man muss experimentieren, und wir haben’s jetzt mal gemacht.“ Seitz merkte natürlich nach der Sitzung auch noch an, er wäre „ein miserabler Präsident, wenn ich jetzt nicht zum Ausdruck bringen würde, dass mir der Till gefehlt hat“ – die Symbolfigur auf der Reichstagskuppel muss in diesem Jahr pausieren, weil der SWR Grom den Vorzug gab. Aber auch Seitz bescheinigte „Mainz bleibt Mainz“, eine „runde, flüssige, flotte Sache ohne Längen“ zu sein.

Mainz bleibt Mainz 2017 - Lars Reichow Fastnachtsthemen hoch
Bissig, lakonisch, gut drauf: Lars Reichow mit seinen „Fastnachtsthemen“ – Foto: gik

Der Kritik an der fehlenden Musik helfen dazu prompt die Schnorreswackler ab: Die Gesangstruppe aus Gonsenheim darf einmal ein kurzes Mainz-Medley anstimmen und dann als „Kellner“ aus dem Saal ein Potpourri schmettern – eine super Auflockerung des Sendungsablaufs. Denn bei dem reihen sich in diesem Jahr Redner nahtlos an Redner, oft ohne Zwischennummer: Alexander Leber, Hans-Peter Betz und Jürgen Wiesmann kommen in direkter Folge hintereinander, die Sendungsmacher erlauben dem Zuschauer im Kampf gegen Wegzapper und Umschalter kein Luftholen. Alexander Leber liefert dabei als „Polizist“ einen wunderschönen Meenzer Kokolores-Vortrag ab, vergisst auch nicht, die „500 Staus in Mainz“ zu glossieren und erntet verdient „Uiuiui“s in Reihe.

Jürgen Wiesmann allerdings war am Mittwoch der Leidtragende der Redner-Häufung: Trotz gewohnten hochwertigem Kokolores zündete „Ernst Lustig“ nicht wie gewohnt im Saal und wurde – völlig ungewohnt – zur Stimmungsflaute. Am Freitag soll das ein Trick ändern: Fastnachtsikone Margit Sponheimer, eigentlich nur als Ehrengast im Saal, muss mit ihrem „Am Rosenmontag bin ich geboren“ vom Saal aus die Stimmung retten.

Denn es sind die politischen Redner, denen das Publikum zu Füßen liegt: Lars Reichow, Hans-Peter Betz und Andreas Schmitt werden mit donnerndem Applaus und stehenden Ovationen teils schon mitten (!) in  ihren Vorträgen für hoch-politischen Klartext belohnt. Da nennt Lars Reichow den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke eine „Mickimaus-Ausgabe von Goebbels“ und meint, „dem geistig obdachlosen Höcke ist eine einstündige Nazirede herausgerutscht.“ Erdogan demoliere auf dem Rücken des türkischen Volkes die Demokratie, und der „Alp-Trump“ in den USA hat „Hochstapelei im Endstadium mit Dünnpfiff in 140 Zeichen.“

Mainz bleibt Mainz 2017 - Guddi Gutenberg mit Zeigefinger
Grandioser politischer Klartext: Hans-Peter Betz zum letzten Mal als „Guddi Gutenberg“ in der Fernsehsitzung. – Foto: gik

Bei „Guddi Gutenberg“ alias Betz ist Trump ein „Arsch mit Ohren“, ein Rassist und Lügner, und die AfD „die Bremsspur in der Unterhose Deutschlands“. In seinem letzten Vortrag als „Guddi Gutenberg“ teilt Betz in alle Richtungen aus, spießt „grüne Träumereien“ ebenso auf wie den Brexit. Unfassbar, dass dies die letzte Rede des „Guddi“ gewesen sein soll – die Fastnacht verliert einen der ganz großen politischen Redner. Doch Betz betont, er wolle nicht warten, bis er als Alter aus der Bütt getragen werde, und will Platz machen für Nachfolger – zukünftig will er höchstens in anderen närrischen Rollen auf der Bühne stehen.

Welche Qualität der „Guddi“ hat, beweist er nicht nur im Verlaufe des gesamten Vortrags, sondern auch mit seinem Schlusswort: „Lassen Sie uns weiterhin bedrängten Menschen helfen“, sagte Betz, denn „wenn alle bereit wären, nur halb so viel zu teilen wie auf Facebook, dann gäbe es kein Elend auf der Welt.“ Und schließlich lebe Europa seit 72 Jahren in Frieden und Freiheit, „das sollten wir uns nicht kaputt machen lassen“, mahnt der „Guddi“, „weder von braunen populistischen Kanalratten noch von strenggläubigen Dattelbaumschüttlern mit Detonationshintergrund.“

Der Saal dankt mit donnernden Ovationen dem Narren für die klaren Worte – und das erlebt auch eine Stunde später Andreas Schmitt: Dessen „Obermessdiener“ kommt in diesem Jahr de facto als politischer Vortrag daher und schreibt Erdogan ins Stammbuch: „Wer die Wahrheit Lüge nennt, ist ein Verbrecher“, sagt Schmitt: „Das sag ich so laut, wie ich nur kann,/ Du Pinocchio vom Bosporus, und jetzt zeig mich an.“

Mainz bleibt Mainz 2017 - Trumps von de Pfalz
Geniestreich von Frank Brunswig und Thomas Becker: Die Trumps aus der Pfalz. – Foto: gik

Aber es geht bei weitem nicht nur ernst zu bei „Mainz bleibt Mainz“: Detlev Schönauer seziert als Bio-Lehrer erneut deutsche Sprache und gesellschaftliche Fauxpas‘, und Andy Ost spielt sich großartig durch die Hitparade – eine super Rückkehr des Profi-Musikers auf die Fernsehbühne. Ein absolutes Highlight sind dazu natürlich Thomas Becker und Frank Brunswig mit ihren grandiosen „Trumps aus der Pfalz“ – eine Parodie auf den US-Präsidenten und zugleich eine Hommage an die legendären „Tramps aus de Palz.“ Danach zaubert die TSV-Schott-Showtanzgruppe „Fantasy“ geniale Ballett-Bilder auf die Schloss-Bühne, grandiose Farbspiele aus der Welt der Götter Griechenlands, verbunden mit toller Akrobatik. Bloß nicht auf die Toilette gehen!

Nur: Wann denn dann? Tatsächlich lässt dieses Jahr „Mainz bleibt Mainz“ den Zuschauer an den Bildschirmen kleben, das prophezeien wir hier einfach mal – wenn es so wird, wie bei der närrischen Generalprobe. Für den furiosen Schlussakkord aber sorgen erneut Christian Schier und Martin Heininger: Das Comedy-Duo brilliert mit einer Fastnachtsposse zum Thema „Der Zug fällt aus“ und ihrem ganz eigenen Mix aus skurriler Narretei und grandiosen Musik-Verschnitten. Danach sinkt der Zuschauer matt in den Sessel, wenn die Mainzer Hofsänger mit ihrem Medley zum großen Finale überleiten.

Mainz bleibt Mainz 2017 - Heininger und Schier nah 2
Furioser Schlusspunkt: Christian Schier und Martin Heininger mit ihrer Fastnachtsposse. – Foto: gik

Die Längen in der Sendung wird’s dann wohl eher durch ein anderes Zwischenspiel geben: Wenn Sitzungspräsident Schmitt die Ehrengäste im Saal begrüßt. Von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) über CDU-Landeschefin Julia Klöckner reicht die Palette, an Bundesprominenz kommen Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) und Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU), auf Seiten der SPD traut sich Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles in den Saal. So wenig Bundesprominenz war im Jahr einer Bundestagswahl noch nie bei „Mainz bleibt Mainz“… AfD-Landeschef Uwe Junge kann sich hingegen nicht nur auf scharfe AfD-Witze gefasst machen: Bei der Generalprobe wurde bei Nennung seines Namens im Saal feste gebuht.

Die Begrüßung der Ehrengäste jedenfalls kann am Freitag unmöglich so unterhaltsam ausfallen wie am Mittwoch: Sitzungspräsident Schmitt hatte sich nämlich eine junge Studentin aus Jugenheim ausgeguckt, die bei jeder Promi-Nennung aufstand und freundlich in den Saal winkte. So wurde Franziska, die in Innsbruck studiert, und die Schmitt schlicht in einer Kneipe kennenlernte, zum überraschenden Star von „Mainz bleibt Mainz“… Großartig.

Info& auf Mainz&: Die 62. Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ wird am Freitagabend, dem 24. Februar, ab 20.15 Uhr live aus dem Kurfürstlichen Schloss in Mainz übertragen, und zwar in der ARD. Wie „Mainz bleibt Mainz“ 2016 im ZDF war, könnt Ihr hier noch einmal nachlesen. Ihr wollt schon mal schauen, wie sich die „Trumps vun de Palz“ anhören, oder wie’s „Heile Gänsje“ als „In the Ghetto“ klingt? Bitteschön: Hier im neuen Youtube-Kanal von Mainz&!

Und hier der gesamte Ablauf von „Mainz bleibt Mainz“ in Bildern:

 

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Biancas Blick auf Mainz: Gegen Rechts in de‘ Bütt – die Fastnacht bleibt frei! – Offener Brief von „Guddi“

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„Ihr seid selber schuld, dass ihr verleumdet und bedroht werdet, wenn ihr solche Reden haltet“ – reagieren wir jetzt so auf rechte Angriffe gegen Fastnachter? Genau das kritisiert Hans-Peter Betz alias „Guddi Gutenberg“, der Fastnachter erhielt in dieser Saison Drohbriefe wegen seiner klaren Worte gegen Rechts. Was den „Guddi“ aber am meisten stört: Fastnachts-Kollegen meinten dazu, das komme eben davon, wenn man mit dem Holzhammer statt dem Florett agiere. Betz hat dazu einen absolut lesenswerten offenen Brief veröffentlicht. „Die Meinungsfreiheit“, sagt „der Guddi“ da, „ist nicht teilbar.“ Betz und Andreas Schmitt bekamen in den vergangenen Wochen Drohbriefe mit Beilagen von AfD-Flyern und Botschaften der sogenannten „Identitären Bewegung“. Mainz& hat schon am 10. Februar dazu Stellung genommen – mit „Biancas Blick auf Mainz“. Wir müssen das gerade mal ergänzen.

„Was darf Satire?“, haben wir gefragt, als fanatische Islamisten vor zwei Jahren die Redaktion des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo angriffen, die Antwort war: „Alles!“ Zwei Jahre später haben Hass und Fanatismus die Stimmung so vergiftet, dass immer mehr Schranken fallen – und nun sogar Fastnachter für ihr freies Wort angegriffen werden. Hans-Peter Betz bekam einen Drohbrief, weil er sich in seiner Rede als „Guddi Gutenberg“ klar gegen rechtsextremistische Tendenzen aussprach. Mit in dem Brief: Flugblätter der Alternative für Deutschland (AfD). Und „Obermessdiener“ Andreas Schmitt bekam einen Brief, in dem es hieß: „Geb‘ acht du fette SPD-Sau, wir kriegen dich noch dran.“ Unsere Meinung dazu ist klar: Wer gegen die freie Rede hetzt, will die Demokratie zerstören – das lassen wir uns nicht gefallen! Betz und Schmitt natürlich auch nicht – deshalb, aus aktuellem Anlass, noch ein „Biancas Blick auf Mainz“ Extra: Gegen Rechts in die Bütt – die Fastnacht bleibt frei!

 

Karikatur Bianca Fastnachtsbeichte gegen Rechts kleiner

 

Der SWR hatte von den beiden Drohbriefen in seinen Online-Nachrichten berichtet. Demnach erhielt Betz kürzlich einen anonymen Brief , in dem er als Volksverhetzer bezeichnet wird. Auf zwei Seiten vertrete der anonyme Absender extrem rechtslastige Positionen, berichtet der SWR, dem Brief hätten AfD-Flugblätter beigelegen. Unterzeichnet worden sei der Brief mit „Viele Mitbürger“ – und es heiße dort vieldeutig: „Wir beobachten Sie.“ Betz zeigte sich unbeeindruckt, ebenso Schmitt, beide kritisieren in ihren diesjährigen Vorträgen scharf antidemokratische und rechtspopulistische Tendenzen. Schmitt zeigte sich laut SWR „empört, dass es noch Menschen gebe, die in der Zeit von 1933 bis 1945 offensichtlich stecken geblieben seien.“ Man müsse „laut und deutlich sagen, dass diese in der Gesellschaft nicht die Mehrheit haben.“

Mainz bleibt Mainz 2017 - Obermessdiener nah
Furioser Obermessdiener: Andreas Schmitt teilt in diesem Jahr massiv gegen braune Tendenzen und Möchtegern-Diktatoren aus – Foto: gik

Es ist natürlich kein Zufall, dass gerade diese beiden Zielscheibe rechter Angriffe werden: Schmitt wird in seiner Rolle als „Obermessdiener“ von Jahr zu Jahr politischer und kritischer und spricht sich dabei immer deutlicher explizit gegen braune Tendenzen aus. Und Betz nimmt schon seit Jahren als „Guddi Gutenberg“ politische (Fehl-)Entwicklungen spitzzüngig aufs Korn, mit klarer Haltung und Kommentaren. Besonders beeindruckend: Sein Statement vor zwei Jahren zu dem Massaker an den Zeichnern von „Charlie Hebdo“: Damals setzte Betz eben gerade als Gutenberg, also als Erfinder der modernen Druckkunst und damit als Pionier der Verbreitung des freien Wortes, ein starkes Zeichen der Solidarität von seinem Sockel – was Ihr hier bei Mainz& nachlesen könnt.

Betz und Schmitt geißeln Nazis und Lügner – und werden dafür angegriffen

In diesem Jahr nimmt Betz weniger denn je ein Blatt vor den Mund, nennt Nazis Nazis und die AfD „die Bremsspur in der Unterhose Deutschlands“. „Dunkel-Deutschland wird immer dunkler“, sagt der „Guddi“ und sagt zu den rechten Pöblern in Dresden am Tag der Deutschen Einheit 2016: „Das waren nicht alles nur Deppen, da waren auch ein paar ganz normale Arschlöcher dabei.“ Europa lebe seit 72 Jahren in Frieden und Freiheit, „das sollten wir uns nicht kaputt machen lassen“, mahnt der „Guddi“ – „weder von braunen populistischen Kanalratten, noch von strenggläubigen Dattelbaumschüttlern mit Detonationshintergrund.“

Vom Publikum in den Fastnachtssälen gibt’s dafür donnernden Beifall und stehende Ovationen – ebenso für Andreas Schmitt: Der nennt die AfD „Dummbeutel“ und betont, „vom Gauland zum Gauleiter ist es gar nicht so weit.“ – „Lieber Schlambes im Keller als Nazis im Haus“, konstatiert der „Obermessdiener“ im politischsten Vortrag seiner Karriere und  schreibt dem türkischen Demokratie-Killer Erdogan ins Stammbuch: „Wer die Wahrheit Lüge nennt, ist ein Verbrecher“, sagt Schmitt: „Das sag ich so laut, wie ich nur kann,/ Du Pinocchio vom Bosporus, und jetzt zeig mich an.“

Betz: Meinungsfreiheit ist nicht teilbar

Guddi Gutenberg 2015: Je suis Charlie – Foto: gik

„Wer draufhaut muss auch einstecken“, lässt sich dazu Rüdiger Schlesinger, in der Bütt als „Red-Akteur“ aktiv, von der Allgemeinen Zeitung zitieren, wer „intelligent und humorvoll kritisiert“, bringe die Botschaft auch rüber, er selbst setze eher „auf die subkutane Art“, Politik und Gesellschaft den Spiegel vorzuhalten. Auch eine ganze Reihe anderer Redner – darunter „Till“ Friedrich Hofmann – machen laut AZ-Artikel die Form der Rede für die Reaktionen verantwortlich, reden vom „Florett“ statt „Holzhammer“ und empfehlen „die geschliffene Form des Ausdrucks“ statt „Populismus“.

Betz äußerte sich dazu gegenüber Mainz& „tief enttäuscht“: „Der macht da populistischen Scheiß‘ – das hör ich nicht zum ersten Mal“, sagte Betz, „ich hätte eher erwartet, dass man sagt: Moment mal, das freie Narrenwort muss geschützt werden.“ Tenor der Kollegen sei, „das kann mir nicht passieren“, das sei ein gewaltiger Irrtum, warnt er: „Wenn Leute wie die AfD an die Macht kommen, dann ist das erste, was abgeschafft wird, das freie Wort – das müsste denen doch klar sein.“ Die Türkei mache es ja gerade vor, mit der Haltung „Allen wohl und niemand weh“ komme man da nicht weiter. „Meinungsfreiheit ist nicht teilbar“, betont Betz, „sie ist nicht zu unterteilen in spitze Feder und Holzhammer.“ In einem offenen Brief hat sich Betz an die Kollegen gewandt, wir dokumentieren den unten im Wortlaut.

Solidarität und empörte Reaktionen von Dreyer und Ebling

Die Nachricht von Drohbriefen gegen Rechts löste aber auch umgehend Solidaritätsbekundungen aus: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) äußerte sich persönlich auf Facebook, sie verurteile diese Drohungen und Beschimpfungen: „Die Mainzer Fastnacht ist eine politisch-literarische. Sie hält Politik und Gesellschaft den Spiegel vor und muss frei von Zensur sein.“ Auch Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) versicherte prompt Schmitt seine uneingeschränkte Solidarität: Schmitts Vorträge seien „humorvoll, politisch kritisch und treffend, sie sind erstklassig.“ Das Gegenteil gelte für die Beschimpfungen, denen er sich ausgesetzt sehe. „Die Fastnacht ist frei, sie will unterhalten und die Gegenwart kritisch beleuchten“, betonte der OB.

Auch im Netz schlugen die Emotionen hoch: „Narren, empört Euch“, schrieb ein Kommentator unter den Beitrag von Malu Dreyer: „Wenn sich diese (das haben wir mal weggelassen ;-)) mit ihren „postfaktischen Wahrheiten“ jetzt auch noch unsere politische Fastnacht vornehmen, reicht es.“ Braun habe „nichts in den Fastnachtsfarben verloren….. und für uns Büttenredner heißt es den Bleistift anspitzen und noch schärfer Kritik üben“, schrieb ein anderer User aus Idar-Oberstein – und er werde jetzt genau das tun und für seine Rede am Samstag eine eigene Passage für den Obermessdiener einbauen. „Jawoll, bitte jetzt unbedingt weiter die Stifte benutzen“, schrieb eine weitere Userin. Und wie schloss doch der Idar-Obersteiner Fastnachter: „Helau auf die Meinungsfreiheit!“

Info& auf Mainz&: Mehr zu unserer Karikaturistin Bianca Wagner erzählen wir Euch in dem Mainz&-Artikel Was eh‘ Glick! Mehr zur Fastnacht findet Ihr auf Mainz& unter der Rubrik Narretei& – viel Spaß dabei! Übrigens nahm Betz als „Guddi Gutenberg“ natürlich auch zum Massaker bei Charlie Hebdo Stellung – mit einer großartigen Geste. Wie genau, könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen.

Und hier der offene Brief von Hans-Peter Betz an die Fastnachtskollegen:

„Drohbriefe dank Populismus“

Neid und Missgunst auf Erfolge anderer in der Bütt sind in der Mainzer Fastnacht durchaus nicht selten. Das sind menschliche Reaktionen, die man als langjähriger Redner wegstecken kann. Das Gleiche gilt für Beschimpfungen von sogenannten besorgten Bürgern, die sich anonym zu Wort melden. – Geschenkt!

Was aber in dem AZ-Artikel vom 16.02.2017 passiert, hat eine andere Qualität. Das Recht auf freie Rede und freie Meinungsäußerung des Narren wird von Mitgliedern der eigenen Zunft in Frage gestellt. Anstatt das freie Wort in der Bütt zu unterstützen werden Inhalte der Reden von Andreas Schmitt und mir selbst als populistisch dargestellt und in die Nähe des Unflätigen gerückt. Redner, die sich in ihren Darbietungen gegen rechtspopulistische Tendenzen in unserer Gesellschaft abgrenzen, die rassistische und faschistische Tendenzen mit satirischen Mitteln angreifen, werden inhaltlich beurteilt und als „Holzhammer“- Reden zensiert.

Mainz bleibt Mainz 2017 - Guddi Gutenberg mit Zeigefinger
Hans-Peter Betz redet als „Guddi Gutenberg“ ein letztes Mal Klartext bei „Mainz bleibt Mainz“. – Foto: gik

Statt Solidarität zu zeigen, grenzt man sich ab. Der eine verweist auf seine geschliffenen Reime, der andere auf seinen „subkutanen“ Vortrag. „Wer draufhaut muss auch einstecken können!“, heißt es da. Grundsätzlich richtig, aber nicht in diesem Zusammenhang. Denn was schließt man aus diesen Äußerungen? Ihr seid selber schuld, dass ihr verleumdet und bedroht werdet, wenn ihr solche Reden haltet.

Merken die Kollegen eigentlich nicht, dass sie damit all diese Droh- und Schmähbriefe relativieren? Merken sie eigentlich nicht, dass sie am eigenen Ast sägen?

Leider sind für mich persönlich Äußerungen dieser Art nichts Neues. Ich habe das vor einigen Jahren als Folgen meiner satirischen Thematisierung der Wohnbauaffaire in noch viel perfiderer Form erfahren müssen.

Konkret Stellung zu beziehen ist halt nicht jedermanns Sache und kann auch nicht von jedem verlangt werden. Dass man aber ein wenig bei seinen Äußerungen nachdenkt, wenn das Grundrecht der Meinungsfreiheit attackiert wird, sollte man doch erwarten können.

Ich hoffe, dass braunes Gesindel nie mehr in der Lage sein wird, politische Macht auszuüben, denn ich kann mir im Augenblick nur schwer vorstellen, wie Mainzer Redner auf eine solch dramatische Situation reagieren würden. Mit geschliffenen Paarreimen? Nach jedem Vers einen artigen Diener vor den Herrschenden? Mit subkutanen Vorträgen, einem kleinen schnöseligen Liedchen dazwischen und zum Abgang ein paar galante Kratzfüßchen?

Die Fragen erübrigen sich. Wenn je wieder Despoten in Deutschland das Sagen haben, wird als erstes die freie Rede verboten sein, egal ob sie mit dem Florett oder dem Säbel vorgetragen wird.

Hans-Peter Betz

 

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Biancas Blick auf Mainz: Das letzte Abendmahl, Hochamt für „Mainz bleibt Mainz“ – die Karikatur auf Mainz&

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Für Mainzer ist der Fastnachtsfreitag heilig – zumindest der Fernsehabend: Dann kommt live aus dem Kurfürstlichen Schloss in Mainz die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht.“ Und die Republik versammelt sich an den Fernsehschirmen zu einem der letzten Hochämter der Fernsehgeschichte. Da stehen Kartoffelsalat und Fleischwurst bereit, und der Schoppen Wein darf natürlich auch nicht fehlen. Dann ist’s angerichtet für Obermessdiener, Ernst Lustig & Co – und in diesem Jahr zum letzten Mal für den „Guddi Gutenberg“. Hans-Peter Betz steigt letztmalig als Buchdrucker auf den Sockel und liest den Politikern die Leviten – das wird ein trauriger Moment. Zum letzten Abendmahl treffen sich daher die Mainz bleibt Mainz-Jünger am Gabentisch, und aus dem Himmel grüßt verschmitzt der Jürgen Dietz weiland der „Bote vom Bundestag“… So sieht es unsere Karikaturistin mit ihrem neuesten „Biancas Blick auf Mainz“. Helau!

 

das letzte fastnachtsmahl

 

Info& auf Mainz&: Wie die Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ heute Abend wird? Rasant, mit Höhepunkten gespickt und phantastischen Politik-Rednern – lest Ihr hier bei Mainz&. Mehr zu unserer Karikaturistin Bianca Wagner erzählen wir Euch in dem Mainz&-Artikel Was eh‘ Glick!

 

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Sicherheit an Fastnacht: Viel Polizei, Videokameras – und ein Fahrverbot für Lkw an Rosenmontag

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Die Sicherheit an den närrischen Tagen ist ja schon seit vergangenem Jahr richtig wichtig, in diesem Jahr setzt sich das fort: Mit richtig viel Polizei in Uniform und in zivil, mit mehr Videokameras, Bodycams, Beobachtung aus der Luft, aber vor allem auch mit mobilen Einsatzeinheiten will die Polizei am Rosenmontag in Mainz für ein friedliches und sicheres Fest sorgen. Mehrere Tausend Polizisten werden in ganz Rheinland-Pfalz Umzüge und Straßenparties sichern. „Wir sind intensiv vorbereitet“, sagte Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Montag in Mainz. Als Konsequenz aus dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt wird es dazu erstmals ein Lkw-Fahrverbot in der Mainzer Innenstadt an Rosenmontag geben.

Zugente mit Polizeiwagen auf der LU - Foto Kirschstein
Zugente, gut beschützt von der Polizei – wie alle Narren am Rosenmontag auch – Foto: gik

Der Stadtvorstand werde am Dienstag wohl ein Durchfahrverbot für Lkw über 3,5 Tonnen für den Rosenmontag von 9.00 Uhr bis 19.00 Uhr beschließen, sagte der Mainzer Polizeidirektor Achim Zahn. Betonblockaden wie beim Mainzer Weihnachtsmarkt am Höfchen soll es hingegen an Rosenmontag nicht geben, sagte Zahn weiter, die Polizei wolle lieber die Fluchtwege für einen Notfall offen halten. Die Mainzer Innenstadt ist an Rosenmontag aber ohnehin großflächig für den Autoverkehr gesperrt, alle Zufahrtsstraßen inklusive der Theodor-Heuss-Brücke über den Rhein sind dicht. Das Lkw-Verbot soll nun auch die Rosenmondnacht am Abend auf der LU sowie die übrigens Straßenparties zusätzlich schützen. Es könnten landesweit aber auch Blockaden mithilfe großer Sonderfahrzeuge der Polizei zum Einsatz kommen, die quer gestellt werden, sagte Lewentz.

Ansonsten setzt die Polizei vor allem auf Präsenz und Prävention: „Es wird umfassende Aufklärungsmaßnahmen durch zivile und uniformierte Polizei geben“, sagte Lewentz, Spezialeinsatzkräfte im Hintergrund stünden für schnelle Intervention bereit. Die Videoüberwachung werde an neuralgischen Punkten ausgeweitet, die Polizei die neuen Bodycams an ihren Uniformen einsetzen. Und die Polizei schaut schon im Vorfeld der großen Events ganz genau hin: In enger Zusammenarbeit mit der Bundespolizei in den Bahnhöfen würden schon die Anreiseströme beobachtet, sagte Polizeiinspekteur Jürgen Schmitt. In Mainz gilt das ganz besonders für Besucher aus dem Umland und dem hessischen Rhein-Main-Gebiet. Verdächtige Gruppen sollen so schon frühzeitig gestoppt werden, was 2016 zum Teil auch bereits gelang.

Polizeikräfte an Fastnacht in der Mainzer Innenstadt - Foto Polizei Mainz
Polizeikräfte an Fastnacht in der Mainzer Innenstadt – Foto Polizei Mainz

Das Konzept stammt größtenteils noch aus dem vergangenen Jahr: Nach der Silvesternacht in Köln, als Scharen junger Ausländer auf der Domplatte Frauen überfielen, wurden die Sicherheitskonzepte auch in Mainz grundlegend überarbeitet und auf flexiblere Tätergruppen angepasst. Dann fiel der Rosenmontagszug aus, erheblich weniger Menschen kamen nach Mainz – die Konzepte aber stehen noch. Auf mehr als 500 Seiten sei das Sicherheitskonzept inzwischen angewachsen, berichtete Michael Bonewitz vom Mainzer Carneval-Verein (MCV).

Es war die Love-Parade 2010 in Duisburg, die alles änderte: Die Katastrophe mit Toten nach einer Massenpanik veränderte die Sicherheitslandschaft für Großveranstaltungen grundlegend. Seither sind umfassende Sicherheitskonzepte für Veranstaltungen ein Muss, werden Fluchtlinien und Überwachung genauestens geplant. In Mainz ist der Weg des Rosenmontagszuges seither in 68 Sektoren eingeteilt, jeder Sektor wird von einem eigenen Streckenleiter überwacht, berichtet Bonewitz. 2011 erstellte der MCV überhaupt zum ersten Mal ein Sicherheitskonzept, mit Terrorgefahr und Anschlägen wuchs das inzwischen zu einem stattlichen Kompendium. Habe man vor 2011 vielleicht 10.000 Euro für die Sicherheit ausgegeben, so müsse der MCV heute allein rund 100.000 Euro für die Sicherheit der Straßenfastnacht ausgeben.

Die 2016 geplanten Rückzugsräume für Frauen werden in Mainz hingegen nicht umgesetzt: „Unsere Analysen haben gezeigt, dass das nicht nötig ist“, sagte Zahn. Es gelte weiter der Grundsatz: „Jeder Uniformierte ist ansprechbar.“ An Rosenmontag werden aber im Kernbereich rund um die Ludwigsstraße sogenannte Sicherheitspunkte mit Polizeipräsenz eingerichtet, erkennbar an großen Beachflags. Dazu werde es viel zivile Polizeikräfte in der Menge geben, Hubschrauberstaffeln würden zur Beobachtung aus der Luft eingesetzt. Eine eigens eingerichtete Informationsstelle im Landeskriminalamt soll alle Erkenntnisse sammeln, bewerten und an die Dienststellen weiterleiten.

Rheinhessenumzug - Lkw am Dom
Verschärfte Sicherheitsstufe: Die Stadt plant ein Lkw-Fahrverbot für Rosenmontag. Der hier mit närrischer Fracht dürfte aber bestimmt trotzdem rein…. – Foto: gik

Weitere Maßnahmen wollen die Stadt Mainz und MCV kommende Woche vorstellen, kurz bevor die Straßenfastnacht startet. Klar ist schon jetzt: Das Glasverbot wird bleiben, sicher auch in der 2016 ausgeweiteten Form vom Schillerplatz bis zum Höfchen. Es werde auch Stichproben in Rucksäcke geben, aber kein komplettes Rucksackverbot, sagte Zahn weiter. Nur eine Bitte hatte der Mainzer Sicherheitschef noch: Waffenattrappen bitte zuhause lassen, es komme an Fastnacht gar nicht gut, wenn jemand mit einer Sprengstoffgürtel-Attrappe herumlaufe…

„Die Leute sollen hingehen, sie können sich sicher fühlen“, betonte der Mainzer Polizeipräsident Reiner Hamm: „Ausgelassen feiern – dafür sind die Fastnachtstage da. Wir wollen dafür sorgen, dass Sie dabei nicht zu Schaden kommen.“ Und auch Lewentz betonte, alle Sicherheitsexperten gingen „davon aus, dass es eine friedliche Veranstaltung wird, und dass das Wetter mitspielt.“ Im Notfall würden Polizei und Rettungskräfte umfangreich über das Warnsystem Katwar sowie über Twitter, Facebook und die Medien informieren. Man hoffe aber auf die Aschermittwochsbilanz: „Fastnacht war eine schöne, eine freudige Veranstaltung, und es ist nichts Außergewöhnliches passiert.“

Info& auf Mainz&: Details zum Lkw-Fahrverbot und Glasverbot sowie zu allen Planungen rund um die Straßenfastnacht findet Ihr natürlich hier bei Mainz& – kommende Woche zum Start der Straßenfastnacht gibt’s ein großes Infopaket!

 

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Eckart Lensch als neuer Sozialdezernent nominiert – Grosse soll Bau- und Kulturdezernentin bleiben

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SPD-Fraktionschef Eckart Lensch soll nun tatsächlich neuer Sozialdezernent und damit Nachfolger des in den Ruhestand gehenden Kurt Merkator werden. Lensch sei „dialogfähig und besonnen“, engagiere sich für soziale Gerechtigkeit und sei damit „ein sehr guter Nachfolger“ für Merkator, sagte Oberbürgermeister und SPD-Chef Michael Ebling am Dienstagabend in Mainz. Da hatte gerade der Parteivorstand die Ergebnisse der Findungskommission für die Merkator-Nachfolge präsentiert bekommen. Außerdem beschloss der SPD-Vorstand, Marianne Grosse für eine zweite Amtszeit als Bau- und Kulturdezernentin vorzuschlagen.

Foto Grosse kleiner - Foto SPD
Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse soll’s noch einmal acht Jahre machen. – Foto: SPD

Grosse und Lensch seien „kompetente Persönlichkeiten, die gezeigt haben, dass sie sich für die Stadt und ihre Bürger erfolgreich einsetzen“, betonte Ebling. Grosse sei „eine sehr gute Bau- und Kulturdezernentin, ihre erfolgreiche Arbeit für Mainz soll eine Fortsetzung finden. Dazu gehörten schwerpunktmäßig der Wohnungsbau, die bauliche Aufwertung der Innenstadt und natürlich die Fortführung der Erneuerung des Gutenbergmuseums. Lensch wiederum sei „ein Seiteneinsteiger, der seine Berufserfahrung als Arzt in leitender Funktion in einer Wiesbadener Klinik mit seiner politischen Erfahrung als erfolgreicher Fraktionsvorsitzender verbindet“, sagte Ebling weiter. Über die beiden Personalvorschläge soll nun die SPD am 20. März 2017 auf einem Parteitag entscheiden.

Porträt Eckart Lensch - Foto SPD
Eckart Lensch soll neuer Mainzer Sozialdezernent werden. – Foto: SPD

Die Wahl der Dezernenten findet voraussichtlich im Mai 2017  im Stadtrat statt. Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sieht das Vorschlagsrecht der SPD für die beiden Dezernate vor. Die 54 Jahre alte Grosse ist seit Februar 2010 Dezernentin für Bauen und Kultur in Mainz, die Nackenheimerin saß zuvor neun Jahre lang für die SPD im Mainzer Landtag. Ihre Amtszeit als städtische Dezernentin endet regulär 2018. Die Politikerin mit einem bekannten Faible für Schuhe verantwortet die großen Bauvorhaben der Stadt wie den Mainzer Zollhafen, das Bauvorhaben auf dem Heilig-Kreuz-Areal in der Oberstadt, aber auch den am 1. März startenden Umbau der Bahnhofstraße. Für den Neubau des Gutenberg-Museums, den „Bücherturm“, heimste sie viel Kritik von Mainzer Bürgern ein.

Der 56 Jahre alte Lensch wiederum wurde von Anfang an als Nachfolger für Merkator gehandelt – noch bevor die Findungskommission der SPD überhaupt eingesetzt war. Der 56 Jahre alte Neurologe arbeitet als Oberarzt bei den Helios-Kliniken in Wiesbaden und gilt als kompetenter Fraktionschef. Der Neue solle „eine Persönlichkeit sein, die die politische Autorität mitbringt, die ein solches Amt erfordert“, sagte Ebling im November 2016. Er müsse gegenüber den Bürgern seine Positionen vertreten, vermitteln und verantworten können, gleichzeitig aber auch die Mehrheit in den Gremien, vor allem dem Stadtrat, von ihrem Tun überzeugen. Und der neue Dezernent müsse eine Behörde mit zahlreichen Mitarbeitern leiten, führen und motivieren können.

Kurt Merkator ist seit 2003 als Dezernent für die Stadt Mainz tätig, seit 2009 ist er für Soziales, Kinder, Jugend und Schule zuständig. Sein Amt leitete der zupackende Sozialdemokrat mit Pragmatismus und Geradlinigkeit, zuletzt stemmte er die Flüchtlingskrise 2016 mit bundesweit beachtetem Erfolg und Effizienz, insbesondere in Sachen Unterbringung. Merkator hinterlasse „ein top bestelltes Feld“, sagte Ebling im November 2016. Merkator wird im März 65 Jahre alt und erreicht damit das Ruhestandsalter, seine Amtszeit hätte eigentlich zum 4. Februar geendet. Um seinen Nachfolger aber noch einarbeiten zu können, verlängerte der Stadtrat gerade Merkators Amtszeit bis zum 1. Juli 2017.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Amtszeit von Kurt Merkator und der Nachfolgersuche lest Ihr hier bei Mainz&.

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Trumpeltier, Diktator Erdogan und Internet-Shopping – Mainzer Motivwagen 2017

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Hilfe, was für ein Trumpeltier! Mit wehenden Ohren und Rüssel stürmt der Elefant durch den Porzellanladen. „Kään Stil un kää Ahnung, hat e Maul, dass es scheppert, manch Regung von ihm hat schon vieles zerdeppert!“, reimen die Mainzer Narren dazu. Keine Frage: US-Präsident Donald Trump ist das Thema des Narren-Jahres, aber härter noch gehen die Mainzer Narren mit einem anderen ins Gericht: Der türkische Präsident Recep Erdogan mäht mit harter Hand Pressefreiheit, Meinungsfreiheit und Demokratie unter… 13 Motivwagen hat der Mainzer Carneval-Verein (MCV) am Dienstag vorgestellt, bissig-satirisch wie immer. Die Auswahl allerdings ist in manchen Fällen erstaunlich: Kein Wagen zur Mainzelbahn, keiner zum Stau – und ausgerechnet im Bundestagswahljahr wird kein einziger Bundespolitiker aufs Korn genommen.

Motivwagen 2017 - Trumpeltier und Erdogan nah
Trumpeltier und Demokratie-Vernichter Erdogan stehen als Motivwagen nebeneinander in der Wagenhalle des MCV – Foto: gik

Merkel-freie Zone ausgerechnet im Wahljahr? „Es sind gute Wagen weggefallen, die ich gern gesehen hätte“, räumte MCV-Zugmarschall Markus Perabo gegenüber Mainz& ein. Der Grund: Das Auswahlverfahren des MCV. Ab dem Sommer befinde sich die Zugleitung „im Überlegungsmodus“, verriet Boris Henkel vom MCV am Dienstag bei der Vorstellung der Motive. Ein Kreativkomittee entwickelt die Ideen, schließlich werden in geheimer Wahl aus 20 Motiven die 13 finalen für den Wagenbau bestimmt. Die Entscheidung fällt also schlicht nach Mehrheit der abgegebenen Stimmen – überraschend, dass der MCV wichtige Themen so einfach fallen lässt.

Es waren auch solche Konflikte über die Auswahl der Motive, die den langjährigen Zeichner der Mainzer Motive, den Karikaturisten Klaus Wilinski, vergangenes Jahr bewogen, die Zusammenarbeit mit dem MCV zu beenden. Wilinski habe immer viele eigene Ideen eingebracht, sagte Perabo, der Verein wollte aber lieber jemanden, der die Ideen des Kreativgremiums aufnimmt und umsetzt. Nun tut das Peter Beckhaus, selbst als Fastnachter beim Gonsenheimer Carneval-Verein (GCV) aktiv. Der Wechsel macht sich bemerkbar: Die Motive 2016 wirkten aktueller, bissiger und weniger statisch.

Motivwagen 2017 - Internet Einkaufen Babette schoppt in Amazonien
Die Altstadt-Häuser sind stinksauer, Babette schoppt lieber in „Amazonien“. – Foto: gik

So sitzt nun ein Bettler vor der Deutschen Bank, die gleich mal mitbettelt, ist sie doch ein ganz „armer Schlucker“, wie die Narren lästern. Dass die Banken fleißig weiter beim Staat kassieren, „musste mal auf die Straße gebracht werden“, sagte Henkel, ebenso, dass große Firmen sich in Steueroasen die Taschen füllen, während der Staat „bei der armen Oma kassiert.“ Die Affäre um Facebook, Ikea & Co ist allerdings schon eine ganze Weile her, ebenso wie die gedopten olympischen Spiele oder der Skandal um das gekaufte WM-Sommermärchen und „Kaiser“ Franz Beckenbauer. „Der Nimbus ist arg angekratzt, dem Kaiser schon ein Zacken aus der Krone gebrochen – weil er die WM ordentlich gewaschen hat“, findet Henkel.

Hochaktuell ist dagegen der Wagen, auf dem Mainz 05-Präsident Harald Strutz an seinem Sessel klebt: „Ehrenamtlich zwar gewählt, doch nur der eigne Vorteil zählt. Drum klebt er so an seinem Thron, seit 29 Jahren schon“, reimen dazu die Narren kopfschüttelnd. Den Finger in die Wunde legen die Narren auch beim Thema Online-Shopping: Da räkelt sich „es Babettche“ auf dem Sofa und shoppt fröhlich in „Amazonien“, derweil die armen Altstadthäuser vor Ärger fast vergehen, bleiben ihre Läden doch wegen der ausbleibenden Kunden leer. Die liebevoll gestalteten Altstadt-Häuser sind unser Lieblingsfeature in diesem Jahr, allerdings fehlt uns hier der Hinweis auf raffgierige Eigentümer, denen gar nicht genug Miete in die Taschen fließen kann…. Und das war jetzt der Mainz&-Kommentar dazu 😉

Wagenbauer Dieter Wenger vor Motivwagen Erdogan macht Demokratie platt
Wagenbauer Dieter Wenger vor dem Motivwagen, auf dem Erdogan die Demokratie platt macht. – Foto: gik

Kritisch-bissig werden die Mainzer Narren dagegen bei vier grandiosen anderen Wagen: Beim „Zwergenaufstand“ drängen sich AfD und andere rechts-nationale Gruppierungen im Garten, die Wutzwerge „habbe fürchterlich Schiss, vor allem was anners und fremdzwergisch is“, reimen die Narren und seufzen: „Ach Zwergenland Deutschland, was bist Du so kleinlich!“ Nebenan steckt CDU-Landeschefin Julia Klöckner derweil in der Mauss-Falle: „Erst Wahl verlor’n, nun krumme Spenden, das Pech klebt Klöckner an den Händen“, reimen die Narren zur Spendenaffäre um den Ex-Agenten Werner Mauss.

Großes Kino aber sind vor allem das Trumpeltier und Diktator Erdogan – und ein richtig aufwändiger Wagen: Da dümpelt die Britannia auf einem schon reichlich lecken Schlauchboot auf der hohen See – und zeigt dem in der Ferne verschwindenden EU-Dampfer zum Abschied den Stinkefinger. „Wir haben mit Illusionsmalerei geschafft, dass das Schiff optisch in den Wolken verschwindet“, verriet Wagenbauer Dieter Wenger, „das Schiff kann auch Dampf aus dem Schornstein geben…“ Wenger baut seit 55 Jahren die Motivwagen für den MCV, genauer stellen wir ihn Euch in unserem Porträt über den Meister aller Wagenbauer vor.

Auch in diesem Jahr hat Wenger es geschafft, den Mainzer Figuren seinen unnachahmlichen Schwung zu geben. Nun hat der 77-Jährige nur noch einen Wunsch: Dass im Gegensatz zum abgesagten Zug 2016 dieses Jahr die Wagen auch wirklich rollen. „Der Zug rollt“, versichert der neue MCV-Präsident Reinhard Urban, „es ist zwar Sturm angesagt – aber nur bis Donnerstag.“

Und hier natürlich unsere Fotogalerie mit allen Motivwagen der Saison 2017 – samt dazu gedichtetem Narrenvers. Viel Spaß dabei!

 

 

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Meister der Motivwagen: Wagenbauer Dieter Wenger fertigt seit 55 Jahren die rollenden Karikaturen des MCV

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Wenn heute in der MCV-Wagenhalle die Motivwagen für den Rosenmontagszug in Mainz vorgestellt werden, steht ein Mann bescheiden im Hintergrund: Dieter Wenger. Seit 55 Jahren baut der Mainzer nun schon die dreidimensionalen Karikaturen für die Mainzer Fastnacht, inzwischen ist der Mann eine Legende. 1962 baute er den ersten Motivwagen für den Mainzer Carneval-Verein (MCV), seit 30 Jahren ist er der Hauptverantwortliche für die großen Figuren aus Styropor und Stahl. „Damals haben wir noch in Zelten gearbeitet, ohne Heizung“, berichtet Wenger schmunzelnd. Wie lange er das noch machen will? „Bis ich umfalle“, sagt Wenger. Gerade wurde der Wagenbauer 77 Jahre alt – zum doppelten närrischen Jubiläum hat Mainz& den Altmeister besucht.

Porträt Wagenbauer Wenger vor der Halle
Wagenbauer Dieter Wenger baut seit 55 Jahren die Motivwagen des MCV – und wurde gerade 77 Jahre alt. Wir trafen ihn vor der Wagenhalle in Mombach. – Foto: gik

George Bush, Barrack Obama, Erdogan, Angela Merkel, Helmut Kohl oder der Papst – „ich hatte sie alle“, sagt Dieter Wenger. Jedes Jahr ab Oktober verbringt Wenger seine Tage in einer einfachen Halle im Gewerbegebiet von Mainz-Mombach. In rund 9.000 Stunden Arbeit entstehen hier die rollenden dreidimensionalen Karikaturen, mit denen die Mainzer Narren die Politik aufs Korn nehmen. Sobald der MCV die Motive für die jeweilige Kampagne fest gelegt hat, baut Wenger die Wagen nach dem Vorbild gezeichneter Karikaturen.

 

Die Liebe zum Schnitzen und dreidimensionalen Gestalten, sie wurde dem gebürtigen Mainzer in die Wiege gelegt. Der Opa war Bildhauer, schlug sich nach dem Krieg als Aushilfe bei einem Geigenbauer am Südbahnhof durch, reparierte Instrumente und schnitzte auch die Köpfe der Geigen. „Mich nahm er auf den Schoß, wenn er Puppenknöpfe schnitzte“, erinnert sich Wenger, „da hatte ich auch schon mal ein Schnitzmesser in der Hand…“

Es wurde eine Liebe fürs Leben: der Bruder einer Lehrerin hatte die Mainzer Puppenspielbühne, schon als Schüler baute Wenger Kulissen für das winzige Theater. Später fertigte er ein Bühnenbild für „Das Podest“ im Institut Francais für das Stück „Wundersame Schustersfrau“ von Garcia Lorca. Das Stück fiel durch, aber Wengers Bühnenbild heimste Lob ein, 19 Jahre war er da gerade alt. „Da bin ich geschwebt“, erinnert sich Wenger schmunzelnd.

Wagenbauer Dieter Wenger beim Interview
Wagenbauer Wenger 2016 beim Interview in der MCV-Wagenhalle vor dem Motivwagen zur Schiersteiner Brücke – mit Hund im Hintergrund… – Foto: gik

 

Über 50 Bühnenbilder baute er in der Zeit danach für Theater von Mainz bis Heidelberg, alles neben der Arbeitszeit. 1961 wurde Wenger Chefdekorateur beim Kaufhof in Speyer, dort lernte er Bernhard Vogel (CDU) kennen, den späteren Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz. Vogel machte Wenger zum Landesgeschäftsführer der Deutschen Verkehrswacht. „Die Aktion ‚Gib acht, Schulanfänger‘, die ist von mir“, erzählt Wenger.

Über Dekorateurskollegen kam Wenger zu den Wagenbauern des MCV, „der alte Fritz“ sei damals Zugmarschall gewesen, erinnert sich Wenger. Der sagte zu ihm: „Hast Du Ideen? Dann zeig mal her“ – Wenger hatte. Ausgerechnet die Milchpreiskrise war sein erster Motivwagen, 1962, das Thema kam vor sechs Jahren wieder. 1963 baute Wenger schon drei Wagen, seit 30 Jahren baut er sie alle. 35 Mitarbeiter hat Wenger heute, in dieser Kampagne stemmt das Team den Bau von 20 Wagen. Da wird gebastelt, werden Köpfe recycelt und Elemente neu angestrichen, notfalls wird auch improvisiert – so wie damals bei der quietschgelben Zugente, die immer das Zugende markiert. „Da steckt der alte Käfer meiner Sekretärin drunter“, erinnert sich Wenger.

Die Pegida-Hexe reitet auf dem braunen Mob - Foto: gik
Einer der stärksten Motivwagen Wengers, der gleichwohl nie durch Mainz rollte (wegen der Sturmwarnung): Die Pegida-Hexe auf dem braunen Mob 2016. – Foto: gik

Sind die närrischen Motive im Laufe der Jahre zahmer geworden? „Im Gegenteil“, sagt Wenger, und erinnert an die Nonne im Nacktscanner oder die Motivwagen zu diversen Päpsten. Vergangenes Jahr baute er die Pegida-Hexe und CDU-Chefin Julia Klöckner auf der Flucht vor lauter kleinen Burka-Mäusen. Den gierigen Limburger Bischof Tebartz van Elst realisierte Wenger in einer großen goldenen Badewanne, und Malu Dreyer schickte er den Fluch des „Kari-Beck“ hinterher. Und an der Schiersteiner Brücke hob 2016 ein kleiner Hund mit Narrenkappe sein Bein… der liebevolle kleine Running Gag, den Wenger jedes Jahr wieder irgendwo einbaut.

700 Blöcke Styropor gehen pro Kampagne drauf, die typische Mainzer Bauform ist Wengers Erfindung: Die Styroporblöcke sind mit Eisenstangen verstärkt, die Motive mit wetterfester Farbe lackiert. Das unterscheide die Mainzer Wagen von denen in Köln und Düsseldorf, erzählt Wenger gerne und mit Stolz, dort würden die Motive bei Sturm schon mal völlig zerlegt, „während unsere genauso wieder rein in die Halle kommen, wie sie rausgerollt sind.“ Wenn noch Zeit ist, versieht Wenger, der Tüftler, die Wagen gerne noch mit kleinen Zusatzeffekten: mal quillt echter Rauch hervor, oder die Tür zum „Wohnklo“ zieren dicke Spinnweben.

Doch meist wird bis zur letzten Sekunde am Rosenmontag an den Wagen gearbeitet. „Wenn ich keine Nerven wie Drahtseile hätte, würde ich das hier nicht durchhalten“, sagt Wenger, „wir malen hinten noch die Konfetti-Tupfer drauf, wenn die ersten vorne schon rausrollen.“

Info& auf Mainz&: Mehr Motivwagen von Dieter Wenger findet Ihr im Mainz&-Artikel über die Motivwagen 2016, über Flinten-Uschi und Beck-Fluch 2015 und über Tebartz-van-Elst, NSA und Snowden 2014. Die Motivwagen 2017 gibt’s heute Nachmittag oder Abend – nach der Vorstellung durch den MCV.

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Dienstag, 21. Februar: Bürgerinformation zum Bau des Bücherturms am Gutenberg-Museum

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Am Dienstag lädt die Stadt Mainz nun endlich zu einer ersten öffentlichen Bürgerinformationsversammlung in Sachen Gutenberg-Museum: Im Vortragssaal des Weltmuseums für Druckkunst will Baudezernentin Marianne Grosse (SPD) über den aktuellen Stand der Planungen für den Erweiterungsbau informieren. Ausgerechnet die Vor-Fastnachtswoche hat sich die Stadt dafür ausgesucht. Hintergrund: Am 8. Februar verabschiedete der Stadtrat die Vorplanungen für den ersten Bauabschnitt, die Realisierung des sogenannten Bücher- oder Bibelturms. Spatenstich für den Bau soll Ende 2017 sein. Der bronzefarbene Turm mit einer durchbrochenen Metalloberfläche ist weiter unter den Mainzern heftig umstritten.

Bücherturm Gutenberg-Museum bei Tag
So soll nach den neuesten Plänen der „Bibelturm“ am Gutenberg-Museum aussehen. Im Gegensatz zum ersten Entwurf sind Fenster und Türen im Erdgeschoss verschwunden…. – Grafik DFZ Architekten

Vor einem Jahr hatte die Stadt die Ergebnisse eines Architekturwettbewerbs vorgestellt, die Wahl des ersten Platzes – eben jenes Bücherturms – hatte zu einem Proteststurm geführt. Von „menschenfeindlicher Architektur“, die überhaupt nicht in das Umfeld des Platzes mit seinen historischen Gebäuden und dem Dom passe, war in der Kritik die Rede, von „potthässlicher Verschandelung“. Eine Bürgerinitiative forderte eine Befragung der Mainzer – vergeblich. Grosse spricht von einem „Meilenstein“ und neuem touristischen Highlight für Mainz, Museumsdirektorin Ludwig von einem „Leuchtturm der Kultur“.

Kritiker: Turm schafft nicht genügend Raum für Ausstellungen

Tatsache ist: Das Gutenberg-Museum braucht dringend eine Erweiterung und moderne Räume für eine zeitgemäße Präsentation seiner Schätze, darunter der ersten Original-Bibel des Buchdruck-Erfinders Johannes Gutenberg. Dieser Bibelschatz soll nun künftig im Keller des Bücherturms in einem eigenen Raum präsentiert werden. Der Erweiterungsbau soll nun 10 mal 12 Meter groß werden und so auch genügend Platz für die Grünanlage auf dem Liebfrauenplatz lassen, die neu gestaltet wird.

Kritiker wie die ÖDP befürchten, dass der neue Turm gar nicht genügend Raum für neue Ausstellungsflächen schafft – und mit den zur Verfügung stehenden 3,4 Millionen Euro brutto gar nicht realisiert werden kann. Der Betrag ist allerdings gedeckelt – mehr Geld steht der Stadt nicht zur Verfügung. Die CDU beantragte im Stadtrat das Vorlegen einer Kostenplanung für den Bau und knüpfte ihre Zustimmung zum Projekt an die Vorlage desselben. Die Stadt werde „jetzt in eine Kostenschätzung eintreten“, sagte Grosse Ende Januar im Werksausschuss.

BI: Turm wird fast reiner „Treppenturm“

Querschnitt Bücherturm Gutenberg-Museum
Planung für das Innere des Bücher- oder Bibelturms des Gutenberg-Museums – Grafik: DFZ Architekten

Die Erweiterung und Modernisierung des Gutenberg-Museums sei dringend notwendig , das „Korsett für die reinen Baukosten aber mit nur 2,85 Millionen Euro vor Steuern sehr eng“, sagte der CDU-Bauexperte im Stadtrat, Gerd Eckhardt, auf Anfrage von Mainz&. Um die Realisierung abzusichern, wolle die CDU ein straffes Kostenmanagement, bei einer drohenden Überschreitung des Budgets müsse unverzüglich eine Entscheidung des Stadtrats eingeholt werden. Die Linke kritisiert hingegen, mit dem „Leuchtturm“ würden lediglich etwa 400 Quadratmeter Fläche hinzugewonnen, da hätten andere Wettbewerbsentwürfe wesentlich mehr Raum geboten.

„Die notwendige vertikale Erschließung mit zwei Treppenhäusern, Fluren und Aufzug nimmt zwischen 33 Prozent im Erdgeschoss bis 90 Prozent im obersten Geschoss der möglichen Flächen in Anspruch“, rechnet derweil die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum vor, die dem Bau wegen seiner hochmodernen Form kritisch gegenübersteht. Es handele sich also „im Wesentlichen um einen Treppenturm mit einigen wenigen Räumen“, sagte Architekt Christian Kleebach von der BI. Damit werde die eigentlich so dringend gewünschte Vergrößerung der Ausstellungsfläche durch den Bibelturm „nur bedingt geschaffen“, warnt der Sprecher der BI, Thomas Mann. Für die Zukunft fordert die BI von der Stadt Mainz die Erarbeitung von Leitlinien für mehr mitgestaltende Bürgerbeteiligung bei künftigen kommunalen Großprojekten.

Denkmalpfleger: Mangelhafte Einfügung in Umfeld verstößt gegen Bauordnungen

Grafik neue Platzgestaltung Gutenberg Museum näher
Plan für die neue Platzgestaltung des Liebfrauenplatzes neben dem Gutenberg-Museum – Grafik: DFZ Architekten

Auch gibt es bislang noch keine Einigung mit der Denkmalpflege über den Bau. Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz um den früheren Stadt-Denkmalpfleger Hartmut Fischer kritisierte in einem offenen Brief Ende Januar erneut, der Turm füge sich eben nicht in die von hochrangigen Kulturdenkmälern beherrschte Nachbarschaft ein: „Da der Turm die Funktion eines ‚eyecatchers‘ (vulgo Blickfangs) erfüllen soll, war das planende Architekturbüro wohl der Meinung, dass dies zwingend nach einem asymmetrischen Baukörper verlangt“, schreibt Fischer in dem offenen Brief. Tatsächlich werde der Turm damit aber „zu einem extrem auffälligen Unikat, das den bisher platzbildbeherrschenden Nachbarn im wahrsten Sinne des Wortes „die Schau stiehlt‘.“

Das aber widerspreche der Intention des Gesetzgebers, der in der Landesbauordnung die Forderung verankert habe, dass Neubauten auf Kulturdenkmäler „besondere Rücksicht“ zu nehmen hätten. Zudem werde im Denkmalschutzgesetz die Umgebung von Kulturdenkmälern als schützenswerter Raum definiert, der von den historischen Bauzeugnissen und eben nicht von den Neubauten dominiert werde solle. Der Verein fordert deshalb, den Turm der Umgebung anzupassen und insbesondere die Höhe am historischen Nachbarbau Römischer Kaiser zu orientieren und die Baukontur des Bücherturms „dem symmetrischen Duktus der Umgebungsbebauung“ anzupassen. Auch in anderen Städten gelinge schließlich die Realisierung von „selbstbewussten Baukörpern in der Nachbarschaft von Kulturdenkmälern.“

Genügend Stoff für Fragen also für die erste Bürgerinformationsversammlung zur Erweiterung des Gutenberg-Museums. Dabei wird der Architekt des Turms, Stephen Kausch, Planungsarchitekt des Hamburger Büros DFZ, die Pläne persönlich erläutern. Für Erläuterungen und Fragen stehen außerdem zur Verfügung: Baudezernentin Grosse selbst, Museumsdirektorin Ludwig sowie Gilbert Korte, Werkleiter der Gebäudewirtschaft Mainz. Also: Hingehen, selbst ein Bild machen, Fragen stellen!

Info& auf Mainz&: Bürgerinformation „Museum der Zukunft“ zum Erweiterungsbau Gutenberg-Museum am Dienstag, 21. Februar 2017, um 18.00 Uhr im Vortragssaal des Gutenberg-Museums, Liebfrauenplatz 5. Ausführliche Infos zur Vorplanung samt Bildern und Link zu den exakten Planungsunterlagen findet Ihr hier bei Mainz&.

 

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Meenzer Drecksäcke verteidigen 2017 die Freiheit, die Fleischwurst und die Fastnacht

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Auf dem Mainzer Markt weht der Wind Tumbleweeds um den letzten verbliebenen Stand, die Mainzelbahn schafft es nicht über die Brücke bei Marienborn und das plötzliche Fehlen der Staus in Mainz sorgt für Depressionen – klarer Fall: Die Drecksäcke müssen mal wieder die Welt retten. Familie Becker hat eine Problemlösungs-Agentur gegründet und rettet im wieder einmal großartigen Eröffnungsfilm Mainz, bis sie rausfliegt, als sie das Mainzer Rathaus zu einem Mainzelmännchen-Museum machen will… In ihrer 22. Saison feiern die alternativen Fastnachter wieder eine große Sause, lassen die Rosa Sau durch das Haus der Jugend tanzen und geben Möchtegern-Diktatoren, Fake-News-Faschisten und Neu-Nazis kräftig einen mit.

Drecksäcke 2017 - A Capella Chor rettet die Fleischwurst der Freiheit
Der A Capella-Chor rettet „die Fleischwurst der Freiheit“ – Foto: gik

„Gerüchte sind aller Wahrheit Anfang“, weiß „Nostradummy“ Ottmar Schwinn und seziert genüsslich die Politik des vergangenen Jahres: Die Stadt Mainz stellt jetzt mobile Trauerautomaten auf dem Friedhof auf und kassiert bei Beerdigungen mit Überlänge extra, Innenminister Roger Lewentz (SPD) gründet einen 1-Euro-Shop im Internet für Dinge, die er nicht los wird – etwa den Flughafen Hahn, die Schiersteiner Brücke oder die Loreley. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) schreibt indes ein neues Buch: „Ohne Volker keine Zukunft“ heißt das, und in der Staatskanzlei wird jetzt gesungen: „Er gehört zu mir, wie mein Name an der Tür….“ Vize-Ministerpräsident Volker Wissing (FDP) wird’s gerne hören…. Doch es droht Ungemach: Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte (FDP) nimmt jetzt die Fastnacht ins Zentrenkonzept auf – und die Meenzer Drecksäcke erheben nach 24.00 Uhr eine Lach-Zuschlag!

Drecksäck 2017 - Sau tanzt durch den Saal
Die Sau tanzt auch 2017 wieder ausgelassen durch den Saal. – Foto: gik

Großes Polit-Kino also – eigentlich. Denn leider fehlt der Drecksack-Sitzung zu Beginn irgendwie der Schwung, zündete Schwinns Vortrag in den Reihen des Publikums am Samstagabend nur mäßig. Das ändert erst der A-Capella-Chor um Anke Eckhardt-Würz: Die sechs Damen und ein Herr retten in diesem Jahr die „Fleischwurst der Freiheit“, wieder einmal mit tollen Kostümen, herrlicher Narretei und natürlich guter Musik. Lady Liberty, die Friedenstaube, die Germania aus Rüdesheim, die Jungfrau von Orleans, Johannes Gensfleisch und Ritter St. Martin vom Dom „müssen erst noch die Würde unserer Wurst retten“ – und zwar vor AfD, Putin, Erdogan, LePen, dem Ungarn Orban und natürlich vor dem „Faschisten“ Trump: „Donald, ach glaubst Du das denn selber, was Du Deinem Volk auf Twitter sagst?“, fragt der A-Capella-Chor und stellt fest: „Du hast die Haare schön“ – aber sonst auch nichts.

Und natürlich endet die Rettungsmission mit „Freiheit“ und der Vielfalt des „Uffschnitts“ – und dem Drunken Sailor-Appell: „Steh auf gegen Diktatoren, steh auf gegen Störfaktoren! Steh auf für das Recht der Worscht!“ Da steht der Saal und fordert die Sau – der erste Höhepunkt der Drecksack-Sitzung, der noch viele, viele Säue folgen… Überhaupt sind die Drecksäcke auch in ihrem 22. Jahr wieder hochpolitisch, praktisch keine Nummer ohne klare Kritik an antidemokratischen Tendenzen und autokratischen Neu-Diktatoren. Besonders beliebt: der Türke Erdogan und der neue US-Präsident Donald Trump.

Drecksäck 2017 - Höffer-Mehlmer Fastnachtssüchtig auf Teneriffa
Markus Höffer-Mehlmer brilliert „Fastnachtssüchtig auf Teneriffa“ – Foto: gik

„Migration sucht sich ihren Weg“, erklärt Markus Höffer-Mehlmer, das „fidele Einsatzkommando“ der Fastnacht: „Wir haben doch auch vergeblich versucht, die Wiesbadener von der Fastnacht fern zu halten“ und sogar die Schiersteiner Brücke dafür sabotiert… Und wenn der Mainzer OB Michael Ebling (SPD) nun all die Jobs aus den Zugplakettcher-Fabriken aus Rheinhessen zurück nach Mainz holen müsse, dann werde das teuer. Höffer-Mehlmer brennt mal wieder ein Feuerwerk an spitzen Pointen ab und schont weder „den großen Dekretor“ Trump noch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU), die „mittlerweile in die Höcke gegangen“ sind: „Das sind Szenen einer Ehe, Rosenkrieg und Dick und Doof in einem…“

Höffer-Mehlmer rettet als Ein-Mann-Kommando die Fastnacht und die Drecksäcke gleich mit: Bei den Alternativfastnachtern geht der Aktivenschwund in diesem Jahr nämlich gewaltig weiter. Die „Saubande“ bleibt erneut aus, auch Protokoller Joachim Knapp muss familienbedingt pausieren. Die Männertanzgruppe ist auf nur noch vier Tänzer geschrumpft, die in diesem Jahr jeweils schöne Einzelsoli als Rocker, coole Blueser, Prince-Einlage und grandiosem Zappel-Baby (Klaus Cartus) einlegen, leider aber ungewöhnlich angezogen bleiben…

Leider fehlt auch Jürgen Girtler, der Drecksäck-Altmeister, der die vergangenen beiden Jahre den Saal zum Kochen brachte. Im Eröffnungsfilm  glänzt der Kabarettist zwar als Stau-Professor, der die positiven sozialen Stau-Komponenten als Treffpunkt und gemeinsame Picknick-Zeit erklärt: „Stau ist gelebte Solidarität!“ Eine eigene Girtler-Nummer aber gibt es nicht, und so muss Höffer-Mehlmer im zweiten Teil noch einmal ran – mit einer grandiosen „Fastnachtssüchtig auf Teneriffa“-Nummer, eine unglaubliche Persiflage auf den Mainzer Gendefekt mit Gelle-Gen… Zur Desensibilisierung wird doch tatsächlich geschunkelt im Drecksack-Reich, sogar ein einzelnes „Helau“ ist zu vernehmen – das wäre früher im Haus der Jugend undenkbar gewesen!

Die „Uferlosen“ packen gar das „Heile Gänsje“ aus, da grummelt es dann doch vernehmlich im Saal. Der schwul-lesbische Chor lehrt ein armes kleines Schweinchen fliegen, doch die Ausuferung der einzelnen Gesangsnummern tut dem Auftritt nicht gut, die „Uferlosen“ verlieren an Schwung und der Saal auch… Macht nix, bei „Wir lassen die Sau fliegen“ sind alle wieder wach, und die Rosa Sau tanzt ausgelassen über die Köpfe.

Drecksäck 2017 - Laienspielgruppe Zukunft mit Hermann Junglas
Großes Narren-Kino: Die Laienspielgruppe beamt sich in die Zukunft, dank der Texte von Hermann Junglas (links) – Foto: gik

Aber das arme Maskottchen hat es nicht leicht: Melia Pace, die sonst mit ihrem Vater Günter Beck tanzt, verweigert in diesem Jahr die gemeinsame Sportnummer – weil ihr Vater die Drecksau übers Jahr so vernachlässigt hat. Und so war Melia statt zu proben eben mit der Sau in Paris, London und New York, beim Shoppen, Eis essen und bei den 05ern – ein saumäßig guter Einsatz des jüngsten Drecksacks auf der Bühne!

Ganz ohne neuen Nachwuchs sind die Drecksäcke aber nicht: In der Laienspielgruppe tauchen mit Iris Antoinetti und Jonas Bonn zwei neue Drecksäcke mit einer grandiosen Persiflage gewisser Neustadt-Bewohner der eher prolligen Sorte auf – klasse! Die Laienspielgruppe nimmt wieder einmal Mainzer Stadtpolitik herrlich närrisch aufs Korn, denn Gott im Himmel spielt mit einer Time Machine. Und da sucht im Jahr 2517 Mainz immer noch einen Investor für seine Shops, versucht „der Roger“ einem chinesischen Mr. Nasi Goreng eine Fast Food Kaschemme mit Smart Suff-Automat und defektem Fleischwurst-Roboter zu verkaufen – ganz großes Narrenkino. Zurück in der Gegenwart trifft der herumgebeamte Mainzer auf eine Hippster-verseuchte Neustadt, in der Wohnungs-Ausverkauf herrscht und wo die MVG gerade ihren neuen Fahrplan herausgegeben hat: Dick wie zwei Telefonbücher.

„Tja,“ erklärt eine Neustädterin, bei der Probefahrt für manche neue Buslinie habe man sich wohl verfahren und dann gedacht, „das ist doch aach e schöne Strecke…“ Und so beschwert sich der Mainzelbahn-Rapp: „Ich fahr‘ durch Marienborn, und fühl mich echt verkohlt, weil uns rechts ne Oma, mit dem Rollator überholt!“ Geniales Ende einer Nummer, deren Texte aus der Feder von Hermann Junglas flossen, der auch noch Programmheft und Design schmeißt – saustark!

Drecksäck 2017 - Der Scheiß muss raus
Drecksäcke: „Der Scheiß muss raus“ mit Birgit Schütz und Günter Beck. – Foto: gik

„In der Mainzelbahn, nachts um halb eins“ singt der Prediger über die Bahn, die noch „ein bisschen wacklig uff den Beinen ist.“ Ansonsten aber hat Peter Herbert Eisenhuth mit der großen (Welt-)politik alle Hände voll zu tun: Sächsische Justiz, Björn Höcke, AfD, der syrische Präsident Assad, der IS – das wäre Stoff für mehr als einen Vortrag. „Die Mutti wird’s schon richten“, singt der Prediger, und „Trump ist Trumpf.“ Aber natürlich ist das nicht alles zum neuen US-Präsidenten: „Wer twittert, hat nicht immer recht“, schreibt Eisenhuth Trump ins Stammbuch, und dann lässt er DIE Anti-Neonazi-Hymne schlechthin auf den Neuen im Weißen Haus los: „Deine Gestalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe – Arschloch!“

Damit immer noch nicht genug: Ober-Drecksack Günter Beck wird noch deutlicher – und ernster. Wer sich verhalte wie der neue US-Präsident, „der beflügelt die braunen Kräfte“, sagt Beck und zitiert, was die amerikanische Schauspielerin Meryl Streep über Trumps perfide Parodie auf einen behinderten Journalisten im Wahlkampf sagte. „Wir verteidigen aus der Bütt die Freiheit, die Menschenrechte und das friedliche Zusammenleben“, reden die Drecksäcke Klartext aus der Drecksack-Tonne: Wer agiere wie AfD-Chefin Frauke Petry oder „Nazi Björn Höcke“, „der ist nicht einfach ein Kotzbrocken, der ist ein Faschist“, betont Beck, und fügt hinzu: „Wir wären nicht die Drecksäcke, wenn wir das nicht klar benennen würden.“ Donnernder Applaus dankt dem Narren für das freie Wort.

Drecksäck 2017 - Ady Schmelz Engel und der Rosenmontagszug im Himmel nah
Wenn der selige Ady Schmelz im Himmel den Rosenmontagszug baut… Günter Beck und Birgit Schütz als Engel. – Foto: gik

Zwischendurch sorgt wieder die erstklassige Hausband „Toni, Ernst und die Hämmerle“ für Rockkonzert-Feeling. Die fünf erstklassigen Musiker präsentieren wieder neue Hymnen auf die Drecksau – „und es rockt“ im HdJ, wenn Hans „Ernst“ Becker in Rolling Stone-Manier singt „Mein Vater war beim MCV…“

Aber die Drecksäck wären natürlich nicht die Drecksäck ohne die liebevollen Zwischennummern des kongenialen Moderatoren-Duos Günter Beck und Birgit Schütz: Da baut der verstorbene Zugmarschall Ady Schmelz den Rosenmontagszug im Himmel mit ganz neuen Motivwagen, wird Fastnachtsgymnastik mit Sträußchen-Fangen und Sau-Werfen eingeübt und in der Laubenkolonie zwischen dem Holz-Häcksler-Einsatz Unterschriften gegen Fluglärm oder Mainzelbahn  gesammelt und dem Aldi-Wahn gefrönt. Am Ende hauen die beiden „Erfinder“ Margit und Peter Becker noch Baby-Wischmopp, Kontaktlinsen-Fänger und Glückssträhnen raus – wer so viel Kreativität hat, kann wahrlich die Welt retten. Die Lachmuskeln mit Sicherheit.

Info& auf Mainz&: Noch dreimal fliegt die Sau in diesem Jahr durch den Saal: am 24., 25. und 26. Februar 2017 gibt es jeweils noch eine Sitzung der Meenzer Drecksäcke. Und auch wenn die Karten rar sind, in der Tauschbörse hat man immer mal wieder Chancen auf kurzfristig abgegebene Karten. Und natürlich: Hier kommt (gleich) unsere Fotogalerie zur Sitzung der Meenzer Drecksäcke 2017!

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