Angesichts der weiter grassierenden vierten Corona-Welle verschärft die Politik nun doch die Corona-Regeln weiter: Ab dem Wochenende werden deutlich schärfere Corona-Beschränkungen in Rheinland-Pfalz und Hessen gelten, dann kommt die 2G-Regel praktisch überall – in Hessen sogar im Einzelhandel. Bund und Länder berieten am Dienstag über neue Maßnahmen, Entscheidungen sollen aber erst am Donnerstag getroffen werden. Dann wollen Bund und Länder auch über Zuschauer bei Fußballspielen sowie über Großveranstaltungen entscheiden – die Weihnachtsmärkte dürfen vorerst weiter offen haben.

Karte der Corona-Inzidenzen vom 30.11.2021. - Grafik: RKI, Screenshot: gik
Karte der Corona-Inzidenzen vom 30.11.2021. – Grafik: RKI, Screenshot: gik

Die Coronalage ist in Deutschland weiter so ernst wie noch nie seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020: Bundesweit stieg die Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen am Dienstag auf 452,2, binnen 24 Stunden kamen 45.753 Neuinfektionen hinzu – und erneut 388 Todesfälle in der Folge einer Covid-19-Erkrankung. Die Corona-Karte des Robert-Koch-Instituts (RKI) zeigt inzwischen so gut wie überall mindestens ein Dunkelrot, fast der gesamte Süden der Republik sowie der Osten färbt sich mittlerweile Lila – im Landkreis Sächsische Schweiz-Ostererzgebirge liegt die Sieben-Tage-Inzidenz inzwischen bei 2133 und damit erstmals über der Marke von 2000.

In Rheinland-Pfalz ist die Lage dagegen noch vergleichsweise moderat, doch auch hier liegt die Sieben-Tage-Inzidenz inzwischen bei 306,4, in Mainz bei 245,9 – das war niedriger als vergangenen Freitag. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) machte trotzdem am Dienstagabend unmissverständlich klar: Die Lage ist ernst, auch in Rheinland-Pfalz. „Es ist eine bedrückende Situation, dass wir wieder in einer Lage sind, die sehr ernst ist“, sagte Dreyer und räumte ein: „Wir alle hatten gehofft, dass der Winter anders aussehen würde.“ Jetzt sei das Land wieder konfrontiert mit sehr hohen Zahlen und Hospitalisierungsraten, das habe mit der Delta-Variante zu tun, mit der neuen Mutation Omikron sowie damit, dass der Impfschutz „doch nicht so lange hält, wie man erhofft hat.“

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Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstagabend bei der Pressekonferenz in Mainz. - Screenshot: gik
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Dienstagabend bei der Pressekonferenz in Mainz. – Screenshot: gik

Rheinland-Pfalz hatte sich lange mit schärferen Maßnahmen schwer getan, noch am 8. November hatten Dreyer und ihr Ampel-Kabinett erhebliche Lockerungen verkündet und unter anderem sämtliche Corona-Maßnahmen im Freien und für Großveranstaltungen aufgehoben. Nun rudert das Land Stück für Stück zurück: Ab Samstag gelten noch einmal neue verschärfte Regeln, die vor allem den Lockdown für Ungeimpfte weiter verschärfen. „Wir müssen bei den Ungeimpften nochmal härter sein“, kündigte Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) am Dienstagabend an – denn es seien vor allem sie, die zunehmend schwere Verläufe hätten und auf den Intensivstationen landeten.

Ab Samstag gelten deshalb für Ungeimpfte harte Kontaktbeschränkungen: Sie dürfen sich wieder nur mit einer Person außerhalb ihres Hausstands treffen, auch werden ihre Möglichkeiten zur Teinahme am öffentlichen Leben weiter drastisch eingeschränkt. In allen Innenbereichen, in denen keine Maske getragen werden kann, gilt ab Samstag die 2Gplus-Regel, also geimpft, genesen plus Test. Das gilt etwa für Indoorsport, Gastronomie, Kino oder Fitnessstudio, bei Aktivitäten mit Maske braucht es hingegen keinen zusätzlichen Test zu 2G – das gilt etwa für Frisöre oder Fußpflege.

2G und Maskenpflicht auch im Freien - die neue Corona-Verordnung will aber erst mal keine Weihnachtsmärkte verbieten. - Foto: gik
2G und Maskenpflicht auch im Freien – die neue Corona-Verordnung will aber erst mal keine Weihnachtsmärkte verbieten. – Foto: gik

Im Außenbereich gilt dann flächendeckend für alle Veranstaltungen 2G, dazu eine Maskenpflicht in engen Situationen. „Es soll zu keinen Schulschließungen kommen“, versicherte Hoch zudem, allerdings waren Ende vergangener Woche dennoch fünf Schulen in Rheinland-Pfalz wegen Corona-Infektionen komplett geschlossen. Ab Samstag wird nun wieder die Maskenpflicht am Platz in den Schulen zurückkehren, und zwar für alle Schulen. Für Kinder gilt grundsätzlich weiter die 3G-Regel.

„Wir brauchen eine erneute gemeinsame Kraftanstrengung“, begründete Dreyer die neue Verschärfung, es brauche jetzt „wieder die Solidarität in ganz Deutschland.“ Die Belastung in den Krankenhäusern sei inzwischen auch in Rheinland-Pfalz sehr hoch, dazu habe Rheinland-Pfalz bereits Patienten aus Bayern und Baden-Württemberg übernommen. „Die Lage ist sehr angespannt“, betonte Dreyer, deshalb gelte jetzt wieder „ganz grundsätzlich: weniger Kontakte im privaten Bereich und 2G-plus überall dort, wo man keine Maske tragen kann.“

Hessen will 2G auch im Einzelhandel einführen, Rheinland-Pfalz zögert noch. - Foto: gik
Hessen will 2G auch im Einzelhandel einführen, Rheinland-Pfalz zögert noch. – Foto: gik

Dreyer sprach sich zudem für Begrenzungen der Zuschauerzahlen in Fußballstadien aus:  „Es darf solche Bilder in Fußballstadien nicht mehr geben, sie passen nicht mehr in die Zeit“, sagte sie mit Blick auf 50.000 Zuschauer vergangenes Wochenende in Stadien wie Köln. Während andere Bundesländer wie Bayern und Baden-Württemberg aber schon Beschränkungen bis hin zu „Geisterspielen“ ankündigten, will Rheinland-Pfalz noch abwarten: Sie hoffe, dass es bis Donnerstag eine bundesweite Einigung in Sachen Großveranstaltung gebe, sagte Dreyer, das gelte auch für die Frage von 2G im Einzelhandel.

Auch Weihnachtsmärkte dürfen in Rheinland-Pfalz vorerst weiter laufen, man wolle die nicht komplett verbieten und setze auf die guten individuellen Regelungen in den Kommunen, betonte Dreyer. Baden-Württemberg untersagte hingegen am Dienstag alle Weihnachtsmärkte in seinem Bundesland. Am Dienstag hatten sich die alte und die kommende Bundesregierung kurzfristig mit den Ministerpräsidenten der Länder zu einer Schaltkonferenz getroffen, um über verschärfte Maßnahmen zu beraten.

Bund und Länder wollen die Impfungen deutlich ausweiten - derweil stehen die Menschen vor allen Impfgelegenheiten Schlange. - Foto: gik
Bund und Länder wollen die Impfungen deutlich ausweiten – derweil stehen die Menschen vor allen Impfgelegenheiten Schlange. – Foto: gik

Man sei „überzeugt, dass es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um die Zahl der täglichen Neuinfektionen zu senken und den Druck auf die Krankenhäuser möglichst bald wieder zu verringern“, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert danach mit. Deswegen befassten sich Bund und Länder jetzt mit verschiedenen Vorschlägen, dazu gehörten die Einführung umfangreicher Kontaktbeschränkungen vor allem für Ungeimpfte und auch bei privaten Zusammenkünften, die Ausweitung der 2G-Regeln auf den Einzelhandel sowie Einschränkungen bei Großveranstaltungen. Auch soll „eine zeitnahe Entscheidung über eine allgemeine Impfpflicht vorbereitet werden.“ Die Details wolle man nun bis Donnerstag ausarbeiten, um dann zu gemeinsamen Beschlüssen zu kommen.

Einig war man sich hingegen bei dem Ziel, die Zahl der Impfungen deutlich auszuweiten: Bis Weihnachten sollten bis zu 30 Millionen Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen möglich gemacht werden, so die Bundesregierung weiter. Dafür solle der Kreis derjenigen, die Impfungen durchführen dürfen, deutlich ausgeweitet werden – geplant ist, dass dann auch Apotheker und etwa Zahnärzte impfen dürfen. Der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) stellte zudem die Einrichtung eines neuen Corona-Krisenstabs im Bundeskanzleramt vor, der die Koordinierung und Zusammenarbeit bei der Steuerung der Impfkampagne, bei Impfstofflieferung und -verteilung stärken soll.

Bund und Länder hatten erst Ende September die Impfzentren bundesweit geschlossen. - Foto: Stadt Wiesbaden
Bund und Länder hatten erst Ende September die Impfzentren bundesweit geschlossen. – Foto: Stadt Wiesbaden

Chef soll der Bundeswehr-General Carsten Breuer werden, der bereits in der Coronapandemie sowie auch im Ahrtal erfolgreich Einsätze leitete. Dreyer begrüßte den neuen Krisenstab und kündigte an, der werde auch sofort seine Arbeit aufnehmen, das zeige, „dass der Kampf gegen die Pandemie auch in Zeiten eines Regierungswechsels höchste Priorität hat.“ Allerdings war in dem Machtvakuum zwischen alter Bundesregierung und während der Koalitionsverhandlungen für die neue Ampel-Regierung wochenlang in Sachen Corona-Bekämpfung nichts geschehen: Weder wurden die Booster-Impfungen organisiert noch Impfzentren wieder eröffnet, die neuen Ampel-Partner stritten auf offener Bühne über den Kurs und beendeten am 25. November die pandemische Notlage erst einmal.

Dreyer zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass bis Weihnachten die 30 Millionen Impfungen zu schaffen seien: Vergangene Woche habe es in Rheinland-Pfalz 212.500 Impfungen gegeben, die Zahlen stiegen drastisch an, betonte sie. „Die Bundesregierung hat heute zugesagt, dass genügend Impfstoff da ist“, bekräftigte Gesundheitsminister Hoch – derzeit müssen Impfaktionen in Arztpraxen oder bei privaten Initiativen reihenweise früher beendet werden, weil nicht genügend Impfstoff da ist. Am Wochenende platzten gar große Impfaktionen in Frankfurt, weil der Impfstoff ausblieb – die ganze Stadt sei „sauer auf den Bund“, schimpfte Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD).

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kürzlich auf einer Pressekonferenz. - Screenshot: gik
Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) kürzlich auf einer Pressekonferenz. – Screenshot: gik

Derweil kündigte das Nachbarland Hessen deutlich schärfere Coronaregeln an, und zwar ab kommendem Sonntag. „Wir reagieren damit auf die sehr ernste Situation und tun alles, was in unserer Macht als Landesregierung steht, um die vierte Welle zu brechen“, sagte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) am Dienstag in Wiesbaden. Führende Virologen sowie Fachleute der Akademie Leopoldina riefen derzeit zu dringenden Kontaktbeschränkungen auf, um die Pandemie einzudämmen, die Lage in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen sei sehr angespannt.

So dürfen sich Ungeimpfte in Hessen ab Sonntag mit maximal zwei Hausständen im öffentlichen Raum treffen, dies gelte auch als Empfehlung für den privaten Raum. Und Hessen führt „2G“ im Einzelhandel ein, und zwar für alle Geschäfte außerhalb der Grundversorgung, zu der etwa Supermärkte, Drogerien und Apotheken gehören. In allen anderen Geschäften heißt es dann: Zutritt nur für Geimpfte und Genesene, eine Ausnahme gibt es für Jugendliche bis 18 Jahre – sie erhalten weiter wegen der regelmäßigen Tests in Schulen Zugang zu Einrichtungen und Veranstaltungen, bei denen ansonsten „2G“ gilt. Diese Regelung solle aber auslaufen, sobald ein umfassendes Impfangebot auch für diese Altersgruppe vorliege, kündigte Bouffier an. Hessen bietet künftig nun auch geimpften und genesenen Schülern einen Test einmal pro Woche an.

Auf dem Sternschnuppenmarkt werden die Regeln ebenfalls verschärft. - Foto: gik
Auf dem Sternschnuppenmarkt werden die Regeln ebenfalls verschärft. – Foto: gik

Die Regeln in Gastronomie, Kinos, Theatern oder Diskotheken werden in Hessen verschärft, die Betreiber dürfen sich dann nicht mehr aussuchen, ob sie auf Abstandsregeln und Maskenpflicht verzichten, wenn sie ausschließlich Geimpfte oder Genesene mit tagesaktuellem Schnelltest einlassen. Auch gelten dann neue Personenbeschränkungen für Veranstaltungen und Kultur, und das auch im Freien – für den Wiesbadener Sternschnuppenmarkt heißt das etwa: „Aufgrund neuer Auflagen dürfen sich ab sofort im 2G-Bereich des Sternschnuppenmarktes nur noch 1.500 Personen aufhalten“, wie die Stadt Wiesbaden auf ihrer Homepage mitteilt.

Info& auf Mainz&: Was derzeit in Sachen Corona-Regeln gilt, könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Alle Detailinfos zur kommenden neuen Corona-Verordnung in Rheinland-Pfalz, die ab Samstag, den 4. Dezember, gelten soll, findet Ihr hier im Internet. Die Einzelheiten der hessischen Regeln könnt Ihr hier nachschauen.

 

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