Es sollte ein stimmungsvoller Mittelaltermarkt werden, mit Rittern und Taverne, Perlenmaid, Bogenstand und allerlei Handwerkskunst aus früheren Jahrhunderten, und er sollte ein Highlight des Festwochenendes „1250 Jahre Mainz-Laubenheim“ werden. Doch daraus wird nun nichts: Der Mittelaltermarkt in Laubenheim Mitte Juni ist abgesagt. Als Begründung gibt der Vereinsring samt Ortsvorsteher nun aber an: Die Organisatoren seien „nicht in der Lage“ und die Planungsgruppe „überfordert“ gewesen – die Planer sind fassungslos: „Das ist eine komplette Lüge, diese Vorwürfe sind rufschädigend“, wehrt sich Organisator Christian Müller im Gespräch mit Mainz&.
Der südliche Mainzer Stadtteil Laubenheim feiert in diesem Jahr sein 1250. Bestehen, denn eine Urkunde erwähnt erstmals die Ansiedlung am Rhein im Jahre 773 – ein Mann namens Nubo siedelte damals hier. Zum Höhepunkt des Jubiläums ist am 17. und 18. Juni 2023 ein Festwochenende geplant, mit Festumzug und Jubiläumsposse. Geplant war auch ein Mittelaltermarkt im Laubenheimer Park, einem Gelände, das mit einer Mauer umzäunt ist.
„Ortsvorsteher Gerhard Strotkötter (SPD) kam auf mich zu und fragte: Würdest du uns bei einer historischen Veranstaltung helfen?“ So berichtet es Christian Müller, gebürtiger Laubenheimer und Experte für „Historisches Fechten“, im Interview mit Mainz&. Müller ist selbst in seiner Freizeit gerne auf Mittelaltermärkten unterwegs, etwa in Gewandung als Landsknecht, dem Laubenheimer Ortsvorsteher schlägt er deshalb einen Mittelaltermarkt vor – Strotkötter sei begeistert gewesen. Das war vor gut 1,5 Jahren, seither habe er mindestens ein Jahr Planungszeit in den Markt gesteckt, berichtet Müller, der sich vor zwei Wochen an Mainz& wandte – damals hoffte Müller noch auf eine gütliche Einigung.
Strotkötter: Organisationsteam „unerfahren und überfordert“
Doch nun verkündete Ortsvorsteher Strotkötter offenbar Anfang Mai im Ortsbeirat Mainz-Laubenheim: Der Mittelaltermarkt könne leider nicht stattfinden, das sei „ein schwerer Schlag“. Zur Begründung berichtete der Ortsvorsteher: „Die Mittelalter-Leute haben uns abgesagt“, die organisierende Gruppe sei „unerfahren und trotz aller Unterstützung überfordert gewesen“ – so zitiert ihn die „Allgemeine Zeitung“ in ihrer Donnerstagsausgabe. „Das ist eine komplette Lüge“, sagt nun Christian Müller im Gespräch mit Mainz&: „Man hätte den Markt sofort durchführen können, es war alles vorbereitet, alles da – man hätte die Verträge nur noch unterschreiben müssen.“
Wahr sei hingegen: Die Organisationsgruppe habe vor zwei Wochen die Reißleine gezogen, weil es von Anfang an nur Probleme mit der Abstimmung mit Vereinsring und Ortsvorsteher gegeben habe. „Wir sind letztlich aus Gründen der Sicherheit zurückgetreten“, betont Müller: „Es ging am Ende um die Zugangskontrollen zum Gelände und die Frage der Fluchtwege.“ Im Mittelpunkt habe dabei die Frage gestanden, wie man eine maximale Anzahl von Besuchern auf dem Platz sicher stelle.
„Wir hatten ein Sicherheitskonzept geschrieben, das stimmig und gut war, das passte auch fürs Ordnungsamt“, betont Müller, der selbst als Verwaltungsfachmann bei der Stadt Mainz arbeitet – und zwar im Ordnungsamt in der Abteilung für Waffen, Sprengstoff und Jagd. Für den Platz des Mittelaltermarktes habe die Gruppe ein Einbahnstraßensystem entwickelt mit einem Eingang vorne und einem Ausgang hinten. Das Problem sei bei den Zugangskontrollen entstanden: „Wir hatten nicht genug Leute, um die zu gewährleisten“, berichtet Müller, also habe man beim Vereinsring um Unterstützung angefragt.
Fertiges Programm, vorliegende Verträge – alles war bereit
Doch eine Unterstützung durch Vereinsmitglieder aus Laubenheim sei ebenso abgelehnt worden, wie ein Security-Dienst – zu teuer, berichtet Müller weiter. Zur Antwort habe er bekommen: „Macht es Pi mal Daumen, und wenn es voll ist, sollen wir vorne das Tor zu machen.“ Das aber sei völlig inakzeptabel, betont Müller: „Das hätte im Fall einer Evakuierung ein übles Gedränge geben können, weil es nur noch einen Fluchtweg nach hinten gab – und der für die Anzahl der Personen auf dem Gelände nicht ausgereicht hätte.“
Eine Lösung habe der Vereinsring aber nicht angeboten, ein Angebot für einen Sicherheitsdienst sei entgegen von Zusagen nicht eingeholt worden. Auch mehrere Telefonate des Sicherheitsbeauftragten der Orga-Gruppe hätten nichts gefruchtet. „Wir haben daraufhin gesagt: das ist uns zu riskant“, berichtet Müller weiter: „Wäre etwas passiert, wären wir dran gewesen, unsere Existenzen hätten auf dem Spiel gestanden – und zwar von allen, auch von Seiten des Vereinsrings.“ Deshalb habe die Gruppe gemeinsam beschlossen, von der Organisation zurückzutreten.
Der Markt hätte trotzdem problemlos stattfinden können, betont Müller weiter: „Die gesamte Organisation hat gestanden, wir hatten alle Verträge vorliegen von allen Händlern, Handwerkern und Gastronomiebetrieben – sie hätten nur noch unterschrieben werden müssen.“ Und der Vereinsring hätte jemanden als Veranstalter benennen müssen, der auch im Sicherheitskonzept als Ansprechpartner für die Behörden benannt werde. Doch dazu sei man beim Vereinsring offenbar nicht bereit gewesen, als Reaktion habe man ihm geantwortet: „Ein Mittelaltermarkt ist nicht geeignet mit einer 1250-Jahr-Feier zu kombinieren.“
„Uns wurden ständig Steine in den Weg gelegt“
„Wir vermuten, dass ein Teil des Planungsgremiums für das Jubiläum den Markt von Anfang an nicht wollte“, sagt Müller inzwischen: „Uns wurden ständig Steine in den Weg gelegt, ich musste in fast jeder Sitzung unser Konzept verteidigen.“ Ständig seien neue Probleme aufgetreten: zur Frage des Eintritts, zu Fragen des Getränkeausschanks, zur Frage des Programms. Man habe dem Organisationsteam „Vorwürfe gemacht, wir hätten zu horrenden Vorstellungen, es ist alles zu teuer“, gleichzeitig habe man aber noch zusätzliches Programm haben wollen – und das am liebsten kostenfrei.
Dass nun aber der Vereinsring-Vorsitzende Norbert Riffel und Strotkötter selbst sich hinstellten, und die Absage damit begründeten, das Organisationsteam sei „überfordert“ – das sei eine Frechheit, schimpft Müller. Tatsächlich begründen beide, Riffel und Strotkötter, die Absage auch genauso auf der Homepage des Vereinsrings, dort heißt es: Die beauftragte Gruppe sei „unter der Leitung von Christian Müller entgegen monatlicher Beteuerungen nicht in der Lage, die Veranstaltung zu organisieren.“ Dieselbe Begründung sei auch über Facebook verbreitet, und an alle Vereine in Laubenheim verschickt worden, sagt Müller.
„Ich finde es rufschädigend, dass man die Absage damit begründet, dass wir – insbesondere ich – nicht in der Lage gewesen sein sollen, das zu organisieren“, kritisiert Müller. Er habe den Vereinsring schriftlich aufgefordert, die Passage umgehend zu löschen – er habe nie eine Antwort bekommen. Nun reiche es ihm: „Ich werde jetzt mit meinem Anwalt Kontakt aufnehmen und wir werden rechtliche Schritte erörtern, wahrscheinlich sogar als Gruppe“, sagt Müller.
Die rufschädigenden Vorwürfe beträfen schließlich auch Mitglieder seiner Gruppe, die sehr erfahren im Organisieren von Mittelaltermärkten seien – und das auch in Zukunft auch weiter tun wollten. „Wir werden unser Konzept an anderer Stelle anbieten und den Markt woanders durchführen“, sagt Müller „- vielleicht mit einem Veranstalter, der etwas geneigter ist.“
Info& auf Mainz&: Die Seite des Vereinsrings Mainz-Laubenheim mit der Absage findet Ihr hier im Internet.