Michael Ebling ist neuer Innenminister von Rheinland-Pfalz. Um Viertel nach vier Uhr am Donnerstagnachmittag ernannte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) den 55 Jahre alten Verwaltungsjuristen aus Mainz-Mombach (SPD) zum neuen Minister für Inneres und Sport. Ebling beerbt damit den zurückgetretenen Innenminister Roger Lewentz (SPD) – und reißt zugleich eine große Lücke. Mit derselben Minute war Ebling nicht mehr Oberbürgermeister von Mainz. Der Neue im Landeskabinett war Dreyers Wunschkandidat, wie sie Mainz& gegenüber verriet, neben Glückwünschen hagelte es aber auch Kritik, Skepsis und viele Erwartungen. In Mainz steht nun eine OB-Wahl an – vermutlich Anfang Januar.

Michael Ebling (SPD) unmittelbar nach seiner Ernennung zum neuen Innenminister von Rheinland-Pfalz. - Foto: gik
Michael Ebling (SPD) unmittelbar nach seiner Ernennung zum neuen Innenminister von Rheinland-Pfalz. – Foto: gik

Um 16.14 Uhr klickten in der Mainzer Staatskanzlei die Fotoapparate: „Ich ernenne Michael Ebling zum neuen Staatsminister für Inneres und Sport“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), und strahlte den knapp Zwei-Meter-Mann vor ihr an. Mit Ebling übernehme „ein überaus profilierter Kommunalpolitiker mit langjähriger Verwaltungserfahrung und Erfahrungen als Staatssekretär in der Landespolitik die Führung des Innenministeriums“, betonte die Amtschefin.

Als langjähriger Oberbürgermeister von Mainz habe er sich „große Verdienste um die Weiterentwicklung der Landeshauptstadt erworben und kennt gleichzeitig die Herausforderungen, vor denen die Kommunen stehen, aus der täglichen Praxis“, lobte Dreyer weiter. Zudem habe Ebling als Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Städtetags, Mitglied des Präsidiums des Deutschen Städtetags und Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V. „die Interessen der Städte hervorragend vertreten“. Als Staatssekretär vor allem im Bildungsministerium hatte Ebling zudem mehrere Jahre Erfahrung in der Landespolitik und beim Leiten eines großen Hauses gesammelt.

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Die Machtfrage: Dreyers Wunsch – der Kronprinz

Ministerpräsidentin Malu Dreyer mit Michael Ebling (beide SPD) kurz nach der Ernennung zum Innenminister. - Foto: gik
Ministerpräsidentin Malu Dreyer mit Michael Ebling (beide SPD) kurz nach der Ernennung zum Innenminister. – Foto: gik

Vor allem aber ist Ebling ein enger Vertrauter Dreyers: Der 55 Jahre alter Verwaltungsjurist aus dem Mainzer Stadtteil Mombach beerbte Dreyer schon 2002 im Amt des Mainzer Sozialdezernenten, als Dreyer zur Sozialministerin in Rheinland-Pfalz aufstieg. In den Jahren 2006 bis 2011 saß er gemeinsam mit ihr am Kabinettstisch von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), bevor Ebling 2012 Oberbürgermeister von Mainz wurde – als Nachfolger des wegen mehrerer Affären um Vorteilsnahmen und Begünstigungen zurückgetreten SPD-OBs Jens Beutel.

Nun also holt ihn Dreyer als Minister an ihre Seite – ausgerechnet in einer Zeit, in der noch völlig unklar ist, ob die Ministerpräsidentin zur nächsten Wahl überhaupt noch antreten wird. Ebling wurde immer wieder einmal als möglicher Nachfolger Dreyers gehandelt, nun verschafft ihm die Regierungschefin das ideale Sprungbrett, um sich in den kommenden Monaten im Land so richtig bekannt zu machen – und zu zeigen, ob er Führung kann.

Neues Landeskabinett mit neuem Innenminister (Mitte) - und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zwischen zwei zwei-Meter-Männern. - Foto: gik
Neues Landeskabinett mit neuem Innenminister (Mitte) – und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zwischen zwei zwei-Meter-Männern. – Foto: gik

„Ebling ist meine erste Wahl, ich kann es nicht anders beschreiben“, verriet Dreyer am Donnerstag am Rande der Ernennung gegenüber Mainz&, und ließ erkennen: „Ich habe nicht lange überlegt, Ich wusste, dass Ebling ein sehr guter Innenminister werden würde und war sehr glücklich darüber, dass er sich schnell entschieden hat.“ Ein erweitertes Kandidatenfeld hatte die Amtschefin offenbar gar nicht in Erwägung gezogen, Ebling selbst bekannte, er habe nur Stunden gehabt, um sich zu entscheiden – der Mainzer brauchte nicht lange, um „Ja“ zu sagen.

Mehreren anderen im SPD-Landesverband dürfte das nicht schmecken: Nun wetteifern in erster Reihe gleich zwei Zwei-Meter-Männer um das höchste Amt in Rheinland-Pfalz – als weiterer heißer Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten gilt Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD). Dass Ebling nun „Ja“ zum Ministerposten sagt, ist ein klares Zeichen, dass auch er höhere Weihen anstrebt: Nach zehn Jahren als Oberbürgermeister von Mainz zieht es den 55-Jährigen offenbar doch noch weiter auf der Karriereleiter nach oben.

 

Die Kompetenzfrage: Kann Ebling Innenminister?

Das Amt des Innenministers gehört zu den zentralen Aufgaben in einer Landesregierung: Zu dem Haus gehören nicht nur die Sicherheit und der Katastrophenschutz, sondern auch die Zuständigkeit für Kommunales, der Sport sowie – seit der Landtagswahl 2021 – auch für den Bereich der Denkmalpflege. Für Ebling spricht seine Expertise als Jurist sowie seine kommunale Erfahrung: Nach zehn Jahren Oberbürgermeister der Landeshauptstadt bringt er umfassende Kenntnisse in kommunaler Verwaltung, Strukturen und Finanzen mit.

Michael Ebling als Oberbürgermeister vor der eingerüsteten Fassade des Mainzer Rathauses. - Foto: gik
Michael Ebling als Oberbürgermeister vor der eingerüsteten Fassade des Mainzer Rathauses. – Foto: gik

Dazu war Ebling zuletzt auch Vorsitzender des rheinland-pfälzischen Städtetags, Mitglied des Präsidiums des Deutschen Städtetags und Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen e.V., er ist in der kommunalen Familie hochgradig vernetzt. Ober er „die Interessen der Städte hervorragend vertrat“, darüber dürften die Meinungen auseinander gehen: Obwohl Ebling beste Kontakte zu Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) hat, hörte man ihn für eine deutlich bessere Finanzausstattung der Städte oder gar kleinerer Kommunen öffentlich nur selten streiten.

Stattdessen wunderten sich auch in Mainz Kommunalpolitiker immer wieder, warum der SPD-OB stets so wenig Geld beim Land für wichtige städtische Projekte locker machen konnte: Für das Gutenberg-Museum schaffte Ebling es nie, mehr Unterstützung vom Land zu erhalten, die römischen Denkmäler – allen voran das Römische Bühnentheater – fristeten unter Ebling ein Schattendasein. Das römische Mainz ist heute so wenig sichtbar im Stadtbild wie zu seinem Amtsantritt 2012, ein Konzept zur Präsentation gibt es weiter nicht.

Die Aufwertung des antiken Römischen Theaters oberhalb des Südbahnhofs lässt weiter auf sich warten. – Foto: gik
Die Aufwertung des antiken Römischen Theaters oberhalb des Südbahnhofs lässt weiter auf sich warten. – Foto: gik

Stattdessen versprach Ebling eine Landesgartenschau zur Aufwertung von Römererbe und Grünanlagen – und ignorierte von Anfang an, dass die Statuten des Landes zur Austragung von Landesgartenschauen ausgerichtet sind auf die Aufwertung von Konversionsprojekten. Und auch bei der Stadtentwicklung hakt es in Mainz gewaltig: Um die Frage eines neuen Stadtteils zur Schaffung von Wohnraum drückte sich Ebling stets herum, sagte erst „Nein“, im OB-Wahlkampf dann doch „Ja“ – um einen Stadtteil ausgerechnet in einer wichtigen Frischlustschneise in Aussicht zu stellen, dessen Pläne aber nie konkretisiert wurden.

Zwar ließ Ebling im September 2019 gemeinsam mit seiner Ampel-Koalition und dem Stadtrat den Klimanotstand in Mainz ausrufen – aus den Worten folgten aber so gut wie keine Taten: Einen Hitzeaktionsplan sucht man ebenso vergebens wie eine grüne, Klimawandel-angepasste Innenstadt, auch die im Wahlkampf vor drei Jahren versprochenen grünen Schulhöfe sind bisher über ein Vorzeigemodell nicht hinausgekommen. Stattdessen wurden in Mainz von der Südmole über das gesamte Zollhafen-Areal bis hinauf zu Münsterplatz und dem Universitäts-Vorplatz ein Ort nach dem anderen zum Großteil versiegelt oder zubetoniert.

 

Die Gretchenfrage: Katastrophenschutz und Ahrtalflut

Im Bereich Inneres und Sicherheit hat Ebling wenig Erfahrung, wie die Opposition schon am Donnerstag kritisch anmerkte. Er sei ja auch „Feuerwehr- und Katastrophenschutzdezernent von Mainz gewesen“, merkte Ebling dazu fröhlich an, doch in Sachen Katastrophenschutz präsentiert sich die Stadt Mainz alles andere als gut aufgestellt: Die Sirenenanlagen der Stadt wurden auch unter Ebling weiter abgebaut, der bereits Ende 2020 versprochene Neuaufbau mit modernen, neuen Anlagen für das gesamte Stadtgebiet lässt bisher auf sich warten. Kritiker bemängeln, Ebling habe „die Feuerwehr kaputtgespart“, tatsächlich kritisierte sogar der Brandinspekteur von Mainz nach der Ahrflut in deutlichen Worten die Ausstattung der Feuerwehr und betonte: „Warnen können wir nicht.“

Michael Ebling und Ex-Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) 2020 bei einem Termin zum bundesweiten Warntag bei der Feuerwehr Mainz. - Foto: gik
Michael Ebling und Ex-Innenminister Roger Lewentz (beide SPD) 2020 bei einem Termin zum bundesweiten Warntag bei der Feuerwehr Mainz. – Foto: gik

Als die ÖDP im April 2022 im Mainzer Stadtrat nach Evakuierungskonzepten für die Stadt Mainz bei Großschadenslagen fragte, antwortete Ebling nur lapidar: „Für konkrete Krisenfälle gibt es keine Evakuierungspläne“, das sei auch „nicht zielführend“, weil jede Katastrophe anders sei. Auch das Thema Warnmeldungen der Bevölkerung etwa bei Bränden wird in Mainz eher nachrangig behandelt: Während die Feuerwehr Wiesbaden bei allen größeren Bränden umfassend informiert und oft und schnell die Bevölkerung vor giftigen Dämpfen warnt, findet das in Mainz so gut wie nie statt – zuständig für die Feuerwehr: Der Oberbürgermeister von Mainz.

Nun muss derselbe Politiker den Katastrophenschutz in ganz Rheinland-Pfalz vom Grunde auf neu ordnen, eine Herkulesaufgabe, und gleichzeitig den Wiederaufbau im Ahrtal organisieren. Es gelte für ihn auch, „sich mit Dingen vertraut zu machen, die ab dieser Minute zu dem neuen Amt gehören“, räumte Ebling auf Nachfrage von Journalisten am Donnerstag ein, und bekannte: Das Ahrtal kenne er nicht besonders gut. Tatsächlich ist ein größerer Besuch Eblings im von einer gigantischen Flutwelle verwüsteten Tal nach der Katastrophe 2021 nicht bekannt. Zum Thema Aufklärung und Untersuchungsausschuss sagte Ebling: „Ich bin mir sicher, dass das Ministerium alles tun wird, den U-Ausschuss bei seiner Aufklärungsarbeit zu unterstützen.“

 

Was sagt die Opposition in Mainz zu Eblings Abgang?

Die CDU zeigte sich am Donnerstag „nicht überrascht“ von dem Wechsel: Dass es Ebling in die Landespolitik ziehe, sei „seit Längerem deutlich gewesen“, sagte der Mainzer CDU-Chef Thomas Gerster gegenüber Mainz&: „Wir haben damit gerechnet, dass er früher oder später Frau Dreyer beerben will.“ Ebling sei „ein netter und freundlicher OB“ gewesen, „große Spuren hat er aber nicht hinterlassen“, kritisierte Gerster.

Baustelle Mainz - hier das Mainzer Rathaus. - Foto: gik
Baustelle Mainz – hier das Mainzer Rathaus. – Foto: gik

Die Mainzelbahn habe die damalige Grünen-Dezernentin und heutige Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) umgesetzt, der Erfolg von Biontech sei „ihm wie eine reife Frucht in den Schoß gefallen“, betonte Gerster: Ebling sei damals sogar gegen die Ansiedlung des Biotechnologie-Standorts gewesen. „Ebling hinterlässt vor allem Baustellen“, sagte Gerster mit Blick auf die noch andauernde Rathaussanierung, das unvollendete Gutenberg-Museum sowie zahlreiche andere Baustellen.

„Er hat meines Erachtens sehr stark Führung vermissen, sich von den Grünen treiben lassen und nicht wirklich gestaltet“, kritisierte Gerster. Im Stadtvorstand sei zudem „mehr gegeneinander als miteinander“ gearbeitet worden, Ebling habe auch zugelassen, dass ein Mitglied seines eigenen Stadtvorstands – CDU-Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz – regelrecht gemobbt werde.

 

Die Parteifrage: SPD-Lob und SPD-Leid

Ebling sei „ein Politiker mit außerordentlich großer und vielseitiger Expertise“, schwärmte die SPD-Landespartei, er sei „immer verlässlich, zupackend und entschlossen.“ Er habe Ebling „als nahbaren Sozialdemokraten kennengelernt, der eine enorm hohe Wertschätzung für seine Arbeit genießt und beliebt ist bei den Menschen weit über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus“, sagte SPD-Generalsekretär Marc Ruland. Er sie sicher, Ebling werde die zahlreichen Herausforderungen im Innenministerium „sehr gut machen.“

Ebling im November 2019 bei seiner Wiederwahl als OB von Mainz, die er aber nur mit 55,2 Prozent der Stimmen gewann. - Foto: gik
Ebling im November 2019 bei seiner Wiederwahl als OB von Mainz, die er aber nur mit 55,2 Prozent der Stimmen gewann. – Foto: gik

SPD-Fraktionschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler beglückwünschte Ebling zum neuen Amt und lobte: „Mit ihm übernimmt ein erfahrener Politiker das Amt“, der sich vor allem in Mainz „als zupackende Führungsfigur präsentiert hat.“ Ebling sei ein Expertefür Kommunales, der „die nötige Erfahrung, Ruhe und Souveränität mitbringt, um diese neue und große Herausforderung gewohnt kompetent zu meistern.“

Die SPD Mainz und ihre Stadtratsfraktion im Mainzer Stadtrat klang da schon deutlich unglücklicher: „Wir gratulieren Michael Ebling von ganzem Herzen und wünschen ihm für diese neue Herausforderung viel Erfolg“, teilten beide Gremien gemeinsam mit: „Malu Dreyer hat mit Michael Ebling die beste Wahl getroffen.“ Ebling werde „die vor ihm liegenden Aufgaben so lösen, wie wir ihn aus Mainz kennen: bürgernah, konsequent im Handeln und politisch im höchsten Maße kompetent.“

Doch gleichzeitig beschert der scheidende OB seiner eigenen Partei ein dickes Problem: Man werde sich nun „sehr zeitnah auf einen intensiven Wahlkampf um das Amt des Oberbürgermeisters vorbereiten“, hieß es dazu nur von der Mainzer SPD: Ebling hinterlässt in der Landeshauptstadt eine Partei ohne profilierten Nachwuchs, ein Nachfolger, der bekannt, etabliert und beliebt wäre, ist in der Mainzer SPD nicht in Sicht. Der anstehende OB-Wahlkampf kommt für die Mainzer SPD deshalb zur Unzeit – mit dem Wechsel auf die Landesebene hat die SPD womöglich den Chefsessel in der Landeshauptstadt geopfert.

 

Die Koalitionsfrage: Grünes Schwärmen und liberales Schweigen

„Das Profil von Michael Ebling ist wie geschaffen für den Innenminister der Ampelkoalition“, schwärmte Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun. Ebling bringe „große politische Erfahrung mit“, kenne die Bedürfnisse der Kommunen und habe schon in Mainz zehn Jahre Erfahrung in der Zusammenarbeit mit einer Ampel-Koalition gesammelt.

Ebling-Plakat im OB-Wahlkampf 2019. - Foto: gik
Ebling-Plakat im OB-Wahlkampf 2019. – Foto: gik

Auch der zweite Koalitionspartner FDP gratulierte, wenn auch deutlich verhaltener: Mit Ebling rücke „ein profilierter Kommunal- und Landespolitiker an die Spitze eines zentralen Ministeriums mit einem breiten Aufgabenspektrum“, sagte FDP-Fraktionschef Philipp Fernis, und versprach: „Auch zukünftig werden wir mit dem Innenministerium an der personellen Stärkung der Polizei, an einer modernen Landesplanung und für starke Kommunen arbeiten.“ Die Liberalen seien „überzeugt, dass wir mit Michael Ebling die erfolgreiche Arbeit der Ampelkoalition in diesen bedeutsamen Bereichen fortsetzen können“, betonte Fernis, und wünschte zugleich „den stets notwendigen Weitblick und viel Erfolg.“

Die Fraktionen der Grünen und der FDP aus dem Mainzer Stadtrat blieben am Donnerstag stumm, Freie Wähler und CDU-Fraktionen im Land hatten sich schon am Nachmittag mit deutlicher Kritik zu Wort gemeldet.

 

Die Demokratiefrage: Was sagen die kleineren Parteien?

Die AfD Mainz nannte den Wechsel „gut für die Stadt und schlecht für das Land“: Mainz bekomme „endlich eine Chance auf einen neuen, innovativen Oberbürgermeister“, Rheinland-Pfalz aber „jemanden zum Innenminister, der in seiner bisherigen Aufgabe dadurch aufgefallen ist, schwierige Themen einfach auszusitzen und wenig bis keine neuen Ideen umzusetzen“, teilte die AfD-Stadtratsfraktion mit. Auch Eblings „neutrale Amtsführung als Mainzer Oberbürgermeister ließ oftmals zu wünschen übrig“, monierte die Partei auch mit Blick auf Vorgänge im Stadtvorstand sowie im Stadtrat.

Ebling als Leiter des Mainzer Stadtrats. - Foto: gik
Ebling als Leiter des Mainzer Stadtrats. – Foto: gik

Die Linke im Mainzer Stadtrat kritisierte, Ebling verlasse zwar Mainz als beliebter Oberbürgermeister und – Dank Biontech – mit geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen, „an den zentralen Problemen der Landeshauptstadt ist Ebling allerdings gescheitert“, kritisierte die Linken-Stadtratsfraktion. Die Mieten seien in seiner Amtszeit immer weiter explodiert, die Armut sei gewachsen, der ÖPNV immer teurer geworden, in Kitas und anderen Bereichen der öffentlichen Verwaltung herrsche akute Personalnot – auch, weil benachbarte Kommunen attraktivere Arbeitsbedingungen besäßen. Stattdessen habe Ebling „auf Geschenke für die Wohlhabenden wie die Bebauung des Zollhafens“ sowie auf „Millionengeschenke an die Investoren an der Ludwigstraße“ gesetzt.

 

Die Abschiedsfrage: Was sagt Ebling selbst dazu?

„Ich habe mich heute bedankt, dass mir die Mainzerinnen und Mainzer die Möglichkeit gegeben haben, mich zweimal ins Amt zu wählen, das vermittelt einem Zuneigung, aber auch Demut“, sagte Ebling am Donnerstagnachmittag auf Frage von Mainz&: „Es gibt wahrscheinlich nie einen richtigen Zeitpunkt, so ein Amt aufzugeben, aber es ist ein sehr guter Zeitpunkt.“ In sozialer, wirtschaftlicher und finanzieller Dimension „hat diese Stadt noch nie so gut dagestanden wie heute“, sagte Ebling weiter.

Scheidender OB Michael Ebling (SPD): Abschiedsbotschaft an die Bürger. - Screenshot: gik
Scheidender OB Michael Ebling (SPD): Abschiedsbotschaft an die Bürger. – Screenshot: gik

Der scheidende Oberbürgermeister wandte sich am Nachmittag auch in einem Brief an die Mitarbeiter der Stadt sowie in einer Videobotschaft an seine Bürger. Die zurückliegenden Jahre seien „von einer Aufholjagd“ geprägt gewesen, sagte Ebling darin: „Vieles mussten wir neu denken und umkrempeln. Die Wohnbaukrise, die hohe Verschuldung und mit ihr die Frage, wie wir je wieder in unsere Stadt und unser Stadtbild investieren sollen, waren eine Hypothek am Beginn des letzten Jahrzehnts.“

Als Erfolge nannte Ebling den Ausbau der Mainzelbahn und der Bürgerhäuser, die Sanierung der Rheingoldhalle sowie die begonnene Rathaussanierung. „Ein bisschen, was in dieser Stadt liegen geblieben ist, es konnte vorangebracht werden“, sagte Ebling, und verwies auf 9.000 neue Wohnungen in der Stadt. Mainz habe mit der Verkehrswende begonnen und „wichtige Pflöcke eingeschlagen auf dem Weg zur Klimaneutralität“.

 

„Ich hoffe, Sie werden mit einem durchaus auch etwas milden Blick feststellen können: Es hat sich viel bewegt in der Stadt“, sagte Ebling. Jetzt, nach dem Erfolg von Biontech mit dem Corona-Impfstoff, schaue die Welt auf Mainz und sehe. „Diese Stadt steht ökonomisch von ihrem wissenschaftlichen Potenzial her, von ihren klugen Köpfen her, sauf einem so stabilen Fundament, dass ich nicht leichtfertig diesen Weg genommen habe, mich nun für ein anderes Amt zu entscheiden.“ Er könne nun sagen: „Diese Stadt steht auf einem guten, einem sehr sicheren Fundament.“ Er sage nun „Auf Wiedersehen, wir werden uns in Mainz wiedersehen“, versprach Ebling, und schloss: „Es war mir eine Ehre.“

Die Nachfolgefrage: Wie geht es weiter in Mainz?

Mit dem plötzlichen Abgang Eblings ist der Posten des Oberbürgermeisters voin Mainz nun vakant. Die Gemeindeordnung schreibt nun vor, dass Neuwahlen binnen 90 Tagen stattfinden müssen – der Oberbürgermeister wird von den Bürgern direkt gewählt, und das eigentlich auf acht Jahre. Ebling verlässt sein Amt nun bereits nach drei Jahren, das stürzt die Parteien in Mainz in eine unerwartete Nachfolge-Debatte – und in einen Wahlkampf.

Michael Ebling (links) und Günter Beck bei der Verkündung des Biontech-Geldregens Ende 2021 in Mainz. - Foto: gik
Michael Ebling (links) und Günter Beck bei der Verkündung des Biontech-Geldregens Ende 2021 in Mainz. – Foto: gik

Da in 77 Tagen Weihnachten ist, dürfte der Termin für die OB-Wahl in den Januar fallen – der letzte mögliche Sonntag ist nach dem Kalender dann der 8. Januar. Der Wahltermin werde in Abstimmung zwischen der Dienstaufsicht ADD und der Stadt Mainz festgelegt, teilte die städtische Pressestelle in Mainz am Donnerstag mit.

Fest steht, wer die Nachfolge zumindest interimsweise antritt: Bürgermeister und Finanzdezernent Günter Beck von den Grünen ist ab sofort kommissarischer Oberbürgermeister von Mainz. Beck hat damit bereits Erfahrung: Auch 2011 führte er nach dem plötzlichen Rücktritt von Jens Beutel die Amtsgeschäfte in Mainz. Dass der Grüne selbst als Nachfolger Eblings ins Rennen geht, ist unwahrscheinlich: Laut Gemeindeordnung unterliegen auch Bürgermeister der Altersgrenze für kommunale Beamte von 66 Jahren – und Beck ist bereits 66 Jahre alt. Die Mainzer stehen also vor einer Neuwahl: Wer wird neuer OB von Mainz?

Info& auf Mainz&: Die ganze Botschaft von Michael Ebling an die Bürger könnt Ihr hier auf Facebook anhören. Mehr zum Rücktritt von Michael Ebling als OB und Ernennung zum Innenminister lest Ihr auch hier bei Mainz&. Alles zum Rücktritt von Innenminister Roger Lewentz könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen.