Die Umgestaltung der Mainzer Ludwigsstraße ist angelaufen, Mitte November fiel der Startschuss für den Architektenwettbewerb für das neue Einkaufszentrum Boulevard LU. Auftraggeber ist die Boulevard LU GmbH des Ingelheimer Investors Dirk Gemünden – und die betont in einer neuesten Veröffentlichung, man setze umfangreich auf Nachhaltigkeit: Alle Flachdächer des neuen Zentrums sollen extensiv begrünt werden, die Innenhöfe ebenso, und auch an den Fassaden soll Begrünung stattfinden. Damit würden Weichen für ein verbessertes Stadtklima gestellt – die Bürgerinitiative Ludwigsstraße hatte just am Dienstagabend zu einer Veranstaltung unter dem Motto geladen: „Klimanotstand – Keine Nachverdichtung an der LU“.

Visualisierung neues Einkaufszentrum Boulevard LU - Video: Boulevard LU GmbH, Screenshot: gik
Visualisierung des neuen Einkaufszentrums Boulevard LU in einem Video der Boulevard LU GmbH mit Blick auf den Dom. – Screenshot: gik

Der Mainzer Stadtrat habe den Notstand erklärt, Studien wie Klimprax zeigten schon jetzt „nachdrücklich und mahnend, wie wenig Schutz unsere dicht bebaute Innenstadt gegen Extremwetterereignisse wie Hitze oder Starkregen jetzt schon zu bieten hat“, heißt es in der Ankündigung der BI Ludwigsstraße für eine Veranstaltung am Dienstagabend. Mit dem fortschreitenden Klimawandel drohten sich die Probleme zu verschärfen „und künftig zur Bedrohung für die Gesundheit der Bewohner als auch für die Infrastruktur zu werden, es ist überfällig gegenzusteuern“, warnte die BI, und lud zu einer Veranstaltung ein: „Ludwigsstraße – dichter, höher, heißer?“

Angesichts der drohenden Klimaveränderungen müsse dringend über Flächenverbrauch, Nachverdichtung und einer weiteren Verriegelung von Frisch- und Kaltluftzufuhr gesprochen werden, und diese Gefahren die Diskussion und die Planungen besonders in den Innenstadtbereichen von Mainz bestimmen, fordert die BI. Die Stadt Mainz habe sich aber „praktisch fast vollständig aus dem Planungsverfahren zurückgezogen“ und überlasse dem Investor das Feld – eine dringend erforderliche mikroklimatische Simulation habe man abgelehnt. „Also kann drauflosgeplant und -gebaut werden: höher, dichter, massiger und zu Lasten öffentlichen Raums“, kritisiert die BI.

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Am Dienstagabend, kurz vor der Veranstaltung, teilte die Boulevard LU GmbH neueste Details zum Planungsverfahren auf ihrer Homepage mit. Anfang November war hier der Startschuss für den Umbau des Deutsche Bank-Gebäudes gefallen, die Deutsche Bank habe „in eigener Regie mit den Vorbereitungsmaßnahmen für ihren internen Umzug begonnen“, teilt die Boulevard LU mit. Zeitgleich wurde der städtebauliche Architektenwettbewerb gestartet, die teilnehmenden Büros am 15. November zu einem „Rückfragekolloquium“ eingeladen.

Plan der Boulevard LU GmbH für das neue Einkaufszentrum an der Mainzer Ludwigsstraße. - Grafik: Boulevard LU GmbH
Plan der Boulevard LU GmbH für das neue Einkaufszentrum an der Mainzer Ludwigsstraße. – Grafik: Boulevard LU GmbH

Inzwischen arbeiteten die Architekten an den Entwürfen – und da fordere man ein besonderes Augenmerk auf die Nachhaltigkeit, heißt es weiter: „Die Umgestaltung an der Mainzer Ludwigsstraße soll durch Begrünungen und ein nachhaltiges Energiekonzept zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen“, man wolle umfassende Maßnahmen dafür umsetzen. Man wolle positive klimatische Effekte durch umfangreiche Begrünungen auf dem bislang nahezu vollversiegelten Areal erreichen, so die Boulevard LU weiter: Sämtliche Flachdächer sollten extensiv begrünt werden, also zum Beispiel mit Gräsern und Stauden versehen werden.

Die Innenhöfe der Deutschen Bank sowie des neu geplanten Hotels sollten sogenannte intensive Begrünungen bekommen, unter anderem mit Bäumen und Sträuchern, das sei den Teilnehmern des Wettbewerbes als Aufgabenstellung mitgegeben worden. „Auch an den Fassaden sollen wo möglich und sinnvoll Begrünungen entstehen“, heißt es weiter. Eine zentrale Aufgabe der teilnehmenden Architektenteams im laufenden Realisierungswettbewerbs sei es, genau dafür konkrete Ideen und Konzepte zu entwickeln. „Mit Blick auf öffentliches Grün auf den Plätzen sind zudem die Stadtplaner involviert“, heißt es weiter, die Bäume entlang der LU blieben auf jeden Fall erhalten.

Das Karstadt-Warenhaus mit den vorgelagerten Pavillons an der Mainzer LU heute. - Foto: gik
Das Karstadt-Warenhaus mit den vorgelagerten Pavillons an der Mainzer LU heute. – Foto: gik

In einer Antwort auf einen öffentlichen Brief der BI Ludwigsstraße vom August betonen die Investoren erneut, man wolle die öffentlichen Flächen an der Ludwigsstraße „so schonend wie möglich“ in Anspruch nehmen. Der Mainzer Stadtrat hatte 2017 mit einem Beschluss eine Vergabe der heutigen Plätze zwischen den Pavillons an den Investor möglich gemacht, die Boulevard LU GmbH geht heute selbstverständlich von dieser Vergabe durch die Stadt an sie aus – die Stadtspitze hatte wiederholt betont, der Beschluss von 2017 bedeute keineswegs automatisch die Veräußerung der Plätze an den Investor. Der sieht das anders – und plant eine neue Raumkante entlang der Ludwigsstraße.

„Auch wir sind der Ansicht, dass Plätze an der LU wichtig sind“, betont das Unternehmen zugleich in seiner Antwort auf den Offenen Brief, deshalb habe man die Inanspruchnahme von öffentlichen Flächen auf rund 300 Quadratmeter begrenzt – 100 Quadratmeter an der Fuststraße sowie rund 200 Quadratmeter an der Ludwigsstraße. Den Plänen zufolge soll demnach der mittlere Karstadt-Pavillon weitgehend zurückgebaut und Teil eines neuen Platzes werden, dafür der bisherige Platz vor der Deutschen Bank zur Hälfte zugebaut werden. Insgesamt sollen nach Angaben der Boulevard LU rund 15.000 Quadratmeter Einkaufsfläche in einem neu gestalteten Zentrum entstehen, das auch den bisherigen Ankermieter Karstadt beheimatet sowie eine neue Dachterrasse sowie eine große Eingangshalle mit Popup-Stores enthält.

Erste, rudimentäre Visualisierung des Eingangsbereichs des neuen Zentrums Boulevard LU. - Video: Boulevard LU GmbH, Screenshot: gik
Erste, rudimentäre Visualisierung des Eingangsbereichs des neuen Zentrums Boulevard LU. – Video: Boulevard LU GmbH, Screenshot: gik

Klimafreundlich und nachhaltig wolle man zudem auch bei der Energieversorgung werden, betont das Unternehmen weiter, es würden innovative Maßnahmen für einen klimafreundlichen Gebäudebetrieb geplant. Die Energiegewinnung soll so zum Teil über Bohrpfähle laufen: In die Betonsäulen für das Gebäude, die aus statischen Gründen erforderlich seien, würden wasserführende Leitungen eingelegt. „Durch diese geothermische Aktivierung der Bohrpfähle wird im Sommer Wärme in den Untergrund geführt, saisonal gespeichert, und im Winter zur Wärmeversorgung in Verbindung mit Wärmepumpen genutzt“, heißt es auf der Homepage. Umgekehrt könne man die im Winter gespeicherte Kälte im Sommer zum Kühlen verwenden.

Dazu soll die Mainzer Fernwärme zur Warmwasserbereitung und zum Heizen zu Spitzenzeiten genutzt werden sowie Photovoltaik herangezogen werden, insbesondere für die Stromversorgung unter Berücksichtigung eines Konzeptes zur E-Mobilität. Die Ergebnisse des Architektenwettbewerbs sollen im April 2020 vorgestellt werden, den Sieger werde ein Preisgericht bestimmen.

Info& auf Mainz&: Das Konzept des Investors Gemünden zum neuen „Boulevard LU“ stellen wir ausführlich in diesem Mainz&-Artikel vor, weitere Informationen des Investors gibt es auf dieser Internetseite, dort findet Ihr auch das Video, aus dem die Screenshots in unserem Artikel stammen. Die BI Ludwigsstraße und ihre Argumentationen findet Ihr hier im Internet.

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