Das Aus für den Kaufhof in Mainz hat am Wochenende zu wahren Schockwellen geführt: „Großer Verlust für Mainz“, „noch mehr Leerstand für Mainz“ oder „Innenstadt wird noch unattraktiver“, lauteten zahlreiche Reaktionen der Mainzer – aber auch: „Kein Wunder bei den Preisen und dem Service.“ Das Kaufhof-Aus „trifft die Innenstadt schwer“, klagte die Mainzer CDU, und forderte schnelles Handeln der Stadtspitze – die reagierte am Wochenende nicht. „Leerstand vermeiden“ fordert auch die Linke – in Wiesbaden ist man derweil erleichtert: Der Kaufhof am Mauritiusplatz bleibt.
Am Samstag hatte der Insolvenzverwalter der inzwischen dritten Insolvenz der Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof die Schließung weiterer 16 Filialen angekündigt – darunter überraschend auch der Kaufhof in Mainz. Bislang hieß es vom Mainzer Kaufhof stets, er gehöre zu den besser frequentierten und profitableren Häusern, die zudem das Glück habe, sich in einer Eigenimmobilie zu befinden und somit keine Miete zahlen zu müssen.
Am Samstag aber sagte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus nun, man müsse die Häuser schließen, bei denen „mit den Vermietern ein wirtschaftlich vertretbares Ergebnis trotz größter Bemühungen aller Beteiligten und trotz der Unterstützung durch die Politik nicht zu erzielen war.“ Das wirft Fragen auf, für die es am Wochenende keine Antworten gab: Der Kaufhof Mainz war ab 11.00 Uhr am Samstag verrammelt, von der Mainzer Stadtspitze gab es keinerlei Reaktionen.
„Mehr Leerstand für Mainz“, Innenstadt immer unattraktiver?
Derweil häuften sich im Internet die schockierten Stimmen: „Das ist ganz großer Mist“, schrieb ein Mainz&-Leser auf Facebook, „das wird der Mainzer Einzelhandel sehr spüren“, ein anderer. „Noch mehr Leerstand für Mainz, die Innenstadt wird zunehmend unattraktiv… herzlichen Glückwunsch“, kommentierte eine weitere Leserin. „Bin entsetzt“, „wie schade“, „schlimm für die Angestellten“, lauteten weitere Wortmeldungen – der Mainzer Kaufhof ist das letzte Warenhaus alter Schule mit einem breiten Sortiment in Mainz. „Ich gehe oft zu Kaufhof, der Laden wir mir fehlen“, klagte eine Leserin: „Das ist noch der einzige „Magnet“ in der Stadt, das wird sich bemerkbar machen.“
Bei der Suche nach den Ursachen gehen die Meinungen in Mainz allerdings weit auseinander: Die Zeit von Warenhäusern sei doch ohnehin abgelaufen, meinte ein Leser, ein anderer konterte hingegen, woanders seien Kaufhof-Filialen immer voll – etwa im Main-Taunus-Zentrum. „Kein Wunder bei den Preisen und dem Service“, kritisierte eine Leserin den Mainzer Kaufhof, auch andere sahen das so: „Die Warenverfügbarkeit oft schlecht und die Arbeitsmoral vom Personal mangelhaft“, kommentierte ein Leser.
Andere aber machten auch die sich stetig verschlechtere Erreichbarkeit der Mainzer Innenstadt mit dem Auto mit für den Kundenrückgang verantwortlich: „Die autofreie Innenstadt wird Realität“, kritisierte ein Leser, und ein anderer zählte auf, was viele schrieben: „Autos aus der Innenstadt vergraulen, zu wenig Parkplätze, Parkhäuser zu teuer und Tempo 30, macht die Innenstadt unattraktiv. Da fahre ich lieber ins MTZ. Da gibt’s kostenlose Parkplätze direkt am Center. Übrigens, dort wird guter Umsatz gemacht.“
CDU: Schlag für die Wirtschaft, Stadt muss erreichbar bleiben
Auch die CDU in Mainz sieht einen Zusammenhang zwischen Verkehrspolitik und einer drohenden Verödung der Mainzer Innenstadt: „Die Diskussionen, wie wir sie zuletzt rund um die Einführung einer Fußgängerzone in der Schusterstraße hatten, sorgen für Unsicherheiten und schaden den Zukunftsaussichten des Einzelhandels in Mainz massiv“, kritisierte CDU-Fraktionschef Ludwig Holle: „Nur in Städten, in denen eine gute Erreichbarkeit, insbesondere aus dem Umland, für den Einkauf oder den Wochenendbesuch garantiert ist, wird die Innenstadt angenommen und bleibt lebendig.“ Das beste Beispiel dafür sei die Nachbarstadt Ingelheim.
Bei der CDU sieht man nun dringenden Handlungsbedarf: „Es tut weh, mitanzuschauen, wie mein Stadtteil, die Altstadt, immer weiter verödet“, klagte CDU-Kreischef Thomas Gerster: „Das Kaufhof-Aus ist ja nur ein weiterer Schlag für die Mainzer Wirtschaft, nachdem der Leerstand in den letzten Jahren stetig zugenommen hat.“ Die Stadt Mainz müsse nun schnell handeln, „und eine führende, aktive Rolle übernehmen, um mitzuentscheiden und zu gestalten, wie es mit dem Kaufhof-Gebäude weitergehen soll“, forderte Gerster.
Es müssten nun Gespräche mit dem Insolvenzverwalter geführt werden, damit die Zeit des Leerstands so kurz wie möglich bleibe. „Auch die Schicksale der rund hundert Mitarbeiter sollten uns nicht egal sein“, betonte Gerster. Die Stadtverwaltung müsse hier Verantwortung und eine Vermittlerrolle einnehmen, um den Jobwechsel zu erleichtern. Auch die Mainzer Linke forderte, der Konzern Stadt könne den nun Betroffenen rund 100 Beschäftigten des Kaufhof Mainz Berufsperspektiven aufzeigen.
Linke: Sozialkaufhaus oder Stadtbibliothek als Ersatz
Die Stadtverwaltung habe indes Warnungen vor einer drohenden Schließung ignoriert und so „kostbare Zeit verspielt, und sich nicht mit den richtigen Zukunftsfragen für den Standort befasst“, kritisierte Linksfraktionschef Tupac Orellana. Anstatt sich mit dem drohenden Leerstand auseinanderzusetzen. habe sich Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) „lieber mit einer Weinwelt bei Galeria beschäftigt“, klagte Orellana.
Matz hatte bereits 2023 angesichts einer früheren Insolvenzwelle bei Kaufhof öffentlich darüber nachgedacht, den Kaufhof für die lange angedachte Weinerlebniswelt zu nutzen – was Leerstand vermeiden würde. Matz hatte zudem Ideen wie Bürgeramt oder Kfz-Zulassungsstelle für die oberen Stockwerke der Großimmobilie angedacht – in anderen Städten gebe es so etwas schon. Wichtig sei „ein Frequenzbringer“ für die Innenstadt, sagte Matz im März 2023.
Nun forderte die Linke, die Stadt müsse „einen Leerstand in der Altstadt dringend verhindern.“ Die Linke fordere daher, den Galeria-Standort für öffentliche Zwecke zu nutzen – etwa für ein Sorgezentrum, Schulräume oder die Stadtbibliothek. „Darüber hinaus sucht die Stadt seit Längerem einen Standort für ein Sozialkaufhaus und immer wieder auch für Wohnraum“, fügte Orellana hinzu.
Freie Wähler: Alternative Konzepte à la „LuLu“ gefragt
„Galeria Karstadt Kaufhof muss in Mainz bleiben“, forderte hingegen die Mainzer SPD: Die Entscheidung, das Haus in Mainz zu schließen, treffe nicht nur die Beschäftigten und Kunden hart, „sondern hat auch negative Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft unserer Stadt“, reagierten die Sozialdemokraten, und forderten: Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) und Wirtschaftsdezernentin Matz „sollten sich nicht in die Entscheidung fügen „, sondern für eine Revision der Entscheidung eintreten.
Die Freien Wähler (FW) machten aber auch das Mainzer Zentrenkonzept mit verantwortlich: „Das Zentrenkonzept soll unseren Einzelhandel stärken und darf ihn nicht aushöhlen“, sagte FW-Kreischef Christian Weiskopf. Die „City-Meile“ müsse „ihrem Namen wieder gerecht werden und ein entspanntes Einkaufen in der Stadt ermöglichen“, forderte Weiskopf – dabei müsse aber auch „immer der Verkehr mitgedacht werden.“ Noch bestehe womöglich Hoffnung, dass mit einer reduzierten Miete womöglich auch die Mainzer Filiale erhalten werden könne.
Sollte es wirklich zu der Schließung der Mainzer Filiale kommen, brauche es zeitnah eine alternative Nutzung – „den Leerstand eines solchen Objekts in bester Innenstadtlage mit angeschlossenem Parkhaus, kann sich Mainz nicht leisten“, betonte Victoria Wruuck, wirtschaftspolitische Sprecherin der Freien Wähler Mainz. Die Zwischen-Nutzung der leerstehenden Karstadt-Filiale durch die „Lulu“ habe gezeigt: „Das Konzept zur Belebung der Innenstadt muss neu gedacht werden und offen sein für neuartige und alternative Nutzungen“, betonte Wruuck.
Wiesbaden behält seinen Kaufhof, keine Schließungen in Hessen
Mit der Schließung des Galeria-Standortes in Mainz werde zukünftig „ein weiterer Hot Spot zur Belebung der Innenstadt wegfallen“, klagten Weiskopf und Wruuck: „Ein trauriger Tag für Mainz, ein noch trauriger Tag für die Mitarbeiter.“ Sie werde dann künftig eben zum Einkaufen nach Wiesbaden fahren, schrieb eine Leserin noch – tatsächlich kann sie dort weiter bei Kaufhof einkaufen: Der Wiesbadener Kaufhof am Mauritiusplatz bleibt erhalten. Wiesbaden hatte 2023 bereits eine Kaufhof-Filiale in der Kirchgasse verloren.
„Das ist eine gute Nachricht für Wiesbaden, für die Attraktivität unsere Innenstadt und auch für die Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze erhalten bleiben“, zeigten sich Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD) und Wirtschaftsdezernentin Christiane Hinninger (Grüne) erleichtert. Man hoffe, dass es dem neuen Eigentümer gelinge, „ein dauerhaft tragfähiges Konzept für das Haus zu entwickeln, das nach den zurückliegenden schweren Jahren eine langfristige Perspektive gibt.“
Das Nachbarland Hessen wird von den Filialschließungen bei Galeria Karstadt Kaufhof komplett verschont, hier sollen alle zehn noch bestehenden Häuser erhalten bleiben – darunter auch Häuser in Hochpreislagen wie der Hauptwache in Frankfurt und eben in Wiesbaden, aber auch Filialen in Darmstadt, Limburg und dem Main-Taunus-Zentrum. Die Miethöhe habe „eine zentrale Rolle gespielt“, betonte Denkhaus laut Hessenschau: „Als Ziel haben wir einen marktüblichen Mietkorridor von sieben bis elf Prozent des Umsatzes definiert, um die jeweilige Filiale wirtschaftlich rentabel betreiben zu können.“ Warum das in Mainz nicht gegeben war, bleibt bislang ungeklärt.
Info& auf Mainz&: Unseren Bericht über das Aus des Kaufhof in Mainz findet Ihr hier bei Mainz&, einen ausführlichen Bericht der Kollegen von der Hessenschau hier im Internet.