Das römische Mainz ist in aller Munde, schließlich sind die Römerschiffe sprichwörtlich legendär. Vergessen gerät dabei hin und wieder: Gerade im Mittelalter war das goldene Moguntia eine Stadt von Weltruhm. In der Stadt am Rhein wurden Kaiser gekrönt, das reich regiert – und jüdische Kultur erdacht, die bis heute das europäische Judentum prägt. Von den Merowingern bis zur Epoche um 1300 erlebte Mainz eine der größten Blüte seiner Stadtgeschichte – genau dieser Epoche widmet das Mainzer Landesmuseum nun eine große Ausstellung: „Avrea Magontia“. Zu sehen sind spektakuläre Ausstellungsstücke.

Die große Adler-Pfauenfibel aus der Zeit um 1000 ist eines der Top-Exponate der neuen Ausstellung . - Foto: GDKE Landesmuseum Ursula Rudischer
Die große Adler-Pfauenfibel aus der Zeit um 1000 ist eines der Top-Exponate der neuen Ausstellung . – Foto: GDKE Landesmuseum Ursula Rudischer

Offenbar hat die große Landesausstellung „Die Kaiser, und die Säulen ihrer Macht“ das Landesmuseum auf den Geschmack gebracht. Die große Mittelalterschau wurde durch die Corona-Pandemie stark beeinträchtigt, doch sie rückte noch einmal den Machern ins Gedächtnis, welch beeindruckende Geschichte Mainz im Mittelalter hatte. Das „Goldene Mainz“ war ein Machtzentrum, über Jahrhunderte hinweg der Sitz des wichtigsten der Erzbischöfe, die mit ihren Stimmen den König des Reiches bestimmten. Der „Alte Dom zu Mainz“, und ab 1000 der Willigis Dom waren sichtbare Zeichen der Macht, Mainz zudem eine Handelsmetropole am Rhein, in der Waren aus aller Welt gehandelt wurden.

Genau dieser Epoche – die übrigens alles andere als „finster“ war – widmet nun das Mainzer Landesmuseum eine große Ausstellung: „Avrea Magontia“ widmet sich seit dem 18. März  über 800 Jahren Mainzer Stadtgeschichte. „Die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt war gerade im Mittelalter über Jahrhunderte hinweg von zentraler Bedeutung, was sich auch in ihrem Beinamen ‚Das Goldene Mainz‘ als Aurea Moguntia widerspiegelt“, sagte Heike Otto, Chefin der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz zur Eröffnung.

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Das Museum präsentiert denn auch eine anschauliche und eindrückliche Zeitreise, die mit dem fränkischen Geschlecht der Merowinger im 5. Jahrhundert beginnt und gefolgt wird von einer Epoche, in der Mainz aus einer Grenzlage in eine zentrale geographische Position  im deutschen Reich rückt. Vor allem die christliche Mission im östlichen Reichsteil begünstigte die Errichtung zahlreicher Kirchen und Klöster innerhalb und außerhalb der Stadt. Davon zeugt etwa eine frührömische Bronzetür, die möglicherweise einst im Kloster St. Alban angebracht war, einem der Machtzentren des mittelalterlichen Mainz.

Eine beim Umbau des Mainzer Landtags gefundene goldene Münze aus dem Jahr 610, geprägt von Kaiser Heraklios, Vorder- und Rückseite. - Foto: gik
Eine beim Umbau des Mainzer Landtags gefundene goldene Münze aus dem Jahr 610, geprägt von Kaiser Heraklios, Vorder- und Rückseite. – Foto: gik

Mit der Übernahme des Bistums durch Bonifatius 746 begann für Mainz der religiöse und politische Aufstieg, es wurde zur größten Erzdiözese, die vom Bistum Verden im Norden über Halberstadt und Eichstädt im Osten bis nach Konstanz und Chur im Süden reichte. Es begann die Zeit, in der die Mainzer Erzbischöfe zu den wichtigsten kirchlichen und politischen Führungskräften des Reichs aufstiegen – allen voran Erzbischof Willigis, der unter den Ottonen Reichskanzler wurde, aber zugleich auch Stellvertreter des Papstes war.

Der Aufstieg von Mainz löste auch einen enormen wirtschaftlichen Aufstieg aus – das „goldene Mainz“ war durchaus auch finanziell zu verstehen. Mitte des  13. Jahrhunderts erkämpften sich die Mainzer in scharfen Auseinandersetzungen mit den Erzbischöfen Rechte als freie Stadt, der Wirtschaftsboom mündete in der Errichtung des Kaufhauses am Brand durch die Mainzer Bürger am Beginn des 14. Jahrhunderts – ein Meilenstein der Stadtgeschichte. Vom damaligen Reichtum des Avrea Moguntia zeugt bis heute der  sogenannte Kurfürsten-Zyklus, der die Zinnen des mittelalterlichen Kaufhauses am Brand zierte – die Ausstellung erweckt in einer spektakulären digitalen 3-Visualisierung noch einmal das legendäre Kaufhaus am Brand zum Leben, das damals das größte Kaufhaus im südwestdeutschen Raum war.

Um 1300 befand sich Mainz auf dem Höhepunkt seiner wirtschaftlichen Bedeutung. Die Stadt unterhielt weitreichende Handelsbeziehungen in alle damals bekannten Regionen, Wirtschaft und Handel florierten. Davon profitierten sowohl die Mainzer Bürger als auch die Geistlichkeit. Neben den zahlreichen Kirchen und Klöstern wurden auch repräsentative Wohnhäuser errichtet, die das enorme Selbstbewusstsein der Mainzer Bürgerschaft verdeutlichten.

Bei Bauarbeiten in Mainz gefunden jüdische Grabsteine aus dem Mittelalter. - Foto: gik
Bei Bauarbeiten in Mainz gefunden jüdische Grabsteine aus dem Mittelalter. – Foto: gik

„Was wir nicht vergessen dürfen ist, dass neben der wohlhabenden christlichen Bürgerschaft, gerade auch die jüdische Gemeinde einen enormen Beitrag zur städtischen Entwicklung von Mainz beigetragen hat“, betonte zudem die Direktorin des Landesmuseums Mainz, Birgit Heide. Um 1200 gründeten die drei Städte Mainz, Worms und Speyer das einzigartige Netzwerk der SchUM-Gemeinden, 2021 wurden die Schum-Stätten zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt. Die jüdische Gemeinde prägte das Stadtbild von Mainz wesentlich mit und entfaltete eine weitreichende Wirkung weit über Mogontiacum hinaus. Auch dieses jüdische Erbe ist natürlich Teil der Ausstellung, unter anderem werden die ältesten jüdischen Grabsteine Europas präsentiert.

Rund 90 herausragende Exponate zeigt die Ausstellung, darunter auch die „Große Mainzer Adlerfibel“, die Beständen des Landesmuseums Mainz werden dabei durch Leihgaben aus dem Stadtarchiv Mainz, dem Bischöflichen Dom- und Diözesanmuseum Mainz, der Landesarchäologie Mainz und dem Stadtmuseum Wiesbaden ergänzt. „Wir präsentieren damit einen eindrucksvollen Rundgang durch die Geschichte einer der wichtigsten Städte des Mittelalters“, betont Heide.

Info& auf Mainz&: Die Ausstellung „Avrea Magontia“ über Mainz im Mittelalter ist im Mainzer Landesmuseum zu sehen, alle Infos zu Öffnungszeiten und Eintrittspreisen hier im Internet. Das mittelalterliche jüdische Mainz könnt Ihr selbst erkunden: Die Schum-Städte-App erweckt die jüdischen Stätten des mittelalterlichen Mainz zum Leben, mehr dazu lest Ihr hier bei Mainz&. Mehr zu in Mainz gefunden jüdischen Grabsteinen lest Ihr hier auf Mainz&.