Die Mainzer Innenstadt ist am Samstagmittag von einem langanhaltenden Stromausfall getroffen worden. „Es war alles dunkel“, berichteten Geschäftsleute und Passanten aus der Innenstadt: Ampeln und Kassenanlagen streikten, am Weihnachtsmarkt gingen die Lichter aus, und die Altstadt-Polizei kam nicht mehr in ihre Tiefgarage. In der Mainzer Universitätsmedizin mussten OP-Räume und Intensivstationen über Notstrom versorgt werden. Notstromaggregate sorgten zudem für Rauchentwicklungen, Menschen blieben in Aufzügen stecken. Zur Ursache machten die Mainzer Netze auch am Nachmittag noch nur vage Angaben – dabei erlebte Mainz seit Juni bereits ein halbes Dutzend Stromausfälle. Der Mainz&-Kommentar: Hier müssen endlich Transparenz und Aufklärung her – haben wir noch Versorgungssicherheit?

In Mainz wurde es am Mittag durch einen Stromausfall zappenduster. - Foto: Mainz
In Mainz wurde es am Mittag durch einen Stromausfall zappenduster. – Foto: Mainz

Kurz vor 12.00 Uhr war es am Samstagmittag zu einem großflächigen Stromausfall in der Mainzer Innenstadt sowie Teilen von Hartenberg-Münchfeld, der Oberstadt, Bretzenheim und Mombach gekommen, meldeten die Mainzer Netze. Die genaue Ursache sei „derzeit noch unbekannt“, hieß es am Nachmittag noch immer, vermutlich sei durch einen Kabelfehler in der Altstadt „eine Versorgungsunterbrechung ausgelöst worden.“ Die Folgen waren indes gravierend: In der gesamten Innenstadt gingen die Lichter aus, auch der Mainzer Weihnachtsmarkt wurde schlagartig dunkel.

Bei Polizei und Feuerwehr liefen daraufhin die Notruftelefone heiß. „Bürger meldeten insbesondere den Ausfall von Ampelanlagen oder hinterfragten den Stromausfall“, teilte die Mainzer Polizei mit. Die bat daraufhin die Bürger, den Notruf für dringende Notfälle freizuhalten – das wirkte. Die Polizei musste dann mehrere, besonders alarmgesicherte Gebäude überprüfen, bei denen der Stromausfall die Alarmanlagen ausgelöst hatten.

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Ampeln ausgefallen, Tiefgaragen blockiert, Notstrom in Uniklinik

Die Mainzer Feuerwehr wiederum rückte zu mehreren Einsätzen aus, bei denen es durch angesprungene Diesel-Notstromaggregate teils zu einer starken Rauchentwicklung kam. „Es war eine wilde Stunde“, berichtete der Sprecher der Mainzer Feuerwehr, Michael Ehresmann, gegenüber Mainz&. Etwa zehn Einsätze mussten gleichzeitig bewältigt werden, auch weil Personen in Aufzügen steckenblieben und befreit werden mussten. Auch streikten Tore von Tiefgaragen – so konnte etwa die Mainzer Polizei in der Altstadt selbst ihre Tiefgarage nicht anfahren.

Einsatzfahrzeuge der Mainzer Feuerwehr. - Foto: gik
Einsatzfahrzeuge der Mainzer Feuerwehr. – Foto: gik

„Durch den Ausfall zahlreicher Ampelanlagen in allen betroffenen Stadtteilen war auch der Straßenverkehr erheblich betroffen“, meldete die Mainzer Polizei. Mancherorts regelten gar Bürger selbst den Verkehr, bis Polizisten übernehmen konnten. Die Polizei übernahm vor allem die Koordination auf der Alicenbrücke, um den Verkehr am Laufen zu halten. Man müsse aber allen Verkehrsteilnehmern ein großes Lob aussprechen, betonte die Polizei am Nachmittag: Diese hätten „ein äußerst verantwortungsbewusstes und rücksichtsvolles Verhalten“ gezeigt. Der Straßenverkehr konnte weiterhin fließen, es kam zu keinen Verkehrsunfällen.

Betroffen vom Stromausfall waren auch mehrere Mainzer Kliniken, darunter die Mainzer Universitätsklinik: Kritische Bereiche wie OP-Räume und Intensivstationen mussten über eine Notstromversorgung abgesichert werden, teilte die Unimedizin mit. Erst gegen 15.00 Uhr meldete das Klinikum, die Stromversorgung sei wiederhergestellt, man nehme aber vorsorglich keine weiteren Patienten auf. Verschiedene Systeme wie Labordiagnostik und Bildgebung würden nun nach und nach überprüft und sukzessive wieder hochgefahren.

Update&: Am Abend um kurz vor 19.00 Uhr meldete die Mainzer Universitätsmedizin dann: Die Stromversorgung sei wieder hergestellt, die Unimedizin wieder im Regelbetrieb – man nehme ab sofort auch wieder Notfallpatienten auf.

Serie von Stromausfällen seit Juni

Die Feuerwehr Mainz fuhr vorsorglich ihren Führungsstab hoch und schickte Verbindungspersonen zu Polizei, Rettungsleitstelle und Uni-Klinik. Flächendeckend dauerte der Blackout bis gegen 12.45 Uhr, danach wurde die Stromversorgung Stück für Stück wiederhergestellt. Die meisten Bereiche seien gegen 14.20 Uhr wieder mit Strom versorgt gew3esen, berichteten die Mainzer Netze. Bereiche rund um die Holzhofstraße und die Dagobertstraße in der Mainzer Altstadt waren aber auch gegen 15.20 Uhr noch immer ohne Strom, wie die Mainzer Feuerwehr meldete.

Vor dem Stromausfall wurde auch über die Warnapp NINA gewarnt. - Foto: gik
Vor dem Stromausfall wurde auch über die Warnapp NINA gewarnt. – Foto: gik

Es war beileibe nicht der erste Stromausfall in diesem Jahr: Von Juni bis September erlebte vor allem der südliche Stadtteil Mainz-Hechtsheim eine ganze Serie von Stromausfällen, nachdem ein Bagger bei Bauarbeiten im Heilig-Kreuz-Areal ein Stromkabel gekappt hatte. Der erste Blackout hatte größere Auswirkungen auf die Netzstruktur, es folgten mehrere Blackouts unter anderem mit Kabelbränden und Ausfällen in Trafostationen – auch auf dem Gelände der Mainzer Universitätsmedizin. Anfang September hatte dann ein Stromausfall das Mainzer Brandzentrum für zwei Stunden lahm gelegt, Ursache hier: Ein Kurzschluss in einer Trafostation.

Der Stromausfall am Samstag war ins einen Ausdehnungen der bisher größte im Mainzer Stadtgebiet, zu seiner Ursache wollte sich ein Sprecher der Mainzer Netze auch auf Nachfrage nicht äußern. Man werde „nicht spekulieren“, wehrte der Sprecher ab. Wie es aber zu einem so gravierenden Kabelfehler kommen konnte, der die gesamte Innenstadt lahmlegen kann, dürfte aber angesichts von gleich einem halben Dutzend Stromausfällen binnen eines halben Jahres durchaus von Interesse sein.

Zog Bonewitz der Stecker – oder die Göttin Lucina?

Und so blieb es vielen nur, die Lage mit Humor zu nehmen – insbesondere, wenn gerade Satire im Spiel war: In der Mainzer Kunst Galerie ging das Licht nämlich just in der Minute aus, als eine Lesung aus Werken des Mainzer Kabarettisten Herbert Bonewitz beginnen sollte. „Der alte Revoluzzer hat den Stecker gezogen“, mutmaßte Galeriechef Christian Vahl gut gelaunt – Sohn Michael Bonewitz las dann zum Abschluss der Ausstellung von Bildern seines verstorbene Vaters im Kerzenschein trotzdem aus dessen Büchern.

Vahl hatte als Vorsitzender der Initiative Römisches Mainz allerdings auch noch eine andere Erklärung auf Lager: Bei den Ausgrabungen in der Ludwigsstraße seien womöglich Hinweise auf eine antike Göttin namens Lucina gefunden worden, unkte Vahl. Diese Göttin des Lichts sei aber ein höchst eifersüchtige Gottheit gewesen, die „kein Licht neben sich duldet“ – und die deshalb aus Eifersucht auf die in Mainz so beliebte Göttin Isis den Stecker gezogen habe…

Info& auf Mainz&: Mehr zu der Stromausfall-Serie in Mainz in diesem Jahr könnt Ihr unter anderem hier bei Mainz& lesen. Wie sich eine Stadt beispielhaft gegen große und lange Blackouts rüsten kann, hat die Stadt Koblenz vorgemacht – den ganzen Bericht dazu lest Ihr hier bei Mainz&. Das Koblenzer Konzept ist bundesweit vorbildlich, denn es sieht einen Gesamtplan in Sachen Vorsorge bei einem Stromausfall vor – für 96 Stunden. In Baden-Württemberg informiert eine App „StromGedacht“ mittels einer „Strom-Ampel“ über die Lage im Stromnetz Baden-Württemberg – für Rheinland-Pfalz gibt es so etwas nicht.

Kommentar& auf Mainz&: Versorgungssicherheit adé?

Stromausfall im Gewerbegebeit von Mainz-Hechtsheim. Kabelbrand und wieder Stromausfall. Blackout in der Mainzer Universitätsmedizin. Brandzentrum mit Geschäften und Arztpraxen lahm gelegt. Und jetzt die komplette Mainzer Innenstadt an einem Adventssamstag ohne Strom – Ampelanlagen und Mainzer Unimedizin inklusive. Es ist ein beispiellose Blackout-Serie, die Mainz seit Juni 2023 erlebt.

Formensitz der Mainzer Stadtwerke, zu denen auch die Tochter Mainzer Netze gehört: Aufklärung? Fehlanzeige. - Foto: Stadtwerke
Formensitz der Mainzer Stadtwerke, zu denen auch die Tochter Mainzer Netze gehört: Aufklärung? Fehlanzeige. – Foto: Stadtwerke

Und die Erklärung der Mainzer Netze, einer Tochter der Mainzer Stadtwerke? Och… Mal ein Kabelbrand hier, ein Kabelbruch dort, eine defekte Trafostation. Heute war es dann „ein Kabelfehler in der Mainzer Altstadt“ – vager geht es nicht. „Ursache unbekannt“, heißt es regelmäßig – eine Aufklärung aber gibt es auch im Nachhinein: keine. Abwiegeln, Wegducken, Aussitzen – und derweil fragt sich der Bürger: Was ist los mit unserem Stromnetz – ist die Versorgung noch sicher?

In einer Zeit, in der die Politik die Bürger zur Umstellung auf eine elektrifizierte Gesellschaft drängt, reicht das definitiv nicht aus. Die Mainzer Netze sind in der Pflicht endlich zu erklären, was da los ist im Stromnetz, und vor allem: Wie sie die Serie an Blackouts stoppen will. Die Öffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, ob sie sich auf den Strom noch verlassen kann – zu viel hängt inzwischen daran: Die Bürger sollen E-Autos kaufen und Wärmepumpen einbauen, manch einer heizt mit Strom, auch Photovoltaikanlagen und Windräder laufen nicht ohne.

Am Stromnetz hängen Kassen in den Geschäften, Bankautomaten und die Pumpen der Kläranlagen, ihr Ausfall ist nicht banal. Bürger und Wirtschaft müssen sich auf die Stromnetze verlassen können – und die Mainzer Netze endlich Erklärungen liefern. Und auch die Stadt Mainz ist gefragt: Andere Städte haben längst Notfallpläne für Blackouts in der Schublade – wo sind die Pläne in Mainz? Humor ist schön und gut, es ist aber nur der Umsicht der Mainzer zu danken, dass heute nichts Schlimmeres passiert ist. Im Jahr 2023 müsste die Pflicht aber heißen: Katastrophenvorsorge – und Aufklärung.

Info& auf Mainz&: Mehr zu der Stromausfall-Serie in Mainz in diesem Jahr könnt Ihr unter anderem hier bei Mainz& lesen. Wie sich eine Stadt beispielhaft gegen große und lange Blackouts rüsten kann, hat die Stadt Koblenz vorgemacht – den ganzen Bericht dazu lest Ihr hier bei Mainz&.