Anfang März versprach Bundespräsident Frank Walter Steinmeier dem Mainzer Arzt Gerhard Trabert einen Besuch in seiner Obdachlosen-Ambulanz – nun ist es so weit: Kommenden Donnerstag, am 2. Juni 2022, besucht Steinmeier Trabert hier in Mainz. Es ist die Folge von Traberts ungewöhnlicher Kandidatur für das Bundespräsidenten-Amt, bei der Wahl im Februar waren die beiden  Männer aufeinander getroffen – und hatten sich über das Thema Armut und Obdachlosigkeit ausgetauscht.

Gerhard Trabert mit seiner rollenden Ambulanz in Mainz. - Foto: gik
Gerhard Trabert mit seiner rollenden Ambulanz in Mainz. – Foto: gik

Der 65 Jahre alte Sozialmedizinier Gerhard Trabert war Anfang Januar 2022 überraschend von der Linken als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten nominiert worden. Trabert sagte zu, obwohl der Ausgang der Wahl schon so gut wie fest stand: Steinmeier sollte wiedergewählt werden. Doch der Mainzer Mediziner sah in seiner Kandidatur eine Chance, mehr Aufmerksamkeit auf den Kampf gegen Ungerechtigkeit und Benachteiligung sowie gegen Armut und Ausgrenzung zu lenken – und das gelang.

Trabert gab nicht nur bundesweit Interview um Interview zu dem Thema, er erhielt auch den Respekt des Bundespräsidenten: Steinmeier begrüßte Trabert bei der Bundesversammlung demonstrativ mit Handschlag auf der Tribüne, und erwähnte den Mainzer Arzt und sein Engagement ausdrücklich in seiner Antrittsrede unmittelbar nach der Wiederwahl: “Sie haben mit Ihrer Kandidatur auf ein Thema aufmerksam gemacht, das mehr Aufmerksamkeit verdient: die Lage der Ärmsten und Verwundbarsten in unserem Land”, sagte Steinmeier, und fuhr fort: “Dafür, Herr Trabert, gebührt Ihnen nicht nur Respekt, sondern ich hoffe, dass Ihr Impuls erhalten bleibt.”

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Warum, so Steinmeier weiter, “schauen wir nicht, ob wir diesem drängenden Thema gemeinsam mehr Aufmerksamkeit verschaffen können, Herr Trabert? Ich würde mich freuen, wenn wir darüber ins Gespräch kämen.” Und genau das passierte: Anfang März reiste Trabert nach Berlin – zu einem Treffen mit Steinmeier. „Wir hoffen, dass nach einem ersten Kennenlernen auch Möglichkeiten gefunden werden, die die Situation von Bedürftigen spürbar ändern können“, teilte Traberts verein „Armut und Gesundheit“ zu dem Treffen mit: Steinmeier sei im Übrigen “natürlich herzlich Willkommen, sich auch einmal unsere Arbeit in der ‘Ambulanz ohne Grenzen’ oder im Arztmobil direkt vor Ort anzusehen”.

Bundespräsident Frank Walter Steinmeier bei seiner Wiederwahl gemeinsam mit Gerhard Trabert (rechts). - Screenshot: gik
Bundespräsident Frank Walter Steinmeier bei seiner Wiederwahl gemeinsam mit Gerhard Trabert (rechts). – Screenshot: gik

Der Bundespräsident nahm die Einladung an: Am Donnerstag werde Steinmeier den Verein „Armut und Gesundheit“ in Mainz besuchen, „um sich über dessen soziale Hilfsangebote zu informieren und mit Betroffenen sowie Helferinnen und Helfern zu sprechen“, teilte das Mainzer Familienministerium mit. Im Mittelpunkt des Besuchs würden „Ansätze stehen, mit denen die Gesundheitsversorgung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen verbessert werden können“, heißt es weiter.

Steinmeier will dabei das Arztmobil, die „rollende Ambulanz“ besichtigen, die Trabert vor 25 Jahren in Mainz als bundesweit erstes Projekt dieser Art ins leben rief. Der Bundespräsident will dabei auch sich mit einem wohnungslosen Patienten über dessen Situation austauschen sowie sich über die Hilfsangebote des Vereins informieren. Trabert hatte 1997 den Verein „Armut und Gesundheit“ gegründet, der das rollende Arztmobil sowie eine Ambulanz für Wohnsitzlose Menschen auf der Mainzer Zitadelle betreibt. Auch Flüchtlinge und Menschen, die ihre Krankenkasse nicht mehr bezahlen können, werden hier versorgt.

 

Bundespräsident Steinmeier legte im April 2019 kräftig Hand an beim Besuch der Druckerpresse im Gutenberg-Museum. - Foto: gik
Bundespräsident Steinmeier legte im April 2019 kräftig Hand an beim Besuch der Druckerpresse im Gutenberg-Museum. – Foto: gik

Das soll ebenfalls Thema beim Besuch Steinmeiers sein: Der Bundespräsident wolle sich auch über die „Medizinische Ambulanz ohne Grenzen“ für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz sowie die „Clearingstelle Kranken­ver­sicherung Rheinland-Pfalz“ informieren, letztere hilft Menschen, die aus der gesetzlichen Krankenversicherung herausgefallen sind. Begleitet wird Trabert bei seinem Besuch von der Mainzer Familienministerin und stellvertretenden Ministerpräsidentin Katharina Binz (Grüne).

Es ist übrigens beileibe nicht der erste Besuch Steinmeiers in Mainz: Der Bundespräsident kam im Oktober 2017 zum Tag der Deutschen Einheit nach Mainz, bei seinem Antrittsbesuch im März 2018 besuchte er unter anderem das Gutenberg-Museum – und legte kräftig Hand an der Druckerpresse an.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Geschichte von Gerhard Trabert und seiner rollenden Ambulanz könnt Ihr hier in unserem Porträt „der Straßen-Doc“ nachlesen, mehr über seine Nominierung für das Amt des Bundespräsidenten haben wir hier bei Mainz& aufgeschrieben. Mehr zum Thema auch hier:

Nach Kandidatur: Mainzer Obdachlosen-Doc Trabert trifft Bundespräsident Steinmeier zu Gespräch über Obdachlosigkeit