Am 5. Mai stellte die SPD ihre Minister für die neue Bundesregierung vor, darunter sind gleich drei Minister aus Rheinland-Pfalz. Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD) ließ es sich nicht nehmen, die in Berlin zu Ministerrang aufgestiegenen Damen persönlich auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt zu präsentieren – und das sorgt jetzt daheim in Mainz für mächtig Ärger. Denn Schweitzer lud den neuen Verkehrsminister von der CDU nicht ein, die CDU wirft ihm deshalb Verfassungsbruch wegen erneuten Bruchs des Neutralitätsgebot im Amt vor – und hat ihre Klage gegen Schweitzer nun erweitert.

Das Neutralitätsgebot der Verfassung schreibt vor, dass sich staatliche Organe „unparteiisch und neutral in Bezug auf politische Themen und gegenüber politischen Parteien zu verhalten“ haben, unterstrich CDU-Landes- und Fraktionschef Gordon Schnieder Anfang Februar. Das heißt: Ein Ministerpräsident oder eine Ministerin dürfen sich von Amts wegen nicht einseitig-parteiisch zugunsten einer Partei oder zu Ungunsten einer anderen äußern. Als Privatmann oder Parteichef dürfen sie sich natürlich sehr wohl so äußern und auch Wahlkampf betreiben, doch mit dem offiziellen Logo und Briefkopf ihres Amtes ist das untersagt – so soll der Staat wenigstens zu einer gewissen Neutralität verpflichtet werden.
Doch Alexander Schweitzer (SPD) hatte sich Ende Januar auf seinen Social Media-Kanälen nach der „Tabubruch“-Debatte im Deutschen Bundestag als Ministerpräsident stark wertend – und abwertend – in Richtung CDU geäußert, so empfand es jedenfalls die rheinland–pfälzische CDU – und verklagte den Ministerpräsidenten. Schweitzer habe sich damit im Wahlkampf „parteiisch eingemischt“ und damit gegen die Neutralitätspflicht der Verfassung verstoßen, schimpfte Schnieder damals.
CDU rügt Vorstellung der neuen SPD-Ministerinnen in Berlin
Tatsächlich räumte die Staatskanzlei kurz danach ein: Ja, die Aussagen des Ministerpräsidenten hätten das Neutralitätsgebot für den Ministerpräsidenten im Amt verletzt, Ministerpräsident Schweitzer habe seine Aussagen „neu bewertet“ komme nun „zu versichere, „entsprechende Äußerungen zukünftig nicht mehr zu wiederholen.“ Zuvor hatte die Staatskanzlei die strittigen Posts des Ministerpräsident in den sozialen Netzwerken bereits gelöscht. Die CDU wiederum betonte, man wolle mit der Klage auch „eine Wiederholungsgefahr abwenden und Klarheit für zukünftiges Handeln nicht nur des Ministerpräsidenten, sondern der gesamten Landesregierung schaffen.“

Nun sieht sich die CDU in ihrer Befürchtung einer Wiederholungsgefahr bestätigt – Stein des Anstoßes ist dieses Mal die Pressekonferenz, die Schweitzer am 5. Mai in Berlin gab. Es war der Tag, als die SPD in Berlin ihre neuen Minister für die schwarz-rote Bundesregierung von Friedrich Merz (CDU) vorstellte, ein sichtlich stolzer Ministerpräsident Schweitzer präsentierte dabei gleich zwei Damen, die aus Rheinland-Pfalz ins Bundeskabinett aufrückten: Die Trierer Bundestagsabgeordnete Verena Hubertz, die neue Bundesbauministerin wurde, und die bisherige Mainzer Bildungsministerin Stefanie Hubig, die neue Bundesjustizministerin wurde.
Auffällig jedoch: Beide Damen sind SPD-Mitglieder, auf dem Podium fehlte der dritte Minister aus Rheinland-Pfalz: Patrick Schnieder, neuer Bundesverkehrsminister von der CDU, war bereits eine Woche zuvor von Friedrich Merz persönlich vorgestellt worden. Doch der CDU in Rheinland-Pfalz stieß die reine SPD-Vorstellung durch den Ministerpräsidenten übel auf: „Indem er den neuen SPD-Bundesministerinnen im Rahmen einer Pressekonferenz des Landes eine exklusive Bühne gegeben hat“, habe Schweitzer „Parteipolitik aus dem Amt heraus gemacht“, kritisierte nun der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Marcus Klein.
CDU: Schweitzer macht sich sein Amt für Parteiarbeit zunutze
Damit habe Schweitzer „sein Amt als Ministerpräsident missbraucht und erneut die Verfassung gebrochen“, schimpfte Klein. Mehr noch: Der Ministerpräsident habe damit auch das Wort gebrochen, so etwas werde nicht wieder vorkommen, sagte Klein weiter: „Dieser Wortbruch des Ministerpräsidenten erschüttert uns, denn er schwächt damit weiter das Vertrauen in die Integrität seiner Amtsführung und in diese Landesregierung aus SPD, GRÜNE und FDP.“

Die CDU habe ja mit ihrer Klage vor dem Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz gerade erreichen wollen, „dass sich der Ministerpräsident künftig wieder parteipolitisch neutral verhält, wie es unsere Verfassung vorschreibt“, unterstrich Klein. Stattdessen habe Schweitzer statt dem Willy-Brandt-Haus die Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz in Berlin „zur Bühne für eine Pressekonferenz und Vorstellung von SPD-Ministerinnen“ genutzt – das sei „ein sich wiederholender Verfassungsbruch“, kritisierte der CDU-Parlamentarier: „Damit dürfen und können wir den Ministerpräsidenten nicht davonkommen lassen.“
Die CDU hatte ihre Sicht bereits am 13. Mai veröffentlicht, die Staatskanzlei teilte daraufhin mit: Man weise die Vorwürfe zurück, „der Pressetermin hatte keinen parteipolitischen Bezug“, behauptete die Staatskanzlei. Gegenstand des Pressestatements und der anschließenden Social-Media-Postings sei „ausschließlich die hohe Beteiligung rheinland-pfälzischer Politikerinnen und Politiker in der neuen Bundesregierung“ gewesen, da diese am Vormittag des 5. Mai „breite mediale Aufmerksamkeit hervorgerufen hatte, und dazu zahlreiche Anfragen unterschiedlicher Medien in der Staatskanzlei eingegangen waren.“
Staatskanzlei: „Pressetermin hatte keinen parteipolitischen Bezug“
Die Pressestelle der Staatskanzlei habe daher mit den Statements für die Pressevertreter in der Landesvertretung „eine hybride Möglichkeit angeboten“, Fragen an Ministerpräsident Schweitzer und die neuen designierten Ministerinnen zu richten. Diese beiden Personalentscheidungen seien erst am selben Vormittag bekannt gegeben worden, Schnieders Name hingegen bereits eine Woche bekannt gewesen und auch „gleichberechtigt“ in den Social-Media-Veröffentlichungen genannt worden.

Es habe sich daher „um eine in jeder Hinsicht zulässige und verfassungskonforme Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung gehandelt, die mitnichten in den parteipolitischen Wettbewerb eingreift oder gar als Verstoß gegen das Neutralitätsgebot zu werten wäre“, so die Staatskanzlei weiter. Die CDU wertete das indes als „Versuch, etwas zu retten, was nicht zu retten ist“: „Das Erklärungskonstrukt verfängt nicht und überzeugt niemanden, der sich mit der Sache etwas tiefer befasst“, sagte Klein.
Anfragen zu SPD-Ministerinnen wären eben „von der Partei zu beantworten gewesen“, unterstrich er weiter: „Für uns ist es offensichtlich, dass Alexander Schweitzer bewusst seine Rollen als Ministerpräsident und als SPD-Politiker vermischt, und sich dabei den Staatsapparat zunutze macht. Mit Aktionen wie dieser positioniert er sich
öffentlichkeitswirksam auf der Berliner Bühne – passend zu seinem
Interesse am stellvertretenden Vorsitz der Bundes-SPD.“ Deshalb habe die CDU nun ihre Verfassungsklage gegen Schweitzer nicht nur nicht zurückgezogen, sondern um neuen neuen Vorgang erweitert.
Info& auf Mainz&: Mehr zu der Klage der CDU in Sachen Neutralitätsgebot und zu den Hintergründen lest Ihr auch hier bei Mainz&.