Die Corona-Neuinfektionen in Mainz explodieren regelrecht: Am Mittwoch meldete das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz eine Sieben-Tages-Inzidenz von 197,2 – damit ist die Inzidenz binnen gerade einmal zweier Tage von 151 auf knapp unter 200 gestiegen. Mainz nähert sich damit rapide der Marke von 200, ab der neue Einschränkungen drohen würden – dazu könnten auch Schulschließungen und Einschränkungen im Kita-Betrieb gehören. Das Gesundheitsamt sieht ein starkes Infektionsgeschehen in den Kitas, das Robert-Koch-Institut rät zur Schließung von Einrichtungen bei größeren Infektionen.
Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt seit Tagen rapide an – und das trotz der vor zwei Wochen verhängten nächtlichen Ausgangssperre. Das Gesundheitsamt Mainz-Bingen meldete am Mittwoch 88 Neuinfektionen im Landkreis Mainz-Bingen und 99 neue Fälle in der Stadt Mainz – an einem einzigen Tag. Die Sieben-Tages-Inzidenz stieg damit in der Stadt auf 197,2 und im Landkreis auf 136 – im Landkreis Mainz-Bingen gilt ab heute ebenfalls eine nächtliche Ausgangssperre zwischen 21.00 Uhr und 5.00 Uhr morgens.
In Mainz zeigt die Maßnahme bisher jedenfalls keine große Wirkung: Seit dem Beginn der Ausgangssperre am 1. April stieg die Sieben-Tages-Inzidenz in der Landeshauptstadt rasant an, und das lediglich binnen einer Woche: Von 101 am 6. April kletterte die Inzidenz am 9. April zunächst auf 132, um dann richtig Fahrt aufzunehmen. Am 12. April lag der Wert bereits bei 151, gestern stieg er auf 177 – und schnellte heute auf 197,2 hoch. Die Infektionen befinden sich damit im exponentiellen Anstieg, Mainz ist kurz vor der 200er-Marke, ab der weitere Verschärfungen der Corona-Regeln greifen sollen.
Nur: so viel ist zum Verschärfen gar nicht mehr übrig. Die Geschäfte sowie die Außengastronomie wurden bereits zum 1. April wieder geschlossen, die aktuellen Kontaktbeschränkungen erlauben ohnehin schon nur einen Kontakt mit einer weiteren Person des eigenen Hausstands, dazu gilt bereits die nächtliche Ausgangssperre. Die Corona-Verordnung des Landes Rheinland-Pfalz sieht bei einer Inzidenz über 200 als weitere Schritte vor, dass dann auch Baumärkte, Gartencenter und Buchläden nur noch Termin-Einzelshopping anbieten dürfen, Click & Collect bleibt weiter erlaubt, ebenso die Lieferdienste der Gastronomie.
Der Friseurbesuch könnte ab einer 200er-Inzidenz nur noch mit negativem Coronatest erlaubt werden, die Geschäfte selbst dürften offenbleiben – ebenso bei Fahrschulen und Musikschulen. Bei privaten Fahrgemeinschaften mit mehreren Mitfahrern aus verschiedenen Hausständen müssten dann im Auto Masken getragen werden. Weitere Einschränkung sieht die Notbremse des Landes offiziell bisher nicht vor – dennoch könnte den Schulen in Mainz kommende Woche eine komplette Rückkehr zum Distanzunterricht blühen.
Liege die Inzidenz an drei Tagen in Folge über 200, würden die Task Forces der Kommunen mit dem Land über weitere Maßnahmen beraten, sagte eine Sprecherin des Mainzer Bildungsministeriums auf Mainz&-Anfrage – in anderen Regionen seien dann bisher immer die Schulen geschlossen worden. Für die Kitas sieht das Land aber weiter keine Schließungen vor, unter Umständen werde dann wieder an die Eltern appelliert, ihre Kinder zuhause zu lassen, sagte die Sprecherin weiter.
Dabei sind es derzeit offenbar gerade Schulen und Kitas, die erheblich zum Infektionsgeschehen in Mainz beitragen: Aktuell sind nach Angaben des Gesundheitsamtes im Mainzer Stadtgebiet neun Schulen und sieben Kindergärten von Coronavirus-Infektionen betroffen, die hochansteckende britische Mutante B.1.1.7 sei dabei „der vorherrschende Typ.“ Trotzdem sieht der Leiter des Gesundheitsamtes, Dietmar Hoffmann kein größeres Ausbruchsgeschehen in Schulen: Zwar seien seit Anfang Januar in der Stadt Mainz und im Landkreis 69 Schulen von Corona-Fällen betroffen gewesen – aber dabei habe es sich fast immer um Einzelfälle gehandelt, nur selten habe es eine weitere Übertragung gegeben, betonte Hoffmann: „Die Hygienekonzepte in den Schulen scheinen also zu funktionieren.“
Man habe deshalb entschieden, die zunächst strikt gehandhabte Quarantäneregel, im Infektionsfall die ganze Klasse nachhause zu schicken, zu lockern, sagte Hoffmann weiter: In den vergangenen Wochen habe man in den Schulen beim Nachweis einer Infektion sicherheitshalber ganze Schulklassen in Quarantäne geschickt. „Da es aber glücklicherweise auch mit der Mutante keine größeren Ausbrüche in den Schulen gab, kann nach den Osterferien im Einzelfall die Quarantäne auf die engen Kontaktpersonen im Klassensaal beschränkt werden“, teilte Hoffmann nun mit.
Anders sehe das Infektionsgeschehen aber in den Kitas aus: „Hier waren seit Januar in Stadt und Landkreis 62 Einrichtungen betroffen, darunter waren auch einige größere Ausbrüche“, sagte Hoffmann am Dienstag. Tatsächlich bestätigen Forscher, es gebe zunehmend Ansteckungen in den Einrichtungen und von dort aus in den Familien – zahlreiche Erzieherinnen berichten inzwischen, sie hätten sich in ihren Einrichtungen bei den Kindern mit dem Coronavirus infiziert. Hoffmann betonte nun, er begrüße die Anordnung des Bildungsministeriums, nach der es derzeit keine offenen Gruppen mehr geben solle: „Das verringert die Übertragungswege und macht uns bei einem positiven Fall die Nachverfolgung leichter, weil es weniger Kontakte gibt, vor allem kann dadurch in der Regel eine Schließung der Einrichtung vermieden werden“, sagte Hoffmann.
Beim Robert-Koch-Institut hieß es am Mittwoch, die Gesundheitsgefahr für die Bevölkerung sei aktuell erneut wieder „sehr hoch“ – das Risiko, dass die Zahlen weiter stiegen sehr hoch. Die hohen Fallzahlen würden „durch zumeist diffuse Geschehen mit zahlreichen Häufungen insbesondere in Haushalten, im beruflichen Umfeld sowie in Kitas und Horteinrichtungen verursacht.“ Besonders stark sei der Anstieg bei Jüngeren – die Virusmutante B.1.1.7 verringere die Wirksamkeit von Hygienemaßnahmen deutlich.
Es brauche „massive Anstrengungen zur Eindämmung von Ausbrüchen und Infektionsketten“, mahnt das RKI in seinem aktuellen Lagebericht. Falls es zu Erkrankungen in einer oder mehreren Gruppen in einer Einrichtung komme, „sollte eine frühzeitige reaktive Schließung der Einrichtung aufgrund des hohen Ausbreitungspotenzials der neuen SARS-CoV-2 Varianten erwogen werden, um eine weitere Ausbreitung innerhalb der Kita und in die betroffenen Familien zu verhindern“, heißt es weiter.
Info& auf Mainz&: Den aktuellen Lagebericht des RKI zur Corona-Pandemie findet Ihr hier zum Download im Internet. Mehr zur Debatte um die nächtliche Ausgangssperre lest Ihr hier bei Mainz&. Die Stadt Mainz plant zudem ein Pilotprojekt zu Tests in Kitas, mehr dazu lest Ihr hier bei Mainz&.