Es war im 2. Jahrhundert nach Christus, als der Grieche Mesomedes seinen Hymnus an Nemesis, die Göttin des Schicksals und der Gerechtigkeit komponierte. Mesomedes war Hofkomponist von Kaiser Hadrian – wie sein Hymnus klang, das könnt Ihr nun am 27. August 2024 selbst erleben: Der Musikarchäologe Hagen Pätzold erforscht seit vielen Jahren den Klang der Antike – und er führt ihn auch ganz praktisch auf Nachbauten antiker Instrumente vor. Sein Vortrag steht im Mittelpunkt des Sommerfestes der Initiative Römisches Mainz (IRM) kommende Woche.

Aufführung des "Amphitryon" im antiken Römscihen Theater in Mainz. - Foto: gik
Aufführung des “Amphitryon” im antiken Römscihen Theater in Mainz. – Foto: gik

Seit 20 Jahren widmet sich die Initiative Römisches Mainz (IRM) der Aufgabe, das römische Erbe der Landeshauptstadt sichtbar und erlebbar zu machen. Die Initiative entstand aus einer Bürgerbewegung zum Erhalt des antiken Isistempels, der heute in einem spektakulären Showraum unter der Römerpassage zu sehen ist. Unter ihrem Vorsitzenden Christian Vahl hat sich die IRM es seit einigen Jahren besonders zur Aufgabe gemacht, das Römische Mainz mit allen Sinnen sichtbar und erlebbar zu machen – dafür wurden das Fest der Göttin Carna, die Saturnalien und die Römertage ins Leben gerufen, und das antike Römische Theater von Mainz wieder mit Leben gefüllt.

So fand Mitte Juni 2024 nach rund 2.000 Jahren erstmals wieder Sprechtheater in dem antiken Theaterrund am Mainzer Südbahnhof statt, bei der Adaption des “Amphitryon” durch das “Theater in der Provinz” gaben sich keine Geringeren als Jupiter und Merkur, der antike Feldherr Amphitryon und das Verwirrspiel um Liebe, Ehre, Treue und Verrat die Ehre. Es wurde ein magischer Abend, der die Aura des antiken Bühnentheaters – das größte, das nördlich der Alpen je gefunden wurde – nach so vielen Jahrhunderten wachküsste und einen Hauch der einstigen Größe in das rudimentäre Rund zauberte – erleben könnt Ihr das übrigens noch einmal am 04. September 2024, Infos dazu hier.

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Antikes Theater als Klangraum und Schauspielort wiederbelebt

Es war beileibe nicht die einzige Aktion der IRM im Theater: Im Juni 2023 hatte die IRM bereits mit feinstem Blues-Rock der “Rockin‘ Blues Band” die alten Mauern zum Glühen gebracht und einen Hauch von “Pink Floyd in Pompeii” in das Theaterrund gezaubert – das antike Bühnentheater wurde erstmals seit langem wieder als der magische Klangraum erlebbar, als den ihn die Römer einst konzipierten.

Antike Römische Musik im Römischen Bühnentheater zu Mainz im Juni 2023: Premiere nach 2.000 Jahren. - Foto: gik
Antike Römische Musik im Römischen Bühnentheater zu Mainz im Juni 2023: Premiere nach 2.000 Jahren. – Foto: gik

Am Vorabend der Johannisnacht 2023 dann erklangen im Antiken Theater sogar wieder original antike Klänge: Im Rund wurden die alten Blasinstrumente Cornu und Tuba gespielt, tatsächlich wurden die frühesten Vorgänger der heutigen Tuba schon im Grab des Tutenchamun gefunden, eine Original-Tuba aus der Römerzeit dann beim französischen Orleans in einem Fluss. Genutzt wurde das Instrument für Militärbefehle in der Schlacht, aber auch bei kultischen Festen mit antiken Hymnen – etwa der Hymnus an die Nemesis oder an Helios, den Sonnengott, ebenfalls komponiert von dem antiken Dichter Mesomedes.

Die Originalstücke des Griechen hat der experimentelle Musikarchäologe Hagen Pätzold zu neuem Leben erweckt, er selbst spielt die Hymnen auf Nachbauten original antiker Instrumente – wie etwa einem Cornu, das in den Ruinen von Pompeii gefunden wurde. Gespielt wurde der Hymnus des Sonnengotte “nicht für militärische Zwecke, sondern für kultische, politische und sakrale Zwecke”, erklärte Petzold den Mainzer schon bei der Feier 20 Jahre Isistempel.

Musikarchäologe Hagen Pätzold präsentiert Klang der Antike

Da präsentierte Pätzold auch das Sistrum, ein antikes Percussion-Instrument. Damit habe man zu Zeiten des Isistempels “das Gehör der Gottheit öffnen können, um sein Begehr zu Gehör zu bringen”, berichtete Pätzold: “Es gibt im Kontext der Isisverehrung eine kleine Weise aus ägyptischer Zeit, eine Weise an Osiris, die lautet: Kommet zu mir nach Hause, du Pfeiler Heliopolis/ Denn die Feinde gibt es nicht mehr/ Oh, du schöner Sistrumspieler,/ Ich bin Isis, deine Schwester, die dich liebt!“

Der experimentelle Musikarchäologe Hagen Pätzold präsentiert "den Klang der Antike" auf Original-Nachbauten antiker Instrument. - Foto: gik
Der experimentelle Musikarchäologe Hagen Pätzold präsentiert “den Klang der Antike” auf Original-Nachbauten antiker Instrument. – Foto: gik

Genau solche Geschichten und antike Musikstücke wird Pätzold nun auch kommenden Dienstag, den 27. August beim Sommerfest der IRM in Mainz präsentieren: Im Innenhof des Mainzer Landesmuseums lädt die Unsichtbare Römergarde zu Wein, guten Gesprächen und natürlich neuesten Nachrichten über das antike Römische Mainz.

Grußworte werden laut Programm Innenminister Michael Ebling (SPD) und die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) sowie Ellen Riemer für das Landesmuseum sprechen. Musikalisch umrahmt wird der Abend vom Trio Aeterna.

Debatte: Römische Stadtkuratorin für Mainz?

Zur Sprache kommen wird dabei sicher auch die künftige Präsentation und Vermarktung des Römischen Erbes – IRM-Vorsitzender Christian Vahl will weiter für seinen Vorschlag einer Römischen Stadtkuratorin werben. “Mainz braucht einen Stadtkurator oder eine  Stadtkuratorin, die ein Gesamtkonzept ‚Römisches Erbe‘ entwickelt”, hatte Vahl kurz vor der Kommunalwahl gefordert. Seit zehn Jahren gehe in Mainz in Sachen Römerstadt “nichts voran”, hatte Vahl im Gespräch mit Mainz& kritisiert, derzeit werde jeder Anlauf für ein Konzept für eine Römerstadt Mainz zwischen verschiedenen Dezernaten zerrieben

IRM-Vorsitzender Christian Vahl mit Trio Aeterna-Sängerin Kathrin Dohle und Ex-Kulturdezernent Peter Krawietz (CDU) vor dem antiken Orpheus-Mosaik. - Foto: gik
IRM-Vorsitzender Christian Vahl mit Trio Aeterna-Sängerin Kathrin Dohle und Ex-Kulturdezernent Peter Krawietz (CDU) vor dem antiken Orpheus-Mosaik. – Foto: gik

Vahl schlägt deshalb eine eigene Stadtkuratorin vor, der oder die mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet sei, und ein stadtübergreifendes Konzept “unter politischen, kulturellen, wirtschaftlichen, strategischen, touristischen, archäologischen und stadthistorischen Aspekten” entwickele und auch umsetze. “Er muss ein Konzept für die Römerstadt Mainz entwickeln, die unterschiedlichen Kompetenzen moderieren und bündeln, sowie alle Interessierte am Römischen Erbe an einen Tisch bringen”, erklärte Vahl – der derzeitige “Stillstand in Sachen Römer” dürfe nicht so weiter gehen. Das wird dann wohl auch Thema beim Sommerfest der IRM sein.

Gelohnt hat sich Einsatz der IRM bereits für das Orpheus-Mosaik: Das 1995 bei Bauarbeiten in der Badergasse in Mainz gefundene, sechs mal sechs Meter große Bodenmosaik mit seiner Orpheus-Figur im Zentrum wird seit Juli 2023 nun wieder öffentlich gezeigt – in einem Seitenflügel des Mainzer Landesmuseums. Dort soll ab 2026 auch die Steinhalle ihre Wiederauferstehung feiern – dort sollen künftig Highlights der Archäologie und Funde aus dem antiken Mainz präsentiert werden.

Info& auf Mainz&: Sommerfest der Initiative Römisches Mainz (IRM) am Dienstag, den 27. August 2024, ab 18.00 Uhr im Innenhof des Mainzer Landesmuseums. Der Eintritt ist frei, um Anmeldung wird aber gebeten, und zwar hier: taberna@roemisches-mainz.de. Infos zur IRM findet Ihr hier im Internet.