Es war vor genau 1.000 Jahren, als sich im Alten Dom zu Mainz Historisches zutrug: Eine neuer König wurde gekrönt und begründete auch gleich ein neues Herrscherhaus – Konrad II. war der erste Salierkönig. Gekrönt wurde er vom Mainzer Erzbischof Aribo, und zwar in der heutigen Johanniskirche, der ältesten Kirche von Mainz. Mit einem ganzen Festprogramm wird in diesem Jahr der Krönung vor eintausend Jahren gedacht , los geht es an diesem Sonntag mit einer Kunstinstallation, die mittels Augmented Reality Konrad, sein Leben und seine Krönung lebendig werden lässt – mitten in seiner alten Krönungsstätte.

Eine Installation macht Konrad II. und seine Krönung im Alten Dom mittels Augmented Reality lebendig. - Foto: giik
Eine Installation macht Konrad II. und seine Krönung im Alten Dom mittels Augmented Reality lebendig. – Foto: giik

„Wir erzählen eine Geschichte, wie sie gewesen sein könnte, auf der Basis von Fakten, ergänzt mit Vermutungen“, sagt Susanne Maier-Staufen, Dozentin der Hochschule Mainz. Mitten im „Alten Dom“ markieren lange Stoffbahnen verschiedene Spots im Kirchenschiff, wie Scheinwerferlicht richten sie ihre Bahnen auf Embleme am Boden. Scannt man die Symbole auf den runden Emblemen, so erscheint eine schemenhafte Figur: Konrad II., König des deutschen Reiches, Nachfolger des Ottonen Heinrichs II., am Vorabend seiner Krönung.

„Wir laden die Besucher ein, Konrad in einem dreidimensionalen Raum kennenzulernen und erleben“, sagt Maier-Staufen. Im Mittelpunkt stehe dabei die Frage: „Was könnte der Mann gedacht, empfunden haben im Moment seiner Krönung?“ Erdacht und umgesetzt hat die Kunstinstallation eine Gruppe von elf Studentinnen des Fachbereichs Innenarchitektur, in monatelanger Arbeit wurden Texte erstellt und Stoffbahnen entworfen, die das Gewebe der Geschichte symbolisieren. Der Besucher wird so fast automatisch durch den alten Kirchenraum geführt, der noch immer von den Ausgrabungsarbeiten im Boden geprägt ist.

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Erkanbald, Aribo und die Inszenierung der Macht

Die Entdeckung, dass die evangelische Johanniskirche eigentlich der Alte Dom von Mainz und eine der ältesten Kirchen Deutschlands überhaupt ist, erschütterte vor einigen Jahren die Fachwelt und das 2.000 Jahre alte Mainz: Aus dem Einbau einer Fußbodenheizung wurde eine Entdeckungsreise in die Kirchengeschichte von Mainz, die bis in die Merowingerzeit zurückreicht. Um das Jahr 1.000 war der Alte Dom die Hauskirche der Mainzer Erzbischöfe, die zumeist auch das Amt des Reichskanzelrs bekleideten – und damit die wichtigsten Kirchenfürsten des deutschen Königreiches waren,

Projektgruppe zur Inszenierung "Die Krönung". - Foto: Evangelisches Dekanat Mainz
Projektgruppe zur Inszenierung „Die Krönung“. – Foto: Evangelisches Dekanat Mainz

Erzbischof Aribo war der Nachfolger jenes Erzbischofs Erkanbald, dessen Grab Ende 2018 bei den Ausgrabungsarbeiten in der Johanniskirche gefunden wurde – eine Sensation. Bis heute ruht Erkanbald in seinem Sarg in der Kirche, darum herum gähnt weiter der aufgerissene Fußboden mit seinen Mauern und Grabfunden. Dass in dem „Alten Dom zu Mainz“ Könige gekrönt wurden, wusste man – nun mit der Krönung Konrads II. eine der wichtigsten dieser Meilensteine der Geschichte wieder lebendig: An fünf Orten werfen die stilisierten Scheinwerfer „Licht ins Dunkel der Vergangenheit“ – mittels der App ArtiVive kann der Besucher den mittelalterlichen König wieder in seine Krönungskirche stellen.

Armin Dillenberger, Schauspieler am Staatstheater Mainz, schlüpfte für die Inszenierung in die Rolle des King Konrad II., und lässt den Zuschauer an der fiktiven Gedankenwelt des Königs teilhaben. Verantwortlich für die Texte zeichnet die junge Mainzer Literaturpreisträgerin Leonie Höckbert. An diesem Sonntag, dem 17. März, wird das Projekt nun mit einer großen Vernissage um 15.00 Uhr eröffnet und kann bis Ende Juli zu den Zeiten der Offenen Kirche am Wochenende besucht werden. „Die interaktive Ausstellung, KING KONRAD II. innerhalb eines Semesters zu entwerfen, zu planen und zu realisieren ist eine unglaubliche Leistung“, lobte Maier-Staufen ihre Studentinnen.

Der erste Salierkönig, gekrönt von Erzbischof Aribo

Konrad II. wuchs unter der Obhut des Bischofs von Worms auf, als König war er eigentlich gar nicht vorgesehen, doch als König Heinrich II, der letzte Ottone, ohne Nachfolger starb, schlug seine Stunde: Am 4. September des Jahres 1024 versammelten sich die Fürsten des reiches in Kamba, einem mittlerweile untergegangenen Ort am rechten Ufer des Rheins, unmittelbar gegen von Oppenheim. Als Wahlleiter fungierte Erzbischof Aribo von Mainz – und er setzte Konrad II. gegen seinen Konkurrenten und jüngeren Vetter durch, der ebenfalls Konrad hieß. „Beide waren in gleichem Maße mit der erloschenen Liudolfinger-Dynastie verwandt“, weiß das Internetlexikon Wikipedia – am Ende setzte sich „Konrad, der Ältere“ durch.

Spot auf die Geschichte: In diesem Kreis wird Konrad II., mit Hilfe modernster Technik wieder lebendig. - Foto: gik
Spot auf die Geschichte: In diesem Kreis wird Konrad II., mit Hilfe modernster Technik wieder lebendig. – Foto: gik

Am 8. September 1024 fand die Krönung des neuen Königs im Alten Dom zu Mainz statt, die Krönung gilt als wegweisender Meilenstein in Sachen Inszenierung von Macht. Konrads Herrschaft „markiert einen Höhepunkt der mittelalterlichen Kaiserherrschaft und eine relative Ruhephase des Reiches“, heißt es bei Wikipedia weiter – mit Konrad begann die Ära der Salier und die Herrschaft am Rhein: Speyer stieg zum Machtzentrum auf, um 1025 beginnt Konrad mit dem Bau des Kaiserdoms zu Speyer, Konrad selbst wird 1027 durch Papst Johannes XIX. in Rom zum Kaiser des Römischen Reiches deutscher Nation gekrönt – übrigens zusammen mit seiner Frau Gisela.

Gisela wurde indes nicht mit Konrad zusammen in Mainz zur Königin gekrönt, sondern erst zehn Tage später in Aachen – auch dieser Geschichte spürt die Installation ebenso nach wie das übrige Sonderprogramm zum Krönungsjahr. Um die Inszenierung der Macht im Mittelalter dreht sich das ganze Jahr über eine Vortragsreihe, die Einblick in den aktuellen Forschungsstand zum Thema gibt. Acht Wissenschaftler werfen dabei jeweils ein Schlaglicht auf die großen Themen rund um die Krönung Konrads II. – jeweils am zweiten Mittwoch des Monats im Alten Dom. Beleuchtet werden die Bedeutung der Erzbischöfe als Königsmacher, die mächtigen Frauen der Zeit, Architektur als Ausdruck von Macht und schließlich der König und die Krone selbst.

Musikalisches Theaterstück und alte Musik der Minnesänger

„Wären wir in einem alten Hollywoodfilm, würde ich jetzt sagen: MGM proudly presents“, freute sich denn auch Dekan Andreas Klodt bei der Vorstellung des Jubiläums-Programms: „Wir sind voller Stolz und Freude über diesen unglaublichen Ort mit seinen unglaublichen Möglichkeiten.“ Und so wolle man denn weniger in einer Demokratie der Krönung eines absoluten Herrschers huldigen, als das Ereignis zu nutzen, um Fragen zu stellen und „Funken daraus zu schlagen“, betonte Klodt: „Was bedeutet Herrschaft? Was bedeutet sie in einer Demokratie? Was hat sich verändert – und wo wollen wir in 1000 Jahren sein?“

Ein ganzes Festprogramm widmet sich dem Jubiläum der Königskrönung vor 1.000 Jahren. - Foto: Evangelisches Dekanat Mainz
Ein ganzes Festprogramm widmet sich dem Jubiläum der Königskrönung vor 1.000 Jahren. – Foto: Evangelisches Dekanat Mainz

Im Mai nimmt dann das Staatstheater Mainz die Rauminstallation KING KONRAD II. zum Anlass, ein musikalisches Theaterstück für den Alten Dom zu entwickeln. Unter dem Titel „Sieben Farben Macht“ lässt Regisseurin Stefanie Hiltl die Kirche zur Spielstätte für Könige und Dämonen, Menschen und Götter werden. Es geht um die Frage, wie man an Macht gelangt und wie man sie erhält, dabei bewegen sich sowohl das Publikum als auch die Sänger und Musiker selbst durch den Raum. „Die Mauern, Fenster und Ausgrabungen des Alten Domes allein fordern seine eigene Inszenierung ein“, sagte Hiltl, dem wolle man durch die Nutzung seines gesamten Raumes Rechnung tragen.

Vier Aufführungen sind im Laufe des Mais geplant, als Grundlage dient geistliche und weltliche Musik von Mozart, Händel, Gabrieli und anderen. „Ein Musikprogramm für Konrad II. vor 1000 Jahren zu finden, ist gar nicht so einfach“, bekennt Martina Horn, Vorsitzende des Kirchenvorstandes der Johannisgemeinde und Mitglied der Johanniskantorei: Es gebe nämlich „kaum Quellen, die uns etwas über den Klang der Musik zu jener Zeit sagen.“ Durch Handschriften ist aber der „Mainzer Ordo“ bekannt: eine Prozession mit Krönungsritus und Gesängen, eine Art Drehbuch also für die Krönung eines Königs, der im Mittelalter in Mainz entstanden ist und den sakralen Teil der Königserhebung beschreibt.

„Mainzer Ordo“, Drehbuch der Krönung, erklingt im Alten Dom

Und dieser „Mainzer Ordo“ wird am 24. Mai 2024 um 19.00 Uhr im Alten Dom aufgeführt, zu diesem Anlass wurde von Pfarrer Volker Truschel eigens ein liturgischer Chor, eine sogenannte Schola, ins Leben gerufen, die die Zuhörer in ungewohnte Klangwelten entführen wird. Ende Juni und Ende August wird dann das preisgekrönte Ensemble Capella Antiqua Bambergensis „klingende Fenster in längst vergangene Zeiten“ öffnen: Auf über 30 historischen Instrumenten werden dann Kompositionen der besten Musiker des Hochmittelalters zu Gehör gebracht, von Walter von der Vogelweide bis zu Meister Frauenlob.

Der Alte Dom St. Johannis ist heute eine eher unscheinbare Kirche. - Foto: gik
Der Alte Dom St. Johannis ist heute eine eher unscheinbare Kirche. – Foto: gik

Es ist die Musik der Kaiser und Könige, vor denen die berühmten Liedermacher des höfischen Minnesangs performten – sie zogen damals den ganzen Hofstaat in ihren Bann und waren die gefeierten Popstars ihrer Zeit. Flankierend wird der Schauspieler Udo Schenk als Dietmar von Merseburg in begleitenden Texten die Zeit beleuchten, und von mächtigen Kaisern und ihrer starken Ehefrauen berichten. Und schließlich rundet ein ökumenisches Chorprojekt von Altem Dom und Mainzer Dom mit einem Festkonzert am 3. Oktober das musikalische Programm zum Krönungsjahr ab: Aufgeführt wird Felix Mendelssohn Bartholdys LOBGESANG, der Psalmen vertont hat, die auch in der Krönung Konrads II. gesprochen wurden.

In der zweiten Jahreshälfte erwartet die Besucher dann noch das Kunstprojekt „KRONE MENSCH WÜRDE“, bei dem der Künstler Bruder Stephan Oppermann aus Maria Laach eine Kronenlandschaft aus Keramik im Alten Dom schaffen wird – auf jedem der alten Gräber wird dann eine eigene Krone stehen, ergänzt von Texten und Zitaten wichtiger Zeitgenossen zur Frage nach der Menschenwürde. „Damit schlägt das Projekt den Bogen vom historischen Ereignis der Krönung hin zu Fragen nach Wert und Würde aller Menschen in Theologie und Gesellschaft“, heißt es in der Ankündigung weiter.

Bitte App mitbringen! Dann erscheint auch Euch König Konrad II. auf dem Telefon. - Foto: gik
Bitte App mitbringen! Dann erscheint auch Euch König Konrad II. auf dem Telefon. – Foto: gik

„Aus christlicher Sicht kommt jedem Menschen die gleiche Würde zu, egal ob König oder Pommesverkäufer“, betont Kristian Körver, Pfarrer für Stadtkirchenarbeit an der Johanniskirche: Das Kunstprojekt KRONE MENSCH WÜRDE wolle sich genau damit auseinandersetzen. „Vor 1000 Jahren wurde König Konrad II. in Mainz gekrönt, und vor 75 Jahren wurde das Grundgesetz für die Bundesrepublik in Kraft gesetzt“, betonte Körver: „Diese zwei historischen Ereignisse setzen wir mit unserem Kunstprojekt in eine produktive Spannung.“ Die Ausstellung wird am 15.9.2024 mit einer Vernissage eröffnet.

Am Jubiläumstag der Krönung, dem 8. September, wiederum findet passenderweise der Tag des offenen Denkmals statt, dann wird sich der Alte Dom dem Thema „HEUTE EIN KÖNIG!“ widmen – und zwar gemeinsam mit dem Dommuseum: „Zum deutschen König wird man nicht geboren, sondern gemacht – und dazu bedarf es eines Koronators“, betonte denn auch dessen Direktor Wilhelmy: Am sogenannten Aribo-Wochenende weder das Dommuseum den ehrwürdigen Erzbischof präsentieren, denn dort gibt es sowohl den Sarkophag Aribos als auch seine Insignien wie den Erzbischofring zu bestaunen – Parallelen zu Erkanbald inklusive.

Info& auf Mainz&: Das gesamte Programm zum Krönungsjahr Konrads II. könnt Ihr hier auf der Homepage des Alten Dom zu Mainz nachschlagen – es ist wirklich umfangreich. Vernissage der Installation „Die Kröäung“ ist am 17. März 2024 um 15.00 Uhr, danach ist der Alte Dom St. Johannis jedes Wochenende zu den Zeiten der Offenen Kirche geöffnet: Also samstags 11.30 bis 15.30 Uhr und sonntags 15.00 bis 17.00 Uhr. Achtung&: Bitte ladet Euch die App ArtiVive im Vorfeld herunter und bringt eigene Kopfhörer fürs Handy mit! An jedem vierten Samstag, dem SaTOURday, können zudem Grundschulkinder und Familien den Dom und seine Ausstellungen in einer kostenlosen Führung erkunden.

Premiere von „SIEBEN FARBEN MACHT“ ist am 5. Mai, weitere Vorstellungstermine am 9., 11. Und 18. Mai um 19.30 Uhr. Die Termine der wissenschaftlichen Vortragsreihe sind der 12.3. um 18.00 Uhr, und der 10.4., 8.5., 12.6., 10.7., 14.8., 4.9., 16.10. jeweils um 19.00 Uhr.