Fast die Hälfte der Lebensmittelabfälle in Privathaushalten ist vermeidbar, darauf weist nun die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz hin. Der Anlass: Die bundesweite Aktionswoche gegen Lebensmittelverschwendung vom 29. September bis 6. Oktober 2022. Jeder und jede Deutsche verursacht demnach im Jahr rund 78 Kilogramm Lebensmittelabfälle – gerade diesen Zeiten der hohen Inflation ist das nicht nur ein Ärgernis, sondern auch bare Geldverschwendung. Die Verbraucherzentrale gibt deswegen Tipps gegen Verschwendung und bietet diverse Aktionen in der kommenden Woche an.

Gemüse und Eier an einem Stand auf dem Mainzer Markt. - Foto: gik
Gemüse und Eier an einem Stand auf dem Mainzer Markt. – Foto: gik

2019 hatte die Bundesregierung eine „Nationale Strategie gegen Lebensmittelverschwendung“ vorgestellt, das Ziel: Die Lebensmittelabfälle sollen bis 2030 halbiert werden. Denn allein vom Anbau bis zum Teller entstehen schon jedes Jahr rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle in Deutschland, so die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, die zudem kritisiert: Die Politik setze dabei allein auf Freiwilligkeit der Wirtschaft.

„Noch sind es eher wenige Unternehmen, die mit wirksamer Abfallreduzierung vorangehen“, klagen die Verbraucherschützer. Zudem gebe es noch „erhebliche Datenlücken“ etwa im Bereich der Lebensmittelverarbeitung. Trotzdem solle der Weg der Freiwilligkeit weiter fortgesetzt werden: „Statt verbindlicher Abfallquoten gibt es Dialogforen und Projekte“, kritisierten die Verbraucherschützer schon im April: Schnelle Ergebnisse seien so „erst einmal nicht zu erwarten.“

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Vermeidbare Lebensmittelabfälle in Privathaushalten. - Grafik: GfK-Studie 2017
Vermeidbare Lebensmittelabfälle in Privathaushalten. – Grafik: GfK-Studie 2017

Dabei würde die Vermeidung von Lebensmittelabfällen nicht nur Ressourcen schonen, sondern auch rund sechs Millionen Tonnen CO2-Emissionen in Deutschland einsparen, rechnet die Verbraucherzentrale in einem Dossier vor: Das wäre „ein bedeutender Beitrag zum Klimaschutz.“ Studien zufolge entfallen von insgesamt 12 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle in Deutschland auf die einzelnen Bereiche:

  • 12 % auf die Landwirtschaft,
  • 18 % auf die Verarbeitung,
  • 4 % auf den Handel
  • 14 % auf die Außer-Haus-Verpflegung und
  • 52 % auf die privaten Haushalte.

„Es wird deutlich: Lebensmittelverschwendung geht die gesamte Wirtschaft vom Anbau bis zum Handel an“, bilanziert die Verbraucherzentrale. Ganz zuvorderst aber stehen natürlich die Verbraucher, die für mehr als die Hälfte der Verschwendung verantwortlich sind. Das ist nicht einmal böser Wille: In den privaten Haushalten entstehen jedes Jahr rund 6 Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle, das sind pro Bundesbürger rund 75 Kilogramm.

 

Ein Großteil der Abfälle ist jedoch den Experten zufolge unvermeidbar, da er aus Küchenabfällen, Schalen, Knochen und anderen nicht essbaren Teilen besteht – 56 Prozent der Privatabfälle, rund 3,14 Millionen Tonnen entfallen auf diesen Bereich. Damit bleibt aber immer noch eine relevanten Menge an Lebensmitteln, die unnötigerweise im Abfall landet: 38 Prozent sind verdorbenes Obst und Gemüse, 25 Prozent sind Speisereste oder abgelaufene Fertiggerichte, 16 Prozent verdorbenes Brot und Backwaren.

Verbraucher werfen Lebensmittel von 20 Milliarden Euro weg

Verdorbenes Obst landet besonders oft im Müll. - Foto: gik
Verdorbenes Obst landet besonders oft im Müll. – Foto: gik

Die Verbraucher werfen damit auch jedes Jahr Lebensmittel im Wert von circa 20 Milliarden Euro weg – ein enormer Batzen. Die Aktion „Zu gut für die Tonne“ will deshalb schon seit 2012 dafür sensibilisieren, bewusst mit Lebensmitteln umzugehen und Abfälle zu reduzieren. Neuen Schwung für die Kampagne soll nun die bundesweite Aktionswoche Ende September bringen – in Zeiten der Preisexplosionen auch bei Lebensmitteln ein willkommener Anlass, die eigenen Konsumgewohnheiten einmal zu überprüfen.

Hauptgrund ist nämlich meist die eigene Haushaltsführung:

  • Weil zu viel gekocht wurde, und die Reste nicht weiterverwendet, sondern entsorgt werden.
  • Weil im Kühlschrank wegen Unübersichtlichkeit und Fülle Produkte vergessen werden und verderben
  • Obst oder Gemüse falsch gelagert wird und sich der Schimmel breitmacht.
  • Lebensmittel, die das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht oder überschritten haben, fälschlicherweise direkt in der Tonne landen – und zwar ohne dass geprüft wird, ob sie noch verzehrfähig sind.
  • zu viel eingekauft wurde, so dass Lebensmittel verderben bevor sie verzehrt werden konnten.

 

Nur 6,8 Prozent werden wegen Mindesthaltbarkeitsdatum entsorgt

Dabei steht nach Angaben der Verbraucherzentrale nicht einmal das Problem mit dem Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) im Vordergrund: Nur 6,8 Prozent der Verbraucher werfen Lebensmittel wegen Überschreitung des MHDs weg, so eine Studie. Oft sind es junge Erwachsene unter 30 Jahren, oft wegen mangelndem Wissen: Viele Lebensmittel können auch nach Ablauf des Datums noch verwendet werden – vor dem Entsorgen sollte man immer erst prüfen, ob das Produkt noch verwendet werden kann.

Bewusster einkaufen, weniger bestellen, Reste verwerten - Tricks zum Lebensmittel-Sparen. - Foto: privat
Bewusster einkaufen, weniger bestellen, Reste verwerten – Tricks zum Lebensmittel-Sparen. – Foto: privat

Aber auch Verbraucher mit überdurchschnittlichem Einkommen und mit hohem Bildungsgrad neigten eher dazu, Lebensmittel einfach zu entsorgen, klagt die Verbraucherzentrale: „Die Wertschätzung für Lebensmittel ist bei vielen Menschen verloren gegangen.“ Das habe auch daran gelegen, dass Lebensmittel in Deutschland in den vergangenen Jahren immer billiger wurden – das ändert sich mit der galoppierenden Inflation nun gerade.

Die Verbraucherschützer appellieren deshalb nun: 33 Kilogramm Lebensmittel könnten jedes pro Kopf weniger verschwendet werden. Damit entspreche eine Halbierung der Lebensmittelabfälle „einer Abfallvermeidung von durchschnittlich 47 Gramm am Tag und 17 Kilogramm im Jahr“, rechnen die Verbraucherschützer vor: „Das scheint nicht unmöglich und tatsächlich erreichbar.“ Verbraucher könnten dazu ihren Beitrag leisten, indem sie:

  • Einkaufszettel verwenden
  • Packungsgrößen beachten
  • Lebensmittel bewusst auswählen & Reste verwerten
  • richtig kühlen & gut lagern
  • Haltbarkeit beachten & regelmäßig Vorräte kontrollieren
  • maßvoll bei Lieferdiensten bestellen

 

Lebensmittel richtig lagern, Restegerichte zaubern

„Jede und jeder Einzelne kann einen Beitrag gegen die Lebensmittelverschwendung leisten“, appelliert Waltraud Fesser von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz: Mahlzeiten richtig planen, Einkaufszettel schreiben und so Impulskäufe beim Einkauf vermeiden. Auch auf die richtige Packungsgröße im Supermarkt zu achten lohnt sich, damit nicht zu viel eingekauft wird und Lebensmittel dann verderben.

„Zuhause ist die korrekte Lagerung entscheidend, damit die Lebensmittel möglichst lange frisch bleiben“, rät Fesser weiter. Die Butter gehört etwa in die Kühlschranktür, die Tomaten in eine Schale außerhalb des Kühlschranks, und die Kartoffeln möglichst kühl und lichtgeschützt – am besten im Keller. Aus Resten im Kühlschrank lassen sich oft leckere Restegerichte zaubern. Noch mehr solcher Tipps gibt’s am Donnerstag, den 6. Oktober 2022 um 17.00 Uhr in einem Web-Seminar mit dem Titel „Genießen statt wegwerfen“. In rund 90 Minuten erfahren Interessierte, wie sie Lebensmittel retten können – und so bares Geld sparen

Info& auf Mainz&: Mehr Tipps und Kniffe gibt’s im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche gegen Lebensmittelverschwendung vom 29. September bis zum 06. Oktober 2022, die Verbraucherzentralen bieten dann spannende Workshops und Aktionen rund um das Thema an. Viele Tipps und alle Infos aus diesem Artikel findet Ihr zudem bei der Verbraucherzentrale hier im Internet.