Am Freitag beginnen in Rheinland-Pfalz die Sommerferien, und normalerweise bekommen dann die Schüler die Zeugnisse – die Landesschülervertretung (LSV) dreht den Spieß nun um: Die Schülersprecher geben der Politik Hausaufgaben in die Ferien mit. Ganz oben auf der Liste: Eine deutlich bessere Vorbereitung auf den anstehenden Corona-Herbst. Obwohl Deutschland mitten in einer Sommerwelle stecke, werde „nichts dafür getan, sich frühzeitig auf den Herbst vorzubereiten“, klagt die LSV. Auch müsse in den Schulen mehr für die mentale Gesundheit getan werden.

Corona-Inzidenzen in Deutschland aktuell am 19. Juli 2022 laut RKI: Lila bedeutet über einer Inzidenz von 1.000. - Screenshot: gik
Corona-Inzidenzen in Deutschland aktuell am 19. Juli 2022 laut RKI: Lila bedeutet über einer Inzidenz von 1.000. – Screenshot: gik

Deutschland erlebt keinen unbeschwerten Sommer mit verschwindend geringen Corona-Inzidenzen, ganz im Gegenteil: Durch Mainz, durch Rheinland-Pfalz, durch Deutschland rast derzeit eine enorme Corona-Welle mit hohen Ansteckungsraten und einem erheblichen Krankheitsgeschehen. In Mainz liegt die Sieben-Tage-Inzidenz mittlerweile stabil über 1.000, Experten gehen indes davon aus, dass die Dunkelziffer zwei oder gar dreimal höher liegt. 160.000 Coronafälle meldete das Robert-Koch-Institut am Dienstag – und 102 Todesfälle binnen 24 Stunden. Und längst werden nicht mehr alle Fälle erfasst.

Die Politik tut derweil so, als wäre sie nicht Zuhause: Maßnahmen gegen die Corona-Welle sucht man in Bund, Land und Stadt vergebens, bei  Anfragen wird auf den Herbst verwiesen. Doch auch für den Herbst sind die bevorstehenden Corona-Maßnahmen bislang völlig unklar: Kommt die Maskenpflicht in Innenräumen zurück? Wird es neue Zugangsbeschränkungen mit Coronatests geben – und wer bezahlt die dann? Die Politik hat die kostenlosen Bürgertests zum 1. Juli 2022 abgeschafft, viele Testcenter haben seither geschlossen. Wie diese Infrastruktur im Herbst wieder belebt werden soll – auch dazu gibt es keinerlei Konzepte.

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„Obwohl wir uns aktuell in der Sommerwelle befinden, die aktuelle Situation also gänzlich anders und drastischer als vor einem Jahr ist, wird nichts dafür getan, sich frühzeitig auf den Herbst vorzubereiten“, klagt nun die Landesschülervertretung (LSV) Rheinland-Pfalz. Die Schüler beschlossen daraufhin: Die Politik braucht Hausaufgaben über die Ferien. Gemeinsam mit Wissenschaftlern, Experten und den Interessensvertretungen fordere man „frühzeitige und transparente Pläne für den Umgang mit Corona in Schulen zu erstellen“, sagte LSV-Sprecher Colin Haubrich.

Wie wird der Corona-Herbst? Die LSV RLP kritisiert: Die Politik bereitet Schulen und Kitas erneut nicht auf die nächste Corona-Welle vor. - Foto: gik
Wie wird der Corona-Herbst? Die LSV RLP kritisiert: Die Politik bereitet Schulen und Kitas erneut nicht auf die nächste Corona-Welle vor. – Foto: gik

„Der Infektionsschutz darf nicht abhängig vom Geldbeutel der Eltern sein“, fordert die LSV zudem. Deshalb fordern die Schülervertreter die Bereitstellung ausreichender FFP2-Masken und Selbsttests für Schüler, Lehrkräfte und alle weiteren am Schulleben Beteiligten. „Grundsätzlich gilt: Die Impfung ist unser Weg aus der Pandemie“, unterstreicht Haubrich weiter: „Wir müssen also weiterhin verstärkt Impfangebote auch für Kinder- und Jugendliche bieten!“

Bereits im April hatte der Landeselternbeirat Parteien im Mainzer Landtag sowie im Bildungsministerium eine Petition mit mehr als 12.000 Unterschriften übergeben: Die Petition forderte, Schulen und Kitas für die Zukunft sicher zu machen – mit mobilen Luftfiltern. „Wir haben vor zwei Jahren auch schon mal gedacht, Corona ist vorbei – das stimmte auch nicht“, sagte Reiner Schladweiler, Sprecher des Landeselternbeirats, bei der Übergabe. Deshalb forderten die Eltern auch weiter Luftreiniger für alle Klassenzimmer und alle Kitas, denn die würden ja zusätzlich auch gegen Grippeviren, Giftstoffe sowie Allergieauslöser in der Luft helfen. Reaktion aus dem Mainzer Bildungsministerium: keine.

 

Die Schüler fordern nun nicht nur Vorsorge gegen Corona, es brauche auch deutlich mehr Unterstützung im Bereich mentale Gesundheit. Es brauche eine umfassende Versorgung von Schulsozialarbeitern an allen Schulen in Rheinland-Pfalz, fordert die LSV. „Die Belastungen der Corona-Pandemie waren und sind hoch, der Leistungs- und Notendruck enorm“, betonen die Schülervertreter. Es müsse „nun endlich auch der Fokus“ auf Kinder und Jugendliche gelegt werden.

Mehr Schulsozialarbeiter, mehr Lüftungsanlagen - Schüler und Eltern vermissen eine Vorbereitung auf den Herbst und die nächsten Coronawellen. - Foto: Mainz&
Mehr Schulsozialarbeiter, mehr Lüftungsanlagen – Schüler und Eltern vermissen eine Vorbereitung auf den Herbst und die nächsten Coronawellen. – Foto: Mainz&

Konkret fordert die LSV eine umfassende Versorgung mit Schulsozialarbeitern, und zwar finanziert von Land und Bund. Gerade verschuldete Kommunen könnten die Schulsozialarbeit, die ja eine freiwillige Leistung sei, nicht allein finanzieren, heißt es weiter.

„Neben der Schulsozialarbeit an Schulen muss langfristig dringend die Therapeutenversorgung in der Kinder- und Jugendpsychologie massiv ausgebaut und erweitert werden“, so die Forderung der Schüler weiter: „Die Probleme sind jetzt vorhanden und jetzt akut.“ Wenn eine Person etwa ein Bein gebrochen habe, brauche diese ja auch sofort eine Behandlung, und nicht erst in mehreren Wochen oder Monaten.

 

„Uns ist bewusst, dass Forderungen wie der landesweite Ausbau von mehr Schulsozialarbeitern nicht innerhalb von sechs Wochen vonstattengehen kann“, sagte Stella McColgan vom LSV-Vorstand. Der Mangel bestehe aber schon so lange, nun fordere die LSV konkrete Maßnahmen von der Landesregierung, um das Problem endlich anzugehen. „Was allerdings innerhalb von sechs Wochen machbar wäre, ist die Bereitstellung an FFP2-Masken für alle im Schulalltag, aber auch die Corona-Tests“, sagte McColgan. Auch einen „Grundstock an Schulsozialarbeit kann man in dieser Zeit legen – dafür muss nur eben jetzt gehandelt werden“, forderte sie.

Kommen Coronatest und Maske nach den Ferien in die Schulen zurück? Die LSV RLP fordert das - als Sicherheit gegen Corona-Ansteckungen. - Foto: dpa
Kommen Coronatest und Maske nach den Ferien in die Schulen zurück? Die LSV RLP fordert das – als Sicherheit gegen Corona-Ansteckungen. – Foto: dpa

„Nur wenn jetzt endlich mal der Fokus auf die jungen Generationen gelegt wird, ausreichend psychologische Unterstützung niedrigschwellig zur Verfügung gestellt wird und wir uns vorausschauend vorbereiten, kann das nächste Schuljahr besser werden“, sagte Haubrich. Die vergangenen beiden Jahre seien „enorm belastend gewesen, ein solches drittes Jahr würde eine weitere Verschlimmerung der Situation bei Kindern und Jugendlichen in Hinblick auf Depressionen, Angst- und Essstörungen und suizidale Gedanken bedeuten“, warnte er: „Liebe Politik, beachtet uns endlich!“

Info& auf Mainz&: Die ganze Geschichte zur Petition für Luftfilter in Schulen und Kitas lest Ihr hier bei Mainz&.