Das Verbannen der Fernsehfastnacht „Mainz bleibt Mainz“ wurde am Freitagabend zur Posse: Die Mediathek des ZDF brach offenbar unter dem Ansturm derer zusammen, die trotz der aktuellen Lage die Fastnachtssitzung schauen wollten – das ZDF hatte den Bedarf an politischer Fastnacht ganz offenbar unterschätzt. Stattdessen zeigte der Sender auf dem Mainzer Lerchenberg einen Krimi der „Soko“-Reihe – mit Mord und viel Gewalt. Das stieß ebenso auf scharfe Kritik wie die Tatsache, dass das ZDF Hunderttausende Senioren ohne Internet und Mediathek-Zugang komplett ausgeschlossen hat. Nun antwortete das ZDF auf eine Anfrage von Mainz&.

Fehlermeldung zur Sendung "Mainz bleibt Mainz" in der ZDF-Mediathek am Freitagabend. - Foto: gik
Fehlermeldung zur Sendung „Mainz bleibt Mainz“ in der ZDF-Mediathek am Freitagabend. – Foto: gik

Wegen des Kriegsausbruchs in der Ukraine hatte das ZDF am Donnerstagabend kurzfristig beschlossen, die traditionelle Fernsehfastnacht „Mainz bleibt Mainz“ nicht im Hauptabendprogramm zu zeigen. Stattdessen wurde die bereits fertig produzierte und an zwei Abenden aufgezeichnete Sendung ab 20.15 Uhr in die ZDF-Mediathek gestellt – das sorgte bei vielen Fernsehzuschauern für Verwirrung. Denn der Fernsehsender hatte die Änderung nicht einmal via Pressmitteilung angekündigt und in vielen Fernsehprogrammen war die Sendung noch aufgeführt.

Offenbar hatte das ZDF zudem völlig unterschätzt, wie viele Zuschauer trotz Kriegsschrecken – oder vielmehr: gerade deswegen – „Mainz bleibt Mainz“ trotzdem gucken wollten: Kurz nach der Veröffentlichung des Videos brach die Mediathek unter dem Ansturm der Zuschauer offenbar zusammen. Viele Nutzer bekamen Meldungen wie „Das Video ist nicht verfügbar“, zeitweise verschwand der Link zur Sendung gleich komplett aus der Mediathek. Nur wer pünktlich um 20.15 Uhr das Video gestartet hatte, kam problemlos rein – danach ging erst einmal nichts mehr.

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Verärgerte Reaktionen von Fernsehzuschauern am Freitagabend auf Twitter. - Foto: gik
Verärgerte Reaktionen von Fernsehzuschauern am Freitagabend auf Twitter. – Foto: gik

Die Zuschauer reagierten hochgradig verärgert: „Entweder läuft der Trailer oder es kommt die Fehlermeldung … Danke ZDF für nichts“, kommentierte eine Zuschauerin, andere kritisierten: „Dafür zahle ich jetzt Gebühren….“ Erst gut eine Stunde später war der Link in der Mediathek zur Sendung wieder verfügbar, die Zuschauer brauchten viel Geduld und mehrere Anläufe, das sorgte für diverse „Uiuiui“s und „Auauau“s in den sozialen Netzwerken.

Auf scharfe Kritik stieß zudem die Tatsache, dass das ZDF statt „Mainz bleibt Mainz“ ausgerechnet einen Krimi der SOKO-Reihe zeigte – Mord und Gewalt inklusive. Sei das etwa „ein den Kriegsereignissen angemessene Programm-Alternative“, fragte Matthias Knödler auf Twitter: „Wer entscheidet so etwas?“ Andere fragten, warum eigentlich eine Sendung wie „Mainz bleibt Mainz“ nicht live gezeigt worden sei, „eine Sendung, die so viel Haltung zur Meinungsfreiheit und positive Haltung verkörpert“, wie ein „Klaus“ auf Twitter schrieb – die Fastnachtssitzung habe so viele „aktuelle Themen und klare Statements zur Demokratie in Deutschland und vor allem in Europa“ enthalten.

Scharfe Kritik an der Entscheidung des ZDF, "Mainz bleibt Mainz" in die Mediathek zu verbannen. - Foto: gik
Scharfe Kritik an der Entscheidung des ZDF, „Mainz bleibt Mainz“ in die Mediathek zu verbannen. – Foto: gik

Besonders der Vortrag von Lars Reichow mit seinen überaus klaren Ansagen in Richtung des russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner Aggression gegenüber der Ukraine  fanden großen Beifall, sowohl im Saal als auch vor den Fernsehbildschirmen. „Putin hat keine Angst vor der Nato, er hat Angst vor Demokraten in seiner Nachbarschaft – Demokratie ist nämlich ansteckend“, sprach der Kabarettist Klartext in seinem „Fastnachtsjournal“, und betonte: „Aber diese Angst können wir ihm nicht nehmen: die Freiheit von Menschen ist für uns nämlich nicht verhandelbar. Und auch unsere Fastnacht ist ein Ausdruck von Freiheit – und den werden wir niemals aufgeben.“

„Den kritischen Stimmen der politischen Fastnacht die Reichweite nehmen, und das Brauchtum auf Feierei reduzieren – und das von einem Sender, der in Mainz sitzt“, kritisierte eine „Carolin“ auf Twitter: „Unfassbar!“ Und andere kommentierten: „Die Welt wird nicht friedlicher, wenn weniger gelacht wird…“

 

Für Ärger sorgte zudem, dass das ZDF mit seiner Verbannung von „Mainz bleibt Mainz“ in die Mediathek Hunderttausende von betagten Senioren von der Möglichkeit ausschloss, die Fernsehsitzung überhaupt schauen zu können. Viele Senioren haben gar kein Internet und auch keinen Zugang zur ZDF-Mediathek: „Wir schauen die Sitzung jetzt seit den 1950er Jahren, seit 60 Jahren also“, berichtete eine 85-Jährige, sie habe selbst den Krieg erlebt – und hätte nun gerade deswegen einige Stunden Ablenkung sehr begrüßt. Angeboten habe das Fernsehen stattdessen praktisch nur Krimis auf allen Kanälen, „ich konnte das nicht schauen“, berichtete sie enttäuscht.

Post der Grünen Simone Peter auf Twitter zu "Mainz bleibt Mainz" - und zu Eltern, die den Krieg noch selbst erlebt haben. - Foto: gik
Post der Grünen Simone Peter auf Twitter zu „Mainz bleibt Mainz“ – und zu Eltern, die den Krieg noch selbst erlebt haben. – Foto: gik

Vom Mainzer ZDF hieß es am Samstag auf Mainz&-Anfrage lediglich, es habe „bei der Ausspielung der Mediathek technische Schwierigkeiten“ gegeben, „Teile des Publikums konnten vor allem neuere Videos temporär nicht abrufen.“ Dies habe auch die Sendung „Mainz bleibt Mainz, wie es singt und lacht“ betroffen. Die Frage, wie viele Zuschauer die Fernsehsitzung in der Mediathek aufrufen wollten und am Ende gesehen haben, beantwortete das ZDF nicht. „Nach 22.10 Uhr war das Problem behoben“, teilte der Sender weiter mit, seither sei „Mainz bleibt Mainz“ über alle Ausspielwege der Mediathek verfügbar. Die genauen Ursachen für den Vorfall würden noch untersucht.

Einen Vorschlag von KCK-Präsident Dirk Loomans, die Sendung doch noch im linearen Fernsehen auszustrahlen – etwa auf einem der Spartensender des ZDF, lehnte der Sender indes ab: „Das ZDF hatte entschieden, aus Rücksichtnahme auf den Krieg in der Ukraine auf die lineare Ausstrahlung der Sendung zu verzichten“, heiß es lediglich. Stattdessen „wurde das Informationsangebot am Abend ausgeweitet und um „Soko Leipzig“ ergänzt“. Eine lineare Ausstrahlung zu einem späteren Zeitpunkt sei nicht geplant.

„Liebes ZDF“, schrieb ein Twitter-Nutzer am Freitagabend, „wenn Euer Server zusammenbricht, weil ihr ‚Mainz bleibt Mainz‘ in die Mediathek verbannt habt, ist das auch eine Abstimmung mit der Fernbedienung.“ Dass eine Unterhaltungssendung wie „Let’s Dance“ gesendet worden sei, störe offenbar niemanden, kritisierte „PrinterAngel“ weiter: „Und da gab es kein Fastnachtsjournal….“

Info& auf Mainz&: Mehr zur Entscheidung des ZDF, die Fastnachtssitzung nicht im Abendprogramm auszustrahlen, lest Ihr hier auf Mainz&. Warum „Mainz bleibt Mainz“ eine Ausstrahlung verdient hätte, und welche Tradition die Mainzer Fastnacht als Trösterin der Menschen in schweren Zeiten hat, lest Ihr hier bei Mainz&.