UPDATE& — Die Kurve der Corona-Neuinfektionen kennt nur noch eine Richtung: steil nach oben. In Mainz meldet das Gesundheitsamt am Dienstag eine Sieben-Tage-Inzidenz von 738,8, am Mittwoch gar von 840 – so hoch war die Inzidenz seit Beginn der Corona-Pandemie nicht. Mainz ist damit inzwischen der Corona-Hotspot von Rheinland-Pfalz – im benachbarten Hessen zählt man allerdings noch ganz andere Werte: Die Nachbarstadt Wiesbaden meldete am Dienstag eine Inzidenz von 919, die Stadt Frankfurt liegt gar mit einer Inzidenz von 1.220 und mehr als 9300 neuen Fällen binnen einer Woche bundesweit auf Platz sechs der höchsten Infektions-Inzidenzen.
Damit rollt die Omikron-Welle nun schlagartig durch das Rhein-Main-Gebiet: Allein in Mainz meldete das Gesundheitsamt binnen 24 Stunden 362 Neuinfektionen, im Landkreis Mainz-Bingen waren es 230 – das waren die Zahlen am Dienstag. Damit stiegen die Sieben-Tage-Inzidenzen auf neue, noch nie dagewesen Rekordhöhen: 619,3 im Landkreis und erhebliche 738,8 in Mainz. Die Landeshauptstadt ist damit inzwischen der Corona-Hotspot Nummer eins von Rheinland-Pfalz und hat Kaiserslautern mit 679,3 auf den zweiten Platz verdrängt. Landesweit beträgt die Infektionsinzidenz inzwischen 438.
UPDATE&: Am Mittwoch drehte sich die Spirale weiter, binnen 24 Stunden waren noch einmal 324 neue Fälle in der Stadt Mainz und 284 Neuinfektionen im Landkreis Mainz-Bingen hinzugekommen, wir ergänzen deshalb unseren Artikel vom Dienstag direkt mal mit den neuesten Zahlen. Die Sieben-Tage-Inzidenz schnellte in Mainz auf 840 hoch, im Landkreis auf 674 – landesweit liegt sie nun bei 487,5. Damit hat der exponentielle Anstieg der Omikron-Welle begonnen – die „Omikron-Wand“ baut sich gerade auf.
Die neue Omikron-Variante gilt noch einmal als deutlich ansteckender als die ohnehin schon sehr aggressive Delta-Variante, Omikron macht inzwischen bereit 87 Prozent der Infektionen im Land aus. Gleichzeitig scheint Omikron bisher für leichtere Verläufe der Krankheit Covid-19 zu sorgen, ganz sicher ist das aber noch nicht: Da inzwischen mehr als 70 Prozent der Menschen im Land geimpft, und sogar 49 Prozent geboostert sind, kann auch die Corona-Impfung dafür sorgen, dass schwere Verläufe ausbleiben. Harmlos ist Omikron aber weiter nicht: Die Hospitalisierungsinzidenz in Rheinland-Pfalz sprang binnen eines Tages von 2,85 auf 3,34 (Stand: Dienstag, 18. Januar) – damit müssen nun wieder mehr Menschen wegen einer Corona-Erkrankung ins Krankenhaus als zuletzt.
Daten aus der Schweiz zeigten zuletzt aber noch einmal: „An Covid versterben kaum Geboosterte und sehr wenig Geimpfte“, twitterte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Montag: Es seien die Ungeimpften, die das überwältigend hohe Risiko hätten, „und die wir schützen müssen.“ Ihm sei im Übrigen „lieber, wir schützten sie durch eine allgemeine Impfpflicht, als im Herbst wieder durch Beschränkungen für alle“, fügte Lauterbach hinzu. Die SPD will zwar die allgemeine Impfpflicht, kann sich in der neuen Ampel-Koalition aber offenbar nicht gegen den Koalitionspartner FDP durchsetzen – die Einführung verzögert sich deshalb derzeit stark, weil nun der Deutsche Bundestag den Prozess federführend auf den Weg bringen soll.
Lauterbach warnte auf Twitter aber ebenfalls: Neue Daten aus Großbritannien zeigten „bei Kindern erschreckende Werte.“ Jüngste Studien belegen demnach einen hohen Anstieg von Krankenhauseinweisungen bei Kindern durch die Omikron-Variante, in den vergangenen drei Wochen seien mit 1598 Kindern mehr Kinder in Krankenhäuser gekommen, als in der gesamten ersten Welle von März bis August 2020 zusammen, heißt es in einer Grafik, die Lauterbach mit seinem Tweet zusammen verbreitete.
Tatsächlich explodieren derzeit auch die Infektionszahlen in Kitas und Schulen: Binnen einer Woche sei die Zahl der Corona-Fälle unter Kitakindern in Rheinland-Pfalz um 650 Prozent gestiegen, warnte nun der Kita-Fachkräfteverband. Die Zahl der infizierten Kinder stieg demnach bis zum 14. Januar von 91 auf 590 Fälle, es sind offizielle Zahlen des Landes. „Wir befürchten, dass in den kommenden Wochen eine verlässliche Kinderbetreuung nicht mehr gewährleistet werden kann“, sagte die Vorsitzende Claudia Theobald.
Denn auch unter dem Kita-Personal stiegen die Infektion von 60 auf 291 Fälle – das sei eine Steigerung um 470 Prozent innerhalb einer Woche, warnte Theobald. Beim Land Rheinland-Pfalz heißt es zudem, 41 von 2.600 Kitas im Land seien aktuell wegen Corona-Ausbrüchen komplett geschlossen, weitere 76 Kitas sind von Teilschließungen betroffen. Hier befänden sich einzelne Gruppen und ihre Erzieher in Quarantäne. „Immer noch wird argumentiert, dass Kitas im Infektionsgeschehen nur eine untergeordnete Rolle spielten“, kritisierte Theobald weiter: „Die Steigerung der Fälle innerhalb einer Woche spricht eine andere Sprache.“ Wenn Deutschland tatsächlich auf vierstellige Inzidenzen zusteuere, seien wegen Personalausfällen und Quarantänemaßnahmen „massive Einschränkungen bei der Kinderbetreuung“ zu befürchten.
Und auch die Schulen melden Rekordwerte: Landesweit waren zu Wochenbeginn nach Angaben des Landes 6.394 Schüler in Rheinland-Pfalz mit dem Corona-Virus infiziert, dazu 399 Lehrer. Zwei Schulen sind inzwischen ganz wegen eines Corona-Ausbruchs geschlossen, an 155 Schulen befinden sich einzelne Klassen und ihre Lehrkräfte in Quarantäne. In Mainz weist die Statistik des Landes aktuell 482 infizierte Schüler und 21 Lehrer auf, dazu kommen aber noch einmal 3.023 Verdachtsfälle bei Schülern und 92 bei Lehrern hinzu – die Zahlen beruhen auf Summenmeldungen der Schulen.
Der Kita-Fachkräfteverband fordert bereits seit Wochen vehement eine Testpflicht auch für Kita-Kinder, bislang lehnt Rheinland-Pfalz das im Gegensatz zu anderen Bundesländern strikt ab. In Hessen kritisierte die Line nun, Kultusminister Lorz (CDU) könne „nach zwei Jahren des Wegduckens nun nicht länger behaupten, die Schulen seien sicher, schließlich sind über 4500 Schülerinnen und Schüler in Quarantäne“, sagte Bildungsexpertin Elisabeth Kula: „Es war absolut vorhersehbar, dass mit der Omikron-Welle auch Kitas und Schulen massiv betroffen sein werden und es zu Ausbrüchen kommen wird, denn gerade hier sind viele junge Menschen noch ungeimpft.“
Kula forderte, das Land müsse endlich handeln, es brauche einen neuen Stufenplan sowie eine Notfallplanung, wenn Wechsel- oder Distanzunterricht drohen. „Nach fast zwei Jahren Pandemie sind noch immer keine greifbaren und längerfristigen Konzepte aus dem Kultusministerium heraus entstanden“, kritisierte Kula. Schulen, Schüler und Eltern würden „nach wie vor alleine gelassen, Nachfragen sind unerwünscht, Luftfilter rar gesät.“ Der Frust der Betroffenen sei „nicht nur auf die anhaltende Pandemie, sondern auch auf den mangelhaften Umgang damit von Seiten des Ministeriums zurückzuführen.“
Info& auf Mainz&: Auch in Rheinland-Pfalz schlägt die Wut auf Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) immer wieder hohe Wellen – zuletzt beim Thema Testpflicht für Kitas, mehr dazu lest Ihr hier auf Mainz&. Eine Studie der Universität Würzburg hatte jüngst ergeben: Coronatests können Infektionswellen in Kitas wirksam vorbeugen helfen – mehr dazu lest Ihr hier bei Mainz&.
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