Sie war legendär und eine Herzenssache: die Privatbibliothek des früheren Mainzer Kardinals Karl Lehmann. Mehr als 40.000 Bücher soll die Sammlung des 2018 verstorbenen Mainzer Kardinals enthalten, nun geht ein Teil seiner Bücher nach Berlin: rund 12.000 theologische Schriften erhält das erst 2019 gegründete Institut für Katholische Theologie (IKT) an der Berliner Humboldt-Universität als Schenkung. Der Umzug der Lehmann-Bibliothek macht den Weg frei für dringend notwendige Umbauarbeiten: Das alte Bischofshaus in Mainz wird umfassend modernisiert und bekommt dann wieder einen Bischof als Bewohner – 2022 soll hier der aktuelle Mainzer Bischof Peter Kohlgraf einziehen.

Kardinal Karl Lehmann 2008 in seiner geliebten Bibliothek im Mainzer Bischofshaus. - Foto: Nichtweiß/ BO
Kardinal Karl Lehmann 2008 in seiner geliebten Bibliothek im Mainzer Bischofshaus. – Foto: Nichtweiß/ BO

Als Karl Lehmann im Herbst 1983 zur Übernahme des Bischofsamtes nach Mainz zog, brachte er bereits erhebliche Bücherbestände von seinem früheren Wohnort in Bollschweil bei Freiburg mit, weiß man im Bischöflichen Ordinariat zu berichten – Lehmann war schon immer ein Büchernarr und ein leidenschaftlicher Wissenschaftler, der sich nächtelang in Bücher vertiefen konnte. Lehmann las die Werke nicht nur, er nutzte sie auch für seine Arbeit: Mehr als 30 Bücher, dazu unzählige theologische Schriften verfasste Lehmann zu seinen Lebzeiten, seine Bibliothek in Mainz wuchs und wuchs.

In Mainz erzählte man sich gerne, der Kardinal könne keinen Buchladen ohne einen Stapel neuer Bücher verlassen, dazu kamen unzählige Buchgeschenke – Lehmann habe trotz all der Fülle immer genau gewusst, wo ein Buch zu finden war, berichtet sein Nachlassverwalter, Weihbischof Udo Bentz. Zugleich sei die Bibliothek stets aktuell gehalten worden, doppelt vorhandene Bücher wurden abgegeben, überholte Bücher immer wieder aussortiert sowie einige ältere Bestände als Dauerleihgabe ausgelagert. Das hielt die Bibliothek nicht davon ab, weiter zu wachsen: mehr als 40.000 Bücher umfasste die Sammlung am Ende, mindestens.

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Das Mainzer Bischofshaus auf dem Gelände am Bischofsplatz. - Foto: Bistum Mainz
Das Mainzer Bischofshaus auf dem Gelände am Bischofsplatz. – Foto: Bistum Mainz

Lehmann wohnte seit 1983 in dem Bischofshaus am Bischofsplatz, das in den Jahren 1978 und 1979 für Kardinal Hermann Volk erbaut worden war. Lehmann lebte hier bis zu seinem Tod im Jahr 2018, auch nachdem er schon seinen Nachfolger Peter Kohlgraf zum neuen Mainzer Bischof geweiht hatte – Kohlgraf zog in einen bescheidenen Altbau unmittelbar neben dem Mainzer Dom. Nach Lehmanns Tod stellte sich dann vor allem ein Problem: Wohin mit der enormen Privatsammlung Lehmanns?

Nun ist diese Frage wenigstens zum Teil geklärt: 12.000 Bände gehen an das 2019 neu gegründete Institut für Katholische Theologie (IKT) an der Berliner Humboldt-Universität. Man habe eine Schenkung der Bestände zur katholischen Dogmatik und Ethik sowie zur christlichen Gesellschaftslehre und Pastoraltheologie vereinbart, teilte das Bistum Mainz nun mit. „Aufgrund der historischen Situation sind unsere theologischen Bibliotheksbestände bisher vor allem evangelisch ausgerichtet“, freute sich die Präsidentin der Humboldt-Universität, Sabine Kunst. Durch die Übernahme des katholisch-theologischen Kernbestandes der Bibliothek Kardinal Lehmanns könnten nun „in idealer Weise vorhandene Lücken der Universitätsbibliothek im Bereich der katholischen Theologie geschlossen werden.“

Der Bischof und die Bücher: Auf seiner letzten Pressekonferenz als Bischof von Mainz präsentierte Lehmann noch einmal drei neue Bücher aus seiner Feder. Foto: Bistum Mainz
Der Bischof und die Bücher: Auf seiner letzten Pressekonferenz als Bischof von Mainz präsentierte Lehmann noch einmal drei neue Bücher aus seiner Feder. Foto: Bistum Mainz

„Ich bin sehr froh, dass ein großer Teil der Privatbibliothek von Kardinal Lehmann auch künftig für die Wissenschaft gute Dienste leisten wird“, betonte Weihbischof Bentz. Die Lehmann-Sammlung soll nun in der Zweigbibliothek Theologie ihren Platz finden, in den Räumen zudem eine Gedenkvitrine an den Stifter erinnern. „Das Eine sind die Bücher, die er uns vermacht hat“, sagte der Leiter des IKT, Georg Essen: „Das Andere aber ist die bleibende Erinnerung an einen großen Theologen und Religionsintellektuellen“, der sich zudem auch für den Ausbau der katholischen Theologie in Berlin stark gemacht habe.

Der Umzug der Lehmann-Sammlung macht nun den Weg frei für eine überfällige Renovierung des alten Bischofshauses – der 1970er-Jahre-Bau wurde noch nie umfassend modernisiert. Durch das Baualter seien unter anderem Brandschutzmaßnahmen und die Erneuerung der Elektro- und Sanitärinstallationen erforderlich, heißt es vom Bistum weiter, dazu sollen zwei mit dem Bischofshaus verbundene Nachbarhäuser nun wieder voneinander getrennt werden. In den Häusern in der Weihergartenstraße hatten die beiden Ordensschwestern gewohnt, die den Haushalt Lehmanns führten, auch die Wohnung des Bischöflichen Sekretärs, Gästezimmer sowie ein Teil der Bibliothek waren dort untergebracht.

Nun sollen die Häuser in der Weihergartenstraße vom Bischofshaus abgetrennt und wieder als Büros genutzt werden, auch Besprechungsräume gibt es hier sowie die Kapelle des
Bischofshauses, bei der es aktuell aber keinen Renovierungsbedarf gebe, so das Bistum weiter. „Es ist gut und sinnvoll, dass das Bischofshaus mit dem anstehenden Umbau am Bischofsplatz wieder in unmittelbare Nähe des Ordinariates kommt“, betonte Bentz – tatsächlich sei für das Haus am Bischofsplatz durch seine Lage auf dem Gelände „auch keine andere Nutzung denkbar.“

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf vor seinem bisherigen Bischofshaus in der Domstraße. - Foto: gik
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf vor seinem bisherigen Bischofshaus in der Domstraße. – Foto: gik

Kohlgrafs bisheriges Domizil, das Haus in der Domstraße, könne nun wieder aufgegeben und solle künftig wieder vermietet werden. Dem Mainzer Bischof werde nach den Umbauarbeiten im Bischofshaus eine Vier-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad zur Verfügung stehen. Je nach Baufortschritt sei mit einem Einzug von Bischof Kohlgraf allerdings nicht vor Herbst 2022 zu rechnen.

Die theologische Lehmann-Sammlung soll noch im April nach Berlin umziehen – danach bleiben aber immer noch rund 28.000 Bücher des Kardinals übrig. Die sollen nun im Sommer zunächst zur Katalogisierung nach Ingelheim in das Pfarrheim von St. Paulus ausgelagert werden. „Da allein für diese Katalogisierung ein Zeitraum von zwei Jahren veranschlagt wird, ist eine endgültige Entscheidung für den Verbleib dieses Bestandes noch nicht gefallen“, heißt es weiter.

Info& auf Mainz&: Mehr zum Leben des „Büchernarren“ und Mainzer Bischofs, Kardinal Karl Lehmann, könnt Ihr hier in unserem Nachruf zu seinem Tode aus dem Jahr 2018 lesen.

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