Am Donnerstag wurde bekannt, dass Stadtrat Mario Müller die Fraktion der Freien Wähler verlassen hat, der Vorgang hat erhebliche Konsequenzen für die Freien Wähler: Weniger Redezeit, der Verlust von Ausschusssitzen sowie von Strukturen der Geschäftsführung. Die Freie Wählergemeinschaft forderte von Müller umgehend die Rückgabe seines Mandates, doch dieser lehnt ab – und denkt über einen Beitritt zur Mainzer CDU nach.
Der aus Mainz-Ebersheim stammende Müller war erst 2024 bei der Kommunalwahl für die Freien Wähler in den Mainzer Stadtrat eingezogen, der zurückhaltende Neu-Politiker war vor allem in den Debatten um die Haushaltspolitik der Stadt Mainz aufgefallen. Der promovierte Volkswirt arbeitet im Hauptberuf fürs ZDF und gilt als ausgezeichneter Fachpolitiker, doch offenbar gab es Streit um die Herangehensweise an die Arbeit im Stadtrat. Müllers Austritt aus der Fraktion hat gravierende Konsequenzen für die Freien Wähler in Sachen Redezeit und Arbeitsorganisation. Müller hat die Fragen von Mainz& inzwischen schriftlich beantwortet, hier seine Stellungnahme:
Mainz&: Herr Müller, warum treten Sie aus der Fraktion der Freien Wähler im Stadtrat aus?

Müller: Mir ist diese Entscheidung nicht leicht gefallen. Aber in den letzten Monaten habe ich zunehmend feststellen müssen, dass eine konstruktive und sachorientierte Arbeit in der Fraktion am Ende nur noch punktuell möglich war. Zu viel Energie floss in andere Themen jenseits der eigentlichen Stadtratsarbeit – in einer kleinen Fraktion führt das zwangsläufig dazu, dass wichtige Inhalte liegen bleiben. Die Fraktion hat leider nie so recht aus dem Wahlkampfmodus herausgefunden, in dem wir uns seit der Herbst 2022 befunden haben.
Ich habe immer wieder versucht, das zu ändern, dabei aber kaum Unterstützung erhalten. Und am Ende sind wir als Stadträte vor allem Teil der Verwaltung, wir sind kein Parlament. Mainz steht aber vor großen Aufgaben, etwa beim nächsten Haushalt. Dafür möchte ich gerne weiter Verantwortung übernehmen und im Rahmen meiner Möglichkeiten einen konstruktiven Beitrag leisten.
Freie Wähler und Freie Wählergemeinschaft: Nicht dasselbe
Mainz&: Sind Sie noch Mitglied der Freien Wähler Mainz, oder sind Sie da auch ausgetreten?
Müller: Ich bin bereits am 9. Januar 2025 aus der Partei der Freien Wähler ausgetreten. Ich war zu keinem Zeitpunkt Mitglied der FWG.
Fakten& – Unterschied FW und FWG: Die Freien Wähler verstehen sich eigentlich als Gemeinschaften engagierter Bürger, die sich in Wählergemeinschaften zusammenschließen, um als Bürgerbewegung in der Politik etwas zu bewirken. Freie Wählergemeinschaften sind in der Regel in der Kommunalpolitik aktiv, sie haben kein Parteiprogramm und bestehen oft aus parteilosen Mitgliedern. Wegen ihrer Basisstrukturen fällt der Sprung auf die Ebene von Landespolitik oder gar Bundespolitik vielerorts schwer. Dafür braucht es die Gründung von Parteien, dies erfolgte 2009 mit der Gründung der Partei „Freie Wähler“.
In Rheinland-Pfalz wurde der Landesverband der Freien Wähler im Mai 2010 gegründet, bei der Landtagswahl 2021 zog die Landespartei erstmals in den Landtag Rheinland-Pfalz ein. Im November 2022 gründete sich in Mainz ein eigener Kreisverband der Partei Freie Wähler, dessen Vorsitzender Christian Weiskopf ist. Daneben existiert aber weiter 2011 gegründete Freie Wählergemeinschaft Mainz, die als Verein organisiert ist und sich als politische Bürgerbewegung versteht, die sachorientiert, pragmatisch und unabhängig nach Lösungen sucht.
Das Zerwürfnis in Mainz ist kein Einzelfall: Im Oktober 2024 hatte sich auch die Fraktion der Freien Wähler im Mainzer Landtag gespalten, mehr dazu hier bei Mainz&.

Müller: Wollte Neuaufstellung der FW und sachorientierte Arbeit
Mainz&: Gab es denn Streit, Zerwürfnisse, oder was hast Sie bewegt, diesen Schritt des Austritts zu gehen?

Müller: Nein, es gab keine Zerwürfnisse, allenfalls unterschiedliche Ansichten über die politische Schwerpunktsetzung und auch im Kontext mit der Bewertung der Ergebnisse der Kommunalwahl 2024. Bei der Mitgliederversammlung im Dezember 2024 fand die Idee einer inhaltlichen und personellen Neuaufstellung keine Mehrheit. Ich habe das bedauert, aber es war das Ergebnis einer demokratischen Wahl und daher in Ordnung. Ich gehörte zu denen, die ihren Verbleib in der Partei mit dieser Entscheidung verknüpft hatten und habe dann mit einigen anderen Parteimitgliedern die Konsequenz gezogen. Das alles ist, wie schon erwähnt, Teil eines demokratischen Prozesses.
Mainz&: Werden Sie einer anderen Fraktion beitreten?
Müller: Das ist derzeit noch offen. Richtig ist, dass ich über eine Zusammenarbeit mit der CDU-Fraktion nachdenke – nicht nur wegen der inhaltlichen Nähe und der grundsätzlichen Positionierung, sondern insbesondere auch wegen der konstruktiven Arbeitsweise, die ich dort wahrnehme. Daher freut es mich, dass wir uns am kommenden Montag zusammensetzen werden und über eine Zusammenarbeit sprechen.
Info& auf Mainz&: Mehr zu dem Austritt von Mario Müller bei den Freien Wählern und den Reaktionen von FW und FWG lest Ihr hier bei Mainz&. Das Zerwürfnis in Mainz ist kein Einzelfall: Im Oktober 2024 hatte sich auch die Fraktion der Freien Wähler im Mainzer Landtag gespalten, mehr dazu hier bei Mainz&.