Kurz vor dem 11.11. und vor der kommenden Fastnachtskampagne, steigen nun auch wieder die Sorgen der Fastnachtsvereine mit Blick auf Sicherheitsauflagen und Kosten. Seit der Debatte vor knapp einem Jahr hat sich in der Politik faktisch nichts geändert. Derweil aber explodieren die Kosten für die Vereine, nun appelliert der Präsident des Mainzer Carneval-Vereins (MCV), Hannsgeorg Schönig im Mainz&-Gespräch: „Die Stadt Mainz muss bei den Sicherheitskosten einsteigen.“ 2024 werde der MCV 230.000 Euro allein für die Sicherheit aufbringen müssen, das sei „mit Sponsoring nicht zu stemmen“. Auch zum 11.11. äußerte sich Schönig.
Es war im Januar 2023, als die Fastnachtsvereine landauf, landab auf die Barrikaden gingen: Das Land Rheinland-Pfalz sei mit seinen neuen, „teilweise völlig überzogenen Auflagen“ auf dem besten Weg, „das langjährige Kulturgut Karneval und das Brauchtum endgültig zu ruinieren“, wetterte etwa der Präsident der Rheinischen Karnevals-Kooperationen (RKK), Hans Mayer: „Sicherheit muss sein, aber das Konzept, das hier vorliegt, zerstört viele Vereine.“
Grund war eine Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) des Landes Rheinland-Pfalz vom Mai 2021, das aber wegen der Corona-Pandemie erst in der Kampagne 2023 so richtig zur Anwendung kam. Das gesetz regelt die „Gefahrenvorsorge und Gefahrenabwehr von Veranstaltungen unter freiem Himmel“ neu. Seither können Ordnungsbehörden nun auch für Veranstaltungen mit weniger als 5.000 Besuchern Sicherheitskonzepte verlangen – als „Gefahrenpotenzial“ reicht nun schon erhöhter Alkoholkonsum oder Gedränge auf dem Festgelände aus.
Fastnachtsumzüge wegen POG abgesagt: keine Änderung
Die Folge: Zahlreiche Kommunen machten so hohe Sicherheitsauflagen, dass gerade in vielen kleinen Gemeinden die Fastnachtsvereine die Segel strichen – und Fastnachtsumzüge komplett absagten. Grund waren nicht nur plötzlich erheblich gestiegene Auflagen zur Absperrung von Umzügen, sondern auch die Tatsache, dass das Gesetz nun professionelle Security-Dienste vorschreibt – Kosten, die viele kleinere Vereine überhaupt nicht mehr stemmen können.
Doch Innenminister Michael Ebling (SPD) weigerte sich kategorisch, Änderungen etwa für Brauchtumsveranstaltungen vorzusehen, auch ein Krisentreffen im Innenministerium im Januar 2023 blieb ohne Erfolg. Die Sicherheitslage mache die Änderungen nötig, „beim 1. FC Leichtsinn“ wolle er „nicht anheuern“, betonte Ebling im Mainzer Landtag. Die CDU-Opposition warf dem Minister hingegen vor, die Vereine im Stich zu lassen: „Das ist kein Fastnachtsscherz, das ist Fastnachtsirrsinn“, schimpfte CDU-Landeschef Christian Baldauf – der Minister wolle die Vereine noch nicht einmal unterstützen.
Daran hat sich auch im November 2024 nichts geändert: Innenminister Ebling lehnte bei einer Veranstaltung im Presseclub Mainz im Oktober Nachbesserungen beim POG erneut ab. Auf erneute Nachfrage von Mainz& verweist man im Innenministerium auf das Angebot des Ministers zu „Informationsveranstaltungen“: „Dies mit dem Ziel, entstandene Irritationen in Bezug auf den Paragraph 26 POG zu beseitigen und in der Straßenfastnacht / im Straßenkarneval engagierte Ehrenamtliche bei der Organisation und Durchführung von Umzügen zu unterstützen“, teilte die Pressestelle auf Anfrage mit.
Schönig: Können Straßenfastnacht allein nicht mehr stemmen
Die Fastnachtsvereine stehen damit erneut vor der Aufgabe, 2024 mit überbordenden Sicherheitsmaßnahmen umgehen – und sie finanzieren zu müssen. Wohin das inzwischen führt, machte diese Woche noch einmal der Präsident des Mainzer Carneval Vereins (MCV), Hannsgeorg Schönig deutlich: „Wir sind nicht mehr in der Lage, die Straßenfastnacht, die heute Einhunderttausende kostet, ohne Unterstützung oder Beiträge von Dritten durchzuführen“, sagte Schönig bei der Vorstellung des neuen Zugplakettchens 2024.
Grund seien vor allen Dingen „die explodierenden Sicherheitskosten“, betonte Schönig im Mainz&-Gespräch weiter: So habe der MCV, der in Mainz die große Straßenfastnacht mit Rosenmontagszug, Freiluftpartys und 11.11. organisiert, 2015 noch Sicherheitskosten von rund 50.000 Euro gehabt, 2021 seien es schon rund 120.000 Euro gewesen. Doch das war alles noch gar nichts: „Wir werden in der kommenden Kampagne bis zu 230.000 Euro aufwenden, nur für die Sicherheit“, sagte Schönig.
Dazu komme ein weiterer sechsstelliger Betrag für die Organisation der Straßenfastnacht, „das schaffen wir definitiv nicht mehr über Sponsoring“, betonte Schönig. Der MCV-Präsident verteidigte deshalb auch erneut den Eintritt für die Narrenparty am 11.11. auf dem Schillerplatz in Mainz: Zum zweiten Mal nimmt der MCV nun Eintritt, ein Tagesticket kostet 7,- Euro, für den Nachmittag soll es Resttickets zum Preis von 4,- Euro geben.
MCV: 230.000 Euro allein für Sicherheitsauflagen 2024
Allein die Security für den 11.11. koste eine fünfstellige Summe, rechnete Schönig vor: „Wir haben eine Vorgabe der Stadt, dass nur 9.000 Menschen auf den Platz dürfen, das müssen sie ebenso kontrollieren wie das Glasverbot“, erklärt der MCV-Präsident: „In dem Moment haben Sie schon eine Securityfirma, die von morgens bis nachts um 23.00 Uhr im Einsatz ist – da schlägt schlicht die Stundenzahl zu Buche. Und vor wenigen Jahren haben diese Leute noch einen sehr niedrigen Stundenlohn gehabt, heute gibt es Mindestlohn samt Tarif obendrauf.“
Dazu komme die große Bühne mit Ton und Licht, Sanitätsdienste sowie weitere Infrastruktur wie Strom und Wasser auf dem Platz. Damit kämen Kosten von 50.000 bis 60.000 Euro zusammen – das sei einfach zu viel: „Uns hat letztes Jahr der 11.11. weit über 30.000 Euro Minus gebracht, dazu sind wir schlicht und ergreifend nicht mehr in der Lage“, betonte Schönig.
Denn auch die Querfinanzierung der Straßenfastnacht durch die Einnahmen der Sitzungsfastnacht stockt inzwischen erheblich: Die Kosten für die Säle sind explodiert, Inflation, Energiepreise sowie Preissteigerungen beim Personal ließen die Mieten für die Narrenhochburgen in die Höhe schießen. „Mit einer Sitzung kann man heutzutage kaum noch Geld verdienen“, sagt etwa auch der Präsident des Mainzer Carneval Clubs (MCC), Florian Sitte – zu stark seien die Mieten auch wegen der Nebenkosten wie Heizung angewachsen.
Schönig hatte deshalb schon vor knapp einem Jahr die Rolle der Politik ins Spiel gebracht, nun erneuerte er seinen Appell: „Mein dringender Appell geht an die Stadt Mainz, da einzusteigen und sich an den Sicherheitskosten zu beteiligen“, betonte Schönig. Ziel des MCV sei ein Beschluss im Stadtrat, den MCV bei den Sicherheitskosten „mit einem Betrag X zu unterstützen“, erläuterte Schönig – und das für drei Jahre festzuschreiben. Die Kosten und ein Konzept habe man vorgelegt, „es laufen Gespräche zwischen der Stadt und dem MCV“, betonte Schönig, und das bereits seit Wochen.
Ende November tagt der Stadtrat das nächste Mal – wenn sich die städtischen Gremien zur Unterstützung der Fastnacht entscheiden, müsste dann die Entscheidung fallen.
Info& auf Mainz&: Mehr zu den Problemen der Fastnachtsverein mit den Sicherheitsauflagen des POG lest Ihr hier bei Mainz&. Einen ausführlichen Bericht über das Krisentreffen im Innenministerium im Januar 2023 könnt Ihr noch einmal hier lesen.