Einen Tag nach der Ankündigung des „Wellenbrecher-Lockdowns“ für den Monat November hat der Bund Hilfen für die von der neuen Schließung betroffenen Unternehmen vorgestellt. Danach sollen Unternehmen, die wegen des neuen Lockdowns vom 2. bis 30. November schließen müssen, bis zu 75 Prozent ihres Umsatzes erstattet bekommen. Das soll explizit auch für Solo-Selbstständige gelten, betonte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) appelliert unterdessen an die Mainzer, gerade jetzt den lokalen Handel und die Gastronomie vor Ort zu unterstützen.
Am Mittwoch hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen temporären Teil-Lockdown für vier Wochen ab dem 2. November verkündet, betroffen sind alle Einrichtungen der Freizeitgestaltung, der Kultur und des Sports. Über einen neuerlichen Lockdown war seit Tagen spekuliert worden, der Grund: die inzwischen immer weiter explodierenden Infektionszahlen mit dem neuartigen Coronavirus. Vor etwa drei Wochen drehten die Zahlen in den exponentiellen Anstieg, am Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) einen neuen Infektionsrekord mit 16.774 Fällen.
„Wir müssen handeln, und zwar jetzt, um eine akute nationale Notlage zu vermeiden“ betonte Merkel deshalb am Mittwoch – es gehe darum, die zweite Coronawelle zu brechen. Das entscheidende Instrument dafür sei, die sozialen Kontakte wieder einzuschränken: „Wir müssen 75 Prozent der Kontakt reduzieren, das ist sehr viel“, sagte Merkel. Weil man Schulen und Kitas offen und die Wirtschaft am Laufen halten wolle, bleibe dafür nur der Bereich der Freizeit, der Kultur und des Sports. In allen diesen Bereichen müssen alle Einrichtungen deshalb ab Montag wieder schließen – auch Museen, Schwimmbäder oder Fitnessstudios.
Trotzdem kam der Lockdown offenbar für viele überraschend, vor allem aus der Gastronomie schimpften viele, sie hätten monatelang in Hygienekonzepte investiert, die Schließung sei unfair. Dabei hatte Merkel ausdrücklich betont, ja, es gebe gute Hygienekonzepte aber „in der aktuellen Situation entfalten die Hygienekonzepte nicht mehr ausreichend Wirkung“ – das entscheidende sei jetzt die Reduzierung der Kontakte.
Das betonte am Donnerstag auch noch einmal ausdrücklich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD): „Wir können etwa 75 Prozent der Neuinfektionen bundesweit nicht mehr zuordnen“, sagte Scholz, „es sind aber Kontakte, die dazu führen, dass es zu Infektionen kommt.“ Es gehe deshalb jetzt nicht mehr darum, in welchem Bereich Infektionen nachgewiesen seien und in welchem nicht – es gehe jetzt schlicht darum, Kontaktmöglichkeiten einzuschränken. „Die Lage ist ernst, auch wenn sich das noch nicht für jeden so anfühlt“, betonte Scholz: „Der November ist der Monat der Wahrheit.“
„Es ist kein Vorwurf an die Gastronomie, im Gegenteil, die haben sich hervorragend eingestellt“, betonte auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) – die Bevölkerung müsse nun aber ihre sozialen Kontakte erheblich einschränken. Den betroffenen Unternehmen solle aber geholfen werden, betonten Altmeier und Scholz: „Es geht darum zu kleckern, und nicht zu klotzen“, betonte Altmaier. So werde der KfW-Schnellkredit auch für kleinere Unternehmen verfügbar gemacht werden.
Vor allem aber soll die Hilfe in Form einer pauschalen Abschlagszahlung erfolgen. Die könnten Unternehmen beantragen, „die schließen müssen, oder von der Schließung unmittelbar betroffen sind“, sagte Altmeier, und betonte ausdrücklich: „Es ist gelungen, die Solo-Selbstständigen einzubeziehen.“ Damit soll die Entschädigung auch für solche Unternehmen gelten, die kein Einkommen mehr haben können, weil die Einrichtungen, in denen sie auftraten, geschlossen sind – also auch Künstler, Musiker oder andere Gruppen. Altmaier nannte explizit auch die Veranstaltungsbranche und den Bereich Kultur.
Als Grundlage der Berechnung wird der Umsatz vom November 2019 herangezogen: „Sie weisen den Umsatz des Novembers 2019 nach“, sagte Altmaier. Auf diesen Betrag werde ein pauschaler Betrag von 75 Prozent zur Berechnung angewandt, das gelte für Unternehmen bis 50 Mitarbeiter. Bei Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern sollen 70 Prozent erstattet werden. Leistungen aus Überbrückungsgeld und Kurzarbeit würden angerechnet, sagte Altmaier weiter, die Abwicklung solle über dieselbe Plattform erfolgen, wie die Überbrückungshilfen. Damit müssen auch die neuen Hilfen wahrscheinlich von Steuerberatern beantragt werden, Altmaier äußerte sich dazu explizit aber nicht.
Die Beantragung der Überbrückungshilfen nur über Steuerberater hatte dazu geführt, dass viele kleine Unternehmen kaum noch Hilfen bekamen, weil die Steuerberater oft horrende Beträge für ihre Arbeit berechneten. Viele Kleine beantragten die Hilfen deshalb gar nichts erst. Altmaier sagte dazu in der Pressekonferenz nur, das System mit den Steuerberatern habe „nach anfänglichen Schwierigkeiten gut funktioniert.“ Altmaier sorgte zudem für Verwirrung, weil er davon sprach, dass Unternehmen einen Umsatzeinbruch „von 90 bis 100 Prozent“ nachweisen müssten, wer geschlossen sei, habe das ja auch, betonte der Minister.
Kollege Scholz betonte aber, der Bund werde „in einer gesonderten Regelung“ auch die identifizieren, die auch indirekt von der Schließung betroffen seien. „Wir orientieren uns an den Umsätzen, wir machen eine Pauschalierung“, betonte der Finanzminister. Auch für Unternehmen, die im November 2019 gar keine Umsätze hatten, soll es eine Lösung geben: Hier soll wohl ein Mittelwert aus den Umsätzen anderer Monate gebildet werden. Scholz kündigte zudem an: „Wir werden die Überbrückungshilfen verlängern und wir werden dabei die Kultur besonders in den Blick nehmen.“ Details nannte Scholz dazu aber noch nicht, man werde „das vorstellen, wenn wir es haben.“
Die Mainzer Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) begrüßte die Hilfen als „wichtiges und gutes Signal an die Betroffenen.“ Die beschlossenen Maßnahmen seien „massiv und treffen viele Branchen bis ins Mark“, sagte Matz am Donnerstag. Umso wichtiger sei es nun, den betroffenen Unternehmen, Betrieben und Einrichtungen schnell und umfangreich zu helfen. „Die Hilfen müssen auch schnell bei den Betroffenen ankommen, es darf nicht zu langen Wartezeiten kommen“, mahnte Matz.
Die Dezernentin äußerte zudem Verständnis dafür, dass viele Betroffene verärgert seien: „Ich kann das gut nachvollziehen und habe Verständnis für die Enttäuschung“, sagte Matz – mahnte aber auch Verständnis für die Maßnahmen an: Das Virus habe sich in den vergangenen Wochen „leider auch bei uns in Mainz und in unserer Region stark ausgebreitet“, die Infektionswege könnten von den Gesundheitsämtern kaum noch nachvollzogen werden. „Wir müssen diese Dynamik unterbrechen, ansonsten kann unser Gesundheitssystem die Herausforderungen nicht mehr bewältigen“, betonte die Dezernentin. Sie hoffe sehr, dass die Maßnahmen wirkten und bereits im Dezember wieder eine Normalität unter Corona-Bedingungen einkehre.
Dafür brauche es jetzt aber Solidarität und Zusammenstehen, betonte sie: „Ich bin der festen Überzeugung: nur gemeinsam können wir diese schwierige Zeit überstehen.“ Matz appellierte deshalb an die Mainzer, gerade jetzt den lokalen Einzelhandel, die Gastronomie und die betroffenen Bereiche zu unterstützen. Während des ersten Lockdowns hatten viele Gastronome Außer-Haus-Essen, Lieferservice oder Straßenverkauf angeboten, das war vielfach sehr gut angenommen worden. „Kaufen Sie bitte weiter in unseren heimischen Geschäften ein und nutzen Sie die Möglichkeit, sich Speisen liefern zu lassen oder diese vor Ort abzuholen“, sagte Matz: „Ich wünsche mir sehr, dass ganz viele Mainzer die Angebote annehmen und damit unsere heimische Wirtschaft unterstützen.“
Info& auf Mainz&: Die ganze Pressekonferenz von heute könnt Ihr hier auf Facebook noch einmal im Stream ansehen, die Informationen zu den neuen Finanzhilfen soll es bald hier im Internet geben. Informationen zu den Überbrückungshilfen gibt es jetzt schon hier. Mehr zum zweiten Teil-Lockdown und der Wellenbrecher-Strategie lest Ihr hier bei Mainz&.