Schock beim berühmtesten Mainzer Fastnachtschor: Bei der Razzia in der Reichsbürgerszene vom 7. Dezember 2022 ist auch ein Mitglied der Mainzer Hofsänger verhaftet worden. Das bestätigte am Mittwochabend der Kapitän der Mainzer Hofsänger, Christoph Clemens, gegenüber der Internetzeitung Mainz&. René R. habe sich in der Coronazeit bei dem berühmten Fastnachtschor beworben, sei aber erst seit März 2022 reguläres und regelmäßiges Mitglied des Chors gewesen. „Der Chor steht unter Schock“, sagte Clemens: „Wir distanzieren uns auf das Entschiedenste von den Ideen, die diese Reichsbürger an den Tag legen.“

Die Mainzer Hofsänger bei ihrem Video für den SSC Song Contest - samt Tenor René R. (NICHT der Solist im Vordergrund). . - Screenshot: gik
Die Mainzer Hofsänger bei ihrem Video für den SSC Song Contest – samt Tenor René R. (NICHT der Solist im Vordergrund). – Screenshot: gik

Am 7. Dezember 2022 war die Bundesanwaltschaft in den frühen Morgenstunden mit einer Großrazzia in elf Bundesländern gegen eine Gruppe aus der Reichsbürgerszene vorgegangen, die aus Sicht der Bundesanwaltschaft dringend verdächtig war, einen bewaffneten Staatsstreich vorbereitet zu haben. Die Gruppe um den Anführer Heinrich XIII. Prinz Reuß soll das Ziel gehabt haben, „die bestehende staatliche Ordnung in Deutschland zu überwinden und durch eine eigene, bereits in Grundzügen ausgearbeitete Staatsform zu ersetzen“, wie es beim Generalbundesanwalt  heißt.

Im Zuge der Razzia wurden insgesamt 25 Personen festgenommen, denen die Bundesanwaltschaft „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ vorwirft. Nun wurde bekannt: Darunter ist auch ein Mitglied der Mainzer Hofsänger. René R. sang seit Anfang 2022 als 1. Tenor in dem berühmten Fastnachtschor mit, Vollmitglied war er seit März 2022. Gebürtig ist der Tenor aber aus einem kleinen Ort in der Nähe von Pforzheim im Badischen. Zuerst hatten die Badischen Neuesten Nachrichten von der Verhaftung des „Pforzheimer Carusos“ sowie der SWR berichtet.

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Pforzheimer Tenor seit März 2022 Mitglied der Hofsänger

„Ich bin vergangenen Donnerstagabend vom Vater von René angerufen worden, der uns mitgeteilt hat, dass René verhaftet worden ist“, berichtete Hofsänger-Kapitän Christoph Clemens am Mittwochabend gegenüber Mainz&: „Das war für uns alle sehr schockierend.“ Der Tenor aus einem kleinen Ort in Baden-Württemberg habe sich bereits 2020, während der Coronazeit, bei dem Mainzer Chor als Sänger beworben, R. hatte sich bereits in seiner Heimat eine Reputation als Tenor erarbeitet. Zum aktiven Einsatz bei den Hofsängern kam er aber erst ab der Saison 2022.

Die Mainzer Hofsänger bei der Corona-Ausgabe von "Mainz bleibt Mainz"2022. - Foto: gik
Die Mainzer Hofsänger bei der Corona-Ausgabe von „Mainz bleibt Mainz“2022. – Foto: gik

„Seine Probezeit hat sich verzögert, weil wir in der Coronazeit keine Konzerte hatten“, sagte Clemens weiter, „deshalb hatten wir auch wenig Kontakt zu ihm.“ Erst seit einem halben Jahr sei René reguläres Mitglied des Chores, einmal die Woche sei er zu den Proben nach Mainz angereist. Bei Konzerten im Jahr 2022 war er aber bereits dabei – auch beim großen Auftritt der Mainzer Hofsänger in der Fernsehsitzung „Mainz bleibt Mainz“ 2022.

„Im Chor hat er sich ganz normal verhalten“, betonte Clemens weiter – mit irgendwelchen politischen Äußerungen sei der Tenor nie aufgefallen. „Durch die räumliche Distanz kann ich zu seinem sonstigen Leben nichts sagen“, sagte Clemens: „Er war ganz neu dabei, kein Mitglied im Vorstand und auch kein Solist, eher eine Randfigur.“ Die Nachricht von der Verhaftung im Zusammenhang mit der Reichsbürger-Gruppe sei deshalb für die Mainzer Chor völlig überraschend gekommen.

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„Wir distanzieren uns aufs Entschiedenste von Reichsbürgern“

„Die Hofsänger stehen für Toleranz und Weltoffenheit, der ganze Chor ist geschockt und konsterniert“, betonte Clemens weiter: „Wir distanzieren uns auf das Entschiedenste von Reichsbürgern und deren Ideen. Das passt überhaupt nicht zur Philosophie der Mainzer Hofsänger.“

Die Mainzer Hofsänger beim SSC Song Contest Anfang 2022. -Foto: gik
Die Mainzer Hofsänger beim SSC Song Contest Anfang 2022. -Foto: gik

Der Chor habe denn auch sofort reagiert: Nach der Nachricht vom Donnerstagabend habe es Freitagabend eine außerordentliche Gesellschafterversammlung gegeben – und die habe René R. mit sofortiger Wirkung beurlaubt. Vergangenen Samstag beim Adventskonzert der Hofsänger in der MEWA-Arena war René R. schon nicht mehr dabei

Soweit sich nicht die „vollkommene Unschuld“ von René R. herausstelle, werde der Tenor nicht in den Kreis des Fastnachtschors zurückkehren, machte Clemens auch klar. „Für uns ist das eine Ungeheuerlichkeit und ein NoGo“, betonte Clemens: „Für uns ist ganz klar, dass er nicht mehr bei den Hofsängern auf der Bühne steht.“

 

René R. war als Regierungsmitglied der Reichsbürger vorgesehen

Wahrscheinlich ist das nicht: Die Bundesanwaltschaft führt René R. in der Grupp der 25 Kernpersonen, die direkt im Zuge der Razzia verhaftet wurden, 23 von ihnen sitzen inzwischen in Untersuchungshaft, darunter auch René R.. Die Gruppe gilt als gefährlich, weil sie einen „militärischen Arm“ gebildet hatte – bei der Razzia wurden unter anderem auch mehr als 90 Waffen beschlagnahmt.

Liste der verhafteten Beschuldigten in Sachen Bildung einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines Staatsstreichs bei der Bundesanwaltschaft. - Screenshot: gik
Liste der verhafteten Beschuldigten in Sachen Bildung einer terroristischen Vereinigung und Vorbereitung eines Staatsstreichs bei der Bundesanwaltschaft. – Screenshot: gik

Die Gruppe habe sehr konkret einen Staatsstreich geplant, heißt es beim Generalbundesanwalt weiter: „Hierzu soll von der Vereinigung eine (militärische) Übergangsregierung gebildet werden, die nach der Vorstellung der Vereinigungsmitglieder dem klassischen Reichsbürgernarrativ entsprechend die neue staatliche Ordnung in Deutschland mit den alliierten Siegermächten des 2. Weltkriegs verhandeln soll.“

René R. war in der Gruppierung aber ganz offensichtlich kein Mitglied am Rande, sondern eine wichtige Person: Die Gruppierung hatte für die Bildung einer neuen Regierung bereits den Aufbau eigener Staatsstrukturen geplant, samt Bildung von Ressorts wie Außenpolitik oder Gesundheit. „Für die Leitung solcher Ressorts sind jedenfalls die Beschuldigten Birgit M.-W., Paul G., Ruth L., René R. und Melanie R. vorgesehen“, teilte der Generalbundesanwalt mit.

Laut dem Kollektiv Anonymous war R. dabei als „Kulturminister“ vorgesehen. Die Gruppierung veröffentlichte auf Twitter Namen und Hintergründe der Mitglieder der potenziellen Terrorzelle, R. ordnet sie vor allem in die Querdenker-Szene zu. Weitere Mitglieder der Kerntruppe sind Anhänger der Q-Anon-Bewegung, einige auch ehemalige Bundeswehrsoldaten – und auch ein bislang aktives Mitglied der Bundeswehr-Spezialeinheit KSK ist darunter.

Info& auf Mainz&: Mehr zu der Razzia in der Reichsbürgerszene und den Anschuldigungen der Bundesanwaltschaft findet Ihr hier bei der Bundesanwaltschaft im Internet. Wir haben bewusst den vollen Namen des Beschuldigten nicht genannt, aus Gründen des Persönlichkeitsrechtes.