Vier Wochen vor dem Mainzer Rosenmontagszug muss der Mainzer Carneval-Verein (MCVB) weiter um den TÜV für seine Komitee- und Motivwagen bangen. Er habe noch kein Ergebnis der TÜV-Prüfungen, sagte MCV-Präsident Hannsgeorg Schönig am Samstag auf Mainz&-Anfrage: Frühestens Mitte der Woche werde der MCV wohl erfahren, für welche Wagen es eine Genehmigung gebe –  und unter welchen Auflagen. Die Gutachten kosten den Verein mindestens 4.000 Euro, die gute Nachricht für den MCV: Erstmals beteiligen sich auch weitere Fastnachtsvereine an den Kosten für die närrischen Motivwagen des Zuges. Und: Die Debatte um die Sicherheitskosten für Fastnachtsveranstaltungen durchs neue POG geht weiter.

Hochaktuell, hoch aufwändig: die Motivwagen des Mainzer MCV. - Foto: gik
Hochaktuell, hoch aufwändig: die Motivwagen des Mainzer MCV. – Foto: gik

Sie sind die Stars und das große Markenzeichen des Mainzer Rosenmontagszuges: die närrischen Motivwagen. Die dreidimensionalen Karikaturen nehmen jedes Jahr mit Biss und Spott die große Politik aufs Korn. Verschont wird dabei niemand: Ob Pfarrer auf Abwegen oder „Nero“ Donald Trump, „Klöckners Liebesnest“ oder Kriegstreiber Putin, OB-Wahl in Mainz oder Baustellenchaos – die närrischen Wagen geizen nicht mit Kritik.

Seit fast 60 Jahren entstehen die großen Motivwagen des Mainzer Rosenmontagszuges unter der Federführung von MCV-Wagenbauer Dieter Wenger, und der klagte schon 2019 im Gespräch mit Mainz& über die enorm gestiegenen Kosten für den Wagenbau: Unmengen Styropor, dazu eine Stahlkonstruktion als Unterbau sowie die vielen, vielen Arbeitsstunden der Handwerker – 2019 ging dem MCV bereits das Geld aus, bezahlte Wenger einen Motivwagen aus eigener Tasche.

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Erstmals Motivwagen von anderen Fastnachtsvereinen finanziert

In diesem Jahr ging der MCV, unter dessen Ägide der Mainzer Rosenmontagszug steht, einen anderen Weg: Der MCV bat die anderen Vereine um Unterstützung – und die reagierten. „Die Mainzer Fastnachts eG hat alle Genossenschaftsmitglieder angeschrieben, sich an der Finanzierung von Motivwagen zu beteiligen“, berichtete Schönig nun gegenüber Mainz&: „Stand heute ist es so: Je einen Wagen wird vom MCC, dem KCK und der Mainzer  Ranzengarde finanziert.“

Als zündelnden Nero schickten die Mainzer Narren 2020 Ex-US-Präsident Donald Trump durch die Straßen: enormer Aufwand, hohe Kosten. - Foto: gik
Als zündelnden Nero schickten die Mainzer Narren 2020 Ex-US-Präsident Donald Trump durch die Straßen: enormer Aufwand, hohe Kosten. – Foto: gik

Rund 12.000 Euro rechnet der MCV für einen einzigen Motivwagen, und das seien nur die Material- und Arbeitskosten, sagte Schönig weiter. Das Geld müsse praktisch komplett durch Sponsoren hereingeholt werden, denn durch die Corona-Pandemie entgingen den Narren nicht nur Veranstaltungen, sondern den Vereinen auch erhebliche Summen an Einnahmen. Gleichzeitig sind gerade in dieser Saison durch die galoppierende Inflation und die explodierten Energiekosten die Preise gestiegen – der MCV ächzt unter den Kosten für den drittgrößten Fastnachtsumzug der Republik.

Zehn Motivwagen seien in diesem Jahr geplant, verriet Schönig, welche politischen Motive sie aufs Korn nehmen, das verrät der MCV traditionell immer erst einige Tage vor Fastnacht. Schönig zeigte sich indes hocherfreut: „Ich bin mehr als glücklich, dass wir schon die Finanzierung für viereinhalb Wagen haben.“ Denn ein weiterer Wagen wird gemeinsam von Füsiliergarde und Prinzengarde gesponsort, jeweils einen Viertelwagen finanzieren der Gonsenheimer GCV und die Fastnachts eG. „Ich habe die Hoffnung, dass die restlichen Wagen durch weitere Spenden zusammenkommen“, betonte Schönig: „Das ist nicht einfach, aber wir sind auf einem guten Weg.“

 

Und dabei weiß der MCV-Präsident noch nicht einmal, ob seine Wagen im Rosenmontagszug überhaupt rollen können: Am Samstag mussten sich alle Wagen des MCV erstmals einer TÜV-Prüfung stellen, Hintergrund ist ein Erlass aus dem Mainzer Verkehrsministerium, der erstmals in dieser Kampagne voll Anwendung findet. Der Erlass kippt die bisher üblichen „Brauchtumsgutachten“ für die Fastnachtswagen, nun müssen sich die oft Jahrzehnte alten Fastnachtswagen modernen Anforderungen bei Licht- und Abgastechnik stellen – und das, obwohl sie nur an einem oder zwei Tagen im Jahr unterwegs sind.

Auch Baustellen-Chaos und Tempo 30 in Mainz nahmen die Narren schon auf Motivwagen auf die Schippe. - Foto: gik
Auch Baustellen-Chaos und Tempo 30 in Mainz nahmen die Narren schon auf Motivwagen auf die Schippe. – Foto: gik

Schönig hatte das vergangene Woche scharf kritisiert, landesweit bangen Fastnachtsvereine um den Einsatz ihrer Wagen, zumal die TÜV-Gutachten wieder neues Geld kosten: „Wenn nichts zu bemängeln gibt, sollen die Gutachten 150 Euro kosten – pro Wagen“, sagte Schönig gegenüber Mainz&. Der MCV habe etwa 25 Wagen zur Begutachtung angestellt, das seien also mindestens 4.000 Euro – und wenn es Mängel gebe, werde das Gutachten auch noch teurer, von den notwendigen Nachrüstungsarbeiten ganz zu schweigen.

„Wir leisten uns mittlerweile eine Bürokratie, das versteht kein denkender Mensch mehr“, kritisierte Schönig. Wie genau der TÜV nun mit den Motivwagen umgehe, wie streng er die regulären Maßstäbe an die Ausnahme-Wagen anlege, „das kann ich gar nicht sagen“, rätselte Schönig. Der Prüfer selbst sei höchst engagiert gewesen, „der Mann hat Vollgas gegeben, damit wir das schaffen“, lobte Schönig – er müsse nun aber für jedes einzelne Fahrzeug ein eigenes Gutachten schreiben, das werde mindestens bis Mitte der nächsten Woche dauern. „Stand heute“, sagte Schönig, „weiß ich nicht, welche Wagen am Rosenmontag einsatzfähig sind.“

Treffen im Innenministerium zu Kosten für Sicherheit am Montag

Die Sorgen wegen der massiv gestiegenen Sicherheitskosten durch die Neufassung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (POG) drücken die Fastnachtsvereine derweil weiter. Am Montag hat nun Innenminister Michael Ebling (SPD) mehrere Fastnachtsvereine aus ganz Rheinland-Pfalz zu einem Gespräch ins Ministerium eingeladen, für 17.00 Uhr ist zu einer Pressekonferenz eingeladen – vermutlich werden dann Erleichterungen verkündet. Anfang Januar hatte Ebling indes noch Änderungen am POG strikt abgelehnt.

Polizeiwagen im Mainzer Rosenmontagszug. - Foto: gik
Polizeiwagen im Mainzer Rosenmontagszug. – Foto: gik

Die CDU im Mainzer Landtag forderte vergangenen Donnerstag, das Land müsse sich an den Kosten für die Sicherheit bei Umzügen und Festen beteiligen. Die Aussagen im POG seien viel zu schwammig gehalten, kritisierte CDU-Fraktionschef Christian Baldauf, das führe dazu, dass die Ordnungsämter im Land die Vorgaben höchst unterschiedlich auslegten – und im Zweifelsfall eher zu hohe als vernünftige Sicherheitsauflagen verhängten.

„Man hat Unsicherheit für die Vereine und die Veranstalter geschaffen“, kritisierte CDU-Innenpolitikexperte Dirk Herber – die CDU setzt das Thema prompt für diese kommende Woche auf die Tagesordnung des Mainzer Landtags. Schönig fordert derweil, Land und Kommunen müssten „bei solchen Festen die Kosten für die Sicherheit übernehmen“ – dann werde sich auch das Problem der überbordenden Anforderungen durch Ordnungsämter sehr schnell erledigen.

Die Freien Wähler verweisen derweil darauf: Ähnliches habe die Landtagsfraktion d4er Freien Wähler bereits Ende 2022 in den Haushaltsberatungen des Landtags gefordert – damals wollten die Freien Wähler rund 500.000 Euro zur Finanzierung von Gutachten für die Brauchstumsvereine in den Haushalt einstellen. Dafür gestimmt habe damals aber niemand, kritisieren die Freien Wähler: weder die Ampelfraktion von SPD, Grünen und FDP – und auch nicht die CDU.

Info& auf Mainz&: Mehr zu den TÜV-Prüfungen für Fastnachtswagen und dem Hintergrund der Neuregelung lest Ihr hier bei Mainz&. Die Debatte ums neue Polizeigesetz und die dadurch verursachten Sicherheitsauflagen haben wir hier auf Mainz& zusammengefasst.