Es ist ein bundesweit einmaliges Museum, errichtet zur Präsentation für die vor 40 Jahren in Mainz gefundenen antiken Römerschiffe – nun schließt das Museum für Antike Schifffahrt seine Tore. Ende Juni ist vorerst Schluss: Das Museum soll bis Frühjahr 2023 umgebaut werden. Ziel ist eine Neukonzeption des Museums, die Präsentation soll sich künftig mehr dem Schwerpunkt Mobilität widmen. Am 11. Juni lädt das Museum nun noch einmal zu einem Familienfest mit Erzählungen, Spielen, Aktionen und Kurzführungen, bis Ende Juni heißt es „Tschüß! Macht es gut und bis bald“.

Ausgrabung der Römerschiffe in Mainz im Herbst 1981. - Foto: GDKE
Ausgrabung der Römerschiffe in Mainz im Herbst 1981. – Foto: GDKE

Es war im Herbst 1981, als sich bei Bauarbeiten für den Rheinflügel des Mainzer Hilton-Hotels eine Sensation ereignete: Fünf Schiffe aus der Römerzeit, teils in Fragmenten, teils in großen Stücken, wurden in der Baugrube gefunden. Die Fragmente entpuppten sich als Reste von Kriegsschiffen aus dem 4. Jahrhundert nach Christus, 1994 fanden sie eine neue Heimat in einem eigens für sie errichteten Museum.

Heute ist das Museum für Antike Schifffahrt ein europaweit einmaliges Museum für die Erforschung der Entwicklung des Schiffbaus von Einbäumen der Steinzeit bis hin zu den hochentwickelten High-Tech-Galeeren der Römer. Das Haus gehört zum Leibniz-Institut für Archäologie des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM) und ist eines von acht bundesweiten Forschungsmuseen der Leibniz-Gemeinschaft. Doch seine Präsentation mit den beeindruckenden Nachbauten der Römerschiffs-Funde ist nur noch kurz zu sehen: Zum 1.Juli schließt das Schifffahrtsmuseum seine Tore.

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Der Grund: Man habe ein neues Museumskonzept entwickelt, sagte RGZM-Generaldirektorin Alexandra Busch. Das RGZM habe in den vergangenen Jahren „einen Prozess der strategischen Weiterentwicklung durchlaufen“, der auch ein geändertes Selbstverständnis als Forschungsmuseum beinhalte. Künftig wolle man den Besuchern „einen anderen Zugang zur Archäologie ermöglichen“ und sie erleben lassen, „dass die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit wichtig für ein besseres Verständnis der Gegenwart ist“, betonte Busch.

Nachbau eines in Mainz gefundenen römischen Kriegsschiffs im Museum für Antike Schifffahrt. - Foto: R. Müller/RGZM
Nachbau eines in Mainz gefundenen römischen Kriegsschiffs im Museum für Antike Schifffahrt. – Foto: R. Müller/RGZM

„Bisher erfuhren unsere Besucherinnen und Besucher sehr viel Wissenswertes über antiken Schiffbau, wir wollen nun das Thema Mobilität stärker in den Fokus nehmen“, sagte Henriette Baron, Leiterin des Arbeitsbereichs Ausstellungen. Es gebe die verschiedensten Gründe, warum sich Menschen in der Welt bewegten: „Hoffnung, Neugier, Not, Mangel und Machtstreben lassen sie trotz aller Risiken in unbekannte Regionen aufbrechen“, erklärte Baron weiter. Dafür hätten die Menschen innovative Mittel und Techniken der Fortbewegung entwickelt, Wege und Infrastrukturen geschaffen, und zwar sowohl zu Land als auch zu Wasser.

„Das interessiert uns, denn auf diese Weise ergeben sich immer neue Begegnungen und Konstellationen, welche die Weiterentwicklung von Gesellschaften antreiben“, sagte Baron weiter. Anders als bisher soll es in der neuen Dauerausstellung also um die Motivationen und die Konsequenzen menschlichen Handelns gehen, das man mittels der Quellen der archäologischen Forschung erschließen könne.

 

Das entspricht der Neuausrichtung des RGZM als Forschungsinstitut insgesamt: Mit der Fokussierung auf das Rahmenthema „Eine Welt in Bewegung“ will das Institut künftig verstärkt Fragen nach der Wechselwirkung zwischen Kultur und Natur, sowie nach globalen gesellschaftlichen und kulturellen Herausforderungen nachgehen. „Neu entwickelte Formate werden spartenübergreifend Ursachen, Formen und Konsequenzen von Mobilität, Migration und Bewegung von Menschen, Tieren, Dingen und Ideen beleuchten“, heißt es in der RGZM-Konzeption. Dabei sollen auch verstärkt neue Medien integriert und Mitmach-Formen eingesetzt werden.

Römerschiff-Nachbau in der lichtdurchfluteten Lokhalle, die 1870 als Lokomotiv-Reparaturwerkstatt der Hessischen Ludwigsbahn errichtet wurde. - Foto: gik
Römerschiff-Nachbau in der lichtdurchfluteten Lokhalle, die 1870 als Lokomotiv-Reparaturwerkstatt der Hessischen Ludwigsbahn errichtet wurde. – Foto: gik

Für die neue Präsentation muss nun aber erst einmal umgebaut werden, deshalb schließt das Museum für Antike Schifffahrt zum 1. Juli seine Tore. Danach würden zunächst die Wracks der Römerschiffe und die großen Nachbauten vorsichtig innerhalb des Ausstellungsraumes bewegt, um Platz für den Umbau zu schaffen. Alle anderen Objekte werden dann ausgeräumt und ins Depot gebracht.

Für die Präsentation in der neuen Dauerausstellung sind derzeit 240 Objekte eingeplant, informierte das Museum weiter, dazu gehörten die Originale der Römerschiffe sowie Kopien und Schiffsmodelle. Die Wiedereröffnung ist allerdings erst für Frühjahr 2023 geplant. Man werde sich dann „dem benachbarten Neubau-Vorhaben des RGZM räumlich und inhaltlich anschließen“, sagten die Verantwortlichen weiter.

 

Unmittelbar neben dem Schifffahrtsmuseum entsteht seit Frühjahr 2017 das neue Leibniz-Zentrum für Archäologie, der große Neubau feierte im August 2018 Richtfest und sollte eigentlich bereits 2020 eröffnet werden. Doch daraus wurde nichts, nun soll das RGZM in den Neubau „voraussichtlich zum Jahresende umziehen“, heißt es nun. In dem neuen Gebäude ist neben Räumen für die Forschung auch ein neues archäologisches Museum vorgesehen, dessen Eröffnung jetzt für 2024 geplant ist.

Blick aus dem neuen archäologischen Zentrum auf den Neubau (rechts) und das Schifffahrtsmuseum in Rot direkt daneben. - Foto: gik
Blick aus dem neuen archäologischen Zentrum auf den Neubau (rechts) und das Schifffahrtsmuseum in Rot direkt daneben. – Foto: gik

Bis Ende Juni lädt das Museum für Antike Schifffahrt zu einer Reihe von Abschieds-Veranstaltungen: Unter dem Motto „Abschied und Aufbruch“ wird an diesem Samstag der  Countdown bis zur Schließung eingeläutet. Am 11. Juni findet nun von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr ein Familienfest statt, geboten wird „ein Museumsnachmittag voller Erzählungen, Spiele, Aktionen und Kurzführungen zum sich Verabschieden, in unbekannte Welten aufbrechen und zum Ankommen“, heißt es in der Ankündigung.

Das Thema passe perfekt zur Schifffahrt, „denn in unseren Ausstellungsstücken verbergen sich die unterschiedlichsten Arten von Reisen“, erklärt man beim Museum weiter: “ Immer haben sich dabei Menschen für kurze oder längere Zeit von anderen verabschiedet.“ Am Samstag werde es Erzählungen genau darüber geben sowie passende Erkundungstouren durch die Ausstellung. „Außerdem gibt es Aktivitäten, in denen wir Ideen zu Abschieds- und Willkommensritualen sammeln – und vielleicht auch ganz neue erfinden.“

In den kommenden Wochen werden unter dem Motto „Tschüß! Macht es gut und bis bald“ jeweils freitags und sonntags Vormittag Führungen zu bestehenden Themenbereichen geben, die mit kleinen Ausblicken auf neue Perspektiven zugleich Lust auf den Aufbruch machen sollen. Zum Finale am Donnerstag, den 30. Juni findet die letzte der diesjährigen After-Work Veranstaltungen statt.

Info& auf Mainz&: Mehr Informationen zum Museum für Antike Schifffahrt findet Ihr hier im Internet und hier auf Facebook. Der Eintritt in das Museum ist übrigens frei. Mehr zum neuen archäologischen Zentrum im Süden der Mainzer Altstadt lest Ihr hier auf Mainz&. Mehr zum Thema 40 Jahre Fund der Römerschiffe lest ihr auch hier bei Mainz&:

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