Seit Tagen stehen sie bereits in den Straßen von Mainz: Plakate eines „Klima-Wahlchecks“ zur OB-Wahl. Darauf: Ein wissenschaftlich fundiertes Ranking der wichtigsten OB-Kandidaten in Sachen Klimaschutz – so wird es jedenfalls suggeriert. Die Urheber: Die Gruppe „Scientists for Future“ aus Mainz. Und bei denen erhält Grünen-Kandidat Christian Viering für seine Aussagen weitgehend „Grün“, alle anderen Kandidaten aber fallen mit „Rot“ weitgehend durch. Doch um diesen Klima-Wahlcheck gibt es nun Ärger: Gleich mehrere Kandidaten fühlen sich unfair bewertet, der Klimacheck sei alles andere als wissenschaftlich, sondern vielmehr höchst tendenziös. Der Mainz&-Kommentar dazu: Rote Karte für diese pseudo-wissenschaftliche Wahlbeeinflussung.
„Mainzer OB-Wahl 2023 – Die Kandidat*innen klimapolitisch bewertet“ behauptet das Plakat, das bereits seit rund zwei Wochen im Mainzer Stadtbild zu sehen ist, massenhaft und unmittelbar neben den Wahlplakaten der OB-Kandidaten. Darauf sieht der Betrachter ein Ranking mit bunten Quadraten in drei Farben. Rot steht für „Kriterien nicht erfüllt“, Gelb für „Kriterien teilweise erfüllt“ und Grün für „Kriterien voll erfüllt“.
Auf den ersten Blick fällt auf: Zum überwiegenden Großteil erfüllen die Kandidaten zur OB-Wahl offenbar die Kriterien des Klima-Checks nicht. Bei Manuela Matz (CDU) und Marc Engelmann (FDP) dominiert die Farbe Rot, auch Nino Haase (parteilos) kommt nicht gut weg, die SPD-Kandidatin Mareike von Jungenfeld (SPD) hingegen immerhin auf eine vergleichsweise gute Note 4 – das ist der zweite Platz hinter dem Grünen-Kandidaten Christian Viering, der auf die Note 4,5 kommt.
Kritik: Vorgehen tendenziös und unwissenschaftlich
Wer der Urheber des Plakats ist, erschließt sich auf den ersten Blick nicht: Erst ganz unten im Kleinen steht der Zusatz „Scientists for Future“, wer weitere Informationen will, wird auf eine Internetseite verwiesen. Wie das Ranking auf dem Plakat zustande kommt, verrät das Plakat aber nicht, und das sorgt jetzt für Ärger: Gleich mehrere Kandidaten kritisierten gegenüber Mainz& den Fragebogen und seine Auswertung als voreingenommen und tendenziös. Die Gruppierung sein keineswegs neutral, das Vorgehen höchst unwissenschaftlich.
„Ich habe ich mich mit Scientists for Future (S4F) getroffen, das Gespräch war gut und ich denke, ich konnte glaubwürdig vermitteln, dass ich mich für Klimaschutz einsetze“, schrieb am Dienstag der OB-Kandidat der Linken, Martin Malcherek, auf seinem Facebook-Account. Klimaschutz sei für ihn schon lange ein wichtiges Thema seiner kommunalpolitischen Tätigkeit, betont der Stadtrat weiter, auch als Teil der sozialen Frage. „Trotzdem schneide ich bei der S4F-Auswertung nur mittelmäßig ab“, wundert sich Malcherek.
Tatsächlich bekam der Linken-Kandidat, der für Themen wie ausgiebige Dachbegrünung oder ein Neun-Euro-Ticket in Mainz wirbt, beim sogenannten Klima-Check nur eine 2,5. Die ausführliche Bewertung hat die Gruppierung auf ihrer Internetseite veröffentlicht, doch beim Blick in die „Begründungen“ wundert man sich nicht wenig: So liefert Malcherek etwa auf die Fragen nach einer Elektrifizierung des Verkehrs in Mainz ein ausführliches Statement zum Thema Verkehr und Mobilität ab – Fahrradbrücke über den Rhein, Ausbau des ÖPNV und Verkehrswende.
Negative Bewertung für Malcherek trotz Details: Voreingenommenheit?
Trotzdem erhält Malcherek in der Bewertung lediglich 0,19 Punkte, als Begründung heißt es dazu: „Als mögliche Maßnamen (sic!) zur Elektrifizierung werden lediglich der innerstädtische Zuliefererverkehr und ein Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur genannt. Dies jedoch ohne konkreten Plan und Zeithorizont.“ Zudem wird Malcherek für die gleiche Antwort in einer weiteren Frage angekreidet, dass er nicht die Zahl der Pkws in der Stadt drastisch reduzieren wolle – offenbar war es das, was man hören wollte.
18 Fragen umfasste der Fragebogen, den Scientists for Future im Dezember den Kandidaten zuschickte. Darunter sind auch Fragen nach „der Förderung regionaler, saisonaler und nachhaltiger Ernährung und nachhaltigeren Konsums“, Klima-Bildung der Bürger, nach Erneuerbaren Energien oder auch einer Wärmewende. Doch auch hier findet sich Verwunderliches in den Bewertungen.
So wird etwa Malchereks Antwort zur Wärmewende mit den Worten bewertet: „Der Kandidat möchte der Wissenschaft vertrauen, Einbindung oder Einladung z. B. der S4F ist bislang noch nicht erfolgt.“ Das aber widerspricht deutlich der Tatsache, dass sich Malcherek sehr wohl mit der Gruppierung getroffen hatte – das Beweisfoto findet sich auf seiner Facebookseite.
Praktisch alle Kandidaten reagieren irritiert auf Auswertung
Ferner umfasst der Fragebogen sehr weitreichende Themen wie „Wie wollen Sie die (Frisch)Wasserversorgung“ sicherstellen oder wie solle Mainz seinen Treibhausgas-Ausstoß reduzieren, und bis zu welchem konkreten Budget? Kritisiert wird dann, dass der Kandidat keinen detaillierten Reduktionsverlauf vorlegt oder keine konkreten Überwachungsmechanismen vorstelle. Er habe schlicht nicht alle Fragen im Detail beantworten können, wehrt sich Malcherek nun: „Ich hatte nicht genug Zeit hatte, den sehr umfangreichen Fragebogen in allen Details zu beantworten.“
Das aber sei ihm negativ ausgelegt worden, kritisiert Malcherek: „Durch diese Art der Befragung und Auswertung werden Kandidierende bevorzugt, die viel Zeit oder ein großes Team mitbringen.“ Er hat die Gruppierung darauf angesprochen, schreibt Malcherek weiter, eine Antwort habe er jedoch nicht erhalten.
Der Linken-Kandidat ist nicht der einzige, der höchst irritiert ist: Auch FDP-Kandidat Marc Engelmann zeigte sich verärgert. Es sei im Vorfeld überhaupt nicht klar gemacht worden, dass der Fragebogen derart minutiös ausgewertet – und schließlich gegen die Kandidaten verwendet werde, kritisierte Engelmann im Gespräch mit Mainz&.
Engelmann: Spezialist für Carsharing und Mietradeln
Engelmann ist Spezialist für Carsharing und andere integrierte Verkehrsmodelle, seine Antworten wie Ausbau des Ladesäulennetzes, Vermeidung des Parksuchverkehrs und Sanierung von Fahrradwegen werden einfach mal als „wenig konkrete Maßnahmen“ abgetan – warum: unklar. Der Kandidat „beschreibt nicht, wie der Ausbau des Ladesäulennetzes umgesetzt werden soll“, heißt es stattdessen – Engelmann bekommt nur 0,25 Punkte.
Auch er habe nicht alle Fragen in aller Ausführlichkeit beantworten können, betont Engelmann – der FDP-Kandidat wurde von S4F mit einer Note von 1,0 auf den letzten Platz und weitgehend als „durchgefallen“ eingestuft. Dabei spricht sich auch Engelmann in seinen Antworten etwa dafür aus, Mainz solle in acht Jahren klimaneutral sein – bewertet wird das von Seiten von S4F mit „0 Punkten“. Dass Engelmann die Reduzierung der Treibhausgase „durch regelmäßige Berichterstattung“ überwachen lassen will, ist dann auch wieder nicht Recht: Das sei „in der Umsetzung nicht definiert“, bemängeln die Bewerter.
Punktevergabeschema unklar, Kriterien unterschiedlich gewichtet
Ganz ähnlich geht es auch bei den anderen Kandidaten zu: So wird etwa Nino Haase dafür gelobt, er liefere „konstruktive Ideen zu konkreter Stromwende in Mainz; es wird glaubhaft vermittelt, dass der Energiesektor für den Kandidierende hohe Priorität hat“ – gleichzeitig bekommt Haase für die gelobte Beantwortung aber nur 0,4 Punkte, warum bleibt völlig unklar.
Tatsächlich hieß es am Dienstagabend auf Mainz&-Nachfrage bei der Vorstellung des Klima-Checks auf einmal: Es könne durchaus sein, dass die verschiedenen Bewerter „Kriterien unterschiedlich gewichtet haben“, sagte Benjamin Kraff von S4F, daraus könnten sich „Abweichungen“ ergeben haben. Auf die Frage, ob dass denn noch Wissenschaft sei, betonte Kraff, man habe die Auswertung „nach bestem Wissen und Gewissen vorgenommen“.
„Die Transparenz der Auswertung ist null gegeben“, kritisiert so etwa auch Philipp Breiner, Wahlkampf-Manager der CDU-Kandidatin Manuela Matz: „Was braucht es denn, damit ein Kriterium als erfüllt angesehen wird?“ So kritisieren die Bewerter etwa bei Matz‘ Antwort auf die Frage wie stark Mainz bis in acht Jahren „seinen Treibhausgasausstoß reduzieren“ soll, die Kandidatin habe zwar „ein Budget von 1 Mt pro Jahr genannt. Allerdings wird nicht gesagt, ob sich dieses auf CO2 oder auf insgesamt auf Treibhausgase bezieht“ – das allerdings war auch gar nicht gefragt worden. Matz bekam für ihre Antwort lediglich 0,35 Punkte – warum, bleibt auch hier unklar.
Keine Transparenz der Auswertung, fragwürdiges Ranking
„Ich finde das fragwürdig“, kritisiert Breiner. Scientists for Future pochten darauf, dass sie Wissenschaftler seien, Wissenschaft beruhe aber auf objektiven und validen Kriterien. „Das sehe ich hier nicht als gegeben“, betont Breiner: „Für mich ist das tendenziös.“ Tatsächlich gehören zur Gruppe von „Scientists for Future“ auch Personen wie Beatrice Bednarz und Professor Sebastian Seiffert – beide haben bei der Landtagswahl beziehungsweise der Bundestagwahl als Vertreter der „Klimaliste“ für den Mainzer Landtag kandidiert, und sich damit politisch positioniert. Politisch neutral seien die S4F damit nicht mehr, heißt es bei der CDU kritisch. Erwähnt werden die Kandidaturen auf der Seite der „Aktiven“ bei S4F nicht.
CDU-Kandidatin Matz selbst sagte gegenüber Mainz&, sie setze sich „sehr ernsthaft“ mit dem Thema Klimaschutz auseinander, sobald man aber eine abweichende Meinung vertrete, werde das offenbar gegen einen verwendet. Wissenschaft heiße doch Diskurs, „dafür dann eine schlechte Punktzahl zu geben“, das finde sie sehr befremdlich. Matz kam mit 1,5 Gesamtpunkten auf den vorletzten Platz des Rankings.
Der parteilose Kandidat Nino Haase wiederum kritisierte, auch er habe sich mit „Scientists for Future“ zu einem ausführlichen Gespräch getroffen, sei auf der Podiumsdiskussion an der Universität gewesen – all das sei offenbar in keinster Weise in die Bewertung eingeflossen. Tatsächlich gaben die Organisatoren am Dienstagabend auf einer Vorstellungsrunde an, ihre Bewertung habe sich nur auf die eingereichten Antworten gestützt: „Wir haben keine anderen Quellen herangezogen“.
Lob für Grünen, Kritik für CDU-Kandidatin für dieselbe Aussage
Gleichzeitig aber werden die Kandidaten von SPD und Grünen ausgesprochen positiv bewertet – warum, bleibt ebenfalls unklar. So antwortet Matz auf die Frage, wie die Kandidatin eine Dezernats-übergreifende Zusammenarbeit für schnelleren und konsequenten Klimaschutz umsetzen will: „Der Klimaschutzbeauftragte muss eine Stabsstelle direkt beim Oberbürgermeister sein.“ Das aber stößt auf Kritik: Neben der Stabsstelle erwähne die Kandidatin „keine weiteren Ansätze, der Thematik zu begegnen. Daher Förderung darauf theoretisch nicht zurückführbar“, heißt es wörtlich und ziemlich kryptisch – Ergebnis: 0,14 Punkte.
Beim Grünen-Kandidaten Christian Viering allerdings fällt die Bewertung auf einmal völlig anders aus: Auch Viering schlägt eine Stabsstelle Klimaschutz beim OB vor, und hier heißt es auf einmal lobend: „Der Kandidat plant die Einrichtung einer Stabstelle Klimaschutz.“ Ergebnis: 0,29 Punkte – denn Viering habe ja noch „eine Klimaabwägung z. B. bei Bauprojekten“ erwähnt. Das aber war gar nicht gefragt worden.
Viering bekommt auch im Gegensatz zu Engelmann Lob und Punkte für seine Aussage „Ich werde das Ziel der gesamtstädtischen Klimaneutralität bis 2035 und den Fortschritt dahin mindestens alle fünf Jahre über den Masterplan Klimaschutz monitoren.“ Dass Viering kein Budget nennt und ebensowenig konkrete Reduktionsschritte, scheint hier nicht so wichtig zu sein, stattdessen heißt es. „Es sind Reduktionsambitionen erkennbar.“
Ranking stadtweit auf Plakaten veröffentlicht – ohne Erläuterung
Am Ende steht ein Ranking, das nicht nur auf der Internetseite veröffentlicht wurde – sondern eben auch stadtweit plakatiert wurde, ein höchst ungewöhnlicher Vorgang. Nahezu alle Gruppierungen der Stadtgesellschaft hatten in diesem Wahlkampf die OB-Kandidaten zum Gespräch, zu Podien oder zu Fragebogen geladen und die Ergebnisse meist auch auf ihren Internetseiten veröffentlicht. Plakatiert aber hatten nur S4F ihr Ergebnis – und das auf Plakatständern, die der Sache einen gewissen offiziellen Anstrich gaben.
Auf Mainz&-Anfrage zeigte sich Publizistik-Professor Gregor Daschmann ob der Plakatständer ausgesprochen erstaunt: Solche „Aufsteller“ seien normalerweise den Parteien selbst vorbehalten und hätten einen gewissen offiziellen Charakter, sagte Daschmann. Dass eine einzelne Gruppierung auf diesen Ständern plakatiere, sei nicht üblich, und erwecke den Eindruck, Teil der offiziellen Wahlkampf-Maschinerie zu sein.
Ordnungsdezernentin Matz sagte auf Anfrage dazu, die Gruppierung habe ihre Plakate ordnungsgemäß angemeldet. Genehmigungsfähig seien die Plakate, weil dort auf eine Veranstaltung zur Wahl hingewiesen werde – der Vorstellung des Klima-Checks am Dienstagabend. Während dieser Vorstellung räumte dann ein Mitglied der Gruppe, Vivien Voigt, ein: Linken-Kandidat Malcherek habe sich im direkten Gespräch mit der Gruppe tatsächlich „viel besser“ in Sachen Klimaschutz positioniert.
Trotzdem standen nun zwei Wochen lang Plakate in Mainz, auf denen Malcherek in Sachen Klima-Check deutlich abgewertet – der Grünen-Kandidat deutlich aufgewertet wird. Das sei ja „gar keine Wahlempfehlung“, hieß es am Dienstagabend abwiegelnd bei Scientists for Future. Malcherek hingegen empfindet die Bewertung als grob unfair: „Liebe S4F: Schaut doch lieber, was die Kandidierenden und ihre Stadtratsfraktionen für den Klimaschutz tatsächlich machen – nicht, was sie mit viel heißer Luft erklären.“
Info& auf Mainz&: Den ganzen Klima-Check der Scientists for Future gibt es hier auf ihrer Internetseite zum Nachlesen – viel Geduld, wünschen wir. Was die Kandidaten zu den Themen Klima, Verkehr, Photovoltaik und Schutz von Kaltluftschneisen wirklich sagen, könnt Ihr in unseren Interviews zur OB-Wahl nachhören – die Interviews und viele Hintergründe mehr findet Ihr in unserem Mainz&-Wahldossier. Die Fragen sind weitgehend gleich – die Bewertung nehmt Ihr selbst vor.
Kommentar& auf Mainz&: Rote Karte für solche Pseudo-Wissenschaft
„Scientists for Future“ – das war mal der Begriff für seriöse Wissenschaftler, die ihre Expertise und ihr Wissen in die Waagschale im Kampf gegen Erderwärmung und Klimawandel werfen wollten. Sie entwickelten die Wärmestreifen, gaben Interviews, sorgten für Aufklärung in Sachen Erderwärmung – es war ein wichtiges Backup und das wissenschaftliche Fundament für die „Fridays for Future“-Bewegung.
Doch was die Mainzer S4F-Gruppe sich in diesem OB-Wahlkampf geleistet hat, hat mit Wissenschaft nicht mehr das Geringste zu tun: Der sogenannte Klima-Check ist das Papier nicht Wert, auf dem die Plakate gedruckt wurden. Ein völlig überzogener Fragebogen, der von den Kandidaten nichts weniger als Doktorarbeiten in Klimawissenschaften verlangt, wird anschließend voreingenommen und parteiisch ausgewertet – das geht mal gerade gar nicht.
Zwei Wochen lang plakatiert man fröhlich ein „Ranking“ der Kandidaten, das den Grünen mit „Grün“ bewertet, die Kandidaten von Linken, FDP, CDU und parteilos aber mit „Rot“ – und das soll keine Beeinflussung sein? Bei der Auswertung werden gleiche Antworten einfach mal unterschiedlich bewertet, das Punkteschema bleibt völlig im Unklaren – und auf Nachfrage muss man auch noch einräumen: Och, nu ja, die einzelnen Bewerter hätten wohl die Kriterien manchmal unterschiedlich ausgelegt.
Tendenziöse Auswertung, Einmischung in den Wahlkampf
Wie bitte?! Wenn das Wissenschaft sein soll, dann Gute Nacht. In 20 Jahren Politik-Journalismus habe ich so etwas noch nicht erlebt: Das ist Wahlkampf-Einmischung und Beeinflussung der Wähler, die glauben, hier liege eine wissenschaftlich fundierte und neutrale Auswertung zugrunde. Das Gegenteil ist der Fall – denn natürlich beeinflusst dieses Pseudo-Ranking den Wähler und seine Wahl-Entscheidung, und genau das ist ja auch beabsichtigt. Warum sonst plakatiert man es? Im ganzen Stadtgebiet, an wichtigen Kreuzungen, unübersehbar – massenhaft?
Um es klar zu sagen: Klimaschutz, Umwelt, Verkehrswende, Maßnahmen gegen die Hitzeexplosion der Innenstadt, Schutz von Kaltluftschneisen – nie waren diese Themen so wichtig wie heute. Und nie wurde so intensiv und spannend in einem Wahlkampf um genau diese Themen gerungen und gestritten – am meisten von den Kandidaten, von denen man das am wenigsten erwartet hätte: Die meisten frischen Ideen zu dem Themenkomplex kamen von Linken, FDP, CDU und dem Parteilosen Nino Haase. Nichts davon spiegelt sich in dem „Klima-Check“, der aber pauschal und plakativ eine Meinung verbreitet.
Das Gespräch am Dienstagabend mit Erklärung, Erläuterungen und Relativierungen hat nur eine Handvoll Interessierter verfolgt – die Plakate aber haben Tausende gesehen. Wenn das keine Wahlbeeinflussung ist, was denn sonst? „Scientists for Future“ haben ihre Unparteilichkeit über Bord geschmissen, und damit der Klimabewegung eine Bärendienst erwiesen: Neutral, wissenschaftlich-objektiv oder gar verlässlich ist daran nichts mehr. Für dieses Vorgehen, kann es nur eines geben: eine klare Rote Karte.