Mainz stöhnt unter der Hitzewelle, am Wochenende suchten Tausende Abkühlung – vor allem am Rhein. Denn sämtliche Schwimmbäder in Mainz und Umgebung waren ausgebucht, auch Badeseen im Umland wurden wegen Überfüllung geschlossen. Da fordert eine Online-Petition einen Baggersee für Mainz – im alten Portland-Steinbruch.
„Wir brauchen einen Baggersee!“ heißt der Aufruf auf der Plattform Openpetition.de, der sich an Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) richtet. Mit dem Laubenheimer Steinbruch verfüge die Stadt Mainz „über ein geeignetes Grundstück und somit die Möglichkeit uns alle in den heißen Sommermonaten eine erfrischende Pause zu gönnen“, begründen die Petitionssteller Robert Kindl und Antonio Sommese ihren Vorstoß: „Das Corona-Virus hat uns allen vor Augen geführt, wie wichtig unsere Heimat für uns alle ist. Somit gilt es in einer attraktiven Stadt mit guten Erholungsgebieten zu leben“, heißt es weiter.
Daher wolle sich die Petition für ein Naherholungsgebiet im Mainzer Steinbruch mit einem Baggersee für alle Einwohner einsetzen. „Auch der Klimawandel zeigt deutlich, dass die Temperaturen in den nächsten Jahren weiter ansteigen werden und gerade für die Sommermonate eine Abkühlung für jeden Bürger vorhanden sein muss“, begründen die Initiatoren ihre Petition. „Corona hat gezeigt, dass man alles ändern kann“, sagte Sommese am Sonntagabend auf Mainz&-Anfrage: „Man muss sich hinterfragen, was wirklich wichtig ist – und eine Naherholung ist bei einem Lockdown wirklich wichtig.“
Tatsächlich zeigt dieser Sommer auf, wie wenig geeignete Abkühlungsmöglichkeiten es bei großer Hitze in Mainz und Umgebung gibt: Die beiden Mainzer Schwimmbäder können wegen der Corona-Pandemie nur deutlich reduzierte Besuchermengen einlassen, am Hitzewochende waren beide restlos ausverkauft. Dasselbe galt für das Freibad Maaraue, aber ebenso für Schwimmbäder der Umgebung wie Bingen oder Stromberg – wo also Abkühlung finden? Im Corona-Sommer wurde eindringlich von Reisen ins Ausland abgeraten, viele blieben zu Hause – auf der Suche nach kühlem Nass wurde am Wochenende jede Möglichkeit geradezu gestürmt.
Einen Rheinstrand mit gefahrlosem Zugang zum Rhein gibt es in Mainz im gesamten Stadtgebiet nicht – von einem Rhein-Schwimmbad ganz zu schweigen. Am Wochenende vertrieb die Stadt Mainz zudem rigoros Erholungssuchende von den Mombacher Stränden – in dem dortigen Naturschutzgebiet sind Lagern, Picknicken und Baden verboten. „Wir brauchen mehr Raum und mehr Fläche für Naherholung, wir stürmen Badeseen in Raunheim und anderswo“, sagt auch Sommese: „Es ist doch nicht fair zu sagen, wenn Mainz voll ist, geht doch noch Raunheim.“ Die Mainzer müssten „zu den Nachbarn nach Hessen fahren oder ihr Leben beim Schwimmen im Rhein riskieren“, kritisiert der Weisenauer.
Es werde mehr solcher Hitzesommer in Zukunft geben, „und das ist ja vielleicht auch nicht letzte Pandemie“, argumentiert Sommese weiter: „Es braucht mehr Naherholung, gerade auch gerade auch für die Menschen, die in der Neustadt in einer Wohnung ohne Balkon wohnen.“ Auch die Bauexpertin der ÖDP, Ingrid Pannhorst, kritisierte in einem Kommentar auf Mainz&, die Einwohnerzahl von Mainz sei zwar stark gewachsen, gleichzeitig seien „sogar die ehedem schon spärlichen Freiräume weiter dezimiert worden, indem die Stadt Grünflächen für Wohnbebauung verscherbelte.“
Die Idee eines Baggersees im alten Steinbruch ist im Übrigen keineswegs neu: Schon bei der Aufgabe des Steinbruchs durch das Zementwerk Weisenau kam die Idee auf, bislang hieß es jedoch immer, die Kosten für einen solchen See seien zu hoch. Die Stadt will stattdessen nun im alten Steinbruch eine Bauschuttdeponie bauen, die Bürgerinitiative „Mainz21 – Nein zur Mülldeponie“ kämpft dagegen. Sprecher der BI ist Antonio Sommese, der nun auch die Petition pro Baggersees startete. „Es sind die Umstände, wir sollten doch in Frage stellen, was wirklich wichtig ist“, begründet er die Petition, die Stadt könnte den Plan für die Deponie auch an anderer Stelle verwirklichen.
Bei den Mainzer selbst stieß das Thema Baggersee derweil auf großes Interesse: Binnen zirka 30 Stunden nach ihrem Start hatten bereits 695 Menschen die Online-Petition für einen Baggersee im alten Steinbruch unterzeichnet, davon 572 in Mainz, fast 300 Kommentare wurden hinterlassen. „Ein See würde Mainz so sehr aufwerten“, schrieb eine Unterzeichnerin, diverse andere verwiesen auf den Klimawandel, die zunehmende Hitze und die überlasteten Mainzer Schwimmbäder: „Zwei öffentliche Schwimmbäder sind ein ziemlich schlechter Witz für eine Landeshauptstadt“, meinte ein Kommentator. Andere verwiesen auf die Gefahren beim Baden im Rhein, ein Badesee sei viel sicherer und könne Tote verhindern, schrieben mehrere.
„Der kurze Text trifft sehr prägnant das Problem: es ist in der Mainzer Umgebung kein einziger See vorhanden, was es an heißen Tagen für viele Mainzer ohne Auto unmöglich macht sich chlorfrei zu erfrischen“, schrieb ein Unterzeichner. Auch die Umwelkt werde geschont, wenn nicht immer alle mit dem Auto zu den hessischen Seen gefahren werde – und was sei mit den menschen, die gar kein Auto hätten? „Die meisten Baggerseen in der Nähe liegen in Hessen“, argumentierte ein anderer Unterzeichner: „Für viele Familien und (nicht nur) junge Menschen wäre ein Baggersee in Mainz ein sehr willkommenes Freizeitangebot!“