Eine neuer Verein will nach jahrelangem Stillstand die Präsentation des Römischen Erbes in Mainz voranbringen: Am Freitag gründete sich in der Mainzer Altstadt ein neuer Verein mit einem höchst programmatischen Titel. „Rettet das Römische Mainz“ hat sich zum Ziel gesetzt, die Sichtbarkeit des Römischen Erbes, aber auch sein Präsentation, im Stadtbild zu verbessern, römische Feiern und Feste zu veranstalten sowie Fördergelder für den Erhalt der Denkmäler einzuwerben. Unter den Gründern ist auch ein Mainzer Dezernent, zudem will man attraktive Angebote für Kinder und Schüler, zeitgemäße neue Formate sowie eine modern Internetpräsentation zum Thema Römisches Mainz entwickeln.

Alles begann mit einer Bestandsaufnahme zum Thema Römisches Mainz, mit der ein Teil der Gründungsmitglieder bereits im Februar 2025 Schlagzeilen machte: Der praktische Umgang mit den antiken römischen Denkmälern im öffentlichen Raum in Mainz sei „beschämend“, viele Denkmäler ungepflegt, die Umgebung verwahrlost, Informationsstelen „in einem jämmerlichen Zustand“, kurz: Der Umgang mit dem reichen antiken Erbe der Römerstadt Mogontiacum sei lieblos und vor allem konzeptionslos – das könne so nicht bleiben.
Die Klage erhoben vier Herren, die sich seit Langem mit dem Thema beschäftigen: Der CDU-Politiker Peter Krawietz ehemaliger Mainzer Kulturdezernent, der langjährige Mainzer Denkmalpfleger Hartmut Fischer, heute im Verein für rheinische Denkmalpflege, Christian Vahl, Vorsitzender der Initiative Römisches Mainz sowie der frühere Landesarchäologe Gerd Rupprecht. Der Zustand des sichtbaren Römischen Erbes im Mainzer Stadtbild sei so schlecht, wie seit Jahren nicht mehr, klagte die Gruppe – und brachte im Mai 2025 eine Broschüre heraus, die genau diesen Zustand dokumentieren sollte.
Konzept zum Römischen Mainz: Stein des Anstoßes
Gedacht war die Broschüre eigentlich von der Arbeitsgruppe als Denkanstoß für Verbesserungen, doch hinter den Kulissen löste sie durchaus diverse Erdbeben aus: Auf städtischer Seite fühlte man sich „not amused“ und in der Arbeit kritisiert, ein Mitarbeiter der Stadt sorgte persönlich dafür, dass die anstößige Broschüre aus der Tourist Information im Mainz Store verschwand – nach Mainz&-Recherchen offenbar weitgehend auf eigene Faust, aber aufgrund eigener Betroffenheit.

Gleichzeitig empfahlen mehrere Medien die Broschüre als Führer für einen Rundgang durch das Römische Mainz, die Autoren erhielten bundesweite Anfragen aus anderen Städten, ob man das Heftchen bitte haben könne -. das Interesse an dem Thema ist richtig. Wer sich indes nicht äußerte: Die zuständige Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD); die jahrelang Verbesserungen in der Präsentation am Römischen Theater sowie am Drussusstein versprochen hatte, die aber bis heute nicht umgesetzt sind.
Dröhnendes Schweigen herrschte derweil auch von einer anderen Seite, die sich bisher große Verdienste zum die Rettung des Römischen Erbes erworben hatte: Die Initiative Römisches Mainz (IRM), gegründet um den antiken Isistempel unter der Römerpassage zu retten, meldete sich in den vergangenen Monaten weder zum Zustand antiker Denkmäler im Stadtbild noch zur Bestandsaufnahme der Broschüre zu Wort. Als Geschichtsinteressierte der „Unsichtbaren Römergarde“ Aufklärung über die antiken Mauerfunde auf der TRON-Baustelle forderten, schwieg die IRM ebenfalls.
Der Grund ist offenbar: Die Verflechtungen zwischen der Generaldirektion Kulturelles Erbe des Landes Rheinland-Pfalz sowie der IRM wurden in den vergangenen Jahren immer enger – im gleichen Maße nahm die öffentliche Sichtbarkeit und das wahrnehmbare Eintreten der IRM für den Erhalt und die Pflege der Römischen Denkmäler in Mainz ab. Man widmet sich dem Erhalt und der Präsentation des Isis- und Mater Magna-Heiligtums, darüber hinaus aber bleib die IRM stumm.

Bürgerverein „Rettet das Römische Mainz“ gegründet
Am Freitagabend gründete sich nun ein neuer Verein mit dem kämpferischen Namen „Rettet das Römische Mainz“ – unter den elf Gründungsmitgliedern sind auch die vier Herren aus der Broschüren-Arbeitsgruppe. „Wir beziehen uns ausdrücklich auf die Bestandsaufnahme in der Broschüre zum Römischen Erbe in Mainz“, sagte der Sprecher des neuen Vereins, Christian Vahl, im Gespräch mit Mainz&, denn: „Es steht schlecht um das Römische Erbe“, betonte Vahl, „und wenn man durch die Stadt geht, sieht man: Es ist nicht absehbar, dass sich das in nächster Zeit ändert.“

Als Beispiel nannte Vahl den Zustand rund um die Mainzer Römersteine, der im Sommer 2024 für heftige Debatten gesorgt hatte – und dafür, dass die zuständige Gebäudewirtschaft Mainz im Frühjahr 2025 erhebliche Reinigungs- und Rodungsarbeiten rund um die antiken Pfeilerreste eines ehemaligen Aquädukts über das Zaybachtal durchführte. Ein weiteres Beispiel sei die Große Mainzer Jupitersäule, mit 9,10 Metern Höhe die größte ihrer Art nördlich der Alpen, deren originalgetreue Nachbildung eigentlich vor dem Mainzer Landtag stehen sollte. Doch die imposante Säule wurde 2015 zu Restaurationszwecken abgebaut, 2023 sollte sie in neuem Glanz zurückkehren – geschehen ist das bis heute nicht, die Gründe dafür: unklar.
„Wenn etwas fünf Jahre weg ist, vermisst es keiner mehr – genau das droht der Jupitersäule“, sagte Vahl nun, und genau mit einem solchen Zustand wollten sich die Mitglieder des neuen Vereins eben nicht abfinden. „Es braucht einen Verein, der sich unabhängig von GDKE, Stadt und Land sich um diese Dinge kümmert“, betonte Vahl, deshalb habe sich jetzt „ein Bürgerverein aus der Mitte der Mainzer Bürgerschaft gegründet, der sagt, wir akzeptieren das nicht – und wir wollen aufzeigen, wie man das verbessert.“
Verein will römische Feiern veranstalten, Alltag sichtbar machen
Ziel des Vereins sei es, „sich als ehrlicher Makler für die Belange des Römischen Mainz einzusetzen“, er verfolge seine Ziele „parteilich und institutionell ungebunden“, heißt es denn auch in der Satzung. Wesentlicher Zweck sei „die unter kulturpolitischen und wissenschaftlichen Aspekten zu gestaltende Rettung des Römischen Mainz“, dazu gehörten „bauliche Substrate ebenso wie kulturelle Charakteristika und deren Nachwirkungen“. Der Verein wolle „dazu beitragen, dass das Römische Erbe im Bewusstsein sowohl der Mainzer Bevölkerung, als auch der Besucher einen höheren Stellenwert erhält“, sagte Vahl.

Dazu gehöre, die Sichtbarkeit der Römischen Zeugnisse sowie ihre Präsentation im Stadtbild zu verbessern, aber auch die Veranstaltung römischer Feiern und Feste – etwa wie es die „Unsichtbare Römergarde“ bislang schon mit dem Fest zu Ehren der Göttin Carna begonnen hat. Laut Satzung will man „Alltagsrituale vergegenwärtigen, das religiöse Leben, die römische Unterhaltungskultur sowie multiple Facetten des Alltagslebens und Aspekte des Militärstandortes Mainz“, im Stadtbild sichtbar machen – damit will der Verein eine Art Umsetzung des wissenschaftlichen Konzeptes in Angriff nehmen, das der Archäologe Gerd Rupprecht mit der Broschüre skizziert hatte.
Mainz zeichne sich weniger durch große Baudenkmäler aus, sondern vielmehr durch zahllose Zeugnisse der Alltagskultur der Römer, hatte Rupprecht ausgeführt: „Der Grundgedanke der Interaktion zwischen Römern und Naturbevölkerung macht das Wesentliche des Römischen Mainz aus.“ Die Arbeit des neuen Vereins soll denn auch fest auf wissenschaftlicher Basis stehen, es werde auch einen wissenschaftlichen Beirat geben, sagte Vahl weiter: Der Beirat müsse noch vom Vorstand bestimmt werden, „wir haben aber bereits Experten im Auge, die bereit sind mitzuwirken“, sagte Vahl.

Angebote für Schüler, moderne Internetpräsentation, Drittmittel
Wichtige Ziele seien ferner, attraktive Angebote für Kinder und Schüler zum Thema Römisches Mainz zu entwickeln sowie eine „zeitgemäße Internetpräsentation und innovative Formate der Präsentation des Römischen Erbes“, wie es in der Satzung weiter heißt. Man strebe zudem eine enge Anbindung an die Johannes Gutenberg-Universität sowie an andere überregionale Vereine mit ähnlicher Zielsetzung an, sagte Vahl, so sei man etwa in Kontakt mit dem Kölner Verein „Rettet das Römische Köln“, der sich um den Erhalt der Kölner Stadtmauer kümmere.

„Wir wollen ausdrücklich einen Beitrag leisten bei der Einwerbung von Drittmitteln, die zur Konkretisierung der Vereinsziele erforderlich sind“, berichtet Vahl weiter, denn in Mainz seien – anders als in anderen Römerstädten wie etwa Trier – genau solche Einwerbungen von Fördermitteln eben nicht geschehen. Zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehört denn auch der Mainzer Fördermitteldezernent Karsten Lange (CDU), der mit seiner Expertise helfen soll.
Als Konkurrenz zu anderen Initiativen, insbesondere der IRM sieht man sich hier trotzdem nicht: „Die IRM ist ein großartiger und wichtiger Verein, die große Verdienste in Bezug auf das Isisheiligtum hat“, betonte Vahl, der auch Präsident der IRM ist: „Ich würde mich freuen, wenn die IRM und der neue Verein Seite an Seite gehen.“ Man wolle mit allen Akteuren des Römischen Mainz „harmonisch zusammenarbeiten, weil man ja das gleiche Ziel verfolgt“, sagte Vahl weiter. Es brauche aber inzwischen eine unabhängige Stimme, die sich um alle Aspekte des Römischen Mainz kümmert, und zwar unabhängig von dem, wem es gehört – egal ob Kirche, Stadt oder Land.“
Alle elf Gründungsmitglieder seien „hoch engagierte Leute, die brennen alle für das Römische Mainz“, sagte Vahl: „Die sehen, dass es inhaltlich nicht in Ordnung ist, und wollen etwas tun – mit solchen Leuten kann man etwas bewegen.“ Weitere Vereinsmitglieder seien aber ebenfalls herzlich Willkommen, die Mitgliedsbeiträge sind bewusst niedrig gehalten. Bis zum Alter von 18 Jahren werde gar kein Vereinsmitgliedsbeitrag fällig, sagte Vahl, Auszubildende und Studierende zahlten leidglich einen Jahresbeitrag von 10,- Euro, alle anderen 50,- Euro.
Info& auf Mainz&: Mehr zu der Bestandsaufnahme und einem Konzept für die Aufarbeitung und touristische Vermarktung des Römischen Mainz lest Ihr ausführlich hier bei Mainz&.