Vergangenes Jahr feierte die Initiative Römisches Mainz (IRM) 20 Jahre Rettung des antiken Isistempels – und damit auch ein Stück weit den eigenen Geburtstag. Denn der Kampf um den Isistempel war auch die Geburtsstunde der Initiative, zum Sommerfest der IRM im Landesmuseum bat Innenminister Michael Ebling (SPD) nun: „Bleiben Sie laut, bleiben Sie engagiert!“ Kein Problem, wenn man einen Archäologen hat, der antike Tuba spielen kann… Die Vermarktung des Römischen Erbes ist indes noch eine Großbaustelle, immerhin: Der Isistempel kann nun endlich dringende Sanierungsarbeiten bekommen – die Erneuerung der Präsentation steht aber noch in den Sternen.

Großer Andrang beim Sommerfest der Initiative Römisches Mainz vergangene Woche im Innenhof des Mainzer Landesmuseums. - Foto: gik
Großer Andrang beim Sommerfest der Initiative Römisches Mainz vergangene Woche im Innenhof des Mainzer Landesmuseums. – Foto: gik

Es war im März 2000, als die Archäologen in einer Baugrube für ein Einkaufszentrum mitten in der Innenstadt von Mainz auf rätselhafte Mauerreste stießen – sie entpuppten sihc als eine Sensation: Die Forscher hatten nichts weniger gefunden als die Überreste eines 2.000 Jahre alten Tempels zu Ehren der altägyptischen Göttin Isis und der keltischen Muttergottheit Magna Mater, errichtet im antiken Mogontiacum im 1. Jahrhundert nach Christus.

Der Fund war ein Meilenstein für die Geschichte von Mainz – und zwar sowohl der antiken wie der modernen: Denn das Ringen um den Erhalt der antiken Tempelreste war auch die Geburtsstunde der Initiative Römisches Mainz (IRM), die sich seither zur Aufgabe gemacht hat, das römische Erbe zu bewahren, sichtbar zu machen – und den Politikern gehörig den antiken Hades heiß zu machen, wenn sie dem nicht nachkommen. Und so legt die IRM nicht nur Finger in offene Baugruben, sondern arbeitet auch zunehmend daran, das Römische Mainz mit allen Sinnen sichtbar und erlebbar zu machen – mit dem Fest der Göttin Carna, den Saturnalien oder zuletzt mit dem mutmaßlich ersten Sprechtheater im antiken Römischen Theater seit der Antike, der Aufführung des „Amphitryon“.

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Matz: Nachholbedarf bei der Vermarktung des Römischen Mainz

Vergangenen Dienstag trafen sich rund 200 Besucher dann beim Sommerfest der IRM im Innenhof des Landesmuseums bei Wein, Speisen und guten Gesprächen – und die Zahl der Ehrengäste sprach Bände für die Bedeutung der Initiative für Mainz. So waren nicht nur der ehemalige Direktor der Genrealdirektion Kulturelles Erbe (GDKE), Thomas Metz, sowie Ex-Landesarchäologin Marion Witteyer gekommen, sondern auch ihre Nachfolgerin Stephanie Metz sowie die Mainzer Baudezernentin Marianne Grosse (SPD).

Skizzierte die Herausforderungen bei der Vermarktung des Römischen Erbes: Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). - Foto:: gik
Skizzierte die Herausforderungen bei der Vermarktung des Römischen Erbes: Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU). – Foto:: gik

Deren Kollegin, Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz (CDU) erinnerte in einem Impuls-Grußwort an die Bedeutung der Römer für eine enorm wichtigen heutigen Wirtschaftszweig: den Wein. „Es waren wohl die Römer, die auch den Wein nach Mainz gebracht haben“, sagte Matz. Zwar habe es auch unter den Kelten bereits Weinbau gegeben, doch die systematische Kultivierung, den Anbau und Ausbau in großem Stil, den verdanken die Weinanbaugebiete entlang des Rheins wohl den Römern.

„Ohne die Römer wäre Mainz heute nicht Great Wine Capital“, konstatierte Matz deshalb und versprach: Sollte Mainz jemals eine Weinerlebniswelt bekommen, „dann würde den Thema Römer und Wein ein nicht unerheblicher Stellenwert eingeräumt.“ Zugleich musste Matz aber auch einräumen, dass es in Sachen Tourismus & Römer noch erheblichen  Nachholbedarf gibt: „Die wenigsten verbinden mit Mainz das römische Erbe, und das ist bedauerlich“, sagte Matz.

IRM: öffentlichen Blick auf die TRON-Baustelle gelenkt

In der Tat: Während Römerstätten wie Xanten oder Trier deutschlandweit in aller Munde sind als bedeutende Orte für Römererbe, verbinden die wenigsten wohl Mainz mit diesem Thema – dabei besitzt Mainz den einzigen Isistempel nördlich der Alpen, das größte bisher gefunden römische Theater nördlich der Alpen, das einzige Museum für Römerschiffe, dazu einen römischen Aquädukt sowie mit dem Drususstein ein bedeutendes Ehrengrabmal aus römischer Zeit. Und die Archäologen mutmaßen inzwischen gar: Mainz könnte gar älter sein als Trier, das sich bisher rühmt, Deutschlands älteste Römerstadt zu sein.

Das antike Römische Bühnentheater am Südbahnhof harrt weiter einer öffentlichkeitswirksamen Präsentation. - Foto: gik
Das antike Römische Bühnentheater am Südbahnhof harrt weiter einer öffentlichkeitswirksamen Präsentation. – Foto: gik

Bei der Vermarktung des antiken Mogontiacum aber hinkt Mainz weit hinterher, Abhilfe schaffen soll nun die neue Tourismusstrategie der Stadt: Unter den sechs als strategisch wichtig ausgewählten Themenfeldern mit insgesamt 81 Projektideen sei auch das Römische Erbe, berichtete Matz: „Es waren sich alle einig, dass es gerade beim Römischen Erbe noch ganz viel Potenzial gibt, und wir diese Karte noch viel mehr spielen müssen.“ Ein erster Ansatzpunkt: Die rekonstruierte Visualisierung des antiken Bühnentheaters in der Mainz-App.

Die Antike sei „ein Schlüsselelement“, deshalb sei es „richtig und wichtig, dass viele Objekte weiter aufgearbeitet und erlebbar gemacht werden“, betonte Matz. Als Beispiel verwies sie auch auf die jüngsten römischen Funde in der Baugrube für das Forschungszentrum TRON in der Mainzer Oberstadt: Hier habe die IRM „den öffentlichen Blick auf die TRON-Baustelle gelenkt“, sagte Matz, und betonte: Es sei „wichtig, sich einzumischen und manchmal auch den Finger in die Wunde zu legen – und genau das macht die IRM.“ Das sei für die Politik zwar nicht immer leicht, „aber es braucht sachliche Kritik“, fügte Matz hinzu.

Ebling: Beachtliche Bilanz der IRM, „Bleiben Sie laut!“

Das würdigte sogar der für das historische Erbe zuständige Innenminister von der SPD: „Ich danke, dass Sie helfen, dass das römische Erbe sichtbar wird“, sagte Michael Ebling und bekannt: „Die IRM wäre etwas, was uns fehlen würde.“ Die Initiative sorge „in einem Meer von Informationen und sich überlagernder Themen“ dafür, dass der Fokus auf dem Römischen Erbe nicht verloren gehe, und könne dabei „eine beachtliche Bilanz“ aufweisen, lobte der Innenminister: „Es ist gelungen, dass die Geschichte von Mainz so einen starken Eingang ins Stadtbild gefunden hat“, das sei das Verdienst der IRM.

Innenminister Michael Ebling (SPD) dankte der Initiative Römisches Mainz für ihre Beharrlichkeit. - Foto: gik
Innenminister Michael Ebling (SPD) dankte der Initiative Römisches Mainz für ihre Beharrlichkeit. – Foto: gik

Auch Ebling räumte ein, das mit den Römern und dem Stadtbild in Mainz sei „noch nicht so, dass Sie das Gefühl haben, sich zurücklehnen zu dürfen“ – schließlich hatte auch er als Oberbürgermeister von Mainz Versprechen zur besseren Präsentation nicht immer eingehalten. „Welche Stadt kann sich denn schon einer solcher Geschichte rühmen“, schwärmte Ebling nun, und versprach: „Uns gemeinsam ist das ein besonderes Anliegen, und Sie sorgen dafür, dass das sichtbar bleibt.“ Damit gebe die IRM wichtiges Orientierungswissen für die heutige Zeit, sagte Ebling, und bat: „Bleiben Sie laut, bleiben Sie sichtbar, bleiben Sie engagiert!“

Einen Erfolg konnte denn auch IRM-Vorsitzender Christian Vahl verkünden: Er dankte der Stadt Mainz für den vom Stadtrat noch vor der Kommunalwahl bewilligten Zuschuss von 25.000 Euro für die Sanierung des Isistempels. Damit könne nun endlich die Präsentation im Untergeschoss der Römerpassage erneuert werden, sagte Vahl erleichtert – Ende 2023 hatte Vahl Alarm geschlagen: Die 20 Jahre alte Präsentation des alten Tempel-Heiligtums sei in die Jahre gekommen, Sternenhimmel und Nebelmaschine seien defekt, die Treppenbeleuchtung anfällig, die Lautsprechertechnik dringend erneuerungsbedürftig.

Vahl: Technik im Isistempel kann erneuert werden, Präsentation nicht

Nun berichtete Vahl erleichtert: „Wir können den Isistempel wieder auf den aktuellen Stand bringen.“ Das Geld werde dringend benötigt für neue Elektroleitungen und sparsamere LED-Lampensysteme, für eine neue Notbeleuchtung sowie eine neue Nebelmaschine sowie Computertechnik. „Wir ersetzen eine Technologie, die 20 Jahre alt ist“, sagte Vahl im Gespräch mit Mainz& zudem, und warnte zugleich: „Damit sind die Mittel aber auch erschöpft.“

Die Präsentation des Isistempels unter der Römerpassage arbeitet mit virtuellen Projektionen sowie der Nachbildung eines Sternenhimmels aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. - Foto: gik
Die Präsentation des Isistempels unter der Römerpassage arbeitet mit virtuellen Projektionen sowie der Nachbildung eines Sternenhimmels aus dem 1. Jahrhundert nach Christus. – Foto: gik

Denn eigentlich bräuchte der Isistempel noch einmal rund 30.000 Euro für die Überarbeitung des inhaltlichen, museumspädagogischen Konzeptes sowie neuer, zeitgemäßer Präsentationsformen. „Wir bräuchten Audioführer in internationalen Sprachen“, sagte Vahl, die Internationalisierung der Besucherschaft sei ein wichtiger Tourismusfaktor – schon jetzt kämen Holländer, Franzosen oder auch Spanier zur Besichtigung. „Wir haben jetzt auch jüngere Ehrenamtliche im Isistempel, die in mehreren Sprachen Führungen anbieten können,“, berichtete Vahl. Das werde sehr gut angenommen, denn die Zahl der internationalen Gäste nehme zu.

Es brauche aber auch neue, multimediale Präsentationsformen, betonte Vahl zudem, gerade für jüngere Besucher sei das wichtig. „Wir leben jetzt in einer computerzentrierten Welt, wenn ich junge Leute da reinbekommen will, muss ich auf deren Sehgewohnheiten eingehen“, sagte Vahl.

Doch das Geld sitzt derzeit in Mainz alles andere als locker, gerade erst kippte die Dienstaufsicht ADD den Nachtragshaushalt für 2024 und verordnete der Stadt ein scharfes Sparprogramm – Investitionen ins Römische Erbe dürften da erst einmal nicht auf der Agenda stehen, auch wenn Matz versicherte: „Wir wollen das Mainzer Erbe strahlen lassen, denn es ist gut investiertes Geld“ – auch Tagestouristen brächten schließlich Wirtschaftskraft in die Stadt.

Klang der Antike: Helios-Hymnos und Lied des Seikilos

Ein leuchtendes Beispiel im Sinne der IRM dürfte da wohl ihr Gründungsvorsitzender sein: Gerd Krämmer spendete am Sommerfest 555,- Euro für die IRM. Die IRM nimmt nach eigenen Angaben pro Jahr rund 40.000 Euro an Spenden ein, mit dem Geld trägt die Initiative die Präsentation des Isistempels samt Taberna Academica im Erdgeschoss, Führungen und Erhalt in kompletter Eigenregie.

Musikarchäologe Hagen Pätzold mit dem Original-Nachbau eines römischen Cornu. - Foto: gik
Musikarchäologe Hagen Pätzold mit dem Original-Nachbau eines römischen Cornu. – Foto: gik

Wie lebendig die Antike bis heute ist, demonstrierte derweil der experimentelle Musikarchäologe Hagen Pätzold auf dem Sommerfest: Pätzold hatte nicht nur Original-Nachbauten antiker Instrumente wie Tuba, Cornu und Kithara dabei – er brachte sie auch zum Klingen. Und so erklang im Innenhof des Museums an einem lauen Sommerabend ein uralter Hymnus für den Sonnengott Helios, komponiert im 2. Jahrhundert nach Christus, zur Zeit des römischen Kaisers Hadrian, von dem Griechen Mesomedes von Kreta, oder das „Tarantara“ des Quintus Ennius, gespielt auf einer Tuba – echte Gänsehautmomente.

Und wer hätte schon gewusst, dass der antike Mathematiker Pythagoras nicht nur diverse Prinzipien erfand – sondern auch Berechnungen für das Stimmen von Gitarrensaiten? Die Kithara jedenfalls, erste Vorläuferin der Gitarre, wurde nach Pythagoras-Methode gestimmt, zu hören gab es zu ihren Klängen eine der ersten bekannten Kompositionen überhaupt: Das Lied des Seikilos.

Gefunden wurde es 1883 bei Ausgrabungen in Kleinasien auf einer Stele die ein gewisser Seikilos errichtet hatte, wohl im 2. Jahrhundert nach Christus. Auf der Stele fand sich nicht nur eine Inschrift mit einem Epitaph zur Erinnerung an einen Verstorbenen – sondern auch die Noten für die Melodie des Liedes. Das Lied des Seikilos gilt deshalb als älteste vollständige erhaltene Komposition eines Musikstückes, passenderweise mahnt es zum Gedenken an die Vergänglichkeit des Lebens – und dazu, sich sichtbar zu machen: „Traure über nichts zu viel. Eine kurze Frist bleibt zum Leben […] Solange du lebst, tritt auch in Erscheinung.“

Info& auf Mainz&: Mehr zu 20 Jahre Isistempel und IRM könnt Ihr noch einmal hier bei Mainz& nachlesen. Mehr zu den jüngsten römischen Funden auf dem TRON-Baufeld in der Mainzer Oberstadt lest Ihr hier bei Mainz&. Wie eine antike Tuba klang, könnt Ihr hier auf der Mainz&-Facebookseite nachhören, Erklärung vom Experten inklusive.