Sensation in Rheinhessen: Rheinhessen hat einen Weinkönig! Eine Jury wählte am Samstagabend in Ingelheim den 25 Jahre alten Winzer und Wein-Influencer Levin McKenzie aus Mainz zum ersten Rheinhessischen Weinkönig. Damit schreibt Rheinhessen Geschichte: Es ist das erste Mal, dass ein Mann in einem der 13 deutschen Weinanbaugebiete in das höchste Amt einer Weinmajestät gewählt wurde. Rheinhessen bekommt damit einen spannenden jungen Influwinzer als Repräsentant – Levin rockte am Samstagabend den Saal im KING in Ingelheim. Die Wahl kommt mitten in heißen Diskussionen in der Weinszene über die Frage: Wie modern ist das Amt einer Weinkönigin?
Es war 22.57 Uhr, als Moderator Toby Bieker auf der Bühne des Kulturzentrums KING in Ingelheim den bedeutungsschweren Satz sagte: “Jetzt wird Geschichte geschrieben.” Es war der Moment, als in Rheinhessen eine kleine Revolution geschah – Bieker verkündete die Wahl des 1. Rheinhessischen Weinkönigs. Zum ersten Mal in einem wurde in einem der 13 Weinanbaugebiete in Deutschland ein Mann in das Amt der höchsten Weinmajestät gewählt, zum ersten Mal ist ein Mann “das Gesicht” von Weinen und Winzern dieses Anbaugebietes – eine Sensation.
“Wir wählen hier heute Abend vielleicht die 74. Weinkönigin – oder den ersten Weinkönig von Rheinhessen”, hatte Bieker gleich zu Beginn des Wahlabends in Ingelheim klar gemacht. 73 Jahre lang hieß es “Rheinhessische Weinkönigin”, 73 Jahre lang durften nur Frauen für das Amt antreten, nun kämpfte der Moderator mit den Begriffen: “Unsere Kandidtat… äh, innen? Kandidat? Ich bleib beim Begriff KandidatINNEN, nehmt es mir nicht übel”, entschied sich der Weinmoderator schließlich.
Kandidatentrio: Influwinzer, Erzieherin, BWL-Studentin
Die Szene war typisch für diese Wahl, die so anders war als vorhergegangene – und dann wieder doch nicht. Denn auch dieses Jahr mussten sich die drei Kandidatinnen am Nachmittag erst einmal einer Fachbefragung vor einer rund 40-köpfigen Jury aus Weinexperten, Politik und Medien stellen, zu der auch Mainz&-Chefredakteurin Gisela Kirschstein gehörte. Und schon da zeigte sich: Alle drei verfügten über höchst fundiertes Weinwissen, alle drei hatten Vorerfahrungen in Sachen Präsentation – und doch stach der Mann in der Runde heraus, nicht weil er ein Mann war, sondern wegen seiner Persönlichkeit.
Angetreten zur Wahl waren die 26 Jahre alte Erzieherin Katja Klemmer aus Westhofen, die 24 Jahre alte BWL-Studentin Laura Schlösser aus Ingelheim – und eben der 25 Jahre alte Winzer und “Influwinzer” Levin McKenzie aus Wackernheim. Vor der Jury ging es zunächst um Fachfragen aus Weinbau, Kellerwirtschaft und Tourismus, das “Erlebnis Rheinhessen” musste erläutert, ein Lieblingswein in einer Mini-Weinprobe präsentiert werden. Schließlich galt es noch eine Frage auf Englisch zu beantworten – auch die Rheinhessische Weinkönigin absolviert durchaus Termine im Ausland oder vor Gästen aus anderen Ländern.
Alkoholfreie Weine, Hiwweltouren oder pilzwiderstandsfähige Rebsorten – für Katja Klemmer waren die Fachfragen kein Problem. Gekonnt und sattelfest arbeitete sich die Winzerstochter aus Westhofen durch die Fragen und schwärmte mit echter Begeisterung von ihrer Arbeit mit Kindern im Kindergarten oder beim Turnen sowie von ihrem Amt als Westhofener Traubenblütenkönigin. Doch bei der englischen Frage musste Klemmer weitgehend passen, damit war klar: In die engere Wahl würde sie nicht kommen.
Laura Schlösser: mit perfektem Englisch zum Tourism of Happiness
Denn Mitkandidatin Laura Schlösser glänzte die Jury mit einer fantastischen Präsentation auf Englisch, hatte die Ingelheimer Winzerstochter doch mehrere Monate in einem Feriencamp in den USA gearbeitet. Auch inhaltlich beeindruckte die amtierende Ingelheimer Rotweinkönigin und Expertin für Eventmanagement mit einem höchst souveränen Auftritt, perfektem Weinwissen und spannenden Inhalten – wie etwa, als sie vom “Tourism of Happiness” in Finnland erzählte oder über das rheinhessische Lebens-Wir-Gefühl schwärmte.
Und trotzdem schaffte Levin McKenzie das Kunststück, dieselben Themen noch ein Stück lebendiger, spannender und cooler zu präsentieren – bei dem gelernten Winzer und Wein-Influencer sprang der Funke zum Publikum einfach sofort über. Der aus Wackernheim stammende McKenzie machte in den renommierten Weingütern Bettenheimer in Ingelheim und St. Antony in Nierstein eine Winzersausbildung und arbeite beim Weingut Finkenauer-Franz in Bubenheim in Keller, Weinberg und Marketing mit.
In Vollzeit sei er aber eigentlich Student, berichtete Levin locker – an der Mainzer Fachhochschule studiert er derzeit Betriebswirtschaft und zog fürs Studium in die Mainzer Neustadt. Sich selbst nennt er gerne “Influwinzer”, denn während der Corona-Pandemie gründete er den Weinblog “Wein on Wednesday” und moderiert den “Mainzer.Kultpodcast”, der aus dem Weinhaus Bluhm kommt. Zu Gast waren da schon Kabarettist Tobias Mann oder auch Mainz05-Stadionsprecher Andreas Bockius, auf der ProWein 2024 drehte McKenzie coole Weinvideos, und hatte dabei das Who is Who der deutschen Weinszene vor der Kamera.
Levin McKenzie: Coole Plauderei, Weinwissen mit Humor
Schnell war deshalb klar: Über Wein plaudern, das kann Levin aus dem Effeff. Doch seine Plaudereien sind stets garniert mit fundiertem Weinwissen, seine lockere Art ist nie platt. Egal, ob ökologischer Weinbau und Nachhaltigkeit, der Weinstil Rheinhessens, oder das Pairing von Wein mit Essen – gereifter Riesling zum Wild oder Silvaner zum Spargelsalat – oder die Debatte um sinkenden Weinkonsum bei jüngeren Leuten: Levin McKenzie plauderte differenziert und auf den Punkt, und garnierte das ganze mit viel Humor und Sprüchen, die im Kopf blieben und sofort einen Draht zu seinen Zuschauern aufbauten.
Besonders deutlich wurde das am Samstagabend in der Wahlgala im KING vor rund 300 Gästen: Levin rockte die Bühne, präsentierte sich pfiffig, witzig und kenntnisreich – und ließ zugleich seinen beiden Mitbewerberinnen jede Chance, ebenfalls zu glänzen. Und so bekam man als Zuschauer sofort Lust, mit Levin in eine Weinbar in Frankfurt zu stürmen, “ein paar Flaschen rheinhessische Weine aufzuziehen”, und über Rieslinge in Nierstein, fantastische Winzersekte oder das rh3einhessische Lebensgefühl zu philosophieren.
“In Rheinhessen wird gerückt”, schwärmte Levin, “da wird sich IMMER dazugesetzt, und wenn Du gehst, hast Du neue Freunde gewonnen.” Ganz nebenbei spielte sich der Kandidat mit Moderator Bieker noch locker die Bälle zu – Motto: “Ich stell mich dann nachher vor die Tür, und wer dann noch was wissen will…” – und brachte den Saal eins ums andere Mal zum Lachen und Staunen. “Wein ist ein Herzensprojekt, darauf kann ich Stunden und Tage drauf verwenden”, bekannte McKenzie – und genau diese Begeisterung, mit Lockerheit und Humor gepaart, sprang über.
Insignie für einen Weinkönig: Amtskette statt Krone
Dabei legten auch die beiden Damen sehr gute Auftritte auf die große Bühne, plauderten entspannt mit Moderator Bieker oder moderierten Einspielfilme über rheinhessische Weingüter und Sehenswürdigkeiten. Besonders der Vide-Vlog, den Laura Schlösser über die Great Wine Capital Mainz im Vergleich mit den anderen Städten im Netzwerk produziert hatte, brachte den Saal zum Staunen: Das hochprofessionelle, liebevoll gemachte Werk war ein kleines Meisterstück in Sachen Wein-Marketing.
In einer finalen Teamrunde konnten die drei Kandidaten bei Beruferaten und Emoji-Bilderrätsel schließlich noch beweisen, dass sie auch Teamwork können – von vorneherein war klar: Wer nicht Weinkönigin oder Weinkönig wird, steht dennoch ein Jahr lang als rheinhessische Weinprinzessin oder Weinprinz der Majestät unterstützend zur Seite. Deshalb hatte sich der Verein Rheinhessenwein, der die Wahl der rheinhessischen Weinmajestäten ausrichtet, auch bereits im Vorfeld Gedanken gemacht: Mit welcher Insignie würde man denn nun einen Weinprinz oder Weinkönig ausstatten?
“Das ist jetzt wie eine Geburt: Es könnte auch ein Junge werden”, sagte Moderator Bieker, dem Abend sei deshalb “eine ganz intensive Diskussion vorausgegangen”: “Krone = Frau, aber Mann? Was machen wir?” Das Ergebnis präsentierte Bieker zusammen mit dem “Hofjuwelier” der rheinhessischen Weinmajestäten, dem Mainzer Juwelier Richard Sebastian Wagner. Der hatte auch schon die Weinkronen für die Damen in den Jahren zuvor gefertigt, filigrane Gebilde, die von Weinblättern geziert werden.
“Jetzt wird Geschichte geschrieben”
Analog dazu entwickelte Wagner nun auch das Erkennungszeichen für den neuen rheinhessischen Weinkönig: Eine Amtskette aus Weinblättern, gerahmt in der Silhouette eines Weinfass-Spundlochs. Er habe zuvor einiges an Recherche investiert, was Könige für gewöhnlich in ihrem Amt so tragen, berichtete Wagner, und verriet auch gleich: Eine Krone sei es nicht. “Kronen werden nur bei der Krönung oder bei besonderen Zeremonien getragen”, verriet Wagner im Gespräch mit Mainz& – ansonsten sei eine Amtskette üblich.
Und die gestaltete Wagner modern und klassisch zugleich, sein Ziel: “Die Kette muss auf einem Anzug oder einem Hemd gut aussehen, eine Krone sieht bei Männern einfach nicht gut aus – im Gegensatz zu den Frauen: Da passt die Krone zum schicken Kleid ebenso wie zu Kostüm oder Lederjacke.” Und so war die Bühne bereitet für das große Finale und die Frage: Würde Rheinhessen erstmals einen Mann als Weinkönig bekommen?
Um 22.57 Uhr verkündete Bieker dann schließlich: “Jetzt wird Geschichte geschrieben – der erste Rheinhessische Weinkönig heißt Levin McKenzie!” Der frisch gekürte zeigte sich gerührt: “Ich bin komplett überfordert gerade, überrascht, erleichtert”, gestand Levin I., er freue sich enorm auf diese kommende Jahr. Und wandte sich gleich auch an seine beiden Weinprinzessinnen: “Es ist mir ein inneres Blumenpflücken, das jetzt mit Euch beiden machen zu können.”
Abschied von den Rheinhessen-Queenies 2023-20240
Auf das neue Trio kommt eine Menge Arbeit zu: Kurz zuvor hatten nämlich die scheidenden Rheinhessen-Queenies Bilanz ihres Amtsjahres gezogen, und dabei die ganze Palette ihrer Termine Revue passieren lassen: Weinfeste eröffnen, Weinproben moderieren, Reden vor jeder nur erdenklichen Runde halten, Politiker oder Touristen begleiten und nicht zuletzt, die zahlreichen Social Media-Kanäle mit kleinen Videos und Fotos rund um Wein, Weinmenüs und das Leben in Rheinhessen bestücken. Wie wichtig bei all dem noch immer eine Krone im Haar ist, das machte die scheidende rheinhessische Weinkönigin Annalena Baum gar mit einer gesungenen “Hommage an die Krone” deutlich – stark.
Das scheidende Team war gleich zu fünft, Annalena Baum wurde von gleich vier Weinprinzessinnen flankiert – ihnen allen dankte Braunewell mit jeweils einer eigenen Laudatio. Die “Queenies” seien enorm würdige Botschafter rheinhessischer Weine gewesen, dankte Braunewell – nun muss das neue Trio in ihre Fußstapfen treten. Er könne von seinen Vorgängerinnen “ganz viel lernen”, hatte Levin I. schon am Nachmittag in der Fachbefragung gesagt, das neue Amt sei “auch eine Bildungsmaßnahme für mich, die ich als Chance nutzen möchte – weil es jetzt geht.”
Info& auf Mainz&: Dem neuen Rheinhessischen Weinkönig könnt Ihr hier auf Instagram mit seinem “Wine on Wednesday”-Auftritt folgen, und demnächst wohl auch unter “Rheinhessen-Queenies”. Mehr zur Debatte um Krone und Amt der Weinkönigin und die Frage, ob das noch zeitgemäß ist, lest Ihr hier bei Mainz&.