Sie ist Kult und von den Rüdesheimern heiß geliebt, die sanfte Fahrt übers Rebenmeer ist Entschleunigung pur: Am Samstag lädt die Seilbahn Rüdesheim zur Saisoneröffnung. Die Bahn sei frisch gewartet und vom TÜV abgenommen, „es ist frisch geputzt und gewienert“, berichtet Seilbahn-Geschäftsführer Rainer Orben. Seit 1954 bringt die Seilbahn Besucher von Rüdesheim hinauf zum Niederwalddenkmal, bis zum 5. November geht die Saison. Für die ganzen acht Monate kann man übrigens per Flatrate gondeln: Eine Saisonkarte für ganze 50,- Euro erlaubt freie Fahrt übers Rebenmeer, Nachtfahrten und Fahrten zum Rüdesheim Weihnachtsmarkt inklusive.

Wunderschöne Fahrt mit der Seilbahn Rüdesheim mit Blick über den Rhein. – Foto: gik

Seit 1883 führt eine Bahn hinauf zum Niederwalddenkmal, das im gleichen Jahr errichtet wurde, um an die erste Einheit aller deutschen Territorien durch den Krieg im Jahr 1871 zu erinnern. Seither schwingt die Germania stolz ihr Schwert auf der Anhöhe über Rüdesheim und blickt über den Rhein nach Bingen – ein Ausblick, den auch schon Karl der Große und Napoleon genossen haben sollen. Das Denkmal löste eine wahre Wallfahrt aus, die Zahnradbahn beförderte die Besucher bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg hinauf.

Nach dem Krieg wollten die Rüdesheimer unbedingt wieder eine Bahn zum Denkmal, dieses Mal allerdings sollte es eine Seilbahn sein, ein modernes leistungsfähiges Transportmittel.  Im Sommer 1953 gründeten Geschäftsleute zusammen mit der Stadt Rüdesheim und dem Landkreis Rheingau eine Seilbahn-Gesellschaft, bereits an Ostern 1954 war Einweihung. „Die Bahn wurde als technisches Wunderwerk gefeiert“, sagt Orben, der seit 2001 Geschäftsführer der Seilbahn ist. Als Orben kam, hatte die Bahn schon 50 Jahre auf dem Buckel, eine Erneuerungskur war dringend fällig.

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Hinauf zur Germania führt die Fahrt in den offenen Gondeln, besonders schön ist das natürlich im Frühjahr und im Herbst. – Foto: gik

Seit 2005 schweben nun runde Kabinen im Edelstahl-Look in 14 Metern Höhe über die Reben, niedrig genug, damit auch Nicht-Schwindelfreie mitfahren können. Knapp 800 Personen pro Stunde können befördert werden, pro Richtung, rund 500.000 Fahrgäste nutzten das im vergangenen Jahr. In diesem Jahr sind nun die 85 Gondeln mit ihren Nummern „erstmals in der richtigen Reihenfolge angeordnet“, erzählt Orben, das sei eine Bitte vieler Kinder gewesen. „Wir sind ganz begeistert, warum wir da nicht früher darauf gekommen sind.“

Dazu gibt es noch die Nummern 99 und 100, die für besondere Gelegenheiten reserviert sind – etwa für Hochzeitspaare. Kultstatus hat die Gondel mit der Nummer 76 – für Elvis-Presley-Fans. Denn für den Film G.I. Blues ließen die Macher Elvis per Fotomontage erst in Rüdesheim mit dem Dampfer ankommen und dann romantisch-singend mit der Seilbahn fahren – der Sänger selbst war zwar als amerikanischer Soldat in Deutschland stationiert, die Seilbahn und ihre Gondeln aber hat er in der Realität nie gesehen.

Knapp 1,4 Kilometer lang ist die Seilbahn-Strecke hinauf zum Niederwald-Denkmal, zehn Minuten dauert die gemütliche Fahrt. Oben auf der Höhe baut das Land Hessen seit einigen Jahren weiter an der Restaurierung der Siegesgöttin Germania und an der Wiederbelebung des benachbarten Osteinschen Landschaftsparks nach historischem Vorbild. Gerade 2016 habe sich der Landschaftspark stark verändert, berichtet Orben. Neu belebt wird zudem gerade das „Rebenhaus“, ein alteingesessenes Restaurant unterhalb des Pavillons am Fußweg Richtung Rüdesheim.

Das Restaurant Am Niederwald bietet nicht nur gutes Essen und Trinken, sondern auch Informationen zum Niederwalddenkmal und zum Welterbe Mittelrheintal. – Foto: gik

Vor einem Jahr wurde gleich neben der Bergstation zudem das neue Besucherzentrum eingeweiht, ein neues Restaurant mit großzügiger Terrasse lädt nun zum Verweilen. Blickfang sind die großen Lampen an der Decke – die runden Schirme sind mit Fotos von Rüdesheim, dem Niederwalddenkmal und dem Mittelrheintal bezogen. Im vorderen Teil des Restaurants informieren Tafeln, Karten und Grafiken über die Geschichte des Denkmals, ausziehbare Schubladen führen zu Wanderwegen und Sehenswürdigkeiten im Unesco Weltkulturerbe Mittelrheintal.

Am 18. März ist nun Eröffnung der Saison 2017, bis zum 5. November wird täglich von 9.30 Uhr bis 18.00 Uhr gegondelt – das sei wie Wellness für die Seele, sagt Orben schmunzelnd. Im Winter kann man nur während des Rüdesheimer Weihnachtsmarktes die Fahrt über das Rebenmeer genießen, das dafür auch bei einbrechender Dunkelheit – wunderschön. Nachtfahrten werden aber auch im Sommer angeboten: Von Juni bis September gibt’s an ausgewählten Abenden das besondere Erlebnis, etwa zum Großfeuerwerk-Event „Rhein in Flammen“ am 1. Juli.

Nachtfahrten sind mit der Seilbahn in Rüdesheim ein besonderes Erlebnis – unbedingt machen! – Foto: gik

Wer nun die Seilbahn regelmäßig genießen will, sollte sich überlegen, ob er zur Flatrate greift: Für Wiederholungstäter bietet die Seilbahn nämlich Saisonkarten an: „Das ist ein Geheimtipp“, verrät Orben und mache Sinn für Einheimische oder Besucher aus der näheren Umgebung. Einen festen Stamm von 800 Saisonkarteninhabern gebe es bereits, Tendenz steigend. Für ganze 50,- Euro kann man die gesamte Saison gondeln, Nachtfahrten und Weihnachtsmarkt inklusive, Pärchen zahlen 90,- Euro, eine Familienflat gibt es für 110,- Euro. „Aber etwa der sechsten oder siebten Benutzung rechnet es sich schon“, sagt Orben und verrät, dass man für die Pärchenkarte kein Ehepaar sein muss: „Es können sich auch einfach zwei Menschen für den Kauf der Karte zusammenfinden.“ Übertragbar sind die Karten allerdings nicht: Die Tickets sind mit Name und Passfoto personalisiert.

Info& auf Mainz&: Die Seilbahn Rüdesheim fährt vom 18. März bis zum 5. November täglich zwischen 9.30 Uhr bis 18.00 Uhr pausenlos von Rüdesheim zum Niederwalddenkmal, von Juni bis September an den Wochenenden auch bis 19.00 Uhr. Im Winter fahren die Gondeln zum Weihnachtsmarkt der Nationen vom 27.11. bis 23.12.2017. Eine Berg- und Talfahrt kostet für Erwachsene 8,- Euro, Kinder von 5 bis 15 Jahren zahlen 4,- Euro. Es gibt Rabatte für Gesellschaften und Schulklassen, Rund-Tickets via Assmannshausen inklusive Schifffahrt. Saisonkarte 50,- Euro, Pärchen 90,- Euro, Familienflat 110,- Euro. Alle Infos unter www.seilbahn-ruedesheim.de. Eine Reportage über die Seilbahn und ihre Erfinder lest Ihr hier bei Mainz&: Wo Elvis niemals Gondel fuhr. Mehr übers Besucherzentrum am Niederwalddenkmal findet Ihr hier, das Restaurant Am Niederwald samt Speisekarte hier.

Terminhinweis&: Just zum Landschaftspark am Niederwalddenkmal gibt es kommenden Dienstag eine spannende Führung im Mainzer Landesmuseum: Gernot Frankhäuser vom Landesmuseum lädt zur Führung zum Thema „Der Landschaftspark im Niederwald – eine Spurensuche im Landesmuseum“. Dienstag, 21. März, Beginn 18.00 Uhr, der Eintritt ist frei.

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