Heute ist in Deutschland wohl der eine Millionste Flüchtling angekommen, Rheinland-Pfalz hat bereits 40.000 Flüchtlinge aufgenommen – nun wächst die Zahl derer, die Begrenzungen fordert und den Familiennachzug stoppen wollen. Dagegen wendet sich ein breites Bündnis aus Kirchen, Migranten- und Sozialverbänden – sie forderten heute in Mainz die Landesregierung auf, das Asylrecht nicht weiter auszuhöhlen. Anlass: Der Internationale Tag der Menschenrechte am 10. Dezember. Am Donnerstag soll denn auch eine Demo durch Mainz führen unter dem Motto „Asylrecht ist Menschenrecht“.

Open Ohr - Wandgemälde Flüchtlinge mit Menschen
Hinter dem Begriff „Flüchtlinge“ stehen Menschen mit Schicksalen – und Menschenrechten – Wandgemälde auf dem Open Ohr 2015 – Foto: gik

Die aktuellen Maßnahmen seien „ein Frontalangriff auf das Asylrecht“, heißt es im Demonstrationsaufruf.  „Die Artikel des Grundgesetzes wie der besondere Schutz der Familie gelten nun einmal nicht nur in Schönwetterzeiten“, warnte Albrecht Bähr von der Liga der Freien Wohlfahrtspflege. Flüchtlingen den Familiennachzug zu verwehren, habe Folgen für die Menschen, „das sehen wir in unseren psychosozialen Zentren.“ Auch warnten die Sozialverbände davor, den im Grundgesetz gesicherten Rechtsschutz durch Verkürzung von Asylverfahrungsfristen zu kappen und Eingriffe ins Existenzminimum zu beschließen. „All das ist einer Menschenwürde nicht dienlich“, betonte Bähr.

Der Bad Kreuznacher Pfarrer für Ausländerangelegenheiten, Sigfried Pick, kritisierte vor allem die Tendenz des Landes, Flüchtlinge in immer größeren Massenunterkünften unterzubringen, wie sie derzeit ja auch in der alten Kommissbrotbäckerei in der Mainzer Neustadt entstehen. Immer größere Lager wie in Alzey mit bis zu 1.300 Menschen in einer Halle seien „nicht mehr menschenverträglich“, kritisierte Pick.

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In Bad Kreuznach etwa sollen bis zu 1.500 Flüchtlinge in einem ehemaligen Warenlager untergebracht werden, ohne Tageslicht und ohne anständige Belüftung. „Das geht nicht, so kann man Menschen nicht unterbringen“, betonte der Flüchtlingspfarrer: „Wir halten dem entgegen, dass Flüchtlinge keine Ware sind, sondern Menschen.“ Diese „in Hallen einzulagern“, schaffe mehr Probleme als es sie löse. „Wer große Lager schafft, vermittelt Flüchtlingen, ihr seid nicht willkommen“, kritisierte Pick zudem. Das sei ein Abschied von der Willkommenskultur.

Steffi Rohling, Verbandsdirektorin des Verbandes der 70 Volkshochschulen im Land, betonte auch Bildung sei ein Menschenrecht. 60 Prozent der Absolventen eines Jahres legten ihre Prüfung in Integrationskursen an Volkshochschulen ab. Doch die bekämen viel zu wenig Geld dafür: 2,95 Euro bekommen die Volkshochschulen derzeit pro Unterrichtsstunde vom Bundesministerium für Flüchtlinge und Migration (BAMF), das reiche für eine flächendeckende Versorgung mit Sprachkursen bei Weitem nicht aus.

Start zum Schweigemarsch mit Fallschirm Mensch kleiner
Schweigemarsch für auf der Flucht gestorbene Flüchtlinge Anfang Dezember in Mainz – Foto: gik

„Wir brauchen unbedingt eine Erhöhung auf 4,40 Euro“, forderte Rohling. Die Volkshochschulen wollten nicht entscheiden müssen, in welchen Flüchtling sie Bildung investieren dürften und in welchen nicht. „Wir müssen uns neu verständigen, was dieses Menschenrecht auf Bildung auch für die bedeutet, die zu uns kommen“, unterstrich sie.

„Wir haben zu lange vernachlässigt, nachzubuchstabieren, was es heißt, Sozialstaat zu sein“, befand Thomas Posern von der Evangelischen Kirche in Rheinland-Pfalz. Das Kommen der Flüchtlinge könne und müsse auch Chance und Impuls sein, „den Sozialstaat wieder in sein Recht zu versetzen, damit niemand verloren geht.“ Denn schließlich, sagte Posern noch, sei gerade der Advent dazu ein gutes Mahnmal: Die Christen feierten darin die Ankunft von Jesus Christus – doch auch der sei ein Flüchtling gewesen. „In dieser Perspektive kann es keine Obergrenzen geben, kein Vorsortieren und kein Aussortieren“, fügte Posern hinzu.

Genug Stoff also zum Nachdenken über das Thema Asyl und Menschenrechte. Schließlich heißt es in Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die am 10. Dezember 1948 verkündet wurde: „Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“ Angesichts der drastisch gestiegenen Zahlen derer, die dies auch tun, diskutiert Deutschland wieder – über Mitmenschlichkeit, Asylrecht und den Sozialstaat.

Info& auf Mainz&: Demonstration „Asylrecht ist Menschenrecht“ am Donnerstag, 10. Dezember, 16.00 Uhr bis 17.30 Uhr in Mainz auf dem Gutenbergplatz vor dem Theater. Anlass ist der Internationale Tag der Menschenrechte am 10. Dezember. Zu der Demonstration rufen auf der Arbeitskreis Asyl und der Initiativausschuss für Migrationspolitik, beteiligt sind auch Sozialverbände und Kirchen. Mehr Infos zur Demo gibt es unter anderem auf der Seite Aktiv für Flüchtlinge Rheinland-Pfalz.

 

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