Wochenlang wurde in deutschen haushalten Toilettenpapier gebunkert, nun herrscht mancherorts tatsächlich Knappheit an dem Hygienestoff – folglich werden auch in Mainzer Haushalten Taschentücher, Küchenkrepp oder andere Alternativen die Toiletten hinuntergespült. Doch der Wirtschaftsbetrieb Mainz warnt: das kann zu meterlangen „Müll-Monstern“ führen, die Pumpen fressen oder Rohre fressen – sozusagen. „Deine Toilette ist kein Mülleimer“, mahnt der Wirtschaftsbetrieb nun – in die Toilette gehörten weder Fett noch Stoffreste, keine Essensüberbleibsel und natürlich auch keine Damenbinden oder ähnliches. Denn die Müllmonster können teuer werden.

Was gehört in die Toilette - und was nicht? Eigentlich ganz einfach: Nur Toilettenpapier darf ins Örtchen. - Foto: WB Mainz
Was gehört in die Toilette – und was nicht? Eigentlich ganz einfach: Nur Toilettenpapier darf ins Örtchen. – Foto: WB Mainz

Das Problem sei nicht auf Coronapandemiezeiten beschränkt, sagt die Vorstandschefin Jeanette Wetterling: Schon seit Längerem landeten auch in Mainz Dinge in der Toilette, die dort nicht hingehören, weil sie sich im Abwasser nur schwer oder sogar gar nicht auflösen. Das betrifft zum einen Öle und Fette, reicht aber auch über feuchtes Toilettenpapier, Taschen-, Küchen- und Feuchttücher bis hin zu Textilien und größeren Stoffe. Das Problem dabei: Diese Dinge können sich auf dem Weg durch die Kanalisation verbinden, verknüpfen und miteinander verkleben – „es enstehen häufig meterlange ‚Müll-Monster'“, sagt Wetterling.

Tatsächlich gebe es derzeit das Problem verstärkt, offenbar weil manche Menschen tatsächlich zu Alternativstoffen zu Toilettenpapier greifen müssen. Gelangten die Müll-Monster bis in die Mombacher Kläranlage, sei das „aus abwassertechnischer Sicht noch das kleinere Übel“, erklärt Wetterling: „Dort kann zwar die Rechenanlage lahmgelegt werden, letztlich aber können wir es hier noch relativ problemlos entfernen und entsorgen.“ Doch etwas ganz anderes sei es, wenn das „Ungetüm“ auf dem Weg zum Klärwerk stecken bleibe – dann könne das Monster Rohre und Kanäle verstopfen oder Pumpen lahmlegen, indem es Motoren beschädige oder sogar zerstöre. „Das kostet zusätzlich Zeit, Personal und Nerven“, sagt Wetterling, auch weil der Defekt ja erst einmal entdeckt werden müsse, das Abwasser in der Zeit aber weiter fließe.

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„Das kann dann nicht nur unangenehm für unseren Reparatur-Trupp werden, sondern auch für die unmittelbaren Anwohner“, warnt Wetterling: „Die Nase wäre dabei übrigens noch das kleinere Problem.“ im schlimmsten Fall könne es zum Rückstau der Abwässer kommen, im Extremfall kann der bis in die eigenen vier Wände zurückschwappen. Ein weiterer Effekt betrifft langfristig zudem auch den eigenen Geldbeutel: „Es kostet Geld“, sagt Wetterling.

Ein verstopftes Kanalrohr hat unangenehme Nebenwirkungen für Nase und Umwelt. - Foto: gik
Ein verstopftes Kanalrohr hat unangenehme Nebenwirkungen für Nase und Umwelt. – Foto: gik

Die Menge an wasserunlöslichen Stoffen, die Jahr für Jahr in der Mainzer Kläranlage rausgefischt werde, habe sich seit 2015 um fast 50 Prozent auf rund 600 Tonnen erhöht. „Dementsprechend mehr müssen wir seitdem auch für die Entsorgung bezahlen“, sagt die Chefin – zuzüglich Mehrausgaben für Personal, Material, Reparaturen und Ersatzanschaffungen werde das irgendwann auch Auswirkungen auf die Entwässerungsgebühren haben. „Von daher sollte jeder ein persönliches Interesse haben, darauf zu achten, dass wirklich nur das in der Toilette oder im Abfluss landet, was dort auch reingehört“, mahnt Wetterling.

Um den Müll der Bürger macht sich aber noch eine Sorgen: Umweltministerin Ulrike Höfken (Grüne). Diese appellierte nun an die Rheinland-Pfälzer, sich auch in Coronazeiten weiter an die Mülltrennung zu halten und mitzuhelfen, dass die Restmülltonnen nicht überquellen. Wer helfe, Müll zu vermeiden und zu recyceln, entlaste sowohl die Umwelt als auch das Entsorgungssystem, betonte Höfken. Die Ministerin appellierte zudem an alle öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger im Land, die Abfallentsorgung im bisherigen Umfang aufrechtzuerhalten, eine erhöhte Menge an Restmüll zu entsorgen und gegebenenfalls hierfür das Volumen von Restmülltonnen anzupassen.

Auch in der Coronapandemie auf Mülltrennung achten, mahnt das Land. - Foto: gik
Auch in der Coronapandemie auf Mülltrennung achten, mahnt das Land. – Foto: gik

Offenbar besteht die Befürchtung, dass die Entsorgungskapazitäten in Sachen Restmüll an Grenzen stoßen können: Werde noch mehr Müll über die Restmülltonne entsorgt, könne das „sowohl die Sammellogistik als auch die Kapazitäten in den Abfallverbrennungsanlagen überfordern“, warnte Höfken. Die Bürger bat die Ministerin deshalb auch, auf spontane Entrümpelungsaktionen zu verzichten und auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. In dieser Situation sei ein hohes Sperrmüllaufkommen von den Entsorgungsbetrieben kaum zu bewältigen.

Mit einem anderen Appell kommt die Ministerin indes gut zwei Wochen zu spät: Höfken forderte die Kommunen auf, ihre Wertstoffhöfe nicht zu schließen, denn diese leisteten „einen wichtigen Beitrag zur Entsorgungssicherheit“ und gehörten „zu den notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens.“ Würden Wertstoffhöfe geschlossen, bestehe die Gefahr, dass noch mehr Müll über die Restmülltonne entsorgt werde, sagte Höfken. In der Stadt Mainz sind allerdings bereits seit dem 23. März sämtliche Wertstoffhöfe wegen der Coronakrise geschlossen, der Landkreis Mainz-Bingen machte seine elf Wertstoffhöfe bereits am 20. März dicht. Auch im Biomassezentrum in Essenheim wird kein privater Grünschnitt mehr angenommen. Bleibt die Frage, wohin die Mainzer ihre Sondermüllabfälle entsorgen sollen – die Baustellen im Stadtgebiet gehen ja weiter, auch Umzüge finden weiter statt.

Bitte zurzeit auf Sperrmüll und Entrümpelungen verzichten, mahnt das Land. - Foto: gik
Bitte zurzeit auf Sperrmüll und Entrümpelungen verzichten, mahnt das Land. – Foto: gik

Eine Besonderheit gibt es in der Coronapandemie in Sachen Müll aber doch: Haushalte, in denen Personen leben, die mit dem Coronavirus infiziert sind oder bei denen ein begründeter Verdacht auf Infektion besteht, sollen ihren Müll unbedingt über die Restmülltonne entsorgen – und zwar den gesamten Müll. „In diesem Fall sollen auch Biomüll, Altpapier und Verpackungsmüll, der normalerweise in den Gelben Sack gehört, über die Restmülltonne entsorgt werden“, teilte Höfken weiter mit. Am besten solle der Müll in einem gut verschlossenen Müllbeutel in die Tonne verpackt werden. Auf diese Regelung hätten sich die Bundesländer in Absprache mit dem Bundesumweltministerium und orientiert an Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts geeinigt.

Zwar sei noch kein Fall bekannt, bei dem sich jemand über Hausmüll mit COVID-19 angesteckt habe, doch die Vorgaben sollten dem Schutz aller dienen, betonte die Ministerin. Die Müllsäcke sollten dabei möglichst sicher verstaut werden, damit vermieden werde, dass zum Beispiel Tiere Müllsäcke aufrissen und mit Abfall in Kontakt kommen oder ihn verteilen könnten. Glasabfälle und Pfandverpackungen sowie Elektro- und Elektronikabfälle, Batterien und Schadstoffe dürften aber weiter nicht über den Hausmüll entsorgt werden, sondern sollten nach Gesundung und Aufhebung der Quarantäne wie gewohnt getrennt entsorgt werden.

Info& auf Mainz&: Aktuelle Hinweise zur Abfallentsorgung in Mainz findet Ihr hier auf der Homepage des Entsorgungsbetriebs der Stadt Mainz, das Abfalltelefon der Stadt erreicht Ihr unter der Rufnummer Mainz – 123 456. Mehr zu den Stoffen, die nicht in eine Toilette dürfen, findet Ihr hier auf der Homepage des Mainzer Wirtschaftsbetriebs – auch ein kleines Experiment, wie lange sich ein Feuchttuch unaufgelöst in Wasser hält…

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