Es waren viele, und sie wurden noch mehr: Mit gleich drei Demonstrationszügen sind Tausende am Freitagmittag durch Mainz gezogen und haben schnelles und effektives Handeln für den Klimaschutz und die Rettung der Welt gefordert. 8.000 Teilnehmer schätzte die Polizei am Nachmittag bei den Klimaprotesten#AllefürsKlima, 10.000 schätzten die Organisatoren von Fridays for Future – das waren deutlich mehr als erwartet. „Wir stehen heute hier in der Hoffnung, dass die Politiker endlich die Notbremse ziehen“, sagte Valentin, ein gerade erst 12 Jahre junger Gymnasiast aus Mainz. Aber nicht nur Schüler und Studierende gingen am weltweiten Klimastreiktag auf die Straße: Parents for Future, Gewerkschaften, ganz normale Arbeitnehmer – und zahlreiche „Scientists for Future“ der Mainzer Universität.
„We are the World, we are the children“, singen die Hunderte junger Demonstranten auf der Straße von der Rheingoldhalle zum Gutenbergplatz. Auf den Transparenten steht „Act now“, „Save the Earth“ oder „March now, or swim later“ – geht jetzt auf die Straße, oder ertrinkt. „Dies hier ist ein letzter Hilfeschrei einer Generation, die nichts weiter will, als diesen Planeten auch weiterhin zu bewohnen“, ruft Valentin in die Menge: „Es ist unglaublich, dass wir hier wieder stehen müssen, demonstrieren müssen, streiken müssen.“
Gut 4.000 Schüler und Jugendliche drängten sich am Mittag vor dem Rabanus-Maurus-Gymnasium in der Innenstadt, gegen 12.00 Uhr sind sie am Hauptbahnhof losgezogen. Hedwig und Emma hätten jetzt eigentlich Chemieunterricht und Englisch, aber die 13-Jährigen laufen aufgeregt durch die Demomenge. Es sei ihre erste Demo überhaupt, sagen die Achtklässlerinnen: „Wir müssen jetzt endlich was tun.“
Weltweit forderten das am Freitag Millionen von Menschen, allein in Deutschland gingen Medienberichten zufolge mehr als 1,4 Millionen Menschen auf die Straße. In Mainz kamen zwischen 8.000 und 10.000 zu dem Sternmarsch, im Vergleich waren das sogar eher noch wenige: Aus Frankfurt wurden 20.000 gemeldet, aus Köln 70.000, aus Berlin gar 270.000.
„Wir stehen heute hier in der Hoffnung, dass die Politiker endlich die Notbremse ziehen“, sagt Valentin noch. Der Siebtklässler ist gerade einmal 12 Jahre jung, und hat gerade seine erste Rede vor Tausenden von Menschen gehalten. Gefragt, warum, sagt er nur: „Es ist alternativlos.“ Es sei doch eigentlich „unglaublich, dass wir hier wieder stehen müssen, demonstrieren müssen, streiken müssen“, sagt Valentin: „Dies hier ist ein letzter Hilfeschrei einer Generation, die nichts weiter will, als diesen Planeten auch weiterhin zu bewohnen!“
Schnelleres Handeln, entschiedeneres Handeln zur Begrenzung des weltweiten Anstiegs der Temperaturen, das fordern sie hier alle – und es sind beileibe nicht nur Schüler vor Ort. „Die Politik lahmt“, sagt Helen Chudzinski, „es ist sensationell, und gleichzeitig sehr deprimierend, dass die Kinder auf die Straßen gehen müssen.“ Sie selbst ist seit Jahren politisch aktiviert, engagierte sich vor zehn Jahren in der Bürgerinitiative gegen das Mainzer Kohlekraftwerk. „Die Kinder haben verstanden, sie wissen, was passiert“, sagt sie, „da ist es für uns Erwachsene Pflichtprogramm, den Kindern Unterstützung zu geben.“ Mit beiden Händen hält sie das große Transparent, darauf steht: „Wähler for Future suchen Politiker mit Mut.“ Helen Chudzinski guckt skeptisch: „Wir finden die weit und breit nicht.“
Um kurz nach 13.00 Uhr setzte sich dann ein zweiter Demonstrationszug der „Parents for Future“ vom Kasteler Kreisel über die Theodor-Heuss-Brücke in Bewegung, noch einmal gut 2.000 Protestler reihten sich hier ein. „Die Politik ist nach wie vor nicht in den Handlungsmodus gekommen“, kritisiert der Wiesbadener Theis Stüven: „Wir werden monatelang abgespeist, es gibt nach wie vor keine Sofortmaßnahmen, und die Vorschläge gehen nicht weit genug.“ In Berlin tagt das Klimakabinett, nach 18 Stunden Verhandlungen ist bis zum Mittag noch kein Ergebnis bekannt. In Norwegen seien seit diesem Jahr Ölheizungen verboten, „und wir diskutieren immer noch“, sagt Stüven noch.
„Kurzflüge nur für Insekten“, steht auf dem Plakat der Biologin Laura, die junge Wissenschaftlerin kommt aus Kolumbien und steht als eine der „Scientists for Future“ auf der Abschlussdemo am Mainzer Staatstheater. In Berlin streiten CDU und SPD noch immer über die Bepreisung von CO2, Johannes Schneider hält derweil die „Warming Stripes“ hoch. „Seit 20 Jahren ist die Erwärmung deutlich zu messen, die Bedrohung ist relativ klar“, sagt der Physiker aus der Atmosphärenforschung des Max-Planck-Instituts: „Eine Erderwärmung auf zwei Grad wäre eine Katastrophe.“ Das Klimakonzept der Regierung sei fragwürdig, „der angesetzte CO2-Preis zu niedrig“, kritisiert er: „Man hat den Eindruck, die Regierung hat den Ernst der Lage noch nicht erkannt.“
Umweltverschmutzung und Vergiftung von Mensch und Natur, auch das prangern die Redner an. „Wir steuern ungebremst auf die Katastrophe zu“, heißt es, die Forderung: „Act Now“ – handelt JETZT. „In einem Jahr haben Jugendliche mehr erreicht als Generationen von Politikern“, sagt Maurice Conrad von Fridays for Future Mainz, und dennoch bleibe die „fortlaufende Ignoranz und Untätigkeit“ der Politik bestehen. „Wir fordern, gehört zu werden“, sagt eine weitere Rednerin, „um mit Unterstützung der Wissenschaft Lösungen zu finden.“
Die Wissenschaft steht bereit, zumindest auf dieser Demonstration: Gut 2.000 sind mit dem dritten Demonstrationszug vom Mainzer Unicampus heruntergekommen, viele von den Max-Planck-Instituten. „Wegschauen hilft nicht“, heißt es auf einem der Plakate, ein anderes erklärt den Zusammenhang von Konsum und CO2-Ausstoß. Drei junge Damen im Hippie-angehauchten Outfit fordern: „Make Love, not CO2-Ausstoß“. Im berühmten Song von Michael Jackson heißt es noch: „There’s a choice we’re making, We’re saving our own lives“ – „Wir haben eine Wahl, Wir retten unser eigenes Leben.“ „It’s true, we make a better world – just you and me.“- „Wir werden eine bessere Welt schaffen, Du und ich gemeinsam.“
Info& auf Mainz&: Zwei Videos zum heutigen Sternmarsch #AllefürsKlima in Mainz findet Ihr auf unserer Mainz&-Facebookseite sowie auf Twitter und bei Instagram. Was die „Warming Stripes“ sind, die Ihr heute auch auf unserer Facebookseite sehen konntet, lest Ihr hier bei Mainz&. Und weil wir heute so viele Eindrücke gesammelt haben, kommt hier die Fotogalerie zu #AllefürsKlima in Mainz: