Wählt Rheinhessen heute den ersten Weinkönig eines wichtigen deutschen Weinanbaugebiets? Herbstzeit ist Wahlzeit in der Weinwelt, in diesen Wochen werden die neuen Weinmajestäten gewählt – sie sind die Repräsentanten der Winzer, die Gesichter der Weinwelt, die Botschafter für deutsche Weine. Und diese Wahlen sind in Aufruhr, seit die Pfalz im Juli verkündet hatte, Weinkönigin und Krone abschaffen zu wollen. Nun könnte Rheinhessen als erstes Weinanbaugebiet einen Mann zum Weinkönigin wählen: Mit Levin McKenzie stellt sich ein Winzer und spannender “Influwinzer” zur Wahl.

Wie modern ist das Amt einer Weinkönigin? Die deutschen Weinmajestätinnen würden fraglos sagen: Modern und cool. Hier die amtierende Weinkönigin Eva Brockmann mit ihren beiden Weinprinzessinnen. – Foto: DWI
Wie modern ist das Amt einer Weinkönigin? Die deutschen Weinmajestätinnen würden fraglos sagen: Modern und cool. Hier die amtierende Weinkönigin Eva Brockmann mit ihren beiden Weinprinzessinnen. – Foto: DWI

Mitte Juli bebte die Weinwelt: Wein-Botschafter statt Weinkönigin, Anstecknadel statt Krone – was der Verein Pfalzwein Mitte Juli verkündete, war nichts weniger als eine Revolution.  Man wolle das Amt der Pfälzer Weinkönigin modernisieren, die Krone stehe “einem fachlichen Austausch im Wege” und sei nicht mehr zeitgemäß – man wolle jetzt “Botschafter mit Anstecknadeln”. Ausgerechnet in der Pfalz, wo vor 90 Jahren die Institution der Weinkönigin überhaupt erst erfunden worden war, sollte die Weinkönigin keine Weinkönigin mehr sein?

Was folgte, war ein veritabler Shitstorm, Pfalzwein musste zurückrudern, die Weinkönigin bleibt nun samt Krone erhalten. Doch die Debatte um die Modernisierung des Amtes ist eröffnet: Wie sieht eine moderne Repräsentation für Weine aus? Die meisten Ämter haben sich bereits stark weiterentwickelt, Social Media samt unterhaltsamen Videos gehört heute unabdingbar dazu. Und: Neuerdings drängen auch Männer in das Amt, ein NoGo in früheren Zeiten.

- Werbung -
Werben auf Mainz&

Wird Levin McKenzie der erste Weinkönigin von Rheinhessen?

Gerade wählte der Weinort Heimersheim im Ahrtal Felix I. zum ersten Weinkönig an der Ahr – am Samstag könnte das erste große Weinanbaugebiet in Deutschland folgen: Rheinessen. “Die Gleichberechtigung hält in diesem Jahr Einzug bei den rheinhessischen Weinmajestäten”, sagte Stefan Braunewell, Vorsitzender von Rheinhessenwein, am Samstag in Ingelheim. Denn erstmals tritt zur Wahl der Rheinhessischen Weinkönigin ein Mann an: Levin McKenzie, gelernter Winzer und “Influwinzer”.

Die diesjährigen Kandidaten bei der Wahl der Rheinhessischen Weinkönigin (von links): Katja Klemmer, Laura Schlösser und Levin McKenzie. - Foto: Rheinhessenwein
Die diesjährigen Kandidaten bei der Wahl der Rheinhessischen Weinkönigin (von links): Katja Klemmer, Laura Schlösser und Levin McKenzie. – Foto: Rheinhessenwein

Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Mann in Rheinhessen für so ein Amt interessiert: 2017 wurde bereits im rheinhessischen Weinort Saulheim der Jungwinzer Magnus Kissel zum Weinkönig gewählt. Magnus I. trug ein Szepter statt einer Krone zu seinen Terminen, und führte als tatsächlich erster den Titel “Weinkönig”. Nun könnte der nächste Schritt folgen, denn ein Weinkönig in dem größten deutschen Weinanbaugebiet wäre ein Novum und eine echte Revolution – denn ein Weinkönig auf der Ebene eines Weinanbaugebietes könnte auch zur Wahl der deutschen Weinkönigin antreten.

Drei Kandidaten stellen sich dieses Jahr zur Wahl: die 26 Jahre alte Erzieherin Katja Klemmer aus Westhofen, die 24 Jahre alte BWL-Studentin Laura Schlösser – und der 25 Jahre alte Winzer und Wein-Influencer Levin McKenzie. Alle drei präsentierten sich am Samstag bei der Fachbefragung in Ingelheim als kenntnisreiche Weinexperten, plauderten über Rebsorten, Weinherstellung und das Erlebnis Rheinhessen als Weinland. Dazu galt es, eine Frage auf Englisch zu beantworten – Themen waren Nachhaltigkeit, Ökologie und das weltweite Netzwerk der Great Wine Capitals.

“Influwinzer” kontra Rotweinprinzessin und Traubenkönigin

Besonders locker plauderte dabei Levin McKenzie über Weine, die Kombination mit Essen, aber auch die Weinbereitung im Keller. Kein Wunder: Der 25-Jöhrige ist gelernter Winzer, hat in den renommierten Weingütern Bettenheimer in Ingelheim und St- Antony in Nierstein seine Ausbildung gemacht und studiert derzeit Betriebswirtschaft an der Mainzer Fachhochschule.

Levin McKenzie am Samstag bei der Fachbefragung in Ingelheim mit Stefan Braunewell (links). - Foto: gik
Levin McKenzie am Samstag bei der Fachbefragung in Ingelheim mit Stefan Braunewell (links). – Foto: gik

McKenzie lebt in der Mainzer Neustadt, und er ist ein wahrer “Influwinzer”, denn er ist der Gründer des Weinblogs “Wein on Wednesday” und moderierte de “Mainzer.Kultpodcast”, der aus dem Weinhaus Bluhm kommt. Auf der ProWein 2024 drehte McKenzie coole Weinvideos, und hatte dabei das Who is Who der deutschen Weinszene vor der Kamera. “”Rheinhessischer Riesling gehört zu den Spitzenweinen der Welt”, betonte McKenzie nun am Samstag bei der Fachbefragung. Die Kalkböden, die filigranen Weinen, “das ist das, was uns kein Land nachmacht.”

Scharfe Konkurrenz hat McKenzie vermutlich vor allem von Laura Schlösser: Die noch amtierende Ingelheimer Rotweinprinzessin und BWL-Studentin plauderte höchst kenntnisreich über Rieslingsorten, Naturweine und rheinhessische Hiwweltouren und beeindruckte vor allem mit perfektem Englisch und exzellentem Auftreten. “Es hat mir so viel Spaß gemacht, Ingelheim und den Wein präsentieren zu dürfen, ich möchte noch gar nic ht, dass das aufhört – was gibt es cooleres, als dieses tolle Produkt zu vertreten”, begründete Schlösser ihre Kandidatur.

Entscheidung fällt bei Wahlgala am Abend in Ingelheim

Auch Kandidatin Nummer drei, Katja Klemmer, beeindruckte mit fundiertem Weinwissen und gutem Auftreten, sie hat Erfahrung unter anderem als Westhofener Traubenblütenkönigin gesammelt. Bei einer Wahlgala am Abend in Ingelheim müssen alle drei Kandidaten nun noch Spontanität und Glanz auf großer Bühne beweisen. Der Gewinner oder die Gewinnerin wird dann ein Jahr lang als Botschafter rheinhessischer Weine durch Deutschland und teilweise auch die Welt reisen – er oder sie wird “das Gesicht Rheinhessens”.

Man lerne so viel in so einem Amt, könne weiterwachsen, sich entwickeln, schwärmte Laura Schlösser zur Begründung ihrer Kandidatur – genau so begründete auch Levin McKenzie, warum er nun als Mann ein solches Amt anstrebt: “Es ging ja nie um die Krone, alle meine Vorgängerinnen sind ja Weinexpertinnen”, sagte McKenzie. Er kandidiere, um über Wein zu bilden und zu berichten, “das mache ich schon lange als “`Weinblogger, und das möchte ich jetzt auch auf großer Bühne machen.” Er könne im Übrigen “ganz viel lernen”, betonte er noch “das ist auch eine Bildungsmaßnahme für mich, die ich als Chance nutzen möchte – weil es jetzt geht.”

Ob es “gegangen” ist, berichten wir Euch hier auf Mainz& – Mainz&-Chefredakteurin Gisela Kirschstein ist Teil der rund 40-köpfigen Jury. Einen Titel haben alle drei aber auf jeden Fall in der Tasche: Wer nicht Weinkönig oder Weinkönigin wird, steht der künftigen Majestät als Weinprinzessin oder Weinprinz zur Seite.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Debatte über Krone und Weinkönigin lest Ihr hier auf Mainz&.