Zum ersten Mal können die Mainzer mit einem Bürgerentscheid über ein zentrales Vorhaben in ihrer Stadt abstimmen: Am 15. April entscheiden die Mainzer, ob der Bibelturm am Gutenberg-Museum neben dem Römischen Kaiser gebaut wird. Das Bauvorhaben erhitzt seit Monaten die Gemüter, nun – kurz vor der Abstimmung – hat ein veritabler Wahlkampf begonnen: Mit Plakaten, Flyern, Werbeanzeigen und Broschüren kämpfen Befürworter wie Gegner um die Gunst der Wähler. Es ist ein spannender Kampf, der in ungeheurer Heftigkeit tobt – das zeigt, wie intensiv das Thema die Mainzer bewegt. Mainz& stellt heute und in den kommenden Tagen (und Wochen) die Positionen von Gegnern wie Befürwortern ausführlich vor.
Knapp 164.886 Menschen sind am 15. April stimmberechtigt. Wer beim Bürgerentscheid mitmachen darf, muss volljährig sein und seit dem 15. Januar seinen Hauptwohnsitz in Mainz gemeldet haben. Anwohner aus dem Umland, etwa aus den hessischen Stadtteilen Mainz-Kastel und Mainz-Kostheim, dürfen demzufolge nicht teilnehmen. Das Wichtigste aber: Mindestens 15 Prozent der Stimmberechtigten müssen sich für eine Seite entscheiden, damit müssen am 15. April mindestens 24.583 Mainzer mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen, damit das Begehren Gültigkeit hat. Wichtig also: Hingehen!
Die Stadt hat deshalb eine umfangreiche Werbekampagne angeworfen, damit dieses Quorum auf jeden Fall erreicht wird. Der Supergau, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) im Vorfeld, wäre, wenn sich nicht genügend Mainzer beteiligten – und Stadtspitze und Stadtrat damit reichlich ratlos zurückließen. Dann wäre nämlich völlig unklar, wer über die Zukunft des Bibelturms entscheidet. Und die Stadt hätte rund 250.000 Euro an Kosten für das Bürgerbegehren verbrannt, ohne Ergebnis – die schlechtest mögliche aller Lösungen.
Pro und kontra zum Bibelturm in aller Kürze
Tatsächlich aber diskutiert Mainz bereits seit Wochen so heftig über das Thema Bibelturm, wie wohl noch über kein anderes Bauprojekt der Stadt. Während die Gegner den Bau als völlig falsche Architektur am falschen Ort, als „Verschandelung“ und als überdimensioniertes Treppenhaus ablehnen, sprechen die Befürworter von einem neuen Wahrzeichen, einem „Hingucker“ und einer dringend notwendigen Aufwertung des Weltmuseums der Druckkunst.
Die Aufwertung wollen indes auch die Gegner: Die Bürgerinitiative Gutenberg-Museum betonte jüngst noch einmal ausdrücklich, man sei unbedingt für die längst überfällige Aufwertung des Museums, für ausführliche Sanierung, ja sogar für einen Neubau – nur werde der Bibelturm die ihm zugedachte Funktion nicht erfüllen: Der Turm sei zu teuer, bringe kaum Zuwachs an Ausstellungsfläche und er verbrenne alles zur Verfügung stehende Geld. Für die Sanierung des eigentlichen Museumsbaus, des Schell-Baus, sei anschließend kein Geld mehr da, dem Museum drohe Stillstand, womöglich gar Schließung – ein Finanzkonzept müsse her, bevor man anfange zu bauen.
Die Stadt und die Befürworter des Bibelturms halten dagegen: Der Turm sei geradezu die Vorbedingung, um die notwendigen weiteren Gelder für eine Sanierung aufzutreiben – nur der Turm verpasse dem Museum die notwendige Sichtbarkeit und Aufwertung. Dazu nehme der Turm keineswegs allen Platz für Blumenbeet, Bäume und Marktfrühstück weg, werde spektakuläre Ausblicke und tolle Sichtkombinationen zwischen alter Dom-Architektur und neuem Turm ermöglichen und zudem endlich eine angemessene Präsentation der weltberühmten Gutenberg-Bibeln bieten.
So weit die Kurzfassungen.
Die Entwicklung der Pläne für den Bibelturm
Was aber sehen die Planungen genau vor? Wie soll der Turm genau aussehen, was soll in ihn hinein, wie sieht das Konzept für das Museum aus? Tatsächlich war vieles von diesen Fragen bis vor wenigen Tagen noch sehr unklar. Seit der Vorstellung der Ergebnisse des Architekturwettbewerbs am 21. Februar 2016 wurden die Pläne und Entwürfe für den Turm mehrfach verändert: Am 21. Februar 2016 wurde zunächst ein „bronzener Bücherturm“ vorgestellt, der 22 Meter hoch sein sollte, große Türen zum Liebfrauenplatz haben und „ein Leseturm“ mit Ausstellungssälen und Vortragssaal sein sollte.
Bei der Vorlage der Vorplanungsunterlagen im Februar 2017 dann war aus dem Bücherturm ein Bibelturm geworden: Der Turm sollte nun 23,40 Meter hoch werden, die Türen im Erdgeschoss waren verschwunden, der Zugang sollte nun nur noch unterirdisch erfolgen – wie das aussehen würde, dazu gab es keine Informationen. Der Keller unter dem Turm sei „abgespeckt“ worden, hieß es damals, auch von einem Leseturm mit Bibliothek oder Vortragssälen im Turm war nun keine Rede mehr: Die Pläne zeigten außer dem Raum im Untergeschoss nur noch ein Treppenhaus. Im August 2017, als die Bürgerinitiative Unterschriften gegen den Turm sammelte, legte die Stadt erneut neue Pläne und Ansichten des Turms innen wie außen vor.
Ende Januar 2018, nachdem das Bürgerbegehren beschlossen und auf den Weg gebracht worden war, hieß es dann plötzlich: Der Turm werde kleiner. Statt 23,40 Meter Höhe werde der Turm „nur“ noch 20,50 Meter hoch sein, teilte die Stadt mit – damit wäre der Neubau aber immer noch 1,50 Meter höher als der 19 Meter hohe Nachbarbau des Römischen Kaiser. Auch in der Ausschreibung zum Architektenwettbewerb hatte ursprünglich eine Firsthöhe von 19 Metern gestanden.
Der Stadtrat hatte übrigens im Februar 2017 der Stadtverwaltung per Ratsbeschluss den Auftrag erteilt, auf der Grundlage der Ausgangsplanungen weiterzuarbeiten. Ob der Stadtrat damit einen förmlichen Beschluss pro Bibelturm gefasst hat, ist umstritten: Die Stadt sagt eindeutig ja, die Kritiker sagen, ein förmlicher Ratsbeschluss sei das nicht gewesen. Manche Kritiker fordern angesichts der inzwischen deutlich veränderten Pläne für den Bau müsse der Stadtrat eigentlich ohnehin noch einmal entscheiden. Tatsächlich legte die Stadt nun in den Informationsveranstaltungen zum Bürgerbegehren noch einmal neue und deutlich erweiterte Pläne vor.
Die aktuellen Pläne für den Bibelturm am Gutenberg-Museum
Nach den jüngsten Vorlagen der sogenannten Genehmigungsplanung vom Dezember 2017 soll auf dem Liebfrauenplatz ein zwölf mal zwölf Meter großer und 20,50 Meter hoher Turm entstehen. Der Turm soll einen Abstand von fünf bis sechs Meter zum Römischen Kaiser haben und somit eine Gasse lassen. So soll künftig eine Art „Museumsquartier“ gemeinsam mit den anderen Gebäuden entstehen. Dazu wird – so der jetzige Stand – der Verbindungsbau zwischen Römischem Kaiser und Haupthaus des Gutenberg-Museums abgerissen, alsio der Teil, wo bislang das Weincafé „Cuvee“ seine Räume hatte. Hier soll ein offener Durchgang zur Rote Kopf-Gasse mit Blick auf die dortigen Altstadthäuser entstehen.
Im Innenhof des Gutenberg-Museums wird der heutige Eingang mit einem neuen Vorbau ausgestattet. In diesen neuen Eingangs-Vorbau werden die historischen Elemente wie Portal und Brunnen integriert, die derzeit an der Seitenmauer des Römischen Kaisers verbaut sind. Das sei eine neue Idee, um diese alten Spolien künftig deutlich sichtbar zu machen, sagte Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) bei der Informationsveranstaltung vergangenen Dienstag im Gutenberg-Museum.
Der Liebfrauenplatz
Auf dem Liebfrauenplatz würden für den Turm drei Platanen wegfallen, sagte Grosse – es sind die Platanen unmittelbar neben dem Römischen Kaiser. Allerdings dürften zumindest während der Bauphase weitere Bäume weichen müssen, ob die anschließend wieder gepflanzt werden, sagte die Dezernentin nicht. „Keiner fällt gerne Bäume, aber wenn wir einen großen Wurf wagen wollen, kann es nicht sein, dass drei Platanen die Weiterentwicklung des Gutenberg-Museums verhindern“, argumentiert die Dezernentin.
Das Blumenbeet im Anschluss werde keineswegs wegfallen, sondern erhalten und mit neuen Bänken und Sitzgelegenheiten gestaltet. Auch die Buchstabenwürfel sollen hier wieder ihren Platz erhalten. „All das wird viel besser als vorher“, versprach Grosse. Tatsache ist aber auch: Durch den Turm wird das Blumenbeet notgedrungen kleiner ausfallen müssen – die genauen Dimensionen des Turms kann man sich derzeit auch direkt vor Ort ansehen: Eine rote Linie markiert den Umfang des Turms auf dem Liebfrauenplatz. Zu bedenken sind dabei aber auch notwendige Abstände zur Umgebung.
Fassade und Außenwirkung des Bibelturms
Der Turm werde eben nicht wie ein Betonklotz wirken, sondern sehr transparent ausfallen und durchsichtig wirken, betonte Grosse bei der Präsentation und sprach von einem „modernen, in das Umfeld des Doms passenden Gebäude.“ Der Baukörper werde in Hommage an Buchdruck-Erfinder Johannes Gutenberg gestaltet wie eine Patrize, der Baukörper selbst in Stufen in die Höhe steigen – auch das ist neu. Die glatt-ansteigende Form des Turms soll durch eine Außenhaut entstehen, die aus durchbrochenen Buchstaben bestehen soll. „Die Bronzefassade harmoniert sehr mit dem Dom, der Dom behält die Dominanz“, betonte Grosse.
Welches Material die Buchstaben der Fassade haben werden, ist inzwischen aber wieder unklar: War ursprünglich von Bronze-Buchstaben die Rede, hat man sich inzwischen von dieser Vorstellung verabschiedet – offenbar aus Kostengründen. „Wir wollen ein Material wählen, das zu den Sandsteinfassaden passt“, sagte nun der Architekt des Turms, Stefan Kausch. Bronze wäre zwar „der Rollsroyce“ und als Bronzeblech denkbar, die genaue Auswahl der Materialien sei aber „Sache der Ausführungsplanung“ – und die werde man erst beginnen, wenn das Ergebnis des Bürgerentscheids feststehe. Gegen Kunststoff „werde ich mich wehren“, versprach Kausch jedoch.
Die Größe der Buchstaben „wissen wir noch nicht“, sagte Grosse zudem – die Vorstellung reiche offenbar von mehreren Zentimetern Größe bis hin zu 30 Zentimetern. Die Buchstaben seien „relativ schmal, da kann kein Abfall rein und man kann auch nicht hochlaufen“, betonte die Dezernentin weiter. Auch das Taubenproblem habe man im Blick: Hinter den Buchstaben werde es eine zweite Ebene geben, hier werde ein Fliegengitter aus Metall eingezogen, das das Eindringen von Abfall sowie von Kot verhindern werde. Dazu werde der Turm nachts von innen beleuchtet und aus sich heraus strahlen – das allerdings würde eine Glasfassade voraussetzen. Bislang war immer von einer Sandsteinfassade die Rede. Neu sind Lichtschächte, die in den einzelnen Stufen des Turms eingebaut werden und für Tageslichteinfall im Turm sorgen sollen – mehr dazu unten.
Das Untergeschoss: Neuer Weg zur Gutenberg-Bibel
Völlig neue Pläne präsentierte die Stadt nun in Sachen Untergeschoss: Unter dem Hof des Gutenber- Museums soll eine völlig neue Ebene entstehen. Der Besucher soll künftig vom Eingang des Schell-Baus die Treppe hinunter zur Druckerwerkstatt gehen, wo derzeit der Nachbau der Druckerpresse steht. Von hier soll dann ein Gang nach links zum neuen Turm führen – und nicht nur ein Gang. Neue, großzügige Räume sollen hier entstehen, ein breiter Durchgang mit Treppe.
„Es entsteht eine Art Foyer“, sagte Grosse, „die Architektur ist so spannend gemacht und so einladend, dass, noch bevor die neue Schatzkammer betreten wird, man ahnt, dass etwas Großes kommt.“ In dem Treppendurchgang zur Schatzkammer für die Gutenberg-Bibeln soll ein großer Glaseinsatz für Lichteinfall und Ausblick sorgen: „Man hat einen hohen Aha-Effekt mit einer wunderschönen Glaskonstruktion mit Blick auf den Dom“, sagte Grosse.
Den Keller mit einem direkten Zugang vom alten Bau aus zu nutzen sei „superschlau“, weil so der überirdische Bau auf ganze zwölf mal zwölf Meter begrenzt bleibe, betonte die Dezernentin zudem. So könne der Platzverbrauch auf dem Liebfrauenplatz gering bleiben und die Besucher direkt von der Druckerpresse zum Ergebnis des Prozesses geleitet werden – das erlaube ganz neue, moderne Museumspädagogik und sei ein explizierter Wunsch der Museumsmitarbeiter gewesen.
Die Schatzkammer für die Gutenberg-Bibeln
Die neue Schatzkammer für die Gutenberg-Bibeln werde dann eine Höhe von 6,20 Metern haben und voller Licht und Aura sein, sagte Grosse weiter. „Wir können dabei die Wände mit bespielen, das ist derzeit im Schell-Bau nicht möglich“, betonte sie zudem. Die Exponate könnten so in der Mitte, aber auch an den Seiten ausgestellt, die Wände mit Touchscreens versehen werden. „Wir haben die Möglichkeit, die Exponate so zu präsentieren, dass man sagt: boah“, versprach Grosse, betonte zugleich aber auch: Die Pläne und Bilder seien nur Entwürfe, „genauso wird es am Ende nicht aussehen.“
Neu ist auch: Zwei Lichtbänder sollen für den Einfall von Tageslicht in den Turm sorgen. Ein ebenerdiges Lichtband zur Erdgeschoss-Ebene, einen Meter breit in Höhe der Füße, beschrieb Grosse, sowie ein zweites, höher gelegenes Lichtband. Die Lichtbänder sollten von außen einen Blick in die Schatzkammer ermöglichen: „Auch wenn das Museum geschlossen ist, kann man von draußen die Hauptexponate bestaunen“, behauptete die Dezernentin
Experten bezweifeln indes, dass sich dies umsetzen lässt: „Der Feind aller Exponate ist Tageslicht“, sagte ein Zuschauer am Dienstag, „Es wird mit Sicherheit kein Tageslicht in der Schatzkammer geben“, glaubt auch der Mainzer Architekt und CDU-Landtagsabgeordnete Gerd Schreiner: Kein Museum der Welt erlaube direkten Tageslichteinfall, schon gar nicht auf so kostbare Objekte wie die Gutenberg-Bibeln.
Architekt Kausch sagte dazu: „Es gibt einen horizontal verlaufenden Sonnenschutz, dann setzt ansatzlos die künstliche Beleuchtung ein, den Unterschied sehen Sie gar nicht.“ Offen blieb damit aber die Frage, ob es nun direkte Sichtbeziehungen von außen in die Schatzkammer geben kann – und wie man durch die Buchstabenfassade hindurchsehen können soll.
Obergeschoss des Bibelturms und Aussichtsplattform
Neu ist auch: Der Bibelturm soll nun keine bis in die Spitze offener Raum sein, sondern ein Obergeschoss – oder auch ein Zwischengeschoss – bekommen. Über der Schatzkammer werde es eine zweite Etage geben, sagte Grosse, hier könnten Sonder- oder Dauerausstellungen eingerichtet werden. Insgesamt sollen so mit Untergeschoss und Turm 400 bis 450 Quadratmeter zusätzliche Ausstellungsfläche entstehen. „Die Buchstaben scheinen auch hier durch“, sagte die Dezernentin, der Besucher werde ein Gefühl behalten, „wie das Wetter draußen ist.“
Zwei Treppenhäuser sollen die Stockwerke miteinander verbinden, zwei Aufzüge – einer an der Seite der Druckerwerkstatt und einer in der Mitte des Turms für den barrierefreien Zugang sorgen. Aufzüge und Treppenhäuser reichen bis in die Höhe des Turms, wo eine Aussichtsplattform einen direkten Ausblick auf den Dom bieten könnte – durch die Buchstabenfassade hindurch.
Die Kosten: „Die fünf Millionen Euro sind brutto, da ist alles drin“
Fünf Millionen Euro stehen für die gesamte Baumaßnahme rund um das Gutenberg Museum zur Verfügung. „Das reicht für alles“, versprach Grosse am Dienstag erneut: Der Betrag werde für den Bau des Bibelturms samt Treppen, Aufzügen und Aussichtsplattform ebenso reichen wie für den Neubau der unterirdischen Kelleranlagen und eine Erstssanierung des Schell-Baus.
Ob denn von den fünf Millionen die Mehrwertsteuer noch abgehe und was der Architekt koste, wollte daraufhin ein Zuschauer wissen? Dann nämlich blieben „im Höchstfall vier Millionen Euro übrig, den Bau dafür zu schaffen, halte ich für ambitioniert“, sagte der Mann. Und wer halte denn bei Kostensteigerungen den Kopf hin?
„Die fünf Millionen sind brutto“, sagte Grosse zur Antwort, da sei alles drin enthalten – auch die Mehrwertsteuer. Nach dem Bau des Turms werde man gemeinsam mit dem Architekturbüro DFZ „erarbeiten, wie wir mit dem verbleibenden Geld in die Sanierung des Schellbaus gehen.“ Kausch sagte dazu: „Wir schaffen es, mit relativ geringen Mitteln den Schellbau so zu ertüchtigen, dass die Behörde zustimmt, dass er weiter betrieben werden kann.“
„Wir werden, was notwendig ist im Schellbau, so weit ertüchtigen, dass er bis zur Generalsanierung weiter genutzt werden kann“, versprach Kausch. Grosse sprach von „drei weiteren Rettungswegen“ für den Schell-Bau, und betonte: „Die Stadt Mainz wird in der Lage sein, den Schell-Bau aus Erhaltungsmitteln zu erhalten, das schaffen wir notfalls alleine.“
Wie die Stadt für den Bibelturm wirbt
Aus Sicht von Dezernentin Grosse, aber auch der Museumsdirektorin Annette Ludwig – die am Dienstag verhindert war -, bietet der Bibelturm die längst überfällige Aufwertung für das Gutenberg-Museum: Der Turm sei „ein Ausrufezeichen“, ein „Hingucker“, der das Museum nach außen weithin sichtbar mache, eine würdige Hommage an Gutenberg, ein neues Wahrzeichen für Mainz.
„Wenn wir wirklich ein echtes Ausrufezeichen setzen wollen, können wir uns nicht in dem alten Bau bewegen, sondern müssen einen mutigen Schritt gehen“, betonte Grosse. Durch den Umzug der Bibeln werde der Schell-Bau ungeheuer von Besucherströmen entlastet, ja, der Neubau mache eine Generalsanierung des Schell-Baus erst möglich: Nur mit dem Turm könne das Museum bei weiteren Bauphasen geöffnet bleiben. „Wir setzen architektonisch ein Riesenzeichen für die Gutenbergstadt“, wirbt Grosse, „und wir werden, davon bin ich überzeugt, auf diesem Weg auch Spender finden.“
Weitere Bauabschnitte und Finanzierung
Genau hier setzt die Hauptkritik der Turmgegner an: Die Stadt habe bis heute kein schlüssiges Gesamtkonzept für das Gutenberg-Museum vorgelegt, ein Gesamt-Finanzkonzept schon gar nicht. Das mit dem Gesamtkonzept ist so allerdings nicht ganz richtig: Von Beginn an hatte der Architekturwettbewerb eine Aufwertung des Gutenberg-Museums in mehreren Stufen vorgesehen. Der Siegerentwurf des Büros DFZ mit Stefan Kausch sah dies explizit vor: Den Bau des Bibelturms als erste Phase, in einem zweiten Bauabschnitt dann eine Grundsanierung des Schell-Baus samt Aufstockung und Erweiterung auf den Museumshof.
Völlig ungeklärt ist für diesen Bereich aber die Finanzierung: Für den zweiten Bauabschnitt steht bisher keinerlei Geld zur Verfügung. Die CDU forderte schon lange, den Bund und vor allem das Land in die Finanzierung des Museums, eventuell sogar in die Trägerschaft einzubinden – geschehen ist das bisher nicht. Ob und in welcher Form Bund und Land sich beteiligen wollen oder können, ist bislang unklar – bisher hatte das Land ein Engagement abgelehnt. Die Begründung: Es liege kein tragfähiges Konzept vor.
Die Stadt argumentiert, mit dem neuen Bibelturm könne man erfolgreich private Spender und Mäzene einwerben: „Wir brauchen dann auch private Mäzene, die Bürgerschaft, wir brauchen sie alle“, sagte Grosse und fügte hinzu: „Kann man so denken? Wir sagen: auf jeden Fall.“ Zudem sei es kein Zufall, dass man am Tag der Deutschen Einheit die Bundeskanzlerin und just in dieser Woche den Bundespräsidenten ins Gutenberg-Museum gelockt habe: „Der Bundespräsident war nicht umsonst hier“, sagte Grosse – Museumsdirektorin Ludwig war an diesem Abend verhindert, weil sie ihn mit dem Präsidenten verbrachte…
Einer schrittweisen Sanierung des Schell-Baus im Bestand widersprachen Architekt, Dezernentin und Experten des Museums selbst vehement und energisch. Eine solche Sanierung hatte die Bürgerinitiative Gutenberg- Museum vorgeschlagen: Man könne die einzelnen Stockwerke des Schell-Baus nach und nach sanieren, so müsse das Museum nicht geschlossen werden, der Turmneubau sei damit überflüssig.
„Am Schellbau herumzubasteln, macht aus unserer Sicht keinen Sinn“, sagte Kausch: „Man kann ihn nicht Stück für Stück sanieren.“ Geplant seien derzeit große Eingriffe mit völlig neuer Haustechnik, neuer Fassade, neuem Obergeschoss – ein völlig entkerntes und neu errichtetes Gebäude. „Aus unserer Sicht ist es nicht möglich einen Teilbereich zu schließen“, betonte Kausch, „eine OP am offenen Herzen ist nicht möglich.“
Der Zeitplan für den Bibelturm
Was geschieht, wenn die Bürger am 15. April nein zum Bibelturm sagen, ist deshalb bislang völlig unklar – Pläne hat die Stadt bisher nicht für diesen Fall vorgelegt. „Es gibt keinen Plan B“, sagte Oberbürgermeister Ebling jüngst. Das könnte sich indes rächen: Inoffiziellen Umfragen im Internet zufolge sind bislang um die 60 Prozent der Mainzer gegen den Bibelturm. Sollten die Mainzer „Ja“ zum Bibelturm sagen, skizzierte Grosse den folgenden Zeitplan: Ein Jahr lang würden die Archäologen den Untergrund erforschen, dann würden zwei Jahre Bauzeit folgen.
Info& auf Mainz&: Bis zum Bürgerentscheid am 15. April 2018 gibt es umfangreiches Informationsmaterial und viele, viele Informationsveranstaltungen der Stadt Mainz in Sachen Bibelturm. Die Stadt wirbt dabei explizit für den Turm, dagegen sind vor allem ÖDP, die CDU Mainz-Altstadt sowie die Bürgerinitiative Gutenber- Museum. Die lädt für kommenden Mittwoch, den 28.03.2018, um 18.30 Uhr zu einer Informationsveranstaltung ins Haus zum Dom am Markt. Titel: „Bürger fragen – Experten antworten“. Mehr zur Position der BI Gutenberg-Museum, die gegen den Turm ist, lest Ihr demnächst hier – vorerst könnt Ihr schon mal diesen Artikel aus dem August 2017 und diesen aus 2016 studieren – da forderte die BI schon „Fragt die Mainzer!“ Die Homepage der BI findet Ihr hier, die städtische Seite zum Bauprojekt Bibelturm genau hier. Mehr Informationen zum Ablauf des Bürgerbegehrens am 15. April lest Ihr hier. Die nächste Informationsveranstaltung der Stadt findet hier statt: Donnerstag, den 29. März 2018, um 18.00 Uhr. Ort: Ortsverwaltung Hartenberg-Münchfeld, John F. Kennedy-Straße 7b, 55122 Mainz.
Informationen gibt es satt auch an diesem Samstag: Rund um das Mainzer Marktfrühstück werden sowohl die Gegner um die BI Gutenberg-Museum, als auch die Befürworter der Stadt sowie der BI pro Gutenberg für ihre Positionen werben. Zudem ist Tag der Offenen Tür im Gutenberg-Museum selbst: Von 11 bis 17 Uhr erwartet Euch ein vielfältiges Programm – und Informationen zum Bibelturm. Mehr zum Gutenberg-Museum findet Ihr auf dieser Internetseite.