Es war eine hochdramatische Nacht, jener 14. Juli 2021, in der Integrierten Leitstelle der Feuerwehr in Koblenz arbeiteten sie bis zur Erschöpfung. Im Minutentakt gingen Notrufe ein, Notrufe von Menschen, die im Ahrtal um ihr Leben kämpften. Mehr als 5.100 Notrufe liefen in jener Nacht in Koblenz ein, im Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags wurde am Freitag klar: Die Lawine rollte schon am Nachmittag des 14. Juli, noch am Abend tauchten dramatische Videos auf. Doch was erreichte davon die Landesregierung? Warum griff sie nicht ein – und warnte die Menschen? Innenminister Roger Lewentz (SPD) wollte jedenfalls bei seinem Besuch am Abend in Ahrweiler keine Katastrophe bemerkt haben.
„Ich habe einen Anruf erlebt: Hallo, ich bin eine Frau mit drei Kindern, das Nachbarhaus ist schon weg, und mein Haus wackelt auch. Wir haben es aufgenommen, aufgelegt, den nächsten Anruf angenommen.“ Markus Obel kann nicht mehr ruhig bleiben, beinahe hält es den Branddirektor der Koblenzer Feuerwehr nicht mehr auf seinem Stuhl vor dem Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags. Obel war am Abend des 14. Juli der Einsatzleiter in der Integrierten Leitstelle der Rettungsdienste in Koblenz, was er erlebte, lässt noch neun Monate später seine Stimme beben und seine Wortwahl emotional werden.
Obel stand mitten zwischen den Telefontischen der Leitstelle, um ihn herum wurde telefoniert, was die Leitungen hergaben. 16 Disponenten waren im Einsatz, neun sind sonst eigentlich das Maximum. „Trotzdem sind wir des Notrufaufkommens nicht Herr geworden“, sagt Obel. Die Männer und Frauen am Telefon müssen Grauenhaftes hören und manchmal auch miterleben. Menschen, die berichten, wie das Wasser in ihren Häusern steigt, wie ganze Häuser von Fluten verschlungen werden.
Der BKA-Beamte Andy Neumann war einer von ihnen, in seinem Buch „Es war doch nur Regen!?“ beschreibt er detailliert, wie auch in seinem Haus in jener Nacht die braunen Fluten stiegen, ihn und seine Familie Stufe um Stufe nach oben trieben. Wie sich seine Panik zu Todesangst steigerte. Wie er die Feuerwehr anruft und man ihm dort sagte: Wenn es nur noch drei Stufen sind, gehen Sie ins Dachgeschoss. Wenn auch das nicht reicht, aufs Dach. „Der Feuerwehrmann hat das übrigens hervorragend gemacht“, notiert Neumann. Doch was er auch hört, ist: „Evakuierung: Fehlanzeige.“ Rettung wird nicht kommen.
In der Leitstelle in Koblenz raten die Disponenten den Anrufern genau das, berichtet Obel dem, Mainzer Untersuchungsausschuss: Sich nach oben zu flüchten. Ein Disponent habe einem Anrufer geschildert, wie sie ein Dach aufzubrechen haben, erzählt Obel: „Dann schilderte der Anrufer, meine Ehefrau passt nicht durch. ‚Doch“, sagte daraufhin der Disponent, ’schieben sie, die passt durch.‘ Dann sagte er: ‚Wir schicken Hilfe, wir kommen mit Booten. Dann hat er aufgelegt und mich angesehen – und geweint, was er konnte.“
Sie können keine Hilfe schicken in der Integrierten Leitstelle in Koblenz in jener Nacht, und sie wissen es genau. Mehr als 3.000 Feuerwehreinsätze werden in der Nacht im Ahrtal initiiert, alles Verfügbare an Mensch und Material war im Einsatz – es wird nicht einmal im Ansatz ausreichen. Was im Untersuchungsausschuss am Freitag auch klar wurde: Die Welle der Hilfeanrufe begann beileibe nicht erst in der Nacht – bereits am späten Nachmittag des 14. Juli war das Aufkommen der Notrufe deutlich erhöht. Und allerspätestens gegen 22.00 Uhr wusste man: Im Ahrtal geht gerade die Welt unter.
„Wir hatten am Nachmittag schon ein deutlich erhöhtes Anrufaufkommen“, berichtete Ulrike Mohrs, für den Katastrophenschutz und Feuerwehr zuständige Bürgermeisterin von Koblenz am Freitag dem Ausschuss: „Dass es eine dramatische Situation war, war mir am frühen Abend bewusst.“ Schon am Nachmittag hatte die Leitstelle alle neun Telefonplätze mit Disponenten zur Anrufannahme belegt, ab 17.30 Uhr habe man weitere fünf Plätze hinzugenommen, berichtet Mohrs, ab 18.00 Uhr noch einmal zwei – dann waren alle Telefonkapazitäten ausgeschöpft.
Er selbst sei gegen 17.00 Uhr in die Leitstelle gekommen, berichtete Obel, da sei das Anruferaufkommen schon verstärkt gewesen. „Das Aufkommen war zu dem Zeitpunkt vergleichbar mit 2016“, berichtet der Einsatzleiter – 2016, das war das letzte große Hochwasser im Ahrtal, damals stieg das Wasser am Pegel Altenahr auf den „Rekordwert“ von 3,71 Meter, schon das galt als verheerend: Im Kreis Ahrweiler wurden damals rund 800 beschädigte Gebäude gemeldet.
In Koblenz waren sie gewarnt, und alarmiert. Kurz nach 17.00 Uhr seien die ersten Notrufe hereingekommen, berichtet Obel: Es würden Personen auf Dächern stehen, die sich nicht selbst retten könnten. Obel ist sauer – denn einen Hubschrauber mit Seilwinde zur Menschenrettung, den sie jetzt bräuchten, genau das hat Rheinland-Pfalz nicht. „2016 war nur eine einzige Maschine flugfähig“, berichtet er trocken, „für mich war bedauerlich, dass sich die Lage seither nicht gebessert hat.“
Hubschrauber fliegen nicht – wie schon 2016
Die Dienstaufsichtsbehörde ADD verspricht, sich zu kümmern, tatsächlich wird sie erst gegen 19.20 Uhr einen Hubschrauber aus Hessen ausfindig machen, der fliegen kann. Obel bekommt davon nichts mit. „Bei mir kamen nur Nachrichten an: Die Bundespolizei kann nicht fliegen, die Bundeswehr kann nicht fliegen“, berichtet er. „Es hätten Hausaufgaben gemacht werden können“, sagt Obel, jetzt bewege er sich „schon wieder“ in der Zwangslage, nicht helfen zu können.
In Koblenz aktivieren sie jetzt Spezialeinheiten für überörtliche Hilfe. „Jede Einheit hat 30 Fahrzeuge und 150 Personen, die wir relativ schnell in den überörtlichen Einsatz bringen können“, berichtet Bürgermeisterin Mohrs. Solche Einsatzeinheiten seien „bei uns in Rheinland-Pfalz nicht vorgesehen, das ist aber Pflicht in NRW“, berichtet Mohrs. In Koblenz beschlossen sie 2018 gemeinsam mit acht Landkreisen im Norden die Einrichtung dieser Einsatzeinheiten sowie das Vorhalten eines Lagedienstes rund um die Uhr: „Wir haben gesagt, das wäre eine gute Sache, wenn wir das hätten – wir in Koblenz machen das für uns“, sagt Mohrs.
Die Einheiten gehen im Laufe des Abends alle raus, raus gehen auch zwei Katwarn-Meldungen vor Überschwemmungen und extremem Hochwasser, die erste bereits um 14.34 Uhr, die zweite um 19.35 Uhr, jetzt wird auch vor einem Pegelstand von über fünf Metern gewarnt. Was die Feuerwehrleute zu dem Zeitpunkt nicht wissen: Das Ausspielen an die zweite Warn-App Nina des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz BBK scheitert an einem technischen Problem, das bis zu diesem Zeitpunkt niemand kennt.
Eine generelle und allgemeine Warnung an die Bevölkerung über das Modulare Warnsystem MoWaS hingegen wird nicht ausgelöst: Das Auslösen der Warnmeldung habe nicht erfolgt, weil der dafür zuständige Landkreis kein Fax schickte, mit dem er die Warnung hätte anfordern müssen – so teilte es vergangene Woche das Mainzer Innenministerium auf eine Anfrage der Freien Wähler im Landtag mit. „Wir waren nicht berechtigt, eine Warnung herauszugeben“, sagte nun auch Mohrs vor dem Ausschuss – eine solche Warnung müsse von Seiten des Landkreises bzw. der technischen Einsatzleitstelle des Kreises angefordert werden.
Das habe auch gute Gründe, verteidigte Mohrs die Regelung: „Mit der Warnung muss ich auch sagen, was die Menschen tun sollen“, ohne echte Ortskenntnis könne das aber mehr Schaden als nützen. Genauso argumentiert auch Obel: „Hätte ich warnen sollen? Ich wäre der Verantwortliche gewesen, moralisch gesehen“, beschreibt er seinen Konflikt offen, und betont zugleich: „Rechtlich stand es uns nicht zu.“ Sinn einer solchen Warnung sei, dass man gleichzeitig Handlungsanweisungen gebe, „das konnte ich nicht“, betont Obel – ihm habe schlicht die Ortskenntnis gefehlt.
„Menschen, die mit Weinkrämpfen vor dem Bildschirm saßen“
Inzwischen ist in der Leistelle ohnehin Land unter. 6.000 bis 7.000 Notrufe seien an jenem Abend und bis tief in die Nacht hinein in der Leitstelle eingegangen, schätzt Obel – davon mehr als 5.100 alleine aus dem Ahrtal. Harmlose Anrufe sind es nicht: Bereits ab dem Nachmittag fordert die Leitung psychologische Betreuung zur Unterstützung für ihre Disponenten an. „Ich habe Menschen gesehen, die mit Weinkrämpfen vor dem Bildschirm zusammengebrochen sind und von Kollegen weggeführt wurden“, schildert Obel die Lage in der Leitstelle. Die Kollegen hätten trotzdem weiter gearbeitet. „Die haben die ganze Nacht durchgezogen“, sagt Obel.
Auch er selbst ist gegen 21.00 Uhr am Ende: „Die Situation war mittlerweile so angespannt, dass ich um 21.00 Uhr den Abteilungsleiter in der Leitstelle gebeten habe, die Einsatzleitung zu übernehmen“, schildert es Obel. Abteilungsleiter war damals Christian Märkert, der erfahrene Feuerwehrmann ist eigentlich schon gar nicht mehr im Dienst: Zum 1. August 2021 wird er eine neue Stelle als Leiter der Berufsfeuerwehr in Lünen in Nordrhein-Westfalen antreten, Märkert ist bereits in seinem Abschlussurlaub.
An jenem Abend des 14. Juli kommt Märkert aus dem Saarland von einem Besuch zurück, im Radio hört er: Der Landkreis Bitburg-Prüm habe den Katastrophenfall ausgerufen. Anstatt „nach Hause auf die Couch“ fährt Märkert in die Leitstelle nach Koblenz, er gerät mitten in einen Alptraum. „Wir sind in dieser Nacht an unsere Grenzen gegangen, teilweise darüber hinaus“, schildert er die Lage: „Das war eine Berufsnacht, die möchte man kein zweites Mal erleben.“
Notrufe priorisiert, Anrufe aus dem Ahrtal zweitrangig behandelt
Märkert übernimmt die Einsatzleitung, weil ihn Obel „um Ablösung gebeten hat, weil er psychisch nicht mehr weiterkonnte“, so schildert er es dem Ausschuss. „Die Telefonleitungen haben nie aufgehört zu blinken so etwas habe ich noch nie gesehen“, berichtet Märkert: „So einen Einsatz hat noch keiner in der Bundesrepublik Deutschland erlebt.“
Die Kollegen wissen nicht mehr ein noch aus, Märkert trifft eine Entscheidung: Er habe dann eine Priorisierung der Notrufe angeordnet, „die Vielzahl war einfach nicht mehr zu handhaben.“ Märkert entscheidet: Alles, was eine Vorwahl aus dem Bereich Ahrtal hat, wird zweitrangig behandelt. „Die Überlegung war, wir nehmen den Anruf von dort an, wo wir noch helfen können, und das arbeiten wir schnell ab“, schildert er die Überlegung.
„Wir waren ja noch für den Bereich Koblenz und Cochem-Zell zuständig“, betonte Mohrs, von dort seien ja ebenfalls Notrufe eingegangen. Für eine Herzinfarkt oder einen Schlaganfall „konnten wir entsprechend auch Hilfe auf den Weg senden“, sagte Mohrs – im Ahrtal war das schon nicht mehr möglich. Von der Priorisierung habe sie aber in der Nacht gar nichts gewusst, das habe sie erst jetzt, bei der Vorbereitung auf den Untersuchungsausschuss erfahren, betonte die Bürgermeisterin, und unterstrich zugleich: „Nein, Ahrweiler ist nicht hinten runtergefallen, wir haben nicht aufgehört, Notrufe anzunehmen.“
„Man fragt sich: Ist das eine Entscheidung, die richtig gewesen ist“, sagte Märkert mit ruhiger Stimme, und betonte: „Ich sage heute: ich würde sie wieder so treffen.“ Die Rettungskräfte seien unterwegs ins Ahrtal gewesen, man habe die Information gehabt, dass Feuerwehrkräfte durch die Orte fuhren und per Lautsprecherwagen warnten. „Wir wussten, wenn in der Minute jemand aus dem Ahrtal anruft, hat er ein Problem mit Wasser und Flut“, sagte Märkert. In den Landkreis Ahrweiler sei da längst kein Durchkommen mehr gewesen, doch andernorts brauchen Menschen mit Herzinfarkten oder Schlaganfällen Hilfe, und dort könne man helfen. „Sie treffen die Entscheidung, weil sie denken: Es kann irgendjemandem noch auf diesem Planeten weiterhelfen“, sagte Märkert.
Niemand löst die höchste Warnstufe über MoWaS aus
Habe er denn nicht selbst mal daran gedacht, eine allgemeine Warnung über Mowas auszulösen, wird Märkert gefragt. „So eine Überlegung kommt“, antwortet er, und widerspricht der Bürgermeisterin: Im Notfall dürfe auch die Leitstelle eine Warnung auslösen. „Aber sie haben nicht die Information dazu, dieses riesengroße Einsatzgebiet einer Leitstelle hat auch Nachteile: Sie kennen die Ortschaften teils gar nicht, wissen nicht, wo die Flüsse verlaufen“, schildert er: „Wenn ich einfach warne, liebe Leute, bringt Euch in Sicherheit – vielleicht fahren die Leute dann erst Recht in die Flut hinein.“
Genau das sei sogar den Profis der Feuerwehr an dem Abend passiert, ein Einsatzwagen sei mitten in die Fluten geraten und weggerissen worden, die Besatzung habe sich nur mit Mühe noch retten können, berichtet Märkert. Den Alarm auszulösen wäre die Aufgabe der Technischen Leitstelle in Ahrweiler, doch die bleibt seltsam passiv. Dabei haben sie von Koblenz aus ständigen Kontakt nach Ahrweiler, von 17 Telefonaten mit dem Katastrophenschutz Ahrweiler berichte Mohrs.
Auch Obel telefoniert persönlich mit Ahrweiler, „alle Personen, die ich am Telefon hatte, waren ruhig, sachlich, nicht aufgeregt“, schildert er. Nach seinem Kenntnisstand hätten beide Lageführer in Koblenz die Technische Einsatzleitung gewarnt, „dass durch das Ahrtal eine nicht zu unterschätzende Welle rollt“ – die Aufforderung zur Warnung kommt trotzdem nicht. Gegen Mitternacht habe er dann einen Anruf eines ihm gut bekannten Arztes aus dem Bundeswehr-Zentralkrankenhaus bekommen, berichtet Obel, dieser habe gewarnt, er habe „die technische Einsatzleitung als nicht mehr sonderlich einsatzfähig wahrgenommen.“ Gewundert habe ihn das nicht, betonte Obel: „Man ist ab einer gewissen Lage nicht mehr in der Lage, eine Einsatzleitung objektiv zu führen.“
Video aus dem Ahrtal: Gesamtes Hausdach angetrieben
Es ist Märkert, der endlich auch Bürgermeisterin Mohrs bittet, persönlich in die Leitstelle zu kommen, Obel hatte entsprechende Nachfragen der Bürgermeisterin zuvor noch abgelehnt. Doch dann bekommen die Kollegen in der Leitstelle irgendwann zwischen 21.45 Uhr und 22.30 Uhr ein Video übermittelt, der Film zeigt Videoaufnahmen aus dem Rettungshubschrauber Christoph aus Hessen. „Es war eine Sequenz, in der man erkennen konnte, dass Häuser bis zur Dachtraufe im Wasser standen, man konnte auch erkennen, dass ein gesamtes Hausdach angetrieben kam“, schildert Obel die Szene.
Um 23.00/23.30 Uhr Uhr bitten die Männer, die Bürgermeisterin zu kommen. „Ich habe an der Stimme, an allem gemerkt: das hier ist etwas, was noch nie dagewesen war“, berichtet Mohrs, keine halbe Stunde später ist sie in der Leitstelle. Dort haben sie um kurz vor 22.00 Uhr die Dienstaufsicht ADD um Verstärkung gebeten. Mindestens sechs Telefonate finden im Laufe des Abends mit der ADD statt. Die übergeordnete Behörde, die eigentlich im Fall einer Großschadenslage die Krisenleitung übernehmen müsste, wird ständig auf dem Laufenden gehalten.
Die ADD bittet die Leitstelle indes um kurz nach 22.00 Uhr, sich doch bitte selbst mit der Berufsfeuerwehr Ludwigshafen in Verbindung setzen, bereits um Mitternacht fährt die Verstärkung aus der Pfalz in Koblenz auf den Hof. Mohrs nimmt die Verstärkung in Empfang, bis 4.00 Uhr morgens bleibt die Bürgermeisterin in der Leitstelle, versucht moralische Unterstützung zu leisten. Gegen 4.01 Uhr telefoniert sie noch einmal mit der ADD, bevor sei nach Hause ins Bett fährt.
Irgendwann nach Mitternacht bittet Märkert die Bürgermeisterin, noch ein Telefonat zu führen: Der Kontakt zur Technischen Einsatzleitung in Ahrweiler ist abgebrochen, Mohrs soll deshalb nun Landrat Jürgen Pföhler (CDU) auf dem Handy anrufen und nachhören, wie die Lage ist. „Ich habe dieses Telefonat mit Pföhler um ein Uhr herum geführt, plus minus 30 Minuten, eher später als früher“, berichtet Mohrs, es sei ein ausgesprochen kurzes Telefonat gewesen.
Telefonat mit Pföhler: „Was denken Sie, was wir hier tun?“
Sie habe dem Landrat gesagt: „Sie müssen alles von der Ahr so weit wie möglich wegschaffen“, berichtet Mohrs. Pföhler habe geantwortet: „Was denken Sie denn, was wir hier tun?“ Danach sei das Telefonat „schnell beendet worden“, wo Pföhler zu dem Zeitpunkt gewesen sei, wisse sie nicht. „Auf mich hatte das aber den Eindruck, dass die voll am Arbeiten sind, die Situation erkannt haben, Handeln“, sagt Mohrs. Pföhler hielt sich in der Flutnacht, wie im Nachhinein herauskam, nicht in der Leitstelle auf und löste erst nach 22.00 Uhr den Katastrophenalarm aus, die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Ex-Landrat unter anderem wegen fahrlässiger Tötung.
Pföhler hatte an dem Abend des Flut noch hohen Besuch gehabt: Um 19.20 Uhr fuhr niemand Geringeres als Innenminister Roger Lewentz (SPD) beim Krisenstab in Ahrweiler vor – zu dem Zeitpunkt blinkten in Koblenz bereits alle Leitungen pausenlos. Der Innenminister will „einen konzentriert arbeitenden Krisenstab vorgefunden“ haben, von einer sich anbahnenden Katastrophe will er nichts bemerkt haben. „Es gab kein Szenario einer Flut oder Sturzflut, dieser Begriff ist nicht gefallen”, betonte Lewentz bei seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss Anfang April.
Um kurz nach 19.30 Uhr verlässt Lewentz den Krisenstab wieder, auch bei seiner Abfahrt durch Ahrweiler auf dem Weg nach Hause sei von steigendem Wasser nichts zu sehen gewesen, behauptet Lewentz. Informierte den Minister wirklich niemand von den Tausenden von Notrufen in Koblenz? Lewentz berichtete auch, dass ihn die ADD um 19.20 Uhr vom Hubschrauber-Einsatz auf dem Campingplatz in Dorsel an der oberen Ahr informierte – es ist der Rettungseinsatz für die vom Wasser eingeschlossenen Menschen.
Auch das Video von eben jenem Einsatz erreicht den Minister: Um 23.46 Uhr bekommt er Aufnahmen aus einem Polizeihubschrauber zugeschickt, die unter anderem aus dem Bereich Schuld sowie aus Ahrweiler ein Tal zeigten, das komplett unter Wasser stand. „Da war klar, es ist in Ahrweiler ein schweres Hochwasser eingetreten“, sagte Lewentz dazu, „aber eine Flutwelle ist nicht erkennbar gewesen.“
Info& auf Mainz&: Mehr Informationen über die Frage, ob die Leitstelle in Koblenz in der Flutnacht eine Mowas-Warnung hätte auslesen müssen, lest Ihr hier bei Mainz&: „Fax aus dem Jenseits?“ Einen ausführlichen Bericht zu den Aussagen von Innenminister Lewentz zur Flutnacht im Ahrtal lest Ihr hier auf Mainz&: