Mitten im trüben Novembergrau brach am Freitag farbenfrohe Lebenslust in Mainz aus: Pünktlich um 11.11 Uhr wurde auf dem Schillerplatz der Fastnacht gehuldigt und das närrische Grundgesetz verkündet. Für eine Tag gilt nun die Narrenfreiheit, bevor die Fastnacht in die Weihnachtspause geht – die Kampagne beginnt dann am 1. Januar. Der Andrang in Mainz war riesig: Rund 7.500 Narren feierten den Fastnachtsauftakt – und auch Ex-OB Michael Ebling (SPD) ließ sich blicken. In der kommenden Kampagne feiert Mainz ganz im Zeichen von „Frieden, Freiheit, Toleranz.“
„Das Datum hier kennt jedes Kind, weil heut die Fassenacht beginnt“, rief pünktlich um kurz nach 11.11 Uhr Bürgermeister Günter Beck (Grüne) in die Menge auf dem Schillerplatz. Beck ist derzeit kommissarisches Stadtoberhaupt, seit Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) am 13. Oktober überraschend zum Innenminister von Rheinland-Pfalz berufen wurde. „Ihr Närrinnen und Narhallesen, dem Ebling wär’s sein Job gewesen, Euch zu verkünden hier und jetzt, das Meenzer närrisch‘ Grundgesetz“, reimte Beck nun auf der Bühne, was Ihr hier im Video ansehen könnt.
Der solcherart Gescholtene indes, ließ sich nicht lange bitten: Oben im Mainzer Innenministerium öffnete sich prompt ein Fenster – und an diesem ließ sich der frisch gebackene Innenminister mit Blick auf den Schillerplatz blicken, Narrenkappe auf dem Kopf inklusive. „Er kann’s einfach nicht lassen“, kommentierte Beck süffisant, und ließ den Schillerplatz mit einem dreifach donnernden helau zum Innenministerium hinauf grüßen.
Der Fastnachtsauftakt am 11.11. gehört zu den großen Festtagen der Fastnachtshochburg Mainz: Weil die 11 die ungerade Zahl ist, die Zahl der Anarchie, der Sünde, der Unordnung und auch des Teufels, ist sie eben auch die Zahl der Narren – und deshalb huldigen die Fastnachter und Karnevalisten genau dieser Zahl. Klar, dass ein 11.11. natürlich ein hoher Feiertag für alle Narren ist, in Mainz wird traditionelle an diesem Tag das Närrische Grundgesetz verkündet, das natürlich 11 Grundrechte aufzählt: 11 Artikel für die Narrenfreiheit.
Darin heißt es in durchaus ernst gemeinter Anordnung und ebenso ernst gemeinter Parodie auf das Grundgesetz unter anderem: „Die Würde eines jeden Narren ist unantastbar.“ Alle Narren sind gleich, und alle Narren sind frei, sind weitere Grundrechte der Narrencharta, die damit auch die Meinungs- und Redefreiheit festschreibt. Ferner schreibt die Narrencharta den regen Besuch von Sitzungen, der Bälle, der närrischen Umzüge und der Straßenfastnacht vor, den Kampf gegen „Mucker und Philister“, das Nationalgericht „Weck, Worscht und Woi“ sowie natürlich den närrischen Schlachtruf vor: „H E L A AU“, donnerte es am Freitag endlich wieder über den Schillerplatz.
„Was habbe mir so lang gewart‘, die Corona-Zeit war hart“, berichtete Beck weiter, und zitierte dann das Fastnachtsmotto für die kommende Kampagne: „In Mainz steht Fastnacht voll und ganz, für Frieden, Freiheit, Toleranz.“ Kein Motto könne es besser sagen, als dieser närrische Dreiklang, betonte Beck weiter. Man wende sich „an all die Hetzer, Verschwörungsschwätzer und Schreihälse, die herummarschieren, an Kriegsverbrecher jeder Art, an Nazis und auch an Faschisten“ – an diese alle „schicken wir, am 11.11. jetzt und hier“ das Bekenntnis zu Frieden, Freiheit und Toleranz, verkündete der Bürgermeister.
Gekommen waren am Freitag trotz kalter Temperaturen und hartnäckigem Nebelgrau wahre Menschenmassen in die Mainzer City: Die Mainzer Polizei sprach am Mittag von rund 7.500 Feierwilligen auf dem Mainzer Schillerplatz in Spitzenzeiten. Ihnen wurde ein buntes Bühnenprogramm geboten, angefangen von Stimmungssänger Pit Rösch und den Mainzer Hofsängern über Thomas Neger und seine Humbas bis zu den RotRockRappern und den Bockius Brüdern am späten Nachmittag.
Traditionalisten trauerten ein wenig, weil der Countdown vor 11.11 Uhr nicht, wie eigentlich üblich, auf dem Balkon des Osteiner Hofes stattfand, sondern auf der großen Bühne, die dieses Jahr direkt vor dem Osteiner Hof stand – und den legendären Balkon weitgehend verdeckte. Grund dafür sei der Wunsch des Mainzer Ordnungsamtes gewesen, sagte der Präsident des Mainzer Carnevals-Vereins Hannsgeorg Schönig, gegenüber Mainz&: Es sei dabei um den Sicherheitsabstand der Narren in Richtung Ludwigsstraße gegangen, die Narrenschar habe mehr auf dem Schillerplatz anstatt in Richtung LU ausgerichtet werden sollen.
Ein buntes Bild bot sich den Narren mit den Mainzer Schwellköppen: Die Symbolfiguren der Meenzer Fastnacht bewegten sich gut gelaunt durch die Menschenmenge auf dem Schillerplatz und sorgten für Farbtupfer und gute Laune. Um die Wette strahlten mit ihnen vor allem die vielen Gardisten in ihren bunten Uniformen: Die Begeisterung war groß, sich endlich wieder in der Fastnachtsfamilie treffen und ohne Corona-Beschränkungen ausgelassen feiern zu können. Schwellköppe stellen in diesem Jahr auch das Mainzer Zugplakettcher: Die Kinder-Schwellköppe Kevin und Annabelle sind die Umhängefigürchen für die Kampagne 2023 – mehr dazu hier.
Info& auf Mainz&: Mehr zur närrischen Zahl Elf könnt Ihr hier bei Mainz& nachlesen. Alle 11 Artikel des Närrischen Grundgesetzes samt Hintergründen dazu findet Ihr hier bei Mainz&. Videos und Eindrücke vom 11.11 in Mainz findet Ihr zudem auch hier auf unserem Facebook-Account – auch das Mottolied zum aktuellen Kampagnenmotto. Was folgt? Natürlich unsere Mainz&-Fotogalerie!