Baumfällungen sind in Mainz ja bekanntlich ein heikles Thema, in den vergangenen Jahren wurden unter Leitung des grünen Umweltdezernats mehr Bäume in der Innenstadt gefällt als gepflanzt. Das will nun ein neu formiertes „Baumbündnis“ nicht länger hinnehmen: Am Dienstag will das Baumbündnis vor der konstituierenden Sitzung des neuen Stadtrats gegen eine „Vielzahl geplanter Fällungen gesunder Bäume“ protestieren, und dem neuen Stadtrat einen Forderungskatalog vorlegen. Im Fokus dabei: städtische Baumaßnahmen.

Baum-Massaker an der Peter-Härtling-Grundschule in Mainz-Finthen im Frühjahr 2024: Bis zu 60 Jahre alte, gesunde Bäume abgeholzt. - Fotos: Philipp Steiner
Baum-Massaker an der Peter-Härtling-Grundschule in Mainz-Finthen im Frühjahr 2024: Bis zu 60 Jahre alte, gesunde Bäume abgeholzt. – Fotos: Philipp Steiner

Zu dem neuen „Baumbündnis“ in Mainz haben sich neben klassischen Umweltverbänden wie BUND und NABU auch jüngere Initiativen wie die Bürgerinitiative Mombacher Straße, das Kolibri-Kollektiv und die Klimaschutz initiative Mainz Zero zusammengeschlossen, mit dabei ist auch die Bürgerinitiative „Bessere Schule Finthen“ – und genau die verweist auf einen der Auslöser für die Protestaktion: Für den Neubau einer Grundschule in Mainz-Finthen wurden an Fastnacht auf dem Gelände der Peter-Härtling-Grundschule rund ein Dutzend alter Bäume gefällt – die BI „Bessere Schule Finthen“ hatte genau das vergeblich zu verhindern versucht.

Trotz massiver Proteste der Anwohner, trotz Petition an die Stadt und trotz fundierter Gegenvorschläge der Bürgerinitiative, ließ die Stadt die Bagger anrollen und bis zu 60 Jahre alte und vor allem gesunde Bäume fällen. Für die Grundschule in Finthen hätten „sehr gute architektonische Alternativen vorgelegen“, die Schulhofgestaltung hätte „wunderbar mit den alten, schattenspendenden Bäumen zukunftweisend umgesetzt werden können“, kritisierte damals die ÖDP – das sei eine verpasste Chance für den Klimaschutz. Bäume gelten als essentiell wichtig für die Verbesserung des Stadtklimas, sie senken nachweislich die Temperatur an heißen Tagen.

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Baumbündnis fordert Baumerhalt als festen Teil der Stadtplanung

Es war zudem nicht der einzige Vorfall dieser Art: Auch für die Lemmchenschule in Mombach mussten Bäume weichen, für die alten Platanen an der Neutorschule musste im Zuge des Neubau des archäologischen Zentrums LEIZA vehement gekämpft werden., Jüngstes Beispiel zudem: Für den Umbau der Mombacher Straße sollen nach den bisherigen Plänen des grünen Verkehrsdezernats von den derzeit 54 alten Bäumen etwa 27 den Bauarbeiten und der Umgestaltung zum Opfer fallen. Die Pläne sind vorerst auf Eis gelegt – aber nicht aufgehoben.

Bäume beschatten die Haltestelle Höfchen in der Mainzer Innenstadt, im Hintergrund die Alte Universität. - Foto: gik
Bäume beschatten die Haltestelle Höfchen in der Mainzer Innenstadt, im Hintergrund die Alte Universität. – Foto: gik

Und genau gegen solche Bauvorhaben macht jetzt das „Baumbündnis“ mobil: Man fordere, „den Baumerhalt als festen Bestandteil der Stadtplanung zu verankern“, sagte Bündnissprecher Uli Walter im Vorfeld. Deshalb will das Bündnis am Dienstagnachmittag, vor der ersten Sitzung des neuen Mainzer Stadtrats vor dem Kurfürstlichen Schloss demonstrieren. „Wenn der neu gewählte Stadtrat am Dienstag, den 9. Juli 2024 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkommt, wird er vom neuen Baumbündnis Mainz bereits empfangen“, sagte Walter.

Zur Auftaktsitzung des Rats werde das Bündnis ab 17.00 Uhr vor dem Eingang zum Mainzer Schloss mit Transparenten, Plakaten und Redebeiträgen „auf die Vielzahl geplanter Fällungen gesunder Bäume im Rahmen von städtischen Baumaßnahmen aufmerksam machen.“ Außerdem wolle das Bündnis den Mitgliedern des Mainzer Stadtrats sowie Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) einen Forderungskatalog zum Erhalt der Mainzer Bäume übergeben.

Forderung: Baumfällungen müssen öffentlich begründet werden

Darin fordert das Baumbündnis konkret, dass „bei allen laufenden und zukünftigen Bauplanungen der Stadt Mainz, der Eigenbetriebe und der stadtnahen Gesellschaften der Erhalt des Baumbestandes oberste Priorität haben und verbindlich vorgegeben werden soll.“ Bei Planung, Ausschreibung und Vergabe sei die Einhaltung dieser Vorgabe zu prüfen, über die Ergebnisse müsse im Stadtrat sowie in den zuständigen Ausschüssen und  Ortsbeiräten berichtet werden. Genau das war bisher einer der scharfen Kritikpunkte: Es habe viel zu wenig Informationen über solche Maßnahmen gegeben, sowohl an die Politik als auch an die Bürger.

Auch in der Mombacher Straße sollen nach Plänen der Stadt alte Bäume für eine Umgestaltung fallen, eine BI sagt: Das ist völlig unnötig. - Foto: gik
Auch in der Mombacher Straße sollen nach Plänen der Stadt alte Bäume für eine Umgestaltung fallen, eine BI sagt: Das ist völlig unnötig. – Foto: gik

In Zukunft soll deshalb bei unvermeidlichen Baumfällungen bei städtischen Projekten, aber auch bei Eigenbetrieben und stadtnahen Gesellschaften „frühzeitig und umfassend“ kommuniziert werden müssen, fordert das Bündnis weiter. Solche Fällungen seien „als ständiger und eigener Tagesordnungspunkt sowohl dem Ausschuss für Umwelt, Grün und Energie (AUGE) als auch dem Beirat für Naturschutz vorzulegen und zu begründen.“

Das wäre in der Tat ein Paradigmenwechsel: Bisher hatte die Stadt Baumfällungen höchstens auf Anfrage und dann nur in langen Listen bekanntgegeben, aus denen meist weder die Projekte noch die Notwendigkeiten hervorgingen.

2019- 2023 in Mainz mehr Bäume gefällt als gepflanzt

„Die Verantwortlichen sind es den Mainzerinnen und Mainzern schuldig, alle Maßnahmen zu ergreifen, die die Folgen des Klimawandels in unserer Stadt abmildern“, betonte Walter. Ziel des Forderungskatalogs sei es, „ausreichend Zeit für mögliche Umplanungen zu gewinnen und eine vollständige und fortlaufende Übersicht der Maßnahmen zu erhalten.“ Deshalb suche das Bündnis auch das Gespräch mit den im Rat vertretenen Fraktionen, dem Oberbürgermeister sowie den Bau- und Umweltdezernentinnen.

Innenhof des neuen archäologischen Zentrums LEIZA: kein Grün, keine Bäume - um den Bestand der alten Bäume vor der Neutorschule (rechts) musste hart gerungen werden. - Foto: gik
Innenhof des neuen archäologischen Zentrums LEIZA: kein Grün, keine Bäume – um den Bestand der alten Bäume vor der Neutorschule (rechts) musste hart gerungen werden. – Foto: gik

, Zuletzt hatte eine Anfrage der CDU-Opposition im Mainzer Stadtrat kurz vor der Kommunalwahl ergeben: In Mainz wurden zwischen 2019 und 2023 von der Stadtverwaltung allein 1.236 Genehmigungen für die Fällung von geschützten Bäumen mit einem Stammumfang von mehr als 80 Zentimetern im Zuge von Baumaßnahmen erteilt. Zudem wurden allein im Jahr 2023 insgesamt 474 Bäume auf städtischen Grundstücken und 451 auf privaten Grundstücken gefällt.

Gleichzeitig wurden von Seiten der Stadt Mainz 2023 aber nur 252 Bäume entlang von Straßen oder in Grünanlagen nachgepflanzt – damit stehen grob regerechnet 1.071 gefällten großen Bäumen lediglich 252 Nachpflanzungen gegenüber. Die CDU klagte deshalb, pro Jahr würden weiter mehr Bäume gefällt als gepflanzt – tatsächlich waren im Jahr 2021 rund 600 Straßenbaumstandorte gar nicht bepflanzt. Bei der Stadtratswahl am 9. Juni wurden erneut die Grünen stärkste Kraft im Mainzer Stadtrat – eine Koalition für die neue Machtkonstellation im Mainzer Stadtrat ist bislang aber noch nicht in Sicht.

Info& auf Mainz&: Mehr zu dem Thema Baumfällungen und Baumpflanzungen in Mainz lest Ihr in unserer Mainz&-Analyse „Wie Grüne ist Mainz?“