Standing Ovations im Mainzer Dom, immer wieder brandet Applaus auf: Es ist eine warmherzige Bischofsweihe, die da am Sonntag im Mainzer Dom zelebriert wird. Das feierliche Hochamt wird am Ende von viel Humor und Menschlichkeit geprägt. „Ich muss noch ein bisschen mit meinem neuen Bischofsstab gehen lernen, Sie haben es gemerkt“, sagt Peter Kohlgraf in seiner ersten Ansprache als neuer Mainzer Bischof. Um 14 Uhr war die Weihe des 50 Jahre alten Professors für Pastoraltheologie vollzogen, die Sedisvakanz beendet – die Mainzer haben wieder einen Bischof. Voller Bescheidenheit und hintergündigem Humor.

Der neue Mainzer Bischof Peter Kohlgraf bei seiner ersten Ansprache im Mainzer Dom. – Foto: Bistum Mainz

„Er tritt ein großes Erbe an, die Messlatte liegt hoch“, sagte die Mainzer Wirtin Helga Nass am Morgen vor dem Dom. Keine Frage: Kohlgrafs Vorgänger, Kardinal Karl Lehmann, war nicht nur hochgeachtet in der Republik, sondern auch von den Mainzern heiß geliebt. Er selbst weihte am Sonntag seinen Nachfolger Kohlgraf zum Bischof, unterstützt von gut 30 Bischöfen aus allen Teilen der Republik. Und man sah, warum Lehmann vor einem Jahr an seinem 80. Geburtstag den Posten als Bischof von Mainz niedergelegt hatte: Lehmann wirkte körperlich stark gebrechlich, wenn auch geistig hellwach.

Feierlicher Moment: Kardinal Karl Lehmann weiht Peter Kohlgraf zum neuen Bischof von Mainz. – Foto: gik

„Du aber, lieber Bruder, bedenke: Das Bischofsamt ist nicht zur persönlichen Ehre gegeben, der Bischof ist nicht da zu herrschen, sondern zu dienen“, gab Lehmann seinem Nachfolger mit. Es war Lehmann, der dem neuen Bischof zu Mainz seinen Bischofsring als Zeichen der Liebe und Hingabe ansteckte, ihm die Mitra als Schutz gegen „alle Angriffe des Bösen“ aufsetzte und ihm den Bischofsstab überreichte als Zeichen der „Kraft zur Weisung und zu Führung der Kirche.“ Dann ließ sich Kohlgraf auf dem Bischofsstuhl nieder – da brandete zum ersten Mal Applaus auf.

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Zuvor hatte sich der zu Weihende der Länge nach auf dem Boden vor dem Altar ausgestreckt, minutenlang verharrte Kohlgraf in der Demutsstellung, die Arme unter dem Kopf verschränk, während die Kirchengemeinde die Heiligen anrief und Fürbitten betete. Was einem in so einer Situation durch den Kopf geht, fragte Mainz& den Bischof nach seiner Weihe. „Viele Dinge laufen zwischen mir und Gott, und das soll auch so bleiben“, entgegnete Kohlgraf. Aber „man spürt schon: man wird klein“, sagte er nachdenklich, nicht aber klein im Sinne von „kleinmachen“, fügte er gleich hinzu: „Man fühlt sich demütig vor dem was da abgeht.“

Das erste Mal auf dem Bischofsstuhl unter dem neuen Bischofswappen: Der frisch geweihte Bischof Peter Kohlgraf. – Foto: gik

Um Punkt 13 Uhr hatte der feierliche Weihegottesdienst im Dom zu Mainz mit dem Überbringen der Ernennungsurkunde begonnen: „Erscheinst Du, geliebter Sohn, versehen mit den erforderliche Gaben (…), ns geeignet, Dich an ihre Spitze zu stellen“, teilte Papst Franziskus den Mainzern mit. Die erforderlichen Gaben – es sieht so aus, als würde Kohlgraf sie mitbringen. Der 50 Jahre alte Professor für Pastoraltheologie, der bislang an der Katholischen Hochschule in Mainz lehrte, gilt als nah bei den Menschen, aber auch als jemand, der sich einmischt.

„Als Ihr neuer Bischof erlaube ich mir, eine Vision zu haben“, sagte Kohlgraf in seiner ersten Ansprache am Ende des Gottesdienstes: Es sei die Vision, dass sich Kirche nicht hinter verschlossenen Türen verkrieche, sondern sich einmische gegen Hass und unmenschliche Züge der Gesellschaft. „Das Reich Gottes ist nahegekommen“, lautet sein Wahlspruch, Kohlgraf interpretiert es als Aufforderung, nahe bei den Menschen zu sein, in die Welt zu gehen, zuzuhören. „Unsere Welt ist ein Buch, in dem wir lesen können, was Gott heute von uns will“, sagte er: „Wenn wir nciht lernen, unseren Glauben in Tat und Wort hinaus zu tragen, werden wir blind für Gottes Reich.“ Vielfalt fördern, Aufstehen gegen Hass, gerade auch auf Facebook – der neue Bischof wird sich einmischen. Als erste Amtshandlung ernannte er Weihbischof Udo Bentz zum neuen Generalvikar.

Kohlgraf feiert die erste Kommunion als Bischof von Mainz, die Menge auf dem Markt schaut andächtig zu. – Foto: gik

„Er ist ein ganz Toller“, schwärmte der Leiter der Schulband des Bonner Kardinal-Frings-Gymnasiums über den früheren Kollegen Kohlgraf: „An dem ist nichts Falsches, ich kann die Mainzer nur beglückwünschen.“ Mehrere Tausend Neugierige waren auf die Plätze rund um den Dom zur Bischofsweihe gekommen, darunter auch viele ehemalige Weggefährten Kohlgrafs. Der gebürtige Kölner lebte lange in Bonn, bevor er nach Mainz kam.

„Der Rhein verbindet uns“, sagte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, zu dessen Bistum Kohlgraf bisher gehörte, und bekannte: „Es ist gar nicht so leicht, Dich loszulassen.“ Ein „Guter“ sei Kohlgraf, sagte Woelki, aber Mainz und Köln verbinde da vieles: der Karneval,“dieselbe Fußballliga – noch“, sagte Woelki, und wurde dafür um ein Haar mitten im Dom ausgebuht. Kohlgraf sei so gesehen gut auf den neuen Job vorbereitet, befand Woelki – und ernannte Kohlgraf zum Ehrendomherr des Kölner Doms: „Du hast bei uns auch immer einen Ort der Zuflucht“, bot er an.

Jetzt ist er Mainzer: Bischof Peter Kohlgraf unmittelbar nach seiner Weihe auf einer Leinwand des Mainzer Doms. – Foto: gik

„Ich dachte, gleich zieht er ein kühles Kölsch aus der Tasche“, sagte Kohlgraf nach dem Gottesdienst vor seinem Haus im Kreise der Bischöfe. „Ich freue mich schon auf seinen hintergründigen, trockenen Humor“, sagte denn auch Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz: „Inspirieren Sie uns!“

„Der macht das“, glaubte ein Mainzer vor der Tür, „er ist sympathisch, kommt gut an.“ Vor der Tür feierten im Anschluss mehrere tausend Gäste mit Kohlgraf ein „Fest der Begegnung“, auch hier brandete Applaus auf für den neuen Herrn im Dom. „Mit dem heutigen Tag bin ich Mainzer“, sagte Kohlgraf. Sprachlos und überwältigt sei er, bekannte er nach einem Ständchen für ihn. „Ich glaube, Sie haben gemerkt, Sie werden jetzt schon geliebt“, sagte die Moderatorin. „Ich hoffe, die Liebe trägt auch durch härtere Zeiten als heute Nachmittag“, sagte Kohlgraf trocken, und gefragt auf das, was er morgen tut, antwortete er: „Morgen ist Büro.“

Info& auf Mainz&: Mehr zum neuen Mainzer Bischof, seiner Biographie und seinem Hintergrund lest Ihr hier bei Mainz&. Direkt nach dem Weihegottesdienst gab Kohlgraf ein erstes Pressestatement – Ihr findet es auf unserer Facebook-Seite.

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