Die Piratenpartei wurde 2006 auf Bundesebene gegründet, seit 2008 nimmt sie auch an Landtagswahlen Teil. Auslöser für die Gründung waren zunehmend drängende Themen der Digitalisierung, vor allem Urheberrecht, Schutz der digitalen Daten und die strikte Ablehnung von Upload-Filtern für das Internet sowie jeglicher Internetzensur. Inzwischen hat sich das Spektrum hin zu Bürgerrechten, Transparenz sowie natürlich auch zu mehr Umweltschutz und einer modernen Stadtentwicklung samt Verkehrswende hin entwickelt. Mit Maurice Conrad saßen die Piraten auch im Mainzer Stadtrat, bis Conrad zur Klimaliste wechselte, Vertreter der Partei sind aber bis heute in Ausschüssen des Stadtrats vertreten – darunter der langjährige Landeschef Bodo Noeske. Noeske tritt nun auch als Direktkandidat für die Piraten in Mainz bei der Bundestagswahl an – hier seine Antworten auf unsere „12 Fragen an…“

Direktkandidat für die Piratenpartei in Mainz: Bodo Noeske. - Foto: Piratenpartei
Direktkandidat für die Piratenpartei in Mainz: Bodo Noeske. – Foto: Piratenpartei

Name: Bodo Noeske

Partei: Piratenpartei

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Alter: 59

(Erlernter) Beruf: Versicherungsmakler, gelernter Diplom-Pädagoge

Frage: Bitte stellen Sie sich unseren Lesern kurz vor, und zwar in Stichworten: Was charakterisiert Sie am besten, welche Merkmale sollten Wähler von Ihnen im Kopf haben?

Noeske: Ich bin

  • ausdauernd,
  • thematisch vielseitig,
  • gebe nie auf und bin
  • ein Gutmensch.

Frage 1: Warum kandidieren Sie persönlich für den Deutschen Bundestag? Was motiviert Sie dazu?

Noeske: Eine Kandidatur für den Bundestag ermöglicht es, für politische Herzens-Themen, die von anderen Parteien nicht oder nicht glaubwürdig vertreten werden, zu werben.

Eines meiner Herzens-Themen ist das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) für alle in Deutschland lebenden Menschen. Wir befinden uns aufgrund des digitalen und ökologischen Wandels in einer gesellschaftlichen Umbruchphase. Die Arbeitswelt verändert sich. Das bedingungslose Grundeinkommen ist die längst überfällige und dringend notwendige Reform unseres Wirtschafts- und Sozialsystems.

Ein weiteres Herzens-Thema ist Anti-Repressionspolitik. Die digitale Teilhabe umfasst nicht nur das Recht, Zugang zum Internet, Zugang zu digitaler Information und Kommunikation und zu freiem Wissen zu erhalten, sondern auch das Recht, sich überwachungsfrei im digitalen als auch analogen Raum zu bewegen. Die immer wieder diskutierte Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojaner, Chatkontrollen und biometrische Überwachung des öffentlichen Raums führen zu einem Klima der Angst, in der die Meinungsfreiheit und politische Entfaltungsmöglichkeiten beschränkt werden.

Die Piratenpartei in Mainz: orange ist die Farbe, hier treten sie für fahrscheinfreien ÖPNV ein. - Foto: Piratenpartei
Die Piratenpartei in Mainz: orange ist die Farbe, hier treten sie für fahrscheinfreien ÖPNV ein. – Foto: Piratenpartei

Frage 2: Was möchten Sie für Mainz im Deutschen Bundestag erreichen?

Noeske: Die Grundlagen für einen fahrscheinfreien und bei Fahrtantritt kostenlosen ÖPNV zu schaffen, und allen Rheinhessen Zugang zu einem flächendeckenden, kostenfreien WLAN im öffentlichen Raum zu ermöglichen. Diese Ziele habe ich nicht nur für Mainz, sondern auch für Rheinhessen oder Wiesbaden, um nicht zu sagen für das ganze Bundesgebiet.

Frage 3: Welches sind die drei wichtigsten Ziele, für die Sie im Deutschen Bundestag streiten wollen? Was wollen Sie unbedingt erreichen?

Noeske: Erstens: Bedingungsloses Grundeinkommen

Die Durchführung eines Bürgerdialoges mit dem Ziel der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE). Es sichert Existenz und ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe. Die Digitalisierung verändert die Arbeitswelt und wir brauchen mehr Freiraum für lebenslanges Lernen und Möglichkeiten individueller freier Entscheidungen. Es baut unnötige Bürokratie ab und setzt Leistungsbereitschaft frei.

Zweitens: Digitale Teilhabe

Unser gesellschaftliches Leben findet zunehmend auch online statt. Jedem Menschen soll die Teilhabe an der digitalen Information und Kommunikation im Netz als Grundrecht ermöglicht werden. Wir brauchen nicht nur für die Wirtschafts- und Arbeitswelt ein schnelles Internet, sondern auch für Bildung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bis zur letzten Weinrebe in Rheinland-Pfalz.

Kandidatenplakat Bodo Noeske, Direktkandidat für die Piraten zur Bundestagswahl in Mainz. - Foto: Piratenpartei
Kandidatenplakat Bodo Noeske, Direktkandidat für die Piraten zur Bundestagswahl in Mainz. – Foto: Piratenpartei

Dabei muss Kommunikation im Internet überwachungsfrei gestaltet werden:

  • Keine Zensur, Uploadfilter, Vorratsdatenspeicherung, staatliche Überwachung von Chats,
  • keine Staatstrojaner und biometrische Überwachung
  • verschlüsselte Kommunikation muss sichergestellt bleiben,
  • Kontrolle über die persönlichen Daten

Drittens: Klimaschutz

Für den Klimaschutz sind die nächsten Jahre entscheidend. Wir müssen handeln.

Frage 4: Wie wollen Sie es schaffen, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen?

Noeske: Das ist nur noch mit einer geringen Wahrscheinlichkeit erreichbar. Um so wichtiger ist es schnelle und sofortige Maßnahmen einzuleiten. Dabei sind effektive, schnell umsetzbare und kostengünstige Maßnahmen zu bevorzugen.

  • Kohleausstieg bis 2024
  • Subventionen für fossile und atomare Energien sofort beenden.
  • Sofortiger Stopp der Abbaggerung neuer Kohle-Gebiete
  • Endgültiger Ausstieg aus der Atomenergie
  • 100% erneuerbarer Strom bis 2030
  • 100% erneuerbare Energieversorgung bis 2035
  • Eigenverbrauch von selbst erzeugtem erneuerbaren Strom muss steuer- und abgabenfrei sein.
  • Bus und Bahn kostenlos und fahrscheinfrei
  • umweltfreundliche Mobilität mit E-Carsharing
  • Ausbau des Radwegenetzes
  • Zulassungsbeschränkungen für neue Kfz (Downsizing)
  • ein Tempolimit
  • autofreie Sonntage
  • autonome, fahrerlose Fahrzeuge zur Ergänzung des ÖPNV
  • energetische Sanierung und Dekarbonisierung im Gebäudebereich
  • Flächenversiegelungsverbote, wenn nicht gleich viel Fläche entsiegelt wird.

Frage 5: Die Mieten in Mainz steigen und steigen – seit Jahren, Mainz gehört inzwischen zu den zehn teuersten Städten der Republik. Was tun Sie dagegen in Berlin? Wie stehen Sie zu einem Mietendeckel?

Mehr Dorf, weniger Stadt? Die Piraten sagen: mit schnellem Internet geht das. - Foto: gik
Mehr Dorf, weniger Stadt? Die Piraten sagen: mit schnellem Internet geht das. – Foto: gik

Noeske: Ich sehe die gute Absicht eines Mietendeckels und würde ihn deswegen auch wahrscheinlich auch mittragen, bezweifele aber seine Wirksamkeit.

Der Wohnraum in den Ballungszentren wird knapp. Die Wohnraumknappheit kann man auf Dauer nicht über die Mietpreise regulieren, und auch nicht allein über für das Klima eher schädliche Neubauten. Meines Erachtens muss das Wohnen auf dem Land, gegenüber dem in der Stadt aufgewertet werden. Infrastruktur, sei es ÖPNV, Ärzte, Schulen im ländlichen Raum müssen wieder ausgebaut werden. Mit einem flächendeckenden Breitbandausbau und damit einem schnellen Internet kann sich auch Arbeit neugestalten. Mehr Home-Office ermöglicht das Wohnen auf dem Land ohne lange Pendlerwege. So wird der Wohnungsdruck auf die Städte entlastet und die Mieten werden damit auch wieder sinken.

Frage 6: Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig ein gutes Gesundheitssystem ist – wie wollen Sie die Finanzierung von Krankenhäusern sicher stellen? Setzen Sie sich für eine Abschaffung der Fallpauschalen ab? Und wie kann die Medizin wieder mehr für die Menschen da sein und eine individuelle Behandlung mit Zeit für den Patienten sicher stellen?

Noeske: Die Finanzierung des Gesundheitssystems sehe ich als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die flächendeckende ärztliche Grundversorgung und Krankenhausversorgung müssen sichergestellt sein. Bei Krankenhausstandorten, die aus rein wirtschaftlichen Gründen nicht mehr weiter betrieben werden, muss evaluiert werden, ob zur Sicherstellung der Grundversorgung in der betreffenden Region das Krankenhaus durch die Kommune, den Kreis oder das Land übernommen werden kann. Das gesamte Vergütungssystem im Gesundheitsbereich inklusive der Fallpauschalen muss auf den Prüfstand. Fehlanreize im Vergütungssystem, die zu Fehlversorgung führen, müssen abgeschafft werden, und wenn Pflegepersonal und Ärzte angemessen für individuelle Behandlungen und Gespräche honoriert werden, gibt es auch wieder mehr Zeit und Möglichkeiten für eine individuelle Behandlung.

Frage 7: Sind Sie für eine einheitliche Bürgerversicherung? Und wenn Nein, warum nicht?

Mehr Car-Sharing, mehr autonome Fahrzeuge - wie hier EMMA - so sehen die Piraten die Zukunft der Mobilität. - Foto: gik
Mehr Car-Sharing, mehr autonome Fahrzeuge – wie hier EMMA – so sehen die Piraten die Zukunft der Mobilität. – Foto: gik

Noeske: Wir Piraten haben eine positive Einstellung zur Bürgerversicherung und sehen in der Einbeziehung sämtlicher Bürgerinnen und Bürger in die Sozialversicherung unter Berücksichtigung möglichst aller Einkommensarten ein sinnvolles Modell zur Finanzierung des Sozialsystems. Ich persönlich erwarte ich mir von dieser Maßnahme jedoch nicht die größten Verbesserungen im Gesundheitswesen. Das ist eher etwas für das Gerechtigkeitsgefühl der Bürger. Qualitätsverbesserungen für alle wären mir wesentlich wichtiger als diese Finanzierung- und Beitragsfrage.

Frage 8: Wie sieht für Sie die Mobilität der Zukunft aus, und wie setzen Sie sich dafür im Deutschen Bundestag ein? Wie stehen Sie zur Forderung eines kostenlosen ÖPNV?

Noeske: Die Mobilität der Zukunft wird sich meines Erachtens hin zu E-Carsharing-Modellen, autonomen Fahrzeugen und mehr ÖPNV bewegen. Die Sharing-Ökonomie wird gerade im Bereich des Individualverkehrs nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus ökologischen Gründen durchsetzen. Der Mainz-Rider ist ein gutes Beispiel, wie sich ÖPNV weiterentwickeln wird, und in Zukunft sind solche Modelle auch autonom möglich. Eines meiner Ziele zur Bundestagswahl ist es, die Voraussetzungen für einen fahrscheinfreien, bei Fahrtantritt kostenlosen ÖPNV zu schaffen.

Die Mainz-Rider der Mainzer Mobilität: E-Vans als Stadtteil-Taxis. - Foto: Mainzer Mobilität
Die Mainz-Rider der Mainzer Mobilität: E-Vans als Stadtteil-Taxis. – Foto: Mainzer Mobilität

Die Piraten sind die Partei, die den fahrscheinfreien kostenlosen ÖPNV im letzten Jahrzehnt überhaupt erst wieder ins Gespräch gebracht haben und seit 2009 aktiv verfolgen. Ich arbeite dabei auf der Grundlage von diversen Gutachten und Ergebnissen parlamentarischer Kommissionen zu dem Thema aus der Zeit der Piratenpartei in den Landesparlamenten von Nordrhein-Westfalen, Berlin und Schleswig-Holstein.

Frage 9: Wie machen Sie Ihren Bundestagskollegen in Berlin die Bedeutung der Ahrtal-Katastrophe klar?

Noeske: Ich denke nicht, dass ich dafür nötig bin, sehe aber schwere Defizite in Deutschland beim Katastrophenschutz. Solche Katastrophen werden mit Veränderungen der klimatischen Bedingungen meiner Meinung leider öfters vorkommen können und wir müssen uns darauf einstellen und besser vorbereiten. Wir Piraten haben mit als einzige Partei den Katastrophenschutz bereits vor der Ahrtal-Katastrophe in all seinen Ausgestaltungen programmatisch durchdacht.

Einen besseren Katastrophenschutz für Deutschland, das fordern die Piraten nicht erst seit der Flutkatastrophe im Ahrtal. - Foto: gik
Einen besseren Katastrophenschutz für Deutschland, das fordern die Piraten nicht erst seit der Flutkatastrophe im Ahrtal. – Foto: gik

So treten wir dafür ein, die bestehenden Systeme für Katastrophen- und Zivilschutzwarnungen zu überarbeiten und so zu gestalten, dass auch ohne erheblichen technischen Aufwand der Bevölkerung eine Warnung jederzeit möglich ist. Hierzu schlagen wir vor, flächendeckend das Sirenensystem in den Städten und Gemeinden wieder aufzubauen. Nur so kann eine schnelle Warnung der Bevölkerung, auch bei Ausfall der Mobilfunknetze, gewährleistet werden. Zudem setzen wir uns ein, die Technik des Cell Broadcasting zu forcieren und einzuführen. Die existierenden Notfallpläne auf allen Verwaltungsebenen für Hochwasser, Sturmfluten, Erdbeben usw. müssen im Vorfeld besser aktiv an die Bevölkerung kommuniziert werden.

Frage 10: Wie werben Sie für rheinhessischen Wein in Berlin?

Noeske: Gar nicht, außer dass ich mich persönlich als rheinhessischer Schoppe-Trinker bekenne. Für die Werbung von rheinhessischen Wein, gibt es andere Zuständigkeiten und Möglichkeiten.

Frage 11: Wo liegt Ihre Partei am Abend des 26.9. in Prozentzahlen – und wie traurig sind Sie, wenn es nicht zu Ihrem persönlichen Einzug in den Deutschen Bundestag reicht?

Noeske: Zwischen 0,5 und 1,0 Prozent. Ich bin nicht traurig, dass ich nicht in den Bundestag einziehe.

Frage 12: In welchem Fall würden Sie Ihr Mandat niederlegen?

Noeske: Wenn ich die Verantwortung für Gesundheitsschäden oder Steuermittelverschwendung hätte UND das Gefühl, dass ich das hätte mit einer anderen Handlungsweise verhindern können.

Info& auf Mainz&: Ihr wollt alle Fragebögen aller Mainzer Direktkandidaten auf einen Blick? Bittesehr: Alle Fragebögen sowie alle weiteren Informationen zur Bundestagswahl 2021 findet Ihr auf unserer Sonderseite Bundestagswahl& – genau hier bei Mainz&.

Mehr zu Bodo Noeske und seinen Zielen für die Bundestagswahl findet Ihr hier im Internet. Eine kleine Analyse zum Ausgangspunkt der Bundestagswahl in Mainz sowie den bisherigen Kandidaten und ihren Chancen lest Ihr hier bei Mainz&. Dort findet Ihr auch eine Liste, welchen Direktkandidaten zur Bundestagswahl in Mainz wir den Mainz&-Fragebogen geschickt haben, welche davon schon erschienen sind, und welche noch kommen.

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