Die lange Talfahrt der Corona-Infektionen ist vorbei, nach langer Abwärtsentwicklung steigt inzwischen die Sieben-tage-Inzidenz wieder an: Am Dienstag meldete das Landesuntersuchungsamt für Mainz nun bereits wieder eine Inzidenz von 7,8 – vor wenigen Tagen waren es noch 5,5 gewesen. Schuld ist die neue Delta-Variante, die inzwischen im Raum Mainz zwei Drittel der Neuinfektionen ausmacht. Delta-Infektionen wurden bereits in drei Schulen und einer Mainzer Wohnanlage nachgewiesen und lösten Quarantänefälle aus. Das Gesundheitsamt Mainz-Bingen warnt vor steigenden Neuinfektionen nach den Sommerferien – im Fokus des Infektionsgeschehens würden dann Schulen, insbesondere Grundschulen und die Kindergärten stehen.

Das Coronavirus B.1.1.7 (Alpha) unter dem Elektronenmikroskop, Alpha ist inzwischen fast schon wieder verdrängt von der neuen Variante Delta. - Foto: von NIAID via Wikipedia
Das Coronavirus B.1.1.7 (Alpha) unter dem Elektronenmikroskop, Alpha ist inzwischen fast schon wieder verdrängt von der neuen Variante Delta. – Foto: von NIAID via Wikipedia

Die Delta-Variante wurde zuerst in Indien entdeckt, von dort verbreitete sich die Mutante des Coronavirus über Großbritannien und Portugal auch in Europa aus. Großbritannien kämpft inzwischen wieder mit Inzidenzen von mehr als 200, die Regierung rechnet gar mit 100.000 Neuinfektionen pro Tag im Spätsommer. Trotzdem plant Premier Boris Johnson weitere Lockerungen, am 17. Juli sollen gar alle Corona-Restriktionen fallen – Virologen und Epidemiologen in Deutschland sehen das mit großer Skepsis. Denn noch ist völlig unklar, ob die aggressivere und ansteckendere neue Delta-Variante auch zu mehr schweren Erkrankungen führt.

Neueste Daten aus Israel legen zudem nahe: Die Wirksamkeit des Biontech-Impfstoffs ist durch die Delta-variante gesunken. Seit dem 6. Juni sei die Wirksamkeit der Impfung bei der Verhinderung einer Infektion auf 64 Prozent gesunken, berichtet die Tagesschau online. Allerdings schütze die Impfung sehr gut vor einer schweren Erkrankung und vor Krankenhausaufenthalten – nämlich zu 93 Prozent. Selbst in Israel, das weltweit die höchste Impfquote hat, steigen inzwischen die Corona-Neuinfektionen wieder, am Sonntag wurden laut Tagesschau 334 neue Fälle gemeldet – darunter waren auch viele bereits Geimpfte.

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Ausbreitung der Delta-Variante in der Region Mainz-Bingen: Von Null auf 50 in wenigen Wochen. - Grafik: Gesundheitsamt Mainz-Bingen
Ausbreitung der Delta-Variante in der Region Mainz-Bingen: Von Null auf 50 in wenigen Wochen. – Grafik: Gesundheitsamt Mainz-Bingen

Das berichtet nun auch das Gesundheitsamt Mainz-Bingen: Auch in Mainz wurden bereits Delta-Infektionen bei Menschen nachgewiesen, die vollständig geimpft waren. Bislang gebe es insgesamt 40 Nachweise in Mainz und 24 im Landkreis Mainz-Bingen, teilte das Gesundheitsamt am Dienstag mit. Im Juli seien es aktuell bisher ein bestätigter Fall in Mainz-Bingen und fünf im Mainzer Stadtgebiet. Der Anteil der Delta-Variante an den Neuinfektionen steige derzeit stark an, warnte Gesundheitsamts-Leiter Dietmar Hoffmann: Im gesamten Juni habe der Anteil der Delta-Variante noch bei 13,86 Prozent gelegen, im Juli schon bei 46,15 Prozent. Wahrscheinlich liege der wahre Anteil der Delta-Variante an den aktuellen Neuinfektionen in der Region bei mittlerweile rund zwei Dritteln, sagte Hoffmann.

Die Dunkelziffer kommt dadurch zustande, dass nicht alle positiven Corona-Proben auf das Vorliegen einer Virus-Variante untersucht werden, viele Angaben beruhten auf hochgerechneten Studienergebnissen, erklärte Hoffmann weiter. Eine Vollgenomtypisierung könne zudem durchaus bis zu zehn Tage lang dauern, die Veröffentlichungen hinkten daher dem Infektionsgeschehen immer etwas hinterher. „Damit verdrängt die Delta-Variante mittlerweile die bisher vorherrschende Alpha-Variante immer stärker“, betonte Hoffmann, die bisher vorherrschende Alpha-Variante macht derzeit gerade einmal noch 7,69 Prozent aus.

Der Leiter des Gesundheitsamtes Mainz-Bingen, Dietmar Hoffmann, vor dem Eingang zu seinem Amt in Mainz. - Foto: gik
Der Leiter des Gesundheitsamtes Mainz-Bingen, Dietmar Hoffmann, vor dem Eingang zu seinem Amt in Mainz. – Foto: gik

Das hat Auswirkungen: Die Corona-Inzidenzen steigen wieder. Am 2. Juli lag die Sieben-Tage-Inzidenz in Mainz noch bei 5,5 und im Landkreis Mainz-Bingen bei 0,9, am Dienstag meldete das Landesuntersuchungsamt bereits wieder eine Inzidenz von 7,8 für Mainz und von 4,3 im Landkreis Mainz-Bingen.

Die Zahl der Infektionsfälle ist dabei noch immer niedrig, am Dienstag gab es gerade einmal drei neue Fälle in der ganzen Region, am Wochenende aber schon neun. Die derzeitigen Öffnungen seien deshalb „auch aus epidemiologischer Sicht gerechtfertigt“, betonte Hoffmann, das Problem sei aber, dass viele Lockerungen zeitgleich stattfänden: „Falls die Fallzahl wieder deutlich ansteigt, wird es äußerst schwierig sein, herauszufinden, welcher Lockerungsschritt dazu beigetragen hat und an welcher Stelle gegebenenfalls wieder Einschränkungen erforderlich sind“, kritisierte Hoffmann.

Denn spätestens mit dem Ende der Sommerferien und der Rückreisewelle sei damit zu rechnen, dass die Zahl der Neuinfektionen wieder steige, warnte der Gesundheitsamtschef. Im Fokus des Infektionsgeschehens würden dann vermutlich Schulen, insbesondere Grundschulen und die Kindergärten stehen, denn für Kinder bis zum 12. Jahr ist bislang kein Impfstoff zugelassen. Die EMA hatte zwar Anfang Juni den Biontech-Impfstoff für Kinder ab 12 Jahren zugelassen und für sicher erklärt, doch die Ständige Impfkommission Stiko empfiehlt die Impfung weiter nur für Kinder mit schweren Vorerkrankungen – das Ergebnis: viele Kinder und Jugendliche werden auch am Ende des Sommers weiter ungeimpft sein.

Experten warnen: Im Herbst wird die Delta-Variante in den Schulen kursieren - das könnte neue Schulschließungen bedeuten. - Foto: privat
Experten warnen: Im Herbst wird die Delta-Variante in den Schulen kursieren – das könnte neue Schulschließungen bedeuten. – Foto: privat

In Großbritannien explodiert bereits jetzt die Zahl der Corona-Infektionen in den Schulen: Jüngsten Zahlen der Regierung zufolge waren am 1. Juli rund 560.000 Schüler für zehn Tage in Selbstisolation, weil eine Person in ihrer Klasse oder Jahrgangsstufe zuvor positiv auf das Coronavirus getestet wurde, berichtet ZDF Heute. Bei rund 62.000 Schülern sei selbst eine Infektion vermutet oder nachgewiesen worden, insgesamt entspreche das 8,5 Prozent der Schülerschaft in staatlichen Schulen. Gesundheitsamtschef Hoffmann mahnte denn auch, es sei „jetzt wichtig, tragfähige Konzepte für den Herbst und Winter zu entwickeln, um nicht erneut durch Krankheitsfälle und Quarantäne den Kindern den so wichtigen Schul- oder Kindergartenbesuch verwehren zu müssen.“

Tatsächlich gibt es Delta-Infektionen inzwischen auch in der Region Mainz-Bingen: nach einer Kita seien aktuell in Mainz zwei Schulen und im Landkreis eine Schule mit jeweils einem Infektionsfall betroffen, teilte das Gesundheitsamt mit. Zu einem größeren Ausbruch sei es bisher erst einmal gekommen, in einer Wohnanlage in Mainz. Hier seien vier Haushalte betroffen gewesen, die Kontakt untereinander hatten, das habe zu elf Infizierten geführt – drei davon waren bereits doppelt Geimpfte. „Allerdings haben sich auch einige enge Kontaktpersonen nicht angesteckt“, betonte Hoffmann. Die Quarantäne könne voraussichtlich Anfang kommender Woche bei diesem Ausbruch beendet werden.

Info& auf Mainz&: Mehr zur Aggressivität der Delta-Variante und der Sorge vor der „vierten Welle“ lest Ihr hier auf Mainz&. Ausführliche Informationen des Robert-Koch-Instituts zu den Virusvarianten findet Ihr hier beim RKI im Internet, mehr zur Studie aus Israel zur Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen gegen Delta findet Ihr hier bei der Tagesschau.

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