Angesichts des Shutdown wird das Land von einer Welle von Hilfsbereitschaft geflutet: „Liebe Nachbarn, kaufe für Sie ein oder gehe zur Apotheke“ – solche Hilfsangebote sprossen bereits am Wochenende aus allen Ecken der Stadt. In den sozialen Netzwerken gründeten sich spontan zahlreiche Gruppen unter dem Stichwort „Nachbarschaftshilfe“, die Jusos starteten gar ein Online-Portal zur Vernetzung von Hilfesuchenden und Hilfeanbietenden. Und gerade zahlreiche kleine Läden starteten spontan Lieferdienste, um ihre Waren auch in Zeiten von Ladenschließungen an die Kunden zu bringen. Virologen warnen unterdessen: Gerade Jüngere könnten das Coronavirus unbemerkt massenhaft verbreiten, weil bei ihnen die Krankheit oft nur mild verläuft. Eine Nachbarschaftshilfe ohne Schutzmaßnahmen könnte leicht dazu führen, das Virus bis in die Wohnzimmer zu tragen.
„Liebe Nachbarn, biete Einkaufshilfe“ – solche Zettel tauchten in Mainz und anderen Orten schon am Wochenende in den Treppenhäusern großer Mietshäuser auf. Der Appell, gerade ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen sollten möglichst zuhause bleiben und die Öffentlichkeit meiden, sorgten für Hilfsangebote auf allen Ebenen. Auf Facebook gründeten sich spontan diverse Gruppen unter dem Schlagwort „Nachbarschaftshilfe“ und fanden sofort erheblichen Zulauf. Das Bedürfnis zu helfen ist groß, im Werra-Meißner-Kreis taten sich gar alle Jugendorganisationen von SPD, Linken, CDU bis hin zu FDP und Grünen zu einer gemeinsamen Hilfsaktion zusammen.
„Sie brauchen jemanden, der für Sie Lebensmittel einkauft oder in die Apotheke geht? Dann melden Sie sich bei uns“, heißt es etwa auf der Facebookseite der Mainzer Jusos. Die Jugendorganisation der SPD startete gemeinsam mit der Mutterpartei am Montag ein Online-Portal zur Nachbarschaftshilfe: Auf www.nh-rlp.de haben freiwillige Helfer sowie Hilfebedürftige die Möglichkeit, sich zu vernetzen und für ehrenamtliche Unterstützung zu verabreden. „In der aktuellen Situation kommt es stärker denn je auf gesellschaftlichen Zusammenhalt und Solidarität an“, sagte Juso-Landeschef Umut Kurt: „Wir als junge Menschen sind in den meisten Fällen von den aktuellen Auswirkungen der Corona-Epidemie nicht so stark betroffen wie ältere Personen, Menschen mit Vorerkrankungen oder auch Familien mit Kindern.“ Deshalb wollten jetzt viele ihre Mitmenschen unterstützen.
Virologen warnen indes genau davor: Kinder und junge Menschen gelten als hochgradige Übertrager des Erregers, gerade weil sie oft gar nicht merken, dass sie krank sind. Die Inkubationszeit des Coronavirus beträgt laut Robert-Koch-Institut zwischen 4 und 7,5 Tage, ansteckend ist man aber wohl schon, bevor die Krankheit bei einem selbst ausbricht. „Kinder verbreiten das Virus, man muss vermeiden, dass sie immer wieder mit neuen Erwachsenenkohorten zusammenkommen“, betonte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Montag, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterstrich am Samstag in ihrem Podcast: Enkel sollten genau deshalb nun ihre Großeltern nicht mehr besuche. Und auch Bundespräsident Frank Walter Steinmeier warnte am Montag: „Sagen sie nicht: ich bin jung und stark, mich trifft das nicht.“
Wenn nun massenhaft junge Leute für Ältere und Kranke einkauften, könne das genau das Gegenteil dessen bewirken, was mit sozialer Distanz eigentlich gemeint sei, warnen sie beim Mainzer Gesundheitsamt: Gerade wenn ein junger Mensch mehrere Haushalte nacheinander anfahre, könne er unbewusst das Virus an mehrere Haushalte streuen. „Gestern noch in der Bar, und heute die Oma besuchen wollen“, fasste es ein User auf Twitter zusammen.
Virologen wie Christian Drosten warnen deshalb, unbedingt bei Besorgungen Abstand einzuhalten und die Einkäufe ohne direkten Kontakt vor die Tür zu stellen. Das Bezahlen sollte möglichst bargeldlos geschehen. Aus genau diesem Grund stellten in der Region Mainz am Sonntag gleich mehrere „Free Your Stuff“- Gruppen ihre Tätigkeit ein: Angesichts der Krise sei der rege Warenaustausch unter den Mitgliedern nicht mehr zu verantworten.
Das dürfte auch ein Problem für die vielen Lieferdienste in den kommenden Wochen werden: Wie vermeiden, dass ein Fahrer diverse Haushalte nacheinander infiziert? Die Bundesregierung erlaubte in ihrer Verfügung vom Montag ausdrücklich das Aufrechterhalten von Lieferdiensten, angesichts der Schließung ihrer Läden bieten nun zahlreiche Firmen genau das an: Floristen, Geschenkeshops und sogar Stoffläden bieten an, ihre Waren zu liefern, kostenlos und bis vor die Haustür. Winzer fahren Weinlieferungen sogar kostenfrei aus, selbst kleine Obstläden bieten an, ihr frisches Gemüse nachhause zu bringen, Restaurants kochen extra Essen für „To Go“. Nur – wer sorgt dafür, dass alle diese Lieferdienste auch Hygieneregeln und Abstand einhalten? Die Gruppe Nachbarschaftshilfe Mainz gab sich gerade einen umfangreichen Hygienekodex – die Einhaltung zu überprüfen, dürfte aber schwerfallen.
Info& auf Mainz&: „Social Distancing“ rettet Leben, und das buchstäblich, alle Deutsche sind nun aufgerufen, Distanz zu halten und soziale Kontakte zu meiden, so schwer das fällt. Warum das aber gerade jetzt absolut notwendig und unverzichtbar ist, haben wir hier aufgeschrieben: #flattenthecurve. Mehr zum Shutdown mit geschlossenen Läden und Einrichtungen, was ab Mittwoch noch öffnen darf und was nicht, lest Ihr hier bei Mainz&. Alle Informationen, Meldungen und Hintergründe zur Coronavirus Epidemie findet Ihr ab sofort auf unserer neuen Sonderseite „Alles zum Coronavirus“ genau hier bei Mainz&. Die Facebookgruppe „Nachbarschaftshilfe Mainz“ findet Ihr hier, dort gibt es auch Angebote ohne direkten Kontakt 😉