Paukenschlag in Mainz: Ministerpräsidentin Malu Dreyer tritt zurück. Wie mehrere Medien berichten, wird die 63 Jahre alte SPD-Politikerin am Mittag ihren Rückzug aus dem Amt verkünden. Ihr Nachfolger soll Arbeitsminister Alexander Schweitzer werden – die Pressekonferenz ist für 14.00 Uhr angesetzt und wird live vom SWR übertragen. Damit geht ein mehrere Jahre währender Machtkampf in Mainz zu Ende.

Malu Dreyer im Dezember 2023 im Mainzer Landtag während einer Sondersitzung zur Briefkopf-Affäre. - Foto: gik
Malu Dreyer im Dezember 2023 im Mainzer Landtag während einer Sondersitzung zur Briefkopf-Affäre. – Foto: gik

Die Nachricht sickerte im Laufe des Mittwochvormittags durch: Malu Dreyer gibt ihr Amt als Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz auf. Das berichteten am Mittag mehrere rheinland-pfälzische Medien unter Berufung auf Parteikreise. Die Staatskanzlei lud für 14.00 Uhr zu einem Pressestatement ein, dabei soll offenbar auch gleich Dreyers Nachfolger präsentiert werden: Alexander Schweitzer, Arbeits- und Transformationsminister, und einer von drei als „Kronprinz“ gehandelter SPD-Mann.

Die gebürtige Pfälzerin Malu Dreyer war seit 16. Januar 2013 Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, sie hatte damals Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) im Amt beerbt. Nach der Landtagswahl 2016 schmiedete sie das erste Ampel-Bündnis auf Landesebene, das zur Blaupause für die Ampel in Berlin wurde. Dreyer regierte lange weitgehend geräuschlos, zur großen Krise ihrer Amtszeit wurde die Flutkatastrophe im Ahrtal am 1.4 Juli 2021, bei der in der Flutnacht 136 Menschen starben.

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Menetekel der Amtszeit: Keine Entschuldigung fürs Ahrtal

Dreyer schaffte es nie, sich für die in der Flutnacht gemachten Fehler auch ihrer Regierung zu entschuldigen, die Bewältigung der Großkatastrophe und der Wiederaufbau im Ahrtal leidet bis heute unter verzögerten Geldauszahlungen und schleppender Abwicklung. Viele Menschen im Ahrtal fühlen sich bis heute von der Landesregierung im Stich gelassen, ein kraftvoller Wiederaufbau oder gar eine Neugestaltung des Ahrtals gelang bisher nicht. Vor dem Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags zur Flutkatastrophe im Ahrtal konnte Dreyer bis zum Schluss nie nachvollziehbar erklären, warum sie in der Flutnacht ins Bett ging – und warum sie die dramatische Lage in der Nacht nicht erreichte.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer im April 2022 bei einem Statement nach ihrem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags. - Foto: gik
Ministerpräsidentin Malu Dreyer im April 2022 bei einem Statement nach ihrem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags. – Foto: gik

„Nach der Ahrflut konnte Dreyer nicht mehr als Landesmutter auftreten“, konstatierte deshalb auch der Fraktionschef der Freien Wähler, Joachim Streit, in einer ersten Reaktion auf die Nachricht vom bevorstehenden Rückzug Dreyers: „Es haben am Ende die Entschuldigung und die Reue für die Fehler gefehlt, die vor, während und nach der Flut passiert sind.“ Dadurch sei die gesamte Landesregierung „nicht mehr aus dem Tief herausgekommen“, betonte Streit. Alexander Schweitzer sei „eine clevere Wahl für die Nachfolge.“

In der Tat war die Mainzer SPD schon seit Längerem auch durch einen vehementen Nachfolge-Kampf wie gelähmt. Ein Rückzug Dreyers war nach der Ahrflut immer wahrscheinlicher geworden, die heute 63-Jährige leidet zudem seit vielen Jahren an Multipler Sklerose, die sich zuletzt zu verschlechtern schien. Rücktrittsgerüchte um Dreyer gab es deshalb schon länger, doch die Frage ihrer Nachfolge war ungeklärt: Als logischer Nachfolger bot sich Schweitzer schon länger an, doch Dreyer schien lange mit dem großen Pfälzer Hünen zu fremdeln.

Lewentz‘ Nachfolger Ebling: Der Wunschkandidat performte nicht

Als im Oktober 2022 Roger Lewentz wegen der Ahrflut als Innenminister zurücktreten musste, holte Dreyer den Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) ins Kabinett – dass Ebling ihr Wunschkandidat als Nachfolger im Ministerpräsidentenamt war, war ein offenes Geheimnis in Mainz. Doch Ebling machte im neuen Amt keineswegs die strahlende Figur, die sich die Ministerpräsidentin wohl versprochen hatte, Beobachter im Landtag wunderten sich ob der oft schwachen Performance des Mainzers am Rednerpult.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD, Mitte) nach der Ernennung des neuen Innenministers Michael Ebling (links neben ihr) mit ihrem Kabinett - rechts von ihr Alexander Schweitzer. - Foto: gik
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD, Mitte) nach der Ernennung des neuen Innenministers Michael Ebling (links neben ihr) mit ihrem Kabinett – rechts von ihr Alexander Schweitzer. – Foto: gik

Dazu genießt Ebling in der Partei keinen breiten Rückhalt, auch weil durch seinen plötzlichen Abgang in Mainz der OB-Sessel der Landeshauptstadt nach mehr als 74 Jahren für die SPD verloren ging – an den parteilosen Quereinsteiger Nino Haase. Mann der Partei, aber auch der SPD-Landtagsfraktion hingegen ist Schweitzer: Als Generalsekretär und Fraktionschef im Mainzer Landtag lernte die Partei ihn kennen und schätzen, wohl niemand kennt die rheinland-pfälzische SPD so gut wie Schweitzer.

Offenbar soll mit dem Wechsel nun auch gleich eine weitere Personalie mit abgeräumt werden: Noch-Parteichef Roger Lewentz soll sein Amt an die derzeitige SPD-Fraktionschefin Sabine Bätzing-Lichtenthäler übergeben, berichtete am Mittag die Nachrichtenagentur dpa. Lewentz war trotz seines Rücktritts Chef der Rheinland-Pfalz-SPD geblieben, und von seiner Partei frenetisch auf einem Parteitag in Mainz gefeiert worden.

Dreyers Rückzug sei nun „zugleich der Schlussstrich unter eine jahrelange Stillstandspolitik in Rheinland-Pfalz“, kommentierte CDU-Landeschef Christian Baldauf: Bei zentralen politischen Themen sei die Dreyer-Ampel untätig geblieben. Nun sollten mit Alexander Schweitzer und Sabine Bätzing-Lichtenthäler „zwei langjährige Vertraute Dreyers ran, ein echter, ein ehrlicher Neuanfang der SPD, die in diesem Bundesland zahlreiche Pleiten zu verantworten hat, ist das beileibe nicht“, fügte Baldauf hinzu.

Den Ausschlag über den Rückzug Dreyers und Lewentz zum jetzigen Zeitpunkt gab die Wahl am 9. Juni: Nicht nur bei der Euroapawahl, sondern auch landesweit bei der Kommunalwahl im Land war Dreyers SDP abgestürzt. Nun hat ihr Nachfolger immerhin fast zwei Jahre Zeit, sich im Amt des Ministerpräsidenten zu profilieren – die nächste Landtagswahl wird im Frühjahr 2026 sein.

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