Das ist ein Paukenschlag, den Mainz& ja hat kommen sehen: Der Investor ECE gibt seine Pläne für eine große Shopping-Mall an der Ludwigsstraße auf! ECE-Chef Alexander Otto hat gegenüber der Stadt erklärt, ECE wolle keine weiteren Grundstücke an der LU kaufen, kein großes Einkaufsquartier weiter verfolgen und stattdessen nun das Karstadt-Haus sanieren. Das ist eine Sensation – und wie wir finden, eine wirklich gute Nachricht für Mainz.
Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) und ECE-Chef Otto haben sich gestern offenbar zu ihrem Krisengespräch getroffen. Danach teilte die Stadt heute mit: ECE wolle „den schwierigen Erwerb mehrerer Grundstücke in der Nachbarschaft von Karstadt jetzt nicht länger weiterverfolgen.“ ECE habe sich entschlossen, auf weitere Grundstücksverhandlungen zu verzichten und „sich auf die bauliche Erneuerung des heutigen Karstadt-Komplexes zu konzentrieren.“ Und selbst die Stadt nennt das „den erklärten Abschied von einem großen Einkaufsquartier.“
ECE will Grundstücke nicht mehr kaufen – plant 16.000 qm Shoppingfläche in Karstadt
Geplant ist nun offenbar eine kleinere Lösung: Ein Einkaufszentrum mit rund 16.000 Quadratmetern Verkaufsfläche. „Auf jeden Fall streben wir einen Neubau an, der eine deutliche Aufwertung des Standortes verspricht“, betont ECE-Chef Otto laut Mitteilung der Stadt. Im Übrigen lässt sich der ECE-Chef mit den Worten zitieren: „Es ist im Immobiliengeschäft nicht ungewöhnlich, dass eine Planung aufgrund fehlender Grundstücke nicht in der gewünschten Form realisierbar ist.“ In den vergangenen Wochen habe sich „leider gezeigt, dass unsere Wunschlösung eines größeren Einkaufsquartiers nicht funktioniert.“ Man halte aber dennoch am Engagement in Mainz fest und werde „auf dem bereits gesicherten Grundstück entwickeln, was dort möglich ist.“
ECE: Abschied von Mega-Malls
Im Klartext heißt das: ECE war tatsächlich in Sachen Grundstückserwerb völlig in der Sackgasse. Die Besitzer des China-Pavillions am Gutenberg-Platz stemmten sich gegen die Mega-Mall, aber auch an das Grundstück mit dem Haus der Deutschen Bank war ganz offensichtlich nicht dran zu kommen. Auch das Bistum Mainz hatte keine Lust, ein Großzentrum mit dem Verkauf ihrer Grundstücke zu befördern.
Dazu kommt, dass schon seit einiger Zeit in der Immobilien-Szene vermutet wurde, ECE verabschiede sich von den Groß-Zentren, deren Zeit sei abgelaufen, sie rechneten sich nicht mehr. Das bestätigt sich nun. Dazu sagt die Stadt Mainz in ihrer Erklärung, das „erneute Bekenntnis zum Standort Mainz“ gehe einher mit einer „Bereitschaft zur zügigen Investition an der Ludwigsstraße, die für das Unternehmen wirtschaftlich darstellbar“ seien. Wirtschaftlich darstellbar – das heißt nichts anderes als: bezahlbar. Und das heißt wiederum, dass die große Shopping-Mall für ECE eben nicht mehr bezahlbar war.
Und was sagt die Stadt Mainz dazu? „Das ist zunächst einmal gut für unsere Stadt und passt durchaus zu den Zielvorstellungen im Innenstadt-Entwicklungskonzept (IEK)“, sagte Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD). Er habe „genau diese erkennbare Aufwertung der Karstadt-Immobilie“ ja „vor wenigen Wochen eingefordert, um den gordischen Knoten des komplizierten Grundstückserwerbs zu zerschlagen.“ Ah ja.
Nachdem die Stadt monate-, ja jahrelang ECE als Heilsbringer gefeiert und ja in den Verhandlungen mit ECE dem Drängen des Investors nach einer immer größeren Verkaufsfläche immer weiter nachgegeben hatte, feiert man sich jetzt dafür, den gordischen Knoten zerschlagen zu haben – und das ist jetzt eine Analyse 😉 Stadt und ECE seien sich einig gewesen, „dass es an der Zeit war, die lange währende Phase der Unsicherheit zu beenden“, heißt es von Seiten der Stadt weiter. Das wollen wir gerne glauben, gab es doch seit nunmehr vier (!) Jahren totalen Stillstand in Sachen ECE an der LU, der allmählich peinlich wurde.
Stadtspitze ermöglichte in Verhandlungen erst Mega-Einkaufsfläche
Der erklärte Abschied von einem großen Einkaufsquartier sei „eine Korrektur, die man letztlich nicht unbedingt bedauern müsse“, sagt Ebling weiter. Die kleine Lösung mit einer Verkaufsfläche im Bereich von rund 16.000 Quadratmetern „kommt vielen entgegen und ist insbesondere eine Punktlandung auf der auch durch Gutachten untermauerten Wunschvorstellung des Mainzer Einzelhandels.“ Ah ja.
Tatsache ist: Nicht gewollt war die kleinere Fläche lediglich von der Bürgerinitiative Ludwigsstraße sowie den Einzelhändlern. Die Stadtspitze hingegen – Ebling selbst, aber auch seine Bauderzenentin Marianne Grosse (SPD) sowie FDP-Wirtschaftsdezernent Christopher Sitte – haben die große Lösung stets verteidigt – ja: sogar erst ermöglicht. Der Stadtrat hatte nämlich in den von den Bürgern und dem Handel mit erarbeiteten Leitlinien eine deutlich kleinere Einzelhandelsfläche festgelegt sowie ein kleinteiliges Center mit Öffnung zur Stadt.
Diese Richtlinien wurden dann aber von der Stadtspitze in den Verhandlungen mit ECE über Bord geworfen. Der Stadtrat winkte im Dezember 2013 – kurz vor der Kommunalwahl 2014 – im Eilverfahren die neuen Verhandlungsergebnisse durch – samt Verkaufsgröße von 26.500 Quadratmetern. Nun von einer „Punktlandung“ zu reden, ist zumindest grob irreführend. Noch im November 2014 sagte Ebling persönlich, Stadtrat und Verwaltung hätten “auf der soliden Basis einer umfangreichen Bürgerbeteiligung” ein “sehr gutes” städtebauliches Konzept auf den Weg gebracht, dessen Umsetzung Stadt und ECE gemeinsam anstrebten.“
Stadt Mainz: „große Variante in Mainz nie gewollt“
Nun heißt das auf einmal so: „Eine anfangs vom Projektentwickler und Grundstückseigentümer ECE gewünschte große Variante mit einer Einkaufsmall an der Ludwigsstraße war in Mainz nie gewollt.“ Nie gewollt? Von wem?
„Die große Lösung war sehr ausdrücklich gewollt“, sagte der Sprecher der BI Ludwigsstraße, Hartwig Daniels, am Montagabend Mainz&. Ebling habe im Stadtrat explizit den Standpunkt vertreten, wenn eine Einkaufsfläche von 26.500 Quadratmetern unterschritten werde, sei das „nicht wirtschaftlich und würde Mainz schaden.“ Siehe da.
Die Stadt habe jahrelang „versäumt und versiebt“, ECE einen Zeitrahmen zu setzen, sagte Daniels schon im März Mainz&. „Sie haben sich wie das Kaninchen vor der Schlange verhalten”, sagte Daniels: Die Stadt habe immer nur gewartet, dass ECE etwas tue, nach dem Motto, „da kommt schon was.” Und auch die ÖDP kritisierte, die Stadt halte „schon viel zu lange in unbegründetem Vertrauen an ECE fest.“
Im Mai forderte Ebling dann plötzlich via Interview in der Allgemeinen Zeitung, er werde mit ECE-Chef Otto „Klartext reden“, der Stillstand sei nicht weiter hinnehmbar. Die Kehrtwende kam, als bereits absehbar war, dass ECE mit dem Projekt nicht voran kam – Mainz& hatte schon am 1. Oktober 2014 (!) getitelt: „Wackelt die ECE Shopping Mall“?.
ECE-Kritiker bei Kommunalwahl belohnt, kritisches Gutachten versteckt?
Dass die Stadtspitze jetzt eine Kehrtwende macht, ist also nicht verwunderlich, auch weil der Widerstand gegen das Vorhaben nicht weniger wurde, im Gegenteil. Gerade ECE-kritische Stadträte wie Andreas Behringer (SPD) und der neue Altstadt-Ortsvorsteher Brian Huck (Grüne) waren bei der Kommunalwahl im Mai 2014 von den Bürgern durch Stimmen-Kumulierung weit nach vorne katapultiert worden – sehr zum Ärger ihrer Parteien. Kein Wunder, dass Ebling jetzt davon spricht, man müsse einer großen Lösung nicht hinterher trauern.
Und die BI Ludwigsstraße will noch diese Woche Unterlagen vorlegen, nach denen der Stadtvorstand angeblich seit Monaten eine kritische Studie zu den negativen Auswirkungen eines Groß-Zentrums unter Verschluss hält. Wie praktisch, dass sich die Mega-Mall gerade selbst erledigt hat….
Info& auf Mainz&: Die ganze Geschichte der ECE Shopping-Mall könnt Ihr natürlich auf Mainz& nachlesen, einfach in die Suchmaske oben auf der Seite „ECE“ eingeben. Einen ausführlichen Artikel aus jüngster Zeit findet Ihr hier.